Sporenammer (Plectrophanes lapponicus)

[276] Beim Sporenammer, Lerchen- und Lappenammer, Sporen-, Lerchen- und Ammerfink (Plectrophanes lapponicus und calcaratus, Fringilla lapponica und calcarata, Emberiza calcarata, Passerina und Centrophanes lapponica) sind Kopf, Kinn und Kehle schwarz, ein breiter Augen- und Schläfenstreifen rostweißlich, Nacken und Hinterhals, ein Feld bildend, zimmetroth, die übrigen Obertheile rostbraun, durch schwarze Schaftflecke gezeichnet, Halsseiten und Untertheile weiß, letztere seitlich mit schwarzen Schaftstreifen, welche auf der Brustseite zu einem großen Fleck zusammenfließen, geziert, die Schwingen braunschwarz mit schmalen, fahlbraunen, die hinteren Armschwingen und Deckfedern mit breiten rostbraunen Außen-, die oberen Flügeldecken mit falben Endsäumen, welche auf dem größten breiter und heller sind und eine Querbinde herstellen, die Schwanzfedern endlich schwarz, fahl gesäumt, die beiden äußersten außen an der Wurzel und innen am Ende größtentheils weiß, die zweiten von außenher innen mit weißen Endflecken ausgestattet. Der Augenring ist dunkelbraun, der Schnabel strohgelb, bei der Spitze schwarz, auf der Firste blauschwarz, der Fuß bläulichgrau. Beim Weibchen ist die Oberseite rostbräunlich mit dunklen Schaftstrichen, [276] jede Feder dunkel geschaftet, der Nacken roströthlich, der Schläfenstreifen rostgelb, die Unterseite rostfahl und mit undeutlichen dunklen Schaftflecken geschmückt, die Ohrgegend dunkelbräunlich gestrichelt; auch ist ein undeutlicher Bartstreifen vorhanden. Die Länge beträgt sechzehn, die Breite siebenundzwanzig, die Fittiglänge neun, die Schwanzlänge sechs Centimeter.

Der Sporenammer ist ein Kind der Tundra, sein Verbreitungsgebiet daher über den Norden beider Welten ausgedehnt. Von hier auswandert er im Winter so weit nach Süden hinab, als er unbedingt muß, erscheint schon in Deutschland nur ausnahmsweise, weiter südlich höchstens als verflogener Irrling, und kehrt, sobald er irgend kann, wieder in seine rauhe Heimat zurück. Hier ist er aller Orten überaus häufig, macht auch zwischen der Tiefe und Höhe kaum einen Unterschied, vorausgesetzt, daß die Zwergbirke eine filzige Bodendecke bildet, wie er sie liebt.

Durch sein Betragen gibt er sich als Mittelglied zwischen Lerche und Ammer zu erkennen. Als Ammer zeigt er sich im Sitzen, sei es, daß er auf einem Steine oder auf schwankendem Zweige ruhe, als Lerche und Ammer zugleich im Laufen und Fliegen. Schreitend, nicht hüpfend, läuft er behend dahin, leicht und gewandt fliegt er, und nach Lerchenart schwebt er oft lange Zeit, um zu singen.


Sporenammer (Plectrophanes lapponicus). 2/3 natürl. Größe.
Sporenammer (Plectrophanes lapponicus). 2/3 natürl. Größe.

Sein schwermüthiger, der öden Heimat entsprechender Lockton kann durch die Silben »Tjü, tjüeb« ungefähr wiedergegeben werden. Das Weibchen lockt ebenso wie das Männchen, aber etwas tiefer. Der Warnungsruf ist ein sperlingsartiges »Terrr errr«. Der sehr einfache, aber angenehme Gesang besteht aus einer einzigen Strophe, in welcher der Lockton oft wiederkehrt, und wird, so weit ich erfahren habe, nur im Fliegen, jedoch sehr fleißig, vorgetragen. Naumann vergleicht ihn, nicht unrichtig, mit dem Stümpern einer Feldlerche.

Nach Schraders Beobachtungen trifft der Sporenammer erst gegen die Mitte des April in Lappland ein und schreitet dann sofort zur Brut. Das Nest, welches man an feuchten Stellen zwischen den Wurzeln einer Zwergbirke, auf einem Hügelchen, gut versteckt unter dickbuschigen Pflanzen, und an [277] ähnlichen Orten findet, besteht äußerlich aus gröberen und feineren Hälmchen und ist innerlich mit weichen Federn des Moorhuhns ausgefüllt. Gegen die Mitte des Juni findet man das vollständige Gelege, fünf bis sechs Eier von zwanzig Millimeter Längs- und funfzehn Millimeter Querdurchmesser, welche auf graulichem, gilblichem oder hellbräunlichem Grunde mehr oder weniger mit dunkleren, der Grundfarbe entsprechenden Haarstrichen und Punkten gezeichnet sind. Die Zeichnung kann übrigens auch fehlen, ohne daß jedoch das Gepräge des Eies dadurch verwischt würde. Eben ausgeflogene Junge fand ich bereits in der Mitte des Juli. Um diese Zeit lebten die von mir beobachteten Sporenammer gewöhnlich paarweise, aber doch auch schon in kleinen Gesellschaften, vielleicht solchen, welche bereits gebrütet hatten. Sie waren nirgends scheu, wurden es aber, sobald sie Verfolgung erfuhren, und selbst in der ödesten Tundra hatte man Mühe, nach einigen Schüssen anzukommen; in richtiger Würdigung der Gefährlichkeit des Jägers erhoben sie sich schon ehe man in Schußnähe kam, flogen hoch in die Luft und wichen in großen Bogen aus.

Die Nahrung besteht während der Brutzeit aus schließlich aus Kerbthieren, und zwar hauptsächlich aus Mücken, welche alle von mir erlegten in Kropf und Magen hatten. Während des Winters dagegen ernährt sich auch dieser Ammer von Gesäme. Da sich der Sporenammer im Spätherbste gern zu den Lerchen gesellt, wird er oft mit diesen und zuweilen in Menge gefangen, so namentlich in China, wo man ihn zu Zeiten massenhaft auf die Wildmärkte bringt.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Fünfter Band, Zweite Abtheilung: Vögel, Zweiter Band: Raubvögel, Sperlingsvögel und Girrvögel. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1882., S. 276-278.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Aischylos

Die Orestie. Agamemnon / Die Grabspenderinnen / Die Eumeniden

Die Orestie. Agamemnon / Die Grabspenderinnen / Die Eumeniden

Der aus Troja zurückgekehrte Agamemnon wird ermordet. Seine Gattin hat ihn mit seinem Vetter betrogen. Orestes, Sohn des Agamemnon, nimmt blutige Rache an den Mördern seines Vaters. Die Orestie, die Aischylos kurz vor seinem Tod abschloss, ist die einzige vollständig erhaltene Tragödientrilogie und damit einzigartiger Beleg übergreifender dramaturgischer Einheit im griechischen Drama.

114 Seiten, 4.30 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon