Wolfswindhund (Canis familiaris grajus hibernicus)

[601] Das glattanliegende, dünne Fell und die damit im Einklange stehende Frostigkeit der Windhunde deuten ebenso wie ihr häufiges Vorkommen in Afrika und Asien darauf hin, daß man die ursprüngliche Heimat der Thiere in heißen Ländern zu suchen und sie als Wüsten- und Steppenthiere aufzufassen hat, welche erst von hier aus bei uns eingeführt wurden. Der größere Theil der Rassen behielt auch im Norden alle Eigenthümlichkeiten des Windhundgepräges bei, während einzelne Rassen sich unserem Klima anpaßten oder ihm angepaßt wurden. Zu letzteren gehört der schottische oder Wolfswindhund (Canis familiaris grajus [leporarius] hibernicus), ein Thier von derselben Größe wie der gemeine Verwandte und außerordentlicher Schönheit, ebenso zierlich gebaut und mit ebenso feinen Gliedern ausgerüstet wie jener, aber durch die verhältnismäßig dichte Behaarung unterschieden. Seine Gesammtlänge beträgt reichlich 1,5 Meter, wovon der Schwanz etwa 40 Centim. wegnimmt, die Höhe am Widerrist ungefähr 75 Centim.; die Behaarung ist nicht besonders lang, obschon mehr als dreimal länger als die des Windhundes, aber dicht und so gleichmäßig, daß der Pelz ein schützendes Kleid gegen die Kälte nördlicher Länder bildet, die Fahne lang und geschlossen, die Färbung verschieden, schwarz oder braun und weiß, nicht selten auch rothbraun und grau getigert.

Unvermischte Wolfswindhunde sind gegenwärtig sehr selten geworden, falls nicht gänzlich ausgestorben. In früheren Jahrhunderten benutzte man sie hauptsächlich zur Wolfsjagd und hielt sie, ihres Muthes und ihrer Wehrhaftigkeit halber, hoch in Ehren. Nach Behauptung englischer Schriftsteller waren sie noch im vorigen Jahrhundert bedeutend größer als gegenwärtig, obgleich sie auch jetzt noch zu den stattlichsten Hunden zählen. Sie sind gutartig, ihrem Gebieter anhänglich, gegen Fremde weniger zuthunlich als andere Windhunde, denen sie übrigens in ihrem Wesen und Betragen gleichen. Andere Hunde haben sie zu fürchten, weil sie ebenso wie die Verwandten sich leicht zum Zorne hinreißen lassen und dann muthig kämpfen und fürchterlich beißen.

[601] Unsere Abbildung stellt einen Wolfswindhund aus dem Gemeute des Prinzen Karl von Preußen dar.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. DCI601-DCII602.
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