Nackthund (Canis familiaris africanus)

[602] Als häßliche Ausartung der Windhundform und, wie ich hinzufügen will, mehrerer anderer Hunderassen mag der Nackthund (Canis familiaris africanus) angesehen werden, afrikanischer Hund genannt, weil man annimmt, daß er ursprünglich dem Innern von Afrika angehörte und von dort nach Nordafrika und über Guinea nach Manila, China, auf die Antillen und Bahama-Inseln sowie über das Festland von Süd- und Mittelamerika verbreitet wurde.


Wolfswindhund (Canis familiaris grajus hibernicus). 1/9 natürl. Größe.
Wolfswindhund (Canis familiaris grajus hibernicus). 1/9 natürl. Größe.

Der Leib ist etwas gestreckt, schmächtig, gegen die Weichen stark eingezogen, der Rücken stark gekrümmt, die Brust schmal, der Hals mittellang, aber dünn, der Kopf länglich und hoch, die Stirn stark gewölbt, die Schnauze ziemlich lang, nach vorn verschmälert und zugespitzt, die mittellangen, etwas breiten, zugespitzten und halb aufrechtstehenden Ohren sind nackt wie der übrige Körper und gegen die Spitze etwas umgebogen, die Lippen kurz und straff. Hohe, ziemlich schlanke und zarte Beine, ein sehr dünner, mäßig langer Schwanz und der Mangel der Afterzehe an den Hinterfüßen bilden seine übrigen Kennzeichen. Nur in der Nähe des Schwanzes, um den Mund herum und an den Beinen finden sich einige Haare; sonst ist die übrige Haut vollkommen nackt und deshalb der Hund ein häßliches Thier. Denn auch die schwarze Hautfärbung, welche bei uns nach einiger Zeit ins Grauliche übergeht und hier und da fleischfarbige Flecken zeigt, ist unschön. Die Länge des Körpers beträgt 65, die des Schwanzes 25 und die Höhe am Widerriste 35 Centim. Diese Beschreibung bezieht sich auf die windhundähnliche Form, neben welcher, wie bemerkt, auch andere vorkommen, wahrhaft abscheuliche Köter, welche nur ein verdorbener Geschmack erträglich finden kann.

[602] In seinem ursprünglichen Vaterlande soll der eigentliche Nackthund zur Antilopenjagd verwendet werden und für diese Jagd eine vorzügliche Bewegung besitzen. Aeußerst leicht, beweglich und im Laufen ebenso schnell als anhaltend, soll er unermüdlich in der Verfolgung einer aufgefundenen Spur sein und es vortrefflich verstehen, dem verfolgten Wilde durch allerlei Abwege näher zu kommen und es sicherer einzuholen. Seine geistigen Fähigkeiten sollen gering sein; doch werden Gutmüthigkeit, Wachsamkeit und treueste Anhänglichkeit an den Herrn von ihm gerühmt. Unter den Sinnen sollen Geruchs- und Gehörsinn am meisten ausgebildet, und er als Spürhund zu gebrauchen sein. Ich theile diese Angaben mit, ohne Gewähr für sie zu übernehmen, muß im Gegentheile bemerken, daß ich sehr starke Zweifel bezüglich der Thatsächlichkeit derselben hege. Diejenigen Nackthunde, welche ich kennen gelernt habe, machten auf mich den Eindruck, als ob sie nichts anderes leisten könnten, denn Abscheu zu erregen. Bestimmte Nachrichten über das Land, in welchem sie Antilopen jagen sollen, fehlen gänzlich.

In unserem Klima kann der Nackthund wegen seiner Zartheit und Empfindlichkeit gegen rauhe Witterung nur als Stubenthier gehalten werden und dauert in der Regel nicht sehr lange aus. Seine Zärtlichkeit gegenüber den Einflüssen der Witterung ist so groß, daß er selbst an den wärmsten Tagen zittert. Auch bei der sorgfältigsten Pflege und trotz aller künstlichen Mittel, um ihn gegen die Rauhheit des Wetters zu schützen, unterliegt er häufig Krankheiten, welche er sich durch Erkältung zugezogen hat.

Vielleicht ist hier der Ort, die Schilderung eines Hundes einzuschalten, von welchem Hensel neuerdings nachstehende Beschreibung gegeben hat.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. DCII602-DCIII603.
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