Feuerauge (Pyriglena domicella)

Feuerauge (Pyriglena domicella). 1/2 natürl. Größe.
Feuerauge (Pyriglena domicella). 1/2 natürl. Größe.

[614] Einer der bekanntesten Ameisenvögel ist das Feuerauge (Pyriglena domicella, Lanius, Myiothera und Formicivora domicella, Drymophila trifasciata, Myrmeciza melanura), Vertreter einer gleichnamigen Sippe und der Unterfamilie der Ameisenfänger (Formicivorinae). Die Kennzeichen der Sippe sind gerader, ziemlich starker, fast kegelförmiger Schnabel mit hakiger Spitze und seichter Kerbe vor derselben, hohe, starke Läufe, kräftige, aber nicht sehr lange Zehen, welche mit ziemlich kurzen, schlanken und gebogenen Krallen bewehrt sind, mittellange Flügel, in denen die vierte Schwinge die längste ist, und ein ziemlich langer und abgerundeter Schwanz. Bei dem männlichen Feuerauge sind Schnabel, Füße und der größte Theil des Gefieders schwarz, die Flügeldeckfedern am Buge weiß und die großen Deckfedern weiß gerandet. Das Auge ist, dem Namen entsprechend, dunkel feuerroth. Das Weibchen ist olivenbraun, an der Kehle und auf dem [614] Nacken blaßgelb. Die Länge beträgt achtzehn, die Breite dreiundzwanzig, die Fittiglänge acht, die Schwanzlänge sieben Centimeter.

Das Feuerauge ist in allen Waldungen Brasiliens nicht selten und kriecht überall in den dichten und dunklen Gebüschen der großen Wälder umher. Sein feurigrothes Auge sticht lebhaft ab von dem kohlschwarzen Gefieder, und der Vogel wird schon deshalb leicht bemerklich. Die Stimme ist ein pfeifendes Gezwitscher.

Daß dieser nette Vogel ein eifriger Ameisenjäger ist, erfahren wir durch Kittlitz. »Ich begegnete«, erzählt er, »in einem Dickichte des Waldes einem ungeheueren Schwarme großer, schwarzer Ameisen, welche um die Trümmer starker Bambusstengel her gerade sehr beschäftigt waren, während sowohl männliche als weibliche Feueraugen ihnen mit großer Gier und Behendigkeit nachstellten. So schüchtern sich die Vögel auch zeigten, und so gewandt sie einem Schusse auszuweichen wußten, war doch ihre Begierde nach den Ameisen so groß, daß selbst das Schießen sie nur augenblicklich verscheuchte. Ich konnte, am Boden lauernd und immer wieder ladend, bald sechsmal nach einander Feuer geben. Ueberraschend war es für mich, in dem Magen der geschossenen fast nur Ueberreste von Heuschrecken und anderen Geradflüglern zu finden. Es scheint also, daß die Ameisen mehr Leckerbissen als regelmäßige Nahrung dieser Vögel bilden.« Andere Forscher versichern ebenfalls, daß in der Nähe eines wandernden Ameisenheeres die Jagd auf diese sonst so vorsichtigen Vögel überaus leicht ist. Schwerer aber hält es, die geschossenen aus der Mitte des wandernden Heeres hervorzuholen, ohne von hundert erbitterten Kerfen gebissen zu werden. Auch Kittlitz hebt hervor, daß er von den Ameisen fürchterlich gebissen wurde, obgleich sie zum Glücke zu eilig waren, als daß sie sich in Massen auf ihn geworfen hätten.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Fünfter Band, Zweite Abtheilung: Vögel, Zweiter Band: Raubvögel, Sperlingsvögel und Girrvögel. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1882., S. 614-615.
Lizenz:
Kategorien: