Klecho (Dendrochelidon longipennis)

[384] Eine Art dieser Sippe, nach ihrem und ihrer Verwandten Geschrei Klecho genannt (Dendrochelidon longipennis, Hirundo, Cypselus, Macropteryx und Pallestre Klecho), ist achtzehn, ihr Fittig funfzehn, der Schwanz acht Centimeter lang.


Klecho (Dendrochelidon longipennis). 1/2 natürl. Größe.
Klecho (Dendrochelidon longipennis). 1/2 natürl. Größe.

Die aus breiten Federn gebildete aufgerichtete Holle auf dem Vorderkopfe, Oberkopf, Mantel, Schultern und Flügeldeckfedern sind dunkel schwarzgrün mit schwach metallischem, die Enden der Flügeldeckfedern mit stahlblauem Schimmer, der Zügel und die Gegend unter dem Auge schwarz, Bürzel und obere Schwanzdecken hell schimmelgrau, Schwingen und Handdecken schwarz mit schwarzblauem, die hinteren Hand- und die Armschwingen mit stahlgrünem Scheine, die letzten Armschwingen schimmelgrau, die längsten Schulterdeckfedern weiß gefärbt. Ein kleiner dunkel rostrother Fleck ziert die Ohrgegend; Kinn, Kehle, Kropf, Hals und Körperseiten sind schimmelgrau, die übrigen Untertheile weiß, die unteren Flügeldecken schwarzgrün, die Steuerfedern, welche eine tiefe Gabel bilden, schwarz, an der Wurzel mit grünem, an der Spitze mit schwarzblauem Scheine. Das Auge ist tiefbraun, der Schnabel schwarz, der Fuß horngrau. Dem Weibchen fehlt der rostrothe Ohrfleck.

Das Verbreitungsgebiet der Art ersteckt sich über die großen Sundainseln, Java, Sumatra, Borneo, Bangka und die Halbinsel Malakka.

Alle Baumsegler führen ein von ihren sämmtlichen Verwandten abweichendes Leben und zeichnen sich insbesondere auch durch ihr Brutgeschäft aus. Sie sind Bewohner der Dschungeln oder ähnlicher Walddickichte, hauptsächlich derer, welche in Ebenen liegen. Gern setzen sie sich auf Bäume; doch ist ihre Geschicklichkeit im Klettern gering. Eine indische Art findet man, nach Jerdon, zuweilen in sehr zahlreichen Schwärmen, gewöhnlich aber in kleinen Gesellschaften, entweder auf dürren und blätterlosen Bäumen sitzend und dann mit ihrer Kopfhaube spielend, oder jähen Fluges, am liebsten in der Nähe von Gewässern, auf- und niederfliegend und dabei ein lautes papageiähnliches Geschrei ohne Unterbrechung ausstoßend, so daß sie ihre Anwesenheit dem Kundigen verräth, noch ehe er sie zu Gesicht bekommt. Das Geschrei der indischen Art wird durch die Silben »Kia kia kia« wiedergegeben; sie vernimmt man aber nur, so lange der Vogel fliegt, wogegen er im Sitzen eine Art kurzen Gesang vernehmen läßt, welchen man durch die Silben »Tschiffel tschaffel klecho klecho« zu übertragen versucht hat.

Ueber das Brutgeschäft des Klecho, welchen die Malaien »Manuk-Pedang« oder »Schwertvogel« nennen, hat neuerdings Bernstein ausführlich berichtet. »Dieser Vogel«, sagt er, »bietet in [385] seinem Nestbaue so höchst merkwürdige und eigenthümliche Verhältnisse dar, daß er in dieser Hinsicht bis jetzt wohl einzig dasteht. Ganz gegen die Gewohnheit anderer verwandten Arten, an Fels- oder Mauernwänden, in Spalten und Löchern ±. des Gesteins zu nisten, wählt er freistehende Aeste, hoch im Wipfel der Bäume, um sein Nest an dieselben anzubauen. Ist schon die Wahl eines solchen Ortes für einen zur Familie der Segler gehörigen Vogel merkwürdig, so ist das Verhältnis in der Größe zwischen Vogel, Nest und Ei noch viel auffallender. Das Nest erinnert durch seine mehr oder weniger halbrunde Gestalt und die Weise, wie die dasselbe zusammensetzenden Stoffe unter einander verbunden sind, einigermaßen an die Nester der Salangane, ist jedoch viel kleiner und flacher als diese. Die von mir gemessenen Nester waren bei einer Tiefe von zehn Millimeter nicht über dreißig bis vierzig Millimeter breit. Das Nest ist stets an einem wagerechten, etwa zwei Centimeter dicken Aste, welcher zugleich die hintere Nestwand bildet, befestigt und stellt so zur Seite desselben einen ziemlich flachen, länglich halbrunden Napf dar, eben groß genug, um das einzige Ei aufnehmen zu können. Die Nestwände sind äußerst dünn und zart, kaum dicker als Pergament. Sie bestehen aus Federn, einzelnen Stückchen Baumflechten und kleinen Rindentheilen, welche Stoffe durch ein kleberiges Bindemittel zusammengeleimt sind, ohne Zweifel, ähnlich wie bei den Salanganen, dem Speichel des Thieres, zumal auch bei den Baumseglern die Speicheldrüsen zur Zeit der Fortpflanzung auffallend anschwellen. Die Kleinheit und Gebrechlichkeit des Nestes erlaubt dem brütenden Vogel nicht, sich auf dasselbe selbst zu setzen; er sitz vielmehr, wie ich dieses wiederholt beobachtet habe, auf dem Aste und bedeckt allein mit dem Bauche das Nest und das in demselben befindliche Ei. Dieses entspricht, da es einen Längsdurchmesser von fünfundzwanzig und einen größten Querdurchmesser von neunzehn Millimeter hat, durchaus der Größe des Vogels. Es ist von regelmäßiger, vollkommen eirunder Gestalt, so daß es nicht möglich ist, ein spitzeres oder stumpferes Ende an demselben zu erkennen. Seine Farbe ist ein sehr blasses Meerblau, welche Farbe nach dem Ausblasen noch blasser wird, und dann weiß, schwach ins Bläuliche spielend, erscheint. Meinen Beobachtungen nach macht der Vogel jährlich zwei Bruten bald nach einander, die erste im Mai oder Juni, die zweite bald nach der ersten, bedient sich jedoch nur selten eines und desselben Nestes.

Das offenbare Mißverhältnis der Größe zwischen Vogel, Nest und Ei machte mich begierig, das Junge zu beobachten, welches anscheinend wenige Tage nach dem Auskriechen aus dem Eie keinen Platz mehr in dem kleinen, gebrechlichen Neste finden konnte. Ich ließ daher ein Paar des Vogels ungestört sein Ei ausbrüten. So wie ich erwartet hatte, füllte das Junge schon nach wenigen Tagen das Nest vollkommen aus und fand bald keinen Platz mehr in demselben. Es verließ also das Nest und nahm dieselbe Stellung ein, die früher das brütende Weibchen eingenommen hatte, das heißt auf dem Aste, an dessen Seite das Nest befestigt war, und ruhte nur mit seinem Bauche in demselben. In diesem Zustande, hülflos auf dem Aste sitzend, würde das junge Geschöpf eine leichte Beute jedes Raubvogels, der Krähen ±., werden, wenn es sich nicht durch ein höchst eigenthümliches Benehmen, welches einigermaßen an das der Rohrdommeln erinnert, den Augen dieser Räuber zu entziehen wüßte. Abgesehen nämlich davon, daß das Junge die einmal eingenommene Stelle auf dem Aste vor dem Neste nicht eher verläßt, als bis es völlig erwachsen ist, reckt es, sobald es etwas verdächtiges oder ihm fremdes bemerkt, instinktmäßig den Hals in die Höhe, sträubt die Federn, kauert sich nieder, so daß von den Füßen nichts zu sehen ist, und sitzt völlig unbeweglich, so daß man es, zumal auch sein dunkelgrün, weiß und braun gemarmeltes und geschecktes Gefieder mit der Farbe des meistens mit grünlichweißen Flechten bedeckten Astes übereinstimmt, leicht übersieht. Ja selbst als der Vogel erwachsen war und ich nun den Ast mit dem Neste abschneiden ließ, beobachtete er dasselbe Benehmen und saß, ohne das mindeste Lebenszeichen von sich zu geben, unbeweglich still, während doch andere Vögel mit hungrigem Geschrei die offenen Schnäbel jedem Besucher entgegenzustrecken pflegen.«

Quelle:
Brehms Thierleben. Allgemeine Kunde des Thierreichs, Vierter Band, Zweite Abtheilung: Vögel, Erster Band: Papageien, Leichtschnäbler, Schwirrvögel, Spechte und Raubvögel. Leipzig: Verlag des Bibliographischen Instituts, 1882., S. 384-386.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Hoffmann von Fallersleben, August Heinrich

Deutsche Lieder aus der Schweiz

Deutsche Lieder aus der Schweiz

»In der jetzigen Zeit, nicht der Völkerwanderung nach Außen, sondern der Völkerregungen nach Innen, wo Welttheile einander bewegen und ein Land um das andre zum Vaterlande reift, wird auch der Dichter mit fortgezogen und wenigstens das Herz will mit schlagen helfen. Wahrlich! man kann nicht anders, und ich achte keinen Mann, der sich jetzo blos der Kunst zuwendet, ohne die Kunst selbst gegen die Zeit zu kehren.« schreibt Jean Paul in dem der Ausgabe vorangestellten Motto. Eines der rund einhundert Lieder, die Hoffmann von Fallersleben 1843 anonym herausgibt, wird zur deutschen Nationalhymne werden.

90 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.

444 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon