Didrik (Chrysococcyx cupreus)

[236] Der Goldkukuk oder Didrik ( Chrysococcyx cupreus oder auratus, Cuculus cupreus, auratus und chalcocephalus, Lam promorpha chalcocephala, Calcites auratus, Lamprococcyx auratus und chrysochlorus) ist auf der ganzen Oberseite, mit Ausnahme einiger lichten Stellen, glänzend goldgrün, kupferig schillernd; doch zeigen viele von den Federn auch einen bläulichen Schiller an ihren Rändern, und einzelne einen oder zwei derartige Flecke. Längs der Scheitelmitte, vor und hinter dem Auge verläuft ein weißer Streifen; ein anderer, goldgrün gesäumter, geht vom Mundwinkel aus. Die ganze Unterseite ist lichtbräunlich oder gilblichweiß, aber die Farbe hier so zart, daß sie sich bloß unmittelbar nach der Mauser in voller Schönheit zeigt, durch das Sonnenlicht jedoch auch beim lebenden Vogel bald in Weiß ausgebleicht wird. Die Seiten-, die Schwanz- und Unterflügeldeckfedern sind grünlich, die ersten Hand- und die Armschwingen sowie die äußeren Steuerfedern auf dunkelgrünem Grunde weiß gebändert. Das Auge ist lebhaft gelbbraun, während der Paarungszeit beim Männchen cochenilleroth, das Augenlid korallroth, der Schnabel dunkelblau, der Fuß licht graublau. Die Länge beträgt 19,5, die Breite 33, die Fittiglänge 11, die Schwanzlänge 8,5 Centimeter. Das Weibchen ist ein wenig kleiner und minder schön, unterscheidet sich auch leicht durch seine gefleckte Unterseite. Das Jugendkleid ist dem der alten Vögel sehr ähnlich, die Unterseite ist aber gelb angeflogen, Brust und Kehle sind metallgrün, dicht geschuppt, die Federn der Oberseite rostgelb gerandet und die Schwingen rostgelb gefleckt.

Ueber das Leben hat zuerst Levaillant einiges berichtet. »Ich fand den Didrik«, sagt er, »im größten Theile Südafrikas, vom Elefantenflusse an bis zum Lande der kleinen Namaken, und zwar so häufig, daß ich tausende von ihnen hätte erlegen können. Aus meinem Tagebuche ersehe ich, daß ich und mein braver Klaas zweihundertundzehn Männchen, einhundertunddreizehn Weibchen und einhundertunddrei Junge erlegt haben.« In Mittelafrika, wo der Vogel von Rüppell, Heuglin, Antinori und mir beobachtet wurde, ist er nicht entfernt so gemein. So viel ich mich erinnere, traf ich ihn immer nur im Urwalde an. In meinen Maßtafeln ist ausdrücklich bemerkt, daß er sich in den höchsten und dichtesten Bäumen der Wälder aufhält. Heuglin beobachtete ihn am Weißen und Blauen Nile und in Abessinien, zuweilen in kleinen Gesellschaften, im Habesch nicht selten auch in ummittelbarer Nähe menschlicher Wohnungen oder in der Nachbarschaft von Viehgehegen. Nach Angabe desselben Beobachters erscheint er in letztgenanntem Lande mit Anfang der Regenzeit und verläßt seine Standorte mit den flüggen Jungen im September oder Oktober wieder; laut Antinori trifft er im Bogoslande um die Mitte des Juni ein und zwar immer in Gesellschaft seines Weibchens. Seinen Standort wählt er im Gebirge auf waldigen und sonnigen Gehängen zwischen dreihundert bis zweitausend Meter über dem Meere. Ihn zu entdecken hält nicht schwer; denn das Männchen macht sich bald bemerklich, sei es durch sein Geschrei oder sei es durch seine Streitlust [236] mit anderen seiner Art. Der Lockton ist ein lautes, flötendes Pfeifen, welches Levaillant durch »Dididididrik«, Heuglin durch »Huidhuidhuidi«, Fischer durch »Tü, tue, tü« ausdrückt. Das Weibchen soll bloß einen leisen Ton, wie »Wikwik« klingend, vernehmen lassen und mit ihm auch dem verliebten Männchen antworten oder es herbeirufen. Während der Zeit der Liebe sind die Männchen, welche an Zahl die Weibchen nicht merklich zu überwiegen scheinen, fast ebenso eifersüchtig und streitlustig wie unser Kukuk. »Läßt ein Männchen irgendwo seine weitschallende Stimme hören«, sagt Heuglin, »so antwortet gleich ein zweites aus der Nachbarschaft, und nicht selten sieht man zwei oder drei derselben unter heftigem Geschrei tüchtig sich balgen.« Die Paarungslust erhöht die Regsamkeit des Vogels überhaupt in jeder Weise. So bemerkt Fischer, daß der Goldkukuk sich erst um Mitte April sehr bemerklich mache, vorher aber einsam und still umhertrieb und deshalb auch nur dann und wann auf Kokospalmen wahrgenommen wurde.


Goldkukuk (Chrysococcyx cupreus). 4/5 natürl. Größe.
Goldkukuk (Chrysococcyx cupreus). 4/5 natürl. Größe.

Nach der angegebenen Zeit dagegen sah man ihn paarweise fast überall. Nach Art der Kukuke insgemein ein höchst unruhiger Geselle, erschien er bald hier bald dort, zeigte sich jetzt frei auf der Spitze eines Mangobaumes, dann mehr versteckt im Gestrüpp eines Sumpfes und wiederum in den Gärten dicht über dem Boden. Wie alle seine Verwandten ist er ein sehr gewandter Flieger und sein Flug dadurch ausgezeichnet, daß er tiefe Bogenlinien beschreibt: einzelne Beobachter vergleichen den Flug deshalb nicht mit Unrecht mit dem der Bachstelze.

In den Magen der von Fischer untersuchten Stücke fanden sich ziemlich große haarige Raupen vor, woraus also hervorgeht, daß der Kukuk in dieser Beziehung seinen Artverwandten gleicht.

[237] Levaillant fand, wie er angibt, dreiundachtzig Eier des Goldkukuks in den Nestern kerbthierfressender Vögel und versichert, beobachtet zu haben, daß das Weibchen sein Ei ebenfalls mit dem Schnabel in die Nester der von ihnen zum Pflegeelterngeschäft erwählten Vögel trägt. Seiner Angabe nach entdeckte er dies zufällig, als er einem getödteten Weibchen einen Pfropfen in den Rachen schieben wollte, um das Beschmutzen des Gefieders durch auslaufendes Blut zu verhüten, schließt aber ganz richtig, daß auch alle übrigen Kukuke in derselben Weise verfahren dürften. Das Ei ist glänzend weiß. Heuglin fand in den Eierstöcken der von ihm zergliederten Weibchen im Juli und September fast reife Eier und bemerkte, daß eine namhafte Anzahl derselben befruchtet war.

Verschweigen will ich nicht, daß wir auch über die Fortpflanzungsgeschichte dieses Kukuks verschiedene Mittheilungen erhalten haben. Während durch Levaillant berichtet und durch Ayres, wenn auch nur mit wenigen Worten, bestätigt wurde, daß er nicht brütet, sind Heuglin, Antinori und Fischer geneigt, das Gegentheil anzunehmen. Heu glin hat, wie er bemerkt, etwas bestimmtes darüber nicht erfahren können, ob der Goldkukuk und seine nächsten Verwandten selbst brüten oder nicht. »In ersterem Falle«, meint er, »würden nach meinen Beobachtungen die alten Vögel der jungen halbflüggen sich wieder annehmen. Denn ich habe im Oktober 1861 bei Keren mehrere Male gesehen, wie ein schon etwas flugfähiger Goldkukuk, welcher schreiend auf dem Gipfel niedriger Büsche und Hecken saß, von alten, also wohl von seinen wirklichen Eltern, gefüttert wurde. Einmal waren sogar zwei Junge beisammen, beide jedoch offenbar verschiedenen Alters.« Antinori hat derartige Beobachtungen nicht sammeln können, dagegen durch den äthiopischen Diener Munzingers eine Nachricht erhalten, welche für das Selbstbrüten spricht. Ein Goldkukuk wurde in einem Gebäude gefangen, welches Munzinger damals als Stall benutzte, und der äthiopische Diener, dem die Pflege der Thiere oblag, versicherte Antinori, daß in den vorhergehenden Jahren ein Pärchen dieser Kukuke, vielleicht dieselben Vögel, im Inneren des besagten Raumes und zwar im Stroh des Daches ihr Nest gebaut hätten. Mit beiden Angaben stimmt nun auch die Mittheilung Fischers überein. Nachdem der Goldkukuk durch sein Geschrei sich bemerklich gemacht und die Aufmerksamkeit des genannten auf sich gelenkt hatte, erhielt dieser Gelegenheit, ihn genau zu beobachten. Ein Pärchen siedelte sich nämlich in einem mitten in der Stadt gelegenen, sehr kleinen, d.h. nur stubengroßen, ringsum von Mauern umgebenen Garten an, besuchte diese Oertlichkeit zuerst täglich und baute später in dem aus wenigen Melonenbäumen und dichtem Strauchwerk bestehenden Baumbeständen sein Nest. Das Weibchen empfing das Männchen jedesmal mit Geschrei, wenn letzteres zum Neste kam, bei welchem ersteres zurückblieb. »Das Nest«, so schreibt er unter dem vierten Mai dieses Jahres (1877), »ist gegenwärtig vollendet, und so hoffe ich, wenn mir der Besitzer des Gartens die Erlaubnis dazu gibt, Ihnen Nest und Eier dieser Kukuksart einsenden zu können.« Damit wäre dann der Beweis geliefert, daß der Goldkukuk selbst brütet.

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Vierter Band, Zweite Abtheilung: Vögel, Erster Band: Papageien, Leichtschnäbler, Schwirrvögel, Spechte und Raubvögel. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1882., S. 236-238.
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