Pitpit (Certhiola flaveola)

[566] Der Pitpit (Certhiola flaveola, Certhia und Caereba flaveola, Curruca jamaicensis) ist auf der Oberseite schwarz, an der Kehle grauschwarz, auf der Unterseite und auf dem Bürzel schön gelb; ein Augenbrauenstreifen, die Vordersäume der Handschwingen, die Schwanzspitze und die äußersten Schwanzfedern sind weiß.


Pitpit (Certhiola flaveola). 4/5 natürl. Größe.
Pitpit (Certhiola flaveola). 4/5 natürl. Größe.

Das Auge ist graubraun, der Schnabel schwarz, der Fuß braun. Das Weibchen ist oben schwärzlich olivenfarbig, unten düster blaßgelb, im übrigen aber dem Männchen ähnlich gefärbt und gezeichnet. Die Länge beträgt einhundert, die Fittiglänge sechsundfunfzig, die Schwanzlänge fünfundzwanzig Millimeter. Das Wohngebiet des Pitpit ist die Insel Jamaika. Hier sieht man ihn, laut Gosse, dem wir die ausführlichste Schilderung seines Lebens verdanken, nicht selten in Gesellschaft der Kolibris, indem er dieselben Blüten und zu demselben Zwecke besucht wie sie. Er schwebt aber nicht vor den Blumen, sondern setzt sich auf den Baum und untersucht emsig, von Zweig zu Zweig weiterhüpfend, das Innere der Blüten, wobei er in allen Stellungen den Leib dreht und oft mit dem Rücken nach unten gekehrt sich aufhängt, um mit seinem gekrümmten Schnabel und mit dem Pinsel seiner Zunge alle Theile der Blüten nach kleinen Kerbthieren zu durchsuchen. Ueberraschend zutraulich kommt er oft in die Blütensträucher der Pflanzungen und Gärten Jamaikas. »Eine große Moringa, welche das ganze Jahr hindurch reichlich mit Blüten besetzt ist, scheint für ihn wie für die Kolibris besondere Anziehungskraft zu besitzen. Und eben jetzt, da ich dies schreibe, wird die vor meinen Fenstern stehende Moringa von einem Paar dieser lieblichen Geschöpfe vor meinen Augen durchsucht, während an einer anderen Stelle ein kleiner Kolibri von einer Blüte zur anderen dahinschießt und anderwärts wieder die prächtige Urania sich ihnen zugesellt.« Von unserem Vogel allein ertönt oft ein sanftes Pfeifen bei seinem Geschäfte.

»Das Nest des Pitpit findet sich gewöhnlich im niederen Gebüsche, nahe bei den Nestern der Papierwespen, welche von dessen Zweigen herabhängen. Auch verwandte Vögel sollen Zuneigung [567] zu dieser Nachbarschaft zeigen: sie glauben sich ohne Zweifel durch die Nähe dieser gefürchteten Kerbthiere gesichert und vertheidigt. Das Brutgeschäft fällt in die Monate Mai, Juni und Juli. Am vierten Mai sah ich einen Pitpit Seidenwolle zum Neste tragen. Der Bau, welcher oft nur Grundlage war, deutete auf eine Wölbung und bestand nur aus dieser Baumwollenseide. Später sah ich mehrere vollständige Nester. Ihre Gestalt ist die einer Kugel, das Eingangsloch befindet sich seitlich und unten. Die sehr dicken Wände bestehen aus Heu, welches mit der seidigen Wolle einer Asclepias gemischt ist. In einem anderen Neste fand ich zwei Eier, welche auf grünlichweißem Grunde dicht mit röthlichen Flecken gezeichnet waren.«

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Fünfter Band, Zweite Abtheilung: Vögel, Zweiter Band: Raubvögel, Sperlingsvögel und Girrvögel. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1882., S. 566-568.
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