Warzentaube (Alectroenas pulcherrima)

[627] Eine der prachtvollsten Arten dieser an schön gefärbten Tauben reichen Unterfamilie ist die Warzentaube (Alectroenas pulcherrima, Columba pulcherrima und rubricapilla, Erythroena pulcherrima), Vertreterin einer gleichnamigen Sippe (Alectroenas). Die Gestalt ist sehr gedrungen, der vordere Theil des Gesichtes, einschließlich des Augenfeldes nackt, die Nasengegend wie die Vorderwangen mit großen häutigen Auswüchsen und Warzen, die Stirne jederseits insbesondere durch einen in der Mitte seicht ausgehöhlten Lappen verziert, der Schnabel kurz, der Fuß klein und schwächlich, der Fittig mittellang, in ihm die dritte Schwinge die längste, der Schwanz kurz und sanft abgerundet, das Gefieder auf dem Kopfe zu haarähnlichen Gebilden umgewandelt, am Halse verlängert, zugespitzt, gegabelt und streifig gelagert, übrigens großfederig.


Warzentaube (Alectroenas pulcherrima). 2/5 natürl. Größe.
Warzentaube (Alectroenas pulcherrima). 2/5 natürl. Größe.

Die haarigen Federn des Kopfes sind blutig kirsch-oder schmutzig karminroth, Hinterkopf und Nacken, Hals und Kropf bläulich aschgrau, obere Mantelgegend und Oberbrust perlgrau, alle übrigen Theile tief und dunkel purpurnindigoblau gefärbt. Der Schnabel ist schmutzig orangegelb, der nackte Theil des Gesichtes leuchtend zinnoberroth, das Auge citrongelb, der Fuß dunkelgrau. Die Länge beträgt sechsundzwanzig, die Fittiglänge funfzehn, die Schwanzlänge acht Centimeter.

[628] Die Warzentaube bewohnt wie ihre Verwandten die Gruppe der Madagaskarinseln, und zwar die Eilande Mahe, Silhouette, Praslin, Marianne und Felicité. Ueber ihre Lebensweise ist nichts bekannt. Von verwandten Arten wird berichtet, daß sie in Flügen von sechs bis acht Stück die Hochwälder beleben, sich von allerlei Früchten, insbesondere von denen der wilden Dattelpalme, ernähren, zur Zeit der Reisernte zahlreich in den Pflanzungen erscheinen, und hier bei reichlicher Nahrung bald sich feisten. Daß sie sich unschwer an die Gefangenschaft gewöhnen, beweist die oben beschriebene Art, von welcher ich ein Paar im Berliner Zoologischen Garten sah. Die Haltung dieser Vögel ist unschön und lässig; nur wenn ihre Aufmerksamkeit erregt wird, strecken sie den Hals und nehmen dann eine gefälligere Stellung an. Der einzige Stimmlaut, welchen ich vernahm, war ein sehr tiefes und hohles Girren, während dessen der Kopf nickend bewegt wurde. Das Paar hielt treu zusammen, zeigte sich jedoch, wie alle Fruchttauben, anderen Vögeln gegenüber unfreundlich und zänkisch. Wie alle Mitglieder gefräßig, feisteten die Vögel binnen kurzem sich so, daß sie bald an Verfettung zu Grunde gingen.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Fünfter Band, Zweite Abtheilung: Vögel, Zweiter Band: Raubvögel, Sperlingsvögel und Girrvögel. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1882., S. 627-629.
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