Mönchsschmuckvogel (Pipra manacus)

[607] Der Mönchsschmuckvogel (Pipra manacus, gutturosa und Edwardsi, Manacus niger und Edwardsi, Chiromachaeris manacus), welcher seiner hohen Läufe, sichelförmig gekrümmten ersten Handschwingen und des weichen, in der Kinngegend stark verlängerten und hier bartartigen Gefieders halber zum Vertreter einer gleichnamigen Sippe erhoben wurde, ist zwar nicht eines der schönsten, aber eines der beachtenswerthesten Mitglieder der Familie. Scheitel, Rücken, Flügel und Schwanz sind schwarz, Bürzel und Steiß grau, Kehle, Hals, Brust und Bauch weiß.


Mönchschmuckvogel (Pipra manacus). 5/6 natürl. Größe.
Mönchschmuckvogel (Pipra manacus). 5/6 natürl. Größe.

Das Auge ist grau, der Schnabel bleifarben, am Unterkiefer weißlich, der Fuß blaß gelblichfleischfarben. Die Länge beträgt einhundertundzwanzig, die Breite einhundertundachtzig, die Fittiglänge fünfundvierzig, die Schwanzlänge achtundzwanzig Millimeter.

»Dieser kleine, niedliche Vogel«, sagt der Prinz von Wied, »ist über einen großen Theil von Südamerika verbreitet. Man trifft ihn in Guayana, und im Süden der Gegenden, welche ich bereiste, ist er gemein. Er lebt in den geschlossenen Urwäldern und Gebüschen, welche mit offenen Stellen abwechseln, durchzieht außer der Paarzeit in kleinen, oft aber auch in zahlreichen Gesellschaften die Gesträuche, wie unsere Meisen, hält sich meistens nahe am Boden oder doch in mittlerer Höhe auf, ist sehr lebhaft und in beständiger Bewegung, hat einen kurzen, aber reißend schnellen Flug und läßt dabei ein lautes, sonderbares Schnurren hören, welches man mit dem von einem Spinnrade herrührenden vergleichen kann.« Dieses Schnurren wird durch die Bewegung des Handtheiles der Flügel erzeugt und kann selbst nach dem Tode des Vogels durch rasche Bewegung des betreffenden Gliedes wieder hervorgebracht werden. Wenn der Mönchsmanakin in Bewegung ist, vernimmt man auch oft seine bereits von Sonini erwähnte Stimme, ein Knacken, wie das einer zersprengten Haselnuß, auf welches ein knarrender und zuletzt ein tief brummender Ton folgt. »Anfänglich ist man erstaunt über diese sonderbaren, plötzlich im Dickichte oft wiederholten Stimmen. Man glaubt, der tiefe Baßton komme von einem großen Thiere, bis man das kleine, sonderbare Vögelchen als [607] den Urheber desselben mit Erstaunen kennen lernt. Oft hörte ich in der dichten, malerischen Verflechtung des dunkeln Waldes die höchst wunderbaren Töne dieses kleinen Manakins, während er unmittelbar neben uns umherschwärmte, knackte und brummte, ohne daß man ihn sehen konnte.« Die Aufmerksamkeit der Brasilianer ist durch eine Eigenheit des Mönchsmanakins erregt worden. Er bläst nämlich gern seine Kehlgegend auf und treibt dadurch das lange Kehlgefieder bartartig hervor. Hierauf begründet sich der in Brasilien übliche Name »Mono« oder zu deutsch »Mönch«. Die Nahrung scheint gemischter Art zu sein und ebenso aus Beeren wie aus Kerbthieren zu bestehen. Das Nest soll mit dem anderer Arten übereinstimmen; wirklich begründete Nachrichten über das Brutgeschäft sind mir jedoch nicht bekannt.

Schon Molina, der erste Naturbeschreiber Chiles, erwähnt eines in hohem Grade merkwürdigen südamerikanischen Vogels und berichtet über die Lebensweise sonderbare Dinge. »Der Pflanzenmähder«, sagt er, »nährt sich von Kräutern, hat aber die böse Eigenschaft, sie nicht eher zu fressen, als bis er den Stengel dicht an der Wurzel abgesägt hat. Oft schneidet er Pflanzen bloß zum Zeitvertreibe ab, ohne ein Blatt davon zu fressen. Die Einwohner befehden ihn daher ohne Unterlaß und geben den Knaben, welche seine Eier ausnehmen, eine gute Belohnung. Da ihm diese Nachstellung bekannt ist, baut er sein Nest in die dichtesten Bäume und an schattige, wenig besuchte Orte. Ungeachtet dieser Vorsicht hat er sich sehr vermindert, und von dem Eifer, mit welchem ihn die Einwohner auszurotten suchen, darf man schließen, daß er sich nicht mehr erhalten wird, falls seine Nachkommenschaft nicht unterlassen sollte, ihren bösen Namen zu bethätigen.« Lange Zeit hielt man die von dem Vogel verübten Uebelthaten für eine Fabel, wie solche Fremden erzählt und von diesen geglaubt zu werden pflegen; neuere Beobachtungen aber haben ergeben, daß wenigstens etwas an der Sache ist. Kittlitz, d'Orbigny, Boeck und Landbeck sind es, welche Molina in gewisser Hinsicht rechtfertigen.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Fünfter Band, Zweite Abtheilung: Vögel, Zweiter Band: Raubvögel, Sperlingsvögel und Girrvögel. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1882., S. 607-608.
Lizenz:
Kategorien: