Haushunde

[644] Die letzte Gruppe der Hunde, welche wir betrachten wollen, umfaßt diejenigen, welche dem Menschen am treuesten dienen und am meisten von ihm geknechtet werden, die Haushunde.

Zu dieser Gruppe gehört der Pyrenäenhund, der Pommer, der Spitz, der ungarische Wolfshund, der Hund der Lappen, der Kamtschatkdalen, der Hasenindianer, der [644] Eskimos und der Hund von der Baffinsbai, ebenso auch der Zigeuner hund, der chinesische, der isländische, der sibirische Hund und andere. Als allgemeine Kennzeichen gelten die folgenden: der Leib ist etwas gedrungen, ziemlich dick, nur gegen die Weichen ein wenig eingezogen, der Rücken leicht gekrümmt, die Brust kaum vorstehend, der Hals ziemlich kurz und dick, der Kopf länglich, wenig erhoben, die Stirn schwach gewölbt, die Schnauze nicht sehr lang, nach vorn ziemlich stark verschmälert und zugespitzt; die Füße sind von mittlerer Höhe, dick und stark, die vorderen vollkommen gerade; der Schwanz ist nicht sehr dünn, oft sogar buschig, ziemlich lang, reicht etwas unter das Fersengelenk und wird entweder gerade nach rückwärts gestreckt oder nach links geringelt aufwärtsgebogen getragen; die Ohren sind kurz, nicht sehr schmal, zugespitzt und aufrechtstehend mit mittellangen Haaren besetzt, die Lippen kurz und straff; an den Hinterpfoten ist keine Afterzehe vorhanden. Eine zottige, lange und grobe Behaarung, welche auf der Schnauze und der Vorderseite der Beine sich bedeutend verkürzt, ist noch Gemeingut aller hierhergehörigen Hunde. Die Färbung ist natürlich sehr verschieden, bei allen dunkleren aber befindet sich über dem Auge jederseits ein rundlicher, bräunlichgelber Flecken. Als mittlere Größe des Körpers gilt etwa eine Länge von 50, die Höhe am Widerrist beträgt 75, der Schwanz mißt etwa 30 Centim.

Der Haushund (Canis familiaris domesticus) wird als einer von den Hauptstammrassen aller Hunde angesehen und von einigen Naturforschern als ursprünglich in Frankreich heimisches Thier betrachtet. Er ist ein starker aber keineswegs besonders schwerer Gesell, in seinem Laufe ziemlich rasch und ausdauernd, besitzt viel Verstand und zeichnet sich ebenso durch seinen Scharfsinn und seine Klugheit wie durch seine Wachsamkeit, Anhänglichkeit, Treue oder seinen Muth und seine Tapferkeit aus. Alle diese Eigenschaften stempeln ihn ganz von selbst zu dem, was er ist. Man verwendet ihn mit dem größten Vortheile als Wächter des Hauses wie als Hüter und Lenker der Herden oder aber auch als Zugthier, und jede seiner Aufgaben weiß er zur größten Zufriedenheit seines Herrn zu lösen. Er ist derjenige Hund, welcher vielen Völkerschaften geradezu unentbehrlich ist und die Leistungen der verschiedenartigsten Hausthiere in sich vereinigt. Einige Völker halten ihn wie ein Kind, andere mishandeln ihn auf die schnödeste Weise, und gleichwohl bleibt sich seine Treue und sein Diensteifer überall gleich. Er lernt alle seine Fertigkeiten von selbst, ohne seinem Herrn besondere Mühe zu machen, und zeigt dabei Geduld, Ausdauer, Lust an seinen eigenen Fortschritten und hohen Muth.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Neunter Band, Vierte Abtheilung: Wirbellose Thiere, Erster Band: Die Insekten, Tausendfüßler und Spinnen. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1884., S. DCXLIV644-DCXLV645.
Lizenz:
Kategorien: