Schakalwolf (Lupus lupaster)

[540] Nordostafrika beherbergt den Schakalwolf oder »Abu el Hosseïn« der Araber (Canis [Lupus] lupaster, Canis Anthus, variegatus?). Er ist bedeutend kleiner als unser Isegrim, diesem aber in Gestalt und Verhältnissen ähnlich. Der breite, spitzschnauzige Kopf trägt große, breite und hohe, oben zugespitzte Ohren; der Leib ist kräftig, aber verhältnismäßig hoch gestellt; der buschige Schwanz reicht bis über die Ferse herab, wird meist hängend, zuweilen jedoch auch in großem Bogen aufwärts getragen; der nicht besonders dichte, gleichmäßige Pelz hat dunkelfahlbraune Färbung, das einzelne Haar gelbliche Wurzel und schwarze Spitze.

Nach Hartmann ändert auch der Schakalwolf nicht unerheblich ab, ist in höher gelegenen, kühleren Gegenden kräftiger gebaut und voller behaart als in heißen Tiefebenen, wo er auch dunkler gefärbt erscheint, zeigt zuweilen schwärzliche Flecken und Streifen auf seinem Felle usw.

[540] Ehrenberg fand den Schakalwolf, welchen die alten Egypter sehr wohl gekannt und auf ihren Tempelbauten bildlich dargestellt haben, in Nordostafrika wieder auf; spätere Reisende beobachteten ihn im ganzen Norden, Nordosten und Nordwesten Afrika's. Schon in den Wüsten des unteren Nilthales ist er keine Seltenheit, obgleich man immer nur einzelnen begegnet. »Da, wo das bewachsene, beziehentlich bebaute Nilthal«, sagt Hartmann, »nur schmale Streifen bildet, hält sich der Schakalwolf über Tages in schwer zugänglichen Klüften des wüsten, den Strom begrenzenden Landes versteckt, streift aber bei Abend und bei Nacht, selten dagegen noch bei hellem Sonnenscheine umher, löscht am Wasser seinen Durst und beraubt die Ansiedelungen, wo es angeht.« In den südlicheren Ländern des Nilgebietes bilden, wie ich bereits in meinen »Ergebnissen einer Reise nach Habesch« mitgetheilt habe, dichtere Gebüsche oder auch der Graswald der Steppe seinen Aufenthalt. In der Steppe soll er sich Höhlengraben oder die großröhrigen, tiefen Bauten des Erdferkels zum Tagesverstecke benutzen: so wenigstens berichteten mir die Bewohner Kordofâns.

In seinem Wesen erinnert unser Wildhund mehr an den Wolf als an den Schakal. Wenn Giebel ihn mit letzteren zusammen-, also nur als Spielart des Schakals hinstellt, beweist er nichts weiter, als daß er ihn nie gesehen hat. Einen Wolf wird Jeder in ihm erkennen müssen; von dem Schakal unterscheidet er sich selbst dem ungeübtesten Auge. Wolfartig ist auch sein Auftreten. In der Regel hält er sich in einem ziemlich eng begrenzten Gebiete auf und treibt hier Niederjagd auf allerlei Kleinwild, Zwergantilopen, Hasen, Mäuse, Wild- und Haushühner und dergleichen, nebenbei allerlei Früchte auflesend und verzehrend; zuweilen aber, namentlich während der Regenzeit, schlägt er sich in Meuten zusammen, unternimmt größere Wanderungen, überfällt Schaf- und Ziegenherden, reißt mehr nieder, als er verzehrt, zersprengt die Herden und ängstigt die Hirten in arger Weise. Ueber ein Aas stürzt sich solche Bande mit der Gier einer Wolfsmeute, und wenn der bellende Magen zwingt, vergreift sie sich, laut Hartmann, auch wohl an allerlei ungenießbaren Stoffen.

In den Steppen Innerafrika's jagt man den Schakal wolf mit den dortigen ausgezeichneten Windhunden, welche ihren Verwandten trotz lebhafter Gegenwehr niederreißen oder so lange festhalten, bis die Jäger herbeikommen und ihn mit Lanzen erstechen. In Gefangenschaft hält man ihn ebensowenig wie andere Wildhunde.

Die ersten gefangenen Schakalwölfe sah ich in der kaiserlichen Menagerie zu Schönbrunn; später erhielt ich ein Paar, welches ich geraume Zeit gepflegt und beobachtet habe. Ihr Betragen ist das des Wolfes. Wie dieser anfänglich scheu, ängstlich und reizbar, gewöhnen sie sich doch in nicht allzulanger Zeit an den Pfleger, kommen auf den Anruf herbei und geben sich zuletzt Liebkosungen hin. In das Geheul verwandter Wildhunde stimmen sie getreulich ein; sonst vernimmt man selten einen Laut von ihnen. Das von mir gepflegte Paar begattete sich am 10. März, und am 12. Mai, also nach einer Trächtigkeitszeit von genau dreiundsechszig Tagen, wölfte das Weibchen. Die Jungen wurden mit größter Zärtlichkeit behandelt, gediehen vortrefflich, spielten bereits Ende Juni's wie junge Hunde, wuchsen ungemein rasch und berechtigten zu den besten Hoffnungen, gingen jedoch an der Staupe zu Grunde.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. DXL540-DXLI541.
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