Bergfink (Fringilla montifringilla)

[297] Der nächste Verwandte unseres Finken ist der Bergfink, Wald-, Baum-, Laub-, Buch-, Tannen-, Mist-, Koth-, Winter-, Roth-, Gold-, Quätschfink, Quäker, Wäckert, Kegler, Zetscher, Zerling und Böhmer (Fringilla montifringilla, lulensis, flammea, septentrionalis und media, Struthus montifringilla). Seine Länge beträgt einhundertundsechzig, die Breite zweihundertundsechzig, die Fittiglänge neunzig, die Schwanzlänge sechsundsechzig Millimeter. Kopf, Nacken und Mantel, Wangen und obere Halsseiten sind tiefschwarz, bläulich glänzend, die Bürzelfedern in der Mitte reinweiß, an den Seiten schwarz, Kehle und Brust gelblich überflogen, Zügel, Kinn und Bauchseiten gelblichweiß, letztere schwarz gedeckt, die Unterschwanzdecken rostgelb, die Schwingen braunschwarz, außen, die vier vordersten ausgenommen, schmal gelbweiß gesäumt und an der Wurzel mit einem hellweißen Flecke ausgestattet, die Schulterfedern gelblich rostfarben, die kleinen Flügeldeckfedern etwas lichter, die mittleren schwarz, am Ende gelblichweiß, die großen schwarz mit langen, scharf abstechenden gelbrothen Endkanten und Spitzen, die Schwanzfedern in der Endhälfte weiß, gelblich umsäumt, innen mit weißen Keilflecken. Der Augenring ist dunkelbraun, der Schnabel licht blauschwarz, im Herbste wachsgelb, an der Spitze schwärzlich, der Fuß rothbraun. Beim Weibchen sind Kopf und Nacken grünlichgrau, die Obertheile olivengraubraun, die Untertheile hellgrau. Nach der Mauser werden die lebhaften Farben durch gelbbraune Federränder verdeckt.

Das Verbreitungsgebiet des Bergfinken erstreckt sich über den hohen Norden der Alten Welt, vom neunundfunfzigsten Breitengrade an nach den Polen zu, soweit der Baumwuchs reicht. Von hier aus durchstreift und durchzieht er im Winter ganz Europa bis Spanien und Griechenland oder Asien bis zum Himalaya und kommt auf diesem Zuge sehr häufig zu uns. Er rottet sich bereits im August in Scharen zusammen, treibt sich in den nächsten Monaten in den südlichen Gegenden seiner Heimatsländer umher und wandert nun allgemach weiter nach dem Süden hinab. Bei uns erscheint er zu Ende des September; in Spanien trifft er wenige Tage später ein, jedoch nicht in derselben Häufigkeit und Regelmäßigkeit wie bei uns. Gebirge und zusammenhängende Waldungen bestimmen die Richtung seiner Reise, falls solche nicht durch Scharen anderer Finken, mit denen er sich gern vermischt, einigermaßen abgeändert wird. In Deutschland begegnet man den Bergfinken, regelmäßig mit Edelfinken, Hänflingen, Ammern, Feldsperlingen und Grünlingen vereinigt, in Wäldern und auf Feldern. Eine Baumgruppe oder ein einzelner hoher Baum im Felde wird zum Sammelplatze, der nächstgelegene Wald zur Nachtherberge dieser Scharen. Von hier aus durchstreifen sie, Nahrung suchend, die Felder. Hoher Schneefall, welcher ihnen ihre Futterplätze verdeckt, treibt sie aus einer Gegend in die andere. Ihr Zug ist unregelmäßig, durch zufällige Umstände bedingt.

Der Bergfink hat mit seinem edlen Verwandten viele Aehnlichkeit. Auch er ist als einzelner Vogel zänkisch, jähzornig, bissig und futterneidisch, so gesellig er im übrigen zu sein scheint. Die Scharen theilen gemeinsam Freud und Leid, die einzelnen unter ihnen liegen sich ohne Unterlaß in den Federn. Hinsichtlich seiner Bewegung ähnelt der Bergfink dem Edelfinken sehr; im Gesange steht er tief unter ihm. Sein Lockton ist ein kurz ausgestoßenes »Jäckjäck« oder ein lang gezogenes »Quäk«, welchem zuweilen noch ein kreischendes »Schrüig« angehängt wird, der Gesang ein erbärmliches Gezirpe ohne Wohlklang, Regel und Ordnung, eigentlich nichts weiter als eine willkürliche Zusammenfügung der verschiedenen Laute. Wie alle nordländischen Wandervögel, zeigt er sich anfangs vertrauensselig und dreist, wird aber doch durch Verfolgung bald gewitzigt und oft sehr scheu.

In der Heimat bewohnt der Bergfink Nadelwaldungen, zumal solche, welche mit Birken untermischt sind, oder Birkenwaldungen selbst, tritt aber keineswegs ebenso häufig auf wie unsere [297] Edelfinken unter gleichen Umständen, sondern vereinzelt sich oft so, daß man lange nach ihm suchen muß. Jedes Paar grenzt sein Brutgebiet ab; die Männchen kommen aber auch während der Brutzeit noch zeitweilig zusammen, um friedlich miteinander zu verkehren. In einzelnen Waldungen habe ich sie außerordentlich vertrauensvoll, in anderen auffallend scheu gefunden. Im übrigen gleicht ihr Betragen dem, welches wir im Winter zu beobachten gewohnt sind, in jeder Beziehung. Besonders anziehend erscheinen sie auch in der Zeit ihrer Liebe nicht. Das Nest ähnelt dem unseres Edelfinken, ist aber stets dickwandiger und außen nicht bloß mit Moosen, sondern sehr häufig auch mit Birkenschalen, innen mit feiner Wolle und einzelnen Federn ausgekleidet, durch letztere, welche am oberen Rande eingebaut zu sein pflegen, zuweilen halb verdeckt. Die fünf bis acht Eier, welche einen Längsdurchmesser von siebzehn bis fünfundzwanzig und einen Querdurchmesser von dreizehn bis vierzehn Millimeter haben, unterscheiden sich durch etwas grünlichere Grundfärbung von denen des Verwandten.

Oelhaltige Sämereien verschiedener Pflanzen und im Sommer außerdem Kerbthiere bilden die Nahrung auch dieses Finken.

Man jagt den Bergfinken bei uns hauptsächlich seines wohlschmeckenden, wenn auch etwas bitteren Fleisches halber und fängt ihn namentlich auf den Finkenherden oft in großer Menge. Bei seiner Unerfahrenheit werden ihm auch andere Fallen aller Art leicht verderblich.


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Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Fünfter Band, Zweite Abtheilung: Vögel, Zweiter Band: Raubvögel, Sperlingsvögel und Girrvögel. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1882., S. 297-298.
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