Gürtellärmvogel (Schizorhis zonura)

[270] Mein letzter Ausflug nach Habesch hat mich mit dem Gürtellärmvogel, »Guguka« der Abessinier (Schizorhis zonura, Musophaga und Chizaerhis zonura), in seinen heimischen Waldungen zusammengeführt. Seine Länge beträgt einundfunfzig, die Breite dreiundsiebzig, die [270] Fittig- wie die Schwanzlänge fünfundzwanzig Centimeter. Das Weibchen ist etwas größer als das Männchen, ihm aber sonst in allem übrigen gleichartig gestaltet und gefärbt. Die ganze Oberseite ist ziemlich gleichmäßig dunkelbraun, die Unterseite von der oberen Brust ab hell aschgrau, längs der Schäfte bräunlich gestreift; die verlängerten und zugespitzten Federn des Hinterhauptes, welche gesträubt getragen werden, sind weißlich gesäumt, die Federn des Rückens, soweit sie verdeckt werden, blaugrau, die Schwingen schwarzbraun, auf der Innenfahne mit einem großen, weißen, viereckigen Fleck gezeichnet, welcher nur der ersten fehlt, die mittelsten Schwanzfedern lichtbraun, die vier äußersten an der Spitze ebenso gefärbt, hierauf weiß und am Ende breit rußschwarz gebändert.


Gürtellärmvogel (Schizorhis zonura). 1/3 natürl. Größe.
Gürtellärmvogel (Schizorhis zonura). 1/3 natürl. Größe.

Das Auge ist graubraun, der dicke, starke und breite Schnabel, welcher sich ziemlich stark krümmt und an den Schneiden kaum gezähnelt ist, grüngelb, der Fuß dunkel aschgrau.

Der Gürtellärmvogel scheint weit verbreitet zu sein. Rüppell fand ihn in mehreren Provinzen Abessiniens, ich traf ihn ziemlich häufig in den Bogosländern an, andere Reisende begegneten ihm am oberen Blauen Flusse, Heuglin endlich lernte ihn in dem Quellengebiete des Weißen Nils kennen, bezeichnet ihn als den häufigsten Pisangfresser Nordostafrikas und gibt an, daß er vorzugsweise den Waldgürtel zwischen sechshundert bis zweitausend Meter Meereshöhe und in ihm namentlich Hochbäume längs der Gewässer bewohnt. In der Nähe der kleinen, von den Gebirgen dem Meere zueilenden Bächlein habe auch ich ihn gefunden.

Während der Helmvogel nur leise bauchrednert, versucht der Lärmvogel mit den Affen um die Wette zu schreien. Er ist es, welcher selbst den erfahrenen Jäger oft täuscht und ihn glauben läßt, daß eine Bande der graugrünen Meerkatzen irgend etwas entsetzliches bemerkt habe und es der Welt künden wolle. Sein Geschrei ähnelt dem sonderbaren Gegurgel, oder wie man es sonst nennen will, [271] genannter Affen in jeder Hinsicht auf das genaueste. Es klingt laut und gellend, wie »Gu, gu, guck, gigack, ga girr girr guh gi, geh guh«, aber weil gewöhnlich alle durcheinander schreien, so sonderbar verworren, daß es zu einem wirklichen Gegurgel wird. Ich habe diese Laute an Ort und Stelle niederzuschreiben versucht und darf für die richtige Uebertragung, so weit eine solche möglich, einstehen, ersehe jedoch aus den Werken anderer Forscher, daß kein einziger von ihnen dasselbe herausgehört hat wie ich. Doch stimmt insbesondere Heuglin im wesentlichen mit mir überein. Auch er bezeichnet die Stimmlaute des Lärmvogels als ein weitschallendes, sehr mannigfaltiges Geschrei und Gelächter, welches oft ganz dem heiseren Bellen eines Hundes oder dem Kläffen kleiner Affen gleicht, aber ebenso an das Balzen des Auerhahnes und der Frankoline erinnert, bemerkt aber noch, daß der Lärmvogel oft wie eine Lachtaube knurrt, gurgelt und lacht. Antinori nennt ihn mit Recht den schreilustigsten Vogel des ganzen Gebietes. Geht man den merkwürdigen Lauten nach, so sieht man die sehr auffallenden Vögel bald auf einem der höchsten Bäume des Gebirges paarweise vereint oder auch in kleinen Familien, jedoch auch dann noch die Gatten eines Paares nebeneinander sitzen. Wenn man vorsichtig näher kommt, kann man solche Gesellschaften wohl beobachten.

Der Gürtellärmvogel hat im Betragen vieles mit dem Sporenkukuk und dem Nashornvogel gemein. Er fliegt ganz wie letzterer, in Absätzen nämlich, aber nicht gern weit, am liebsten nur von einem hohen Baume zum anderen, setzt sich hoch in die Kronen, hält sich sehr aufrecht, beginnt mit dem Schwanze zu spielen und schreit nun mit einem Male laut auf, daß es rings im Gebirge wiederhallt. Nach Heuglin spielen und streiten die Mitglieder einer Gesellschaft beständig unter einander und verfolgen sich scheltend und kichernd von einem Baume zum anderen. Ruhig auf einer und derselben Stelle sitzend gewahrt man den Lärmvogel selten; er ist vielmehr fast beständig in Bewegung, läuft oft, sich duckend oder mit dem Kopfe nickend, geschickt auf den Zweigen hin und her, dabei einen Bissen wegschnappend, und ruht nur dann und wann einen Augenblick lang von seinem tollen Treiben aus. Heuglin sagt, daß er gewöhnlich nicht scheu sei; ich habe das Gegentheil erfahren und ihn als einen sehr vorsichtigen Vogel kennen gelernt, so daß man sich Mühe geben muß, wenn man seiner habhaft werden will. Nur in unmittelbarer Nähe der Dörfer zeigt er sich nach meinen Beobachtungen weniger scheu; dort hat er sich an den Menschen und sein Treiben gewöhnt. Seine Nahrung besteht aus Beeren der verschiedensten Art, und diesen Beeren zu Liebe kommt er in den Morgen- und Abendstunden zu den niederen Büschen herab. Den übrigen Theil des Tages lebt er nur auf Hochbäumen, und namentlich in den Mittagsstunden sucht er sich die schattigsten aus, welche er finden kann, und verbringt in ihrem Gelaube die heiße Zeit. Antinori sah ihn wiederholt von kleinen Vögeln umringt, welche ihn in derselben Weise neckten und verfolgten, wie sie mit Eulen und Kukuken zu thun pflegen.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Vierter Band, Zweite Abtheilung: Vögel, Erster Band: Papageien, Leichtschnäbler, Schwirrvögel, Spechte und Raubvögel. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1882., S. 270-272.
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