7. Freundschaft.

[474] Die düstere Einsamkeit meines Wittwerlebens wurde fortwährend durch einfallende Strahlen der Freundschaft erhellt, so daß ich mich nie ganz verlassen fühlen konnte. Zwar fand sich unter den mir befreundeten Männern, die mit mir auf gleicher Alterstufe standen, keiner, dessen Ansichten und Grundsätze mit den meinigen so vollständig übereinstimmten, daß es zu einer rechten Innigkeit hätte kommen können; aber auch das Wohlwollen, das Einige derselben mir schenkten, war für mich von Werth, da es zu Erheiterung meines Lebens beitrug. Und was jüngere Personen betrifft, mit denen ich im Verkehre stand, so konnte ich zwar nicht übersehen, daß sie im Umgange mit ihren Altersgenossen sich wohler fühlten, als in dem meinigen; aber ich mußte dies Verhältniß, wenn es mir auch zuweilen etwas wehe that, am Ende doch als naturgemäß respectiren und mich immer noch glücklich schätzen, nicht in dem Grade abgelebt zu sein, daß ihnen meine Nähe ganz uninteressant und unfreundlich gewesen wäre. Indessen fehlte mir neben den Annehmlichkeiten freundschaftlicher Geselligkeit das Glück einer innigeren und edleren Freundschaft auch in dieser Neige meines Lebens nicht ganz. Den ersten Platz nimmt hier Charlotte von Dincklage ein, über die ich bei ihrer ausgezeichneten Persönlichkeit etwas weitläufiger berichten muß, was ich denn auch um so lieber thue, da ich auf ihre Freundschaft stolz bin.[474]

Als ich 1832 mit meiner Frau nach Marienbad reiste, hatten wir in Dresden einen Lohnwagen nach Karlsbad gemiethet, und, als der Kutscher um die Erlaubniß, noch eine Dame mitnehmen zu dürfen, gebeten hatte, darein gewilligt. Wir fuhren demnach bei unserer Abreise am 6. Juli früh Morgens an dem Hause vor, wo unsere unbekannte Reisegefährtin wohnen sollte. Alsbald erschienen zwei Damen, von denen die Eine im Hauskleide mit den Worten: »ich muß mir doch erst Deine Reisegesellschaft ansehen!« zum Wagen trat, wo ich denn mich und meine Frau zur Beschauung bestens präsentirte. Hiermit war nun schon der Ton für unsere Geselligkeit angegeben, und als die andere Dame, etwa dreißig Jahre alt, von kleinem Wuchse, kräftigem Baue, blond, blauäugig, sich zu uns in den Wagen gesetzt hatte, begann sogleich ein munteres Gespräch; sie sprach so verständig und so ungezwungen, so gebildet und so anspruchslos, daß man vollkommen bestätigt fand, was ihr kluges und gutes Gesicht verhieß. Wir fanden schon, während wir noch durch die Stadt fuhren, so viel Interesse an einander, daß wir mit Spannung unserer Ankunft am Schlage (Barrière) entgegensahen, um durch den dem Beamten zu gebenden Bescheid unsere beiderseitigen Namen zu erfahren. Sie nannte sich Charlotte von Dincklage, Stiftsdame aus Hannover. Auf unserem Wege durch den Plauenschen Grund zeigte sich ihr Sinn für Naturschönheiten ungekünstelt und wahrhaft, und als der Kutscher in Tharand anhielt, um die Pferde zu tränken, sagte sie: »da muß ich auf die Ruine.« Ich fragte sie, ob sie früher schon einmal oben gewesen sei; aber sie lachte mich aus, und versetzte bloß, indem sie aus dem Wagen sprang: »man kann doch nicht da vorbei fahren, ohne sich nochmals an der schönen Aussicht zu ergötzen.« Ich begleitete sie, und beim Herabsteigen vom Berge trat sie einem als Tyroler Jäger gekleideten Forststudenten, der uns begegnete, mit Fragen nach dem kürzesten Wege zum Gasthofe entgegen, gestand mir aber, nachdem sie ausführliche Auskunft erhalten hatte, von freien Stücken: »ich wußte den Weg besser als er, und hielt ihn nur auf, um ihn mir in der Nähe besehen zu können.« In dieser Stimmung[475] setzte sie nun unsere Unterhaltung fort: vermöge ihrer aus Reinheit des Gemüthes stammenden und durch Verständigkeit gewürzten Heiterkeit war sie ungemein unterhaltend; sie bewies eine Naivetät, welche dadurch so reizend wurde, daß sie mit dem zartesten Gefühle nicht nur für äußern Anstand, sondern auch für wahre Sittlichkeit und mit einem durchdringenden Verstande vereint war; sie hatte die feine Sitte ihres Standes, ohne dessen Vorurtheile und Fesseln. – Nach der heitern Reise folgte in Wiesenbad, wo wir in Gesellschaft noch einer andern Familie übernachteten, ein ungemein fröhlicher Abend, und am nächsten Tage kamen wir nach einer eben so muntern Fahrt gegen Abend in Karlsbad an. Unsere Chanoinesse machte unglaublich schnell ihre Toilette. Unbekümmert um die etwanigen Falten des ungebügelt gebliebenen Mousselinkleides ging sie aus, um eine Freundin zu begrüßen, kehrte aber bald zurück, um uns, die wir indessen uns restaurirt hatten, nach dem Hirschensprunge zu führen. Die Sonne sank schon, aber es half nichts: wir mußten hinauf, um in den letzten Strahlen derselben noch fürs Erste die Gegend zu überschauen, und verweilten uns auch dabei, bis es völlig dunkel geworden war, wo wir denn beim spärlichen Mondenscheine noch bis zum sächsischen Hofe auf den Bergen fortkletterten. Als wir am folgenden Morgen um fünf Uhr aufstanden, war unsere muntere Gefährtin schon beim Brunnen, um mit einigen Freundinnen Verabredungen zu treffen, kam aber bald zurück und verlebte den ganzen Tag in unserer Gesellschaft, meist in der Höhe, denn von sämmtlichen Bergen, die Karlsbad umschließen, durfte keiner unbesucht bleiben, und der Hirschensprung mußte zum Schlusse nochmals bestiegen werden. Nachdem wir so drei Tage in ihrer Gesellschaft zugebracht hatten, schieden wir am Morgen des vierten wie mehrjährige Freunde.

Sie war die Tochter eines Hannöverschen Obersten, und da sie, nachdem dieser seine Gattin verloren, schon in früher Jugend seinem Hauswesen vorzustehen, so wie die Honneurs des Hauses zu machen hatte, so fand ihre Anlage zur Selbstständigkeit hinreichende Gelegenheit sich zu entwickeln. Ein ihr[476] eben aufblühendes Liebesglück wurde durch die Macht der Verhältnisse zerstört und dies erschütterte ihr Gemüth dermaßen, daß sie in ein Zehrfieber verfiel; erst auf einer Reise, die sie nach dem Rathe der Aerzte unternahm, genas sie. Ihre starke Seele besiegte den Gram, und zeichnete sich einen neuen Lebensplan vor: auf das häusliche Glück, für welches sie so viel Sinn hatte, verzichtend, suchte sie Ersatz in der Freundschaft, in der Anschauung des Menschenlebens und im Genusse der Natur. Die Heimath war ihr werth, und mit herzlicher Anhänglichkeit war sie ihren zahlreichen Verwandten zugethan; doch ihrem Geiste war dieser Kreis zu eng. Sie verlangte reichern, mannichfaltigern Stoff zur Belehrung und zum Nachdenken, und da die Liebe sie nicht beglücken sollte, so fand ihr Herz nur darin Genüge, überall Menschen aufzusuchen, die ihres Wohlwollens und ihrer Freundschaft werth wären. So lebte sie denn fortan auf Reisen, oder, richtiger gesagt, sie wechselte häufig ihren Anfenthalt; denn wo sie hinkam, blieb sie nicht lange fremd, sondern gewann sehr bald und in hohem Grade die Achtung und das Vertrauen der Menschen, die mit ihr in Berührung kamen, so wie sie denen, die ihr zusagten, mit solcher Herzlichkeit sich anschloß, und den Angelegenheiten derselben eine so lebhafte Theilnahme widmete, daß sie als ein Familienglied zu betrachten war; hatte sie aber an einem Orte sich in solcher Weise eingelebt, so trieb es sie fort, um wieder an einem andern Orte heimisch zu werden.

In ihren Briefen gab sie sich ganz so, wie sie im Leben war, und ich fühle mich gedrungen, mehrere derselben hier mitzutheilen, da ihre interessante Persönlichkeit darin in deutlicheren Zügen hervortritt, als ich sie schildern könnte. Sie begann ihre Correspondenz mit folgendem Briefe aus München vom 17. December 1832:

»Wie sehr ich mich auch beeile, diese Zeilen noch vor Weihnachten in Ihre Hände zu befördern, da, wie Sie mir sagten, Sie nur an hohen Festtagen Zeit? – oder Lust zum Beantworten freundschaftlicher Briefe finden, so zweifle ich dennoch am Gelingen, und fürchte, daß der langsamere Postenlauf[477] dem schnellen Fluge meiner vorauseilenden Wünsche und Gedanken nur zu bedächtig nachfolgt. Von Ihrer Freundlichkeit und Güte muß ich daher erwarten, und – ich gestehe es ehrlich, bin kühn und eingebildet genug es zu hoffen, daß Sie mit mir eine Ausnahme machen; denn, lieber, guter Herr Professor! bis Ostern mich warten zu lassen, wäre doch gar zu lange und sogar etwas ungerecht. Ich möchte Ihnen das gern recht klar und einleuchtend machen, denn, sehen Sie! Ostern kann es sich ereignen, daß ich gar nicht mehr hier bin, – ich vagabondire gar flott in der Welt herum – da müßte ich Ihnen also später noch einmal schreiben, wenn ich Antwort und Nachricht von Ihnen haben wollte, und das will ich nun einmal; ja mein alter Eigensinn, der mir in der Kindheit viel Schläge eingebracht, besteht so fest darauf, daß ich im Stande wäre, Sie mit einem dritten Briefe zu bombardiren. Darum entledigen Sie sich bald dieser Schuld, – Sie kommen doch nicht frei davon – und bedenken Sie, welche Freude Sie mir dadurch machen werden. Gar so oft denke ich der lieben Reisegefährten, die ein freundliches Geschick mir so unverhofft entgegenführte, und die in wenigen Tagen mir so werth wurden. Diese Tage sind mit der lichteste Punct auf dem schönen hellen Gemälde meiner Vergangenheit, und meine Gedanken verweilen bei jedem Rückblicke hierauf am längsten. Der herrliche, feierliche Abend auf dem Hirschensprunge, unsere traulichen Abendunterhaltungen, unsere kleinen Abenteuer in Tharand und bei dem Kohlenschachte – wie gern vergegenwärtige ich mir das alles wieder. Es wird mir immer unvergeßlich bleiben. Könnte ich Ihnen nur sagen, mein herzenslieber Freund, wie oft ich im Geiste Sie aufgesucht und Sie auf Ihrer Reise begleitet habe, wie oft mich das Herz zum Schreibtische zog, und wie sehr ich mich auf den Augenblick gefreut habe, wo ich für einige Monate einen festen Aufenthalt gefunden und Ihnen dann schreiben kann. Nun ist er endlich da, – in diesen Tagen bin ich hier angekommen – und nun erscheint mir die schriftliche Unterhaltung ein recht erbärmlicher Nothbehelf; es ist Alles so kalt, so nichtssagend, wenn es geschrieben ist; es fehlt[478] der warme, herzliche Händedruck, diese stumme und doch so beredte Sprache, die einen tiefern Blick in's Innere thun läßt und treuer die Gefühle enthüllt. Fügen Sie in Gedanken den todten Buchstaben diese belebende und lebendige Sprache bei, und lesen Sie in meinen Augen und meinem Herzen die wahre, innige, aufrichtige Freundschaft für Sie und Ihre liebe, liebe Frau! Auch von Ihnen hoffe ich, daß sie der kleinen lustigen Reisegefährtin ein bischen gut sind und sie nicht so schnell vergessen haben, – Ihre Worte müßten denn täuschen, und mehr noch Ihr treues, redliches, gutes Gesicht; dessen kann ich Sie nicht fähig halten. Ganz zutraulich, offen und ohne Umstände, wie Sie mich gleich anfangs kennen lernten, und wie ich mir's ausbedungen, bin ich nun auch schriftlich gegen Sie; ich will nun Mal recht gemüthlich mit Ihnen plaudern, und Ihnen meine Reiseabenteuer und Begebenheiten erzählen, als säßen Sie und das liebe Mutterchen gegenüber, von Ihrer Theilnahme überzeugt, daß es Sie doch ein bischen interessirt; – übrigens das, was Sie langweilt, erlaube ich großmüthig, zu überschlagen.«

»Es ist wohl nicht abzuläugnen, daß es für ein einzelnes Fräulein, wenn sie gleich durch Ihre Chanoinessenschaft einen geistlichen Anstrich oder wenigstens doch Namen hat, ein ziemlich kühnes, geniales Unternehmen ist, allein die Schweiz zu bereisen. Genial, aber auch höchst genußreich! Und wie der gute Anfang meiner originellen Reise, den ich Ihrer Bekanntschaft verdanke, gleich eine so erfreuende Vorbedeutung war, so ist auch dieser günstige Stern mir immer treu geblieben, wofür ich Gott recht innig danke; – denn ich vergesse nie über den Gaben den Geber! und wie dankbare Anerkennung immer geneigter stimmt, so besteche ich dadurch den lieben Gott, daß er seine gütig spendende Hand immer offen und schützend über mich hält. Von Karlsbad erreichte ich sehr bald und glücklich München. Wie gleich meine erste Bekanntschaft, Sie, ein Professor war, so schien es dieses Mal meine Bestimmung zu sein; denn hier lernte ich deren gleich vier mit ihren Familien kennen. – – – Von Lindau aus durchwanderte ich zu Fuß ganz idyllisch mit einem Nordländer, einem halben Landsmanne, den[479] ich auf der Diligence traf, die Cantone Appenzell und St. Gallen, wagte mich dann allein ins Graubündner Land bis auf den Splügen, bis an die Quellen des Rheins. Welch' wilde, erhabene Naturscenen! Ueber Chur und Wallenstadt ging ich nach Glarus. Hier versuchte ich es wieder auf meinem eigenen Rappen, – wenn Sie den Ausdruck kennen, und spazierte recht genialisch, fast studentenmäßig, mit meinem Führer den ersten Tag acht Stunden bis auf den Etzel, den zweiten zehn Stunden über Einsiedeln, den Haken, Schwyz und Goldau den Rigi hinauf. Hier war eine solche Foule von Menschen versammelt, daß der größte Theil die Nacht auf dem Saale verbringen mußte und sich in den drolligsten Gruppirungen auf und unter den Tischen und Stühlen lagerte, so daß ich vor lauter Lachen und Amusement meine eigene hülfsbedürftige Lage und meine Ermüdung ganz vergaß. Ich hatte mich gleich anfangs an vier niedliche junge Schweizerinnen, die Jungfern Hirzel, wie man sie dort titulirt, angeschlossen, deren gemüthlicher, jovialer Vater mich menschenfreundlich für seine fünfte Tochter annahm und väterlich für mich sorgte. Glücklicherweise ertrotzten wir, fünf Jungfern, auch spät ein unterirdisches Gemach mit zwei Betten, wo wir doch nothdürftig unser Haupt niederlegen konnten, wenn gleichwohl an Schlaf nicht zu denken war. So eng vereint, fragten wir uns endlich unsern Namen und unsern ledigen Stand ab. Der herrlichste Sonnenaufgang entschädigte uns für alle Strapazen der Nacht. Beim Händewaschen machte ich die Bekanntschaft der Familie des Staatsraths von Stägemann, und bereiste dann mit derselben fünf Tage hindurch das Reußthal und das Berner Oberland. Von da eilte ich nach Genf, wo ich in einer höchst liebenswürdigen Familie bis jetzt mich aufgehalten, abgerechnet, daß ich von da auf drei Wochen einen kleinen Ausflug nach – Paris gemacht habe. Auch das arrangirte sich sehr schnell und günstig: ich machte eines Tages die Bekanntschaft einer sehr niedlichen Pariserin, die ihrer Angelegenheiten wegen eine Tour dorthin machen mußte; wir wurden bald einig, daß ich sie begleitete, und wenig Tage darauf sitzen wir schon im Eilwagen.[480] Auf dem Rückwege erlebte ich nun freilich das Abenteuer, daß man mir mein Geld, 25 Napoleonsd'or, stahl. Der Abschied von Genf wurde mir recht schwer, und daher habe ich unvorsichtiger Weise meine Abreise immer weiter, bis in die ungünstigste Jahrszeit, verschoben, so daß meine Rückreise hierher sehr unangenehm war. Jetzt bin ich aber in meinem warmen Winterquartiere schon recht behaglich eingerichtet, und denke den Winter hier recht angenehm zu verleben. Im Frühjahre gehe ich nach Wien, wo ich mich schon auf die Bekanntschaft Ihrer Freundin freue, und nehme meinen Rückweg nach Genf über Salzburg und Tyrol. Im Herbste reise ich den Rhein hinunter in meine Heimath. Es ist wohl Zeit, daß ich dann Mal wieder heimkehre; und alle hohe und herrliche Genüsse des Auslandes können die Vorliebe für das Vaterland und den Wunsch dorthin nicht tilgen. Doch sammelt man freilich in der Fremde die schönsten Früchte ein, sowohl zur Vermehrung der Kenntnisse und zur Ausbildung des Verstandes, als auch zur Veredlung des Herzens; da gilt der Mensch nur seinem innern Werth nach, und alle Vorurtheile und kleinliche Rücksichten fallen weg. Es ist ein großartiges Treiben; alles Kleinliche hört auf, dergleichen mir in den kleinen deutschen Städten so gar zum Ekel geworden war; man findet große Charaktere und söhnt sich mit den Menschen wieder aus. Nun gerathe ich gar noch ins Philosophiren. Zu Ihrem Glücke befreit der kleine Raum des Papiers Sie schnell davon. Leben Sie wohl, meine theuren, herzenslieben Freunde! ich umarme Sie Beide mit aller Innigkeit. Nehmen Sie freundlich diese ungeschmückten Zeilen auf von


Ihrer

treuen

Lotte Dincklage.«


Im Herbste 1833 war sie nach Rössing bei Hildesheim zu ihrer Schwester zurückgekehrt. Von da schrieb sie im Januar 1834:

»So eben beende ich einen Brief nach Wien, an die liebe Hofräthin Dollinger. Dies sagt Ihnen zugleich, daß ich das Recht, ja die Verpflichtung habe, auch Ihnen zu schreiben,[481] mein theurer, lieber Freund! um Ihnen für diese höchst angenehme Bekanntschaft zu danken. Wie gern macht man sich zur Pflicht, was man so sehr zu thun wünscht! wäre doch jede Pflicht so leicht zu erfüllen! Mein Dank kommt recht von Herzen. Die Bekanntschaft Ihrer Freundin Dollinger ist wirklich ein Gewinn. Wie ist sie liebenswürdig, und gut, und gescheidt! und welch ein hübsches Verhältniß ist in der Familie! Sie wissen wahrscheinlich schon von ihr selbst, daß sie mir das Vertrauen geschenkt hat, mir die Resi zu der hübschen Bergreise mitzugeben. Dies Alles verdanke ich nun Ihren freundlichen Empfehlungen, lieber Herr Professor! Sie müssen mich dort gut herausgestrichen haben. Ich habe aber auch bei dieser Gelegenheit Gottes wunderbare Fügung von Neuem gepriesen, wie sich Eines an das Andere reiht, so Großes oft an so Kleines. – Die kleine Reise nach Gutenstein war höchst angenehm; die Thäler und Berge dabei sind reizend; die Resi und ich haben sie recht con amore bereist. In Heiligen-Kreuz hatten die geistlichen Herren die Güte, ihre geistliche Schwester ins Kloster einzulassen, aber nicht den geraden Weg durch die große Pforte, sondern heimlich durch ein kleines verborgenes Seitenthürchen von der Sacristei aus. Hier habe ich recht erfahren, daß die krummen und verbotenen Wege viel interessanter sind, und Heimlichkeiten einer Sache erst wahren Reiz verleihen. Ich war selig, dort eingedrungen zu sein in diese eingebildeten Geheimnisse, und alle Pracht der Paläste hätte ich nicht dagegen eintauschen mögen. Im Grunde gab es da nicht viel zu sehen, für mich aber sehr viel, denn die bloße Mauer interessirte mich schon. Erklären Sie mir Mal dies Räthsel, dies Widersprechende in der menschlichen Natur! – Könnten doch unsere Gedanken sich kund machen ohne die schwerfällige Hülfe der Feder und der Posten, könnte doch Fragen und Antworten der Wind hinübertragen! Bei den jetzigen Orkanen würde das hübsch schnell gehen. Dann könnte ich hoffen, bald von Ihnen und Ihrer lieben Frau zu hören, wornach mich sehr verlangt. Ich denke mir es zwar nicht anders, als daß Sie mit allen Ihrigen recht wohl sind, daß Sie auch mich noch nicht ganz vergessen[482] haben. Denn treue Herzen haben Sie gewiß! Aber ich möchte es gern von Ihnen bestätigt sehen. Wahrlich, ich habe recht oft an Sie gedacht. Mein Leben war im letzten Jahre recht mannichfaltig und genußreich. Da meine Genialität, wie Sie so schonend meine Sonderbarkeiten nennen, Gnade und Nachsicht in Ihren Augen gefunden hat, so muß ich Ihnen doch Mal nebst der Skizze meiner Reisen einige meiner genialen Streiche mittheilen, die ich Ihnen volle Erlaubniß gebe, nach Herzenslust zu belachen. – Von München fuhr ich über Salzburg nach Linz und von da mit dem Floß die Donau hinunter nach Wien. Dabei hatte ich schon die Dummheit begangen, mich ganz der schönen Natur hinzugeben und nicht des Magens zu gedenken. Alle Reisende hatten sich mit Lebensmitteln versorgt, nur ich, Leichtsinnige, nicht, und mußte nun von fünf Uhr Morgens bis vier Uhr Nachmittag, wo endlich das Floß Mal anlegte, recht ordentlich hungern. Ich freute mich zwar sehr der schönen Donau-Ufer, sagte mir dann recht vernünftige Betrachtungen vor über die Stärke des Geistes und die Unterthänigkeit des Körpers; aber Alles half nichts: mein Hunger drängte mir bald Betrachtungen über die Abhängigkeit des Geistes vom Körper und dessen Gebrechlichkeit auf. Ich muß wirklich ein recht Mitleid erregendes, hungeriges Gesicht gemacht haben, denn ein armer Schiffer reichte mir ein Almosen und theilte sein Stück trocknes Brod mit mir, welches ich auch mit großem Danke annahm. – In Wien verlebte ich drei recht frohe Wochen, und nahm meinen Rückweg über das schöne Steiermark und das Salzkammergut nach Salzburg und München. Nach einem kurzen Aufenhalte trat ich von Neuem meine Reise durch das baierische Gebirge, durch Tyrol und über Vorarlberg in die Schweiz an. Im Vintzelgau war ich an die Gräfin Mohr, auf dem ganz alten, schon halb verfallenen Schlosse Montani, empfohlen. Die Burg liegt in einer der rauhesten, wildesten Gegenden Tyrols, auf einem hohen, steilen Felsen, von einem wilden Bergwasser bespült. Da kein Fahrweg hinaufführt, so wanderte ich nach Pilgrims Weise zu Fuß hinauf, bat, wie in den alten Ritterzeiten, um ein Nachtlager, und brachte dafür[483] der einsam trauernden Gräfin, die vor vier Wochen ihren Mann verloren, Kunde aus der Welt und von ihrer fernen Freundin. Sie war recht liebevoll gegen mich und ließ mein Bett neben das ihrige stellen, damit ich in den weiten, öden Gemächern mich nicht fürchten sollte; aber mir war es doch unheimlich, da das dumpfe, schauerliche Rauschen des Waldbachs recht geisterartig aus der Tiefe zu mir heraufdrang. Ich war froh, nicht in dem romantischen Mittelalter geboren zu sein. Tyrol mit seinen pittoresken rauhen Gebirgen und seinen vielen Burgen versetzte mich recht lebhaft dahin, und erschien mir ganz als der eigentliche Schauplatz der Ritter-Romane, wie die Schweiz der der Idyllen. Die Gräfin versorgte mich am andern Tage ganz im Geiste des Mittelalters mit allem Nöthigen zur weitern Reise, und fügte eine Recommandation an einen ihrer Vettern, einen Italiener, bei, der, früher Militär, nach dem Tode seiner Frau Geistlicher geworden und sich mit seinen beiden Töchtern in die tiefste Einsamkeit am Fuße des Oertlisspitz zurückgezogen hatte. Diesen Sonderling kennen zu lernen und daselbst eine zweite abenteuerliche Nacht zuzubringen, war für mich zu reizend. Ich reise also los, fahre die furchtbare Höhe des Wurmser Jochs, 8700 Fuß hinauf, direct in die Wolken hinein, die mir in den Eisregionen als ein heftiges Schneegestöber fühlbar wurden, lange Eiszacken hingen am Geländer der Chaussee, die man als ein wahres Meisterstück bewundern muß. Auf dieser gefährlichen Höhe wirft der Postillon um, und ich falle ganz sanft in den Schnee, er aber citirt in seinem Schreck alle Heiligen herbei, und schreit mir darauf, sehr im Contraste mit seiner rauhen Stimme, so zärtliche Benennungen ins Ohr, daß ich, noch liegend, in lautes Lachen ausbreche, worauf er fast unwillig murmelt: ›da lacht die Frau nun schon!‹ Gegen neun Uhr verkündete uns ein schwacher Lichtschimmer die einsame Wohnung des Geistlichen. Man ließ uns ein, speiste und tränkte, wollte mich aber nicht da behalten. Ich hingegen war fest entschlossen, da zu bleiben; vergebens zeigte er mir seine höchst beschränkte, ärmliche Wohnung; die eine Tochter war abwesend, unverschämt[484] genug bat ich daher, ihren leeren Platz auf der Bett ähnlichen Stellage der Töchter einnehmen zu dürfen. Dieser Zudringlichkeit wußte er nichts entgegenzusetzen, und meine Unverschämtheit siegte. Wir plauderten bis Mitternacht; der Geistliche gewann Zutrauen, erzählte mir seine Lebensgeschichte, und söhnte sich so vollkommen mit mir aus, daß ich erst um Mittag weg kam und von ihm und seiner Tochter eingeladen wurde, sie doch noch einmal zu besuchen. – Ende Juli langte ich in Genf an, fand da sogleich eine Gesellschaft von Bekannten, eine Partie nach Chamouny zu machen, von da über den Col de Balm nach Martigny und den St. Bernhard hinauf. Letzterer hat mich ungemein interessirt! Alle, fast fabelhaften Erzählungen aus meiner Kindheit standen wieder lebhaft vor meiner Seele; doch auch ohne allen Schmuck der Erinnerungen ist dieses Kloster im höchsten Grade merkwürdig, und nicht ohne wahre Verehrung verläßt man es. Es ist nicht allein der wohlthätige Zweck dieses Etablissements, was die lebhafteste Bewunderung abzwingt, sondern eben so sehr die Aufopferung der Mönche, die noch ganz in dem frommen, edeln Sinne der Stifter fortwirken, und mit ächter Gastfreiheit und liebenswürdiger Freundlichkeit Alle ohne Unterschied der Nation, des Standes und der Religion aufnehmen. Es hat mich tief ergriffen. Tiefen Eindruck machte auch die Messe am frühen Morgen auf mich; der Chor der sonoren Männerstimmen und die vollen Töne der Orgel schallten recht feierlich, und sprachen zum Herzen. – Anfang Octobers trat ich meine Heimreise an, verweilte in Mainz bei Verwandten acht Tage, machte mit dem Dampfboote die Rheinfahrt bis Bonn, und ging mit der Eilpost über Cassel hierher, wo meine Schwester mit ihren sieben Kindern mich nach viertehalbjähriger Trennung mit Jubel empfing. Die Heimath hat doch einen eigenen Reiz: alle Herrlichkeiten der Welt können die Liebe dazu nicht ersticken. Mit welchen Gefühlen ich sie wieder betrat, mit welchen Gefühlen ich die Meinigen wieder sah, das Ihnen schildern zu wollen, würde vergeblich sein. Ich fühle mich jetzt so glücklich unter ihnen!« –

Auch im folgenden Briefe vom Mai 1835 sprach sie es[485] aus, wie wohl sie sich in der Heimath fühle. »Welch hoher Reiz,« sagt sie unter Anderem, »liegt nicht in einem glücklichen Familienleben! Nie empfand ich dies so lebhaft, als im vorigen August. Nach fünfwöchentlichem Aufenthalte in Norderney, wo die erfrischenden Seebäder mir eine wahre Erquickung gewährten, kehrte ich in den Kreis der Meinigen zurück, und zwar zu meiner Tante, die ihre acht Kinder und ihre acht Enkel um sich versammelt hatte. Ein glücklicheres Leben kann man sich nicht denken; nichts störte die allgemeine Heiterkeit, als allenfalls die Eifersucht der drei jungen Frauen, die aber nicht auf ihre Männer, sondern auf ihre drei jüngsten Kinder eifersüchtig waren, womit sie alle drei im Frühjahre beglückt worden waren; für uns war es nun eine gefährliche Klippe, das eine vielleicht etwas mehr wie das andere zu loben.« Am Schlusse des Briefes er zählt sie aber, daß sie sich verabredet habe, im Juli mit einer Frau v. Liesingen in Luzern zusammenzutreffen, um von da aus mit derselben eine weitere Reise zu machen. Erst nach vier Jahren erhielt ich wieder einen Brief von ihr, und zwar den folgenden.


»Rössing, den 20. Februar 1839.


Da erscheine ich nach langer Zeit dennoch wieder vor Ihnen, mein sehr lieber Freund! Ja, wer einmal mit mir anbindet, den lasse ich nicht wieder los. Diesmal nahe ich mich Ihnen nun aber mit einem gewissen Selbstgefühle und trage mein kleines Näschen höher wie gewöhnlich, denn – ich kehre von weiten Reisen heim! Da wir nun, was das Reisen betrifft, verwandte Geister sind, so habe ich mich immer schon im Stillen darauf gefreut, Ihnen ausführlich darüber zu berichten, damit Sie und Ihre liebe Frau doch wüßten, wie weit Ihre ›geniale Reisende‹ es in der Welt gebracht hat; und wahrlich, für eine Dame habe ich hoch meine Schwingen erhoben, und bin weit geflogen, über das Meer hinüber bis nach – Egypten vielleicht? ach nein! nur nach Griechenland1. Aber ich[486] habe Alles gründlich gesehen und recht genossen. Doch ich will dem Gange der Erzählung nicht vorgreifen und durch Herausheben der wichtigsten Begebenheiten die unbedeutenderen nicht uninteressant machen, sondern hübsch in gehöriger Reihenfolge erzählen. Bevor ich aber beginne, mein guter, lieber Freund! lassen Sie mich den Aufforderungen der treuesten Freundschaft genügen und Ihnen aus der Fülle des Herzens die innigsten Grüße zurufen, Ihnen, Ihrer lieben Frau und allen den Ihrigen, Kindern und Enkeln, in deren Kreis Sie mich so freundlich eingeführt haben, so daß ich ihnen schon jetzt keine Fremde mehr bin, – das ist auch ein trauriges Wort, vorzüglich für mich, die ich ein so anhängliches, warmes Gemüth habe. Und doch suche ich so gern die Fremde auf, – sonderbarer Widerspruch des Herzens. – Aber gerade in der Fremde findet man so viele liebe, gute Menschen; verdanke ich doch auch Ihre Bekanntschaft dieser Neigung des Herumstreifens, und wahrlich, in der ganzen Schöpfung ist doch von allem Merkwürdigen und Interessanten der Mensch das Interessanteste, Höchste und mir das Liebste; mit Thränen der Rührung danke ich oft Gott für die vielen angenehmen Bekanntschaften, von denen so manche, wie ja auch die unserige, sich in Freundschaft verwandelt hat; danke Gott, – ich gestehe es Ihnen gern, daß er mir so warmes Gefühl für Freundschaft gegeben, in welchem ich den höchsten Genuß meines Lebens finde. Sie könnten nun glauben, ich ahmte Diogenes nach und reiste umher, Menschen zu suchen. Im Finden bin ich aber glücklicher gewesen als er, weil ich nicht mit der Laterne, sondern mit einem offenen, wohlwollenden Herzen gesucht habe; und wirklich, es giebt mehr Menschen, und gute, vortreffliche Menschen auf Erden, als die kalten Egoisten und Philosophen behaupten, um ihre selbstsüchtigen Maximen damit zu bemänteln. Sie gehören nicht zu dieser Classe, liebster Freund, mögen Sie auch ein Philosoph und, wie man mir sagt, ein berühmter Gelehrter sein. Das ist mir nun recht lieb, daß Sie das sind; aber all' Ihre Gelehrsamkeit wiegt noch nicht halb das auf, was Sie als Mensch sind. Das war es, was mich, unbekannt mit Ihrem[487] Namen und Stande, gleich so sehr anzog und Ihnen so schnell mein Vertrauen und mein Herz gewann; und noch jetzt, wenn ich mich gegen Andere Ihrer Freundschaft rühme, und wenn diese sich dann in Lobeserhebungen über Ihre Gelehrsamkeit ergießen, so denke ich im Stillen: seinen besten Theil kennt Ihr doch nicht. – Wozu nur diese Eröffnungen, die ich Ihnen hier mache? Will ich Ihnen vielleicht etwas Angenehmes damit sagen? Dazu ist es zu einfach, und das ist auch gar nicht meine Sache. Es ist wohl wieder das Gefühl, was mich hinreißt, wenn ich an recht liebe Menschen schreibe, mit denen ich mich so gern unterhalte; da möchte ich sie denn auch gern einen kleinen Blick in meine innere Welt thun lassen und nicht bloß von der äußern reden; um besser von ihnen verstanden und erkannt zu werden, möchte ich ihnen gern bezeigen, wie lieb Sie mir sind, und Sie und Ihre liebe Frau sind mir recht herzlich lieb! Seit viertehalb Jahren habe ich Ihnen das nicht sagen können: es ist also wohl natürlich, daß heute das Herz voller wie gewöhnlich ist und reichlicher überströmt, als Sie es sonst wohl von mir gewohnt sind. So flüchtig ich auch durch mein unstetes Leben erscheinen mag, so giebt es doch kein treueres, innigeres Gemüth, als das meinige. Vielleicht liegt dies mit in meinem Alleinstehen in der Welt. So viele Verwandte und Freunde ich hier auch habe, so sind sie doch alle in so glücklichen Verhältnissen, daß sie meiner nicht bedürfen; ich selbst bin so einfach und anspruchlos erzogen, daß mein kleines Vermögen mir genügt, meinen Phantasieen zu leben: so treibt denn mein unruhiger Geist mich in der Welt umher. Daß mir dabei nicht manche Stunden werden, wo das Gefühl des Vereinsamtseins mich tief ergreift, verhehle ich nicht; aber habe ich dann wieder eine gleichgestimmte Seele gefunden, die auch mir sich wohlwollend zuwendet, so ist es mir ein doppelt hoher Genuß und ich hänge fest und treu ihr an. – Aber meine zutraulichen Plaudereien gehen doch fast zu weit, daß sie mich sogar eine Beichte ablegen lassen. Ich will also von der inneren Welt mich jetzt zur äußern wenden und Ihnen wenigstens das Wesentlichste von meinen Reisen erzählen. Hören Sie also nun[488] hübsch geduldig meine Wanderungen von beinahe viertehalb Jahren mit an; zu diesem Zeitpuncte muß ich Sie zurückführen. Ihren letzten lieben Brief erhielt ich noch kurz vor meiner Abreise; es ist wohl schon zu lange her, um noch dafür zu danken, obgleich der freundliche, nette Brief es wohl verdiente. Aber ich wollte ja von der Reise erzählen; immer komme ich wieder auf Sie zurück. Nun auch nichts mehr von Ihnen!«

»Das Rendezvous mit meiner Reisegefährtin, Frau von Liesingen, war auf den 12. August festgesetzt; dennoch konnte ich den Bitten Rössings nicht widerstehen, erst noch am 8. August meinen und meiner Schwester Geburtstag hier zu feiern, den mein Schwager höchst brillant mit einem Ball und Feuerwerk verherrlichte. Als mit der Morgendämmerung die Gäste fortfuhren, reiste auch ich ab, und mit Hülfe der Eilposten langte ich wirklich zum bestimmten Tage in Luzern an. Nach mehreren Kreuz- und Querzügen überstiegen wir den Gotthard, einige Tage später den Splügen, und erreichten so den reizenden Comersee. Dann hielten wir uns einige Zeit in Mailand und später in Venedig auf, eilten hierauf über Bologna, Ancona und Spoleto der einzigen ewigen Roma zu, verließen sie aber schon nach wenigen Tagen, um den schönen Octobermonat in dem nahen Latiner und Sabiner Gebirge zuzubringen. Im November kehrten wir nach Rom zurück. Nun wurden Bücher und Pläne angeschafft; den Tag über wanderten wir umher zu den herrlichen Alterthümern; des Abends wurde Geschichte u.s.w. studirt, auch kam wohl ein Besuch eines bekannten Künstlers. So verging der Winter höchst lehrreich und angenehm. Im Frühjahre wurden wieder Ausflüge ins Gebirge und mit einigen Archäologen in das alte Etrurien gemacht, um die höchst interessanten etruskischen Alterthümer von Ceri, Tarquinia, Vulci, Viletri u.s.w. zu sehen, eine Reise, die mich unendlich unterhalten hat. Im Sommer gingen wir nach Florenz, wo die herrlichen Galerien und freundlichen Gegenden mich sehr ansprachen, schifften darauf im August von Livorno nach Neapel, wo wir einige Wochen in den lieblichen[489] Umgebungen, Castelamare, Sorent, Capri, Amalfi und Salerno umherstreiften und dann nach Sicilien hinüber segelten. Nur acht Tage hielten wir uns in Messina auf und begannen dann den famösen giro dell' isola, wohl versehen mit Pferden, da es keine Fahrstraßen giebt, ciceroni und Führern: es war eine ordentliche Caravane. Ueber Taormina ging es nach Catanea, Leontini und Syrakus, seiner großartigen Erinnerungen wegen unstreitig dem interessantesten Orte auf dieser schönen Insel. Die Vegetation ist ganz afrikanisch: Cactus und Aloe bilden die Umzäunungen, Myrthen und Fächerpalmen das niedere Gebüsch auf den Bergen; die Thäler sind mit Palmen und Orangenhainen und die Ufer der Bäche mit blühendem Oleander geschmückt. Es ist ein gesegnetes Land, und doch sind die Bewohner unzufrieden und unglücklich, weil die Regierung sie sehr stiefmütterlich behandelt; doch scheint es ja jetzt besser zu werden. Von Syrakus eilten wir dann weiter nach Alicata und Girgente, wo noch die meisten Ruinen (des alten Agrigent) zu sehen sind. Auf einer Hügelreihe nicht fern vom Meere erheben sich aus freundlichem Grün und in den verschiedenartigsten Gestaltungen die Trümmer von fünf Tempeln; die See mit ihrer weiten blauen Fläche bildet den glänzenden Hintergrund, ein wahrhaft ergreifender Anblick! Erinnern Sie sich noch in Karlsbad unseres späten Ausfluges auf den Hirschensprung und der schönen feierlichen Abendstunde? So stand ich jetzt an der südlichen Spitze Europa's, auf den spärlichen Resten eines einst so prachtvollen Jupitertempels, und bewunderte die herrliche Natur in den letzten Strahlen der untergehenden Sonne und in dem Zauber der Abendröthe. Mein Begleiter war ein freundlicher Herr aus Girgente, an dessen Bruder wir empfohlen waren und der, erstaunt über meine kühne, einsame Wanderung, sich mir wohlwollend zum Führer und Beschützer erbot, mich von der lästigen Schaar neugieriger Kinder befreite und dann mir von der alten Geschichte des Orts berichtete. Ach! wären Sie doch auch dabei gewesen! Es war ein höchst genußreicher Abend. – Nachmittags war ich durch die Güte eines Bekannten in ein Nonnenkloster geführt, wo ich mich über die Unwissenheit, Neugierde[490] und Gutmüthigkeit meiner lieben geistlichen Schwestern höchlich unterhielt. Es war nicht genug, daß sie mich besahen, befragten und befühlten, ich mußte auch förmlich mein Glaubensbekenntniß ablegen, und als ich nun den Glauben an die Heiligen und an die Unfehlbarkeit des Papstes verneinte, schüttelten sie mitleidig den Kopf und sagten halblaut untereinander: es ist schade; sie scheint eine gute Person zu sein und muß nun doch in die Hölle. Dennoch entließen sie mich mit großer Herzlichkeit. – Ueber Castelvetrano, wo wir den berühmten Tempel von Segeste besahen, der noch fast ganz erhalten ist, und Alcamo setzten wir unsern Weg fort nach Palermo, wo wir nach dreiwöchentlichem Herumziehen wieder einen Ruhepunct fanden. Palermo ist für mich ein wahres Paradies; ich ziehe es beinahe Neapel noch vor, so wie auch die Sicilianer den Neapolitanern: sie sind weit rechtlicher, nicht so niedrig und käuflich wie Letztere. Nachdem wir zwei Monate hier sehr angenehm verlebt, viele Ausflüge in die romantischen Umgebungen gemacht und Faselli's Geschichte Siciliens in sieben dicken Bänden durchstudirt hatten, zeigte sich uns endlich Gelegenheit zur Abreise – es war nämlich durch den Ausbruch der Cholera in Neapel alle Verbindung mit Sicilien aufgehoben. – In ausgezeichnet liebenswürdiger Gesellschaft von 15 Personen, bestehend aus Engländern, Franzosen, Schweizern und Italienern, segelten wir auf einer Brigg nach Civitaveccchia hinüber, wo wir in einem alten verwünschten Thurme auf Klippen am Meere sieben Tage Quarantaine halten mußten. Ein Schauder erregendes Wort, eine Quarantaine in Italien! Hier aber amusirten wir uns so sehr, daß Manche von uns mit Sehnsucht daran zurück denken. Es war nämlich die erste Sängerin Italiens, Mademoiselle Unger, mit uns, die, gleich ausgezeichnet durch Liebenswürdigkeit und Herzensgüte, wie durch Talent, uns unendlich oft durch ihren Gesang und durch ihre dramatische Kunst erfreute. Sie ist mir später eine recht liebe, treue Freundin geworden. – Den Winter verlebte ich wieder in Rom, im Sommer einen Monat in Florenz und einen zweiten in Livorno, um da Seebäder zu nehmen; dann ging ich[491] eines jungen Freundes und Landsmannes2 wegen, dessen Pflegemamma ich schon in Rom geworden war, nach Pisa. Dieser arme junge Mensch, selbst Arzt, leidet an der Schwindsucht, als einem traurigen Erbtheile seiner früh verstorbenen Mutter, und befand sich seiner Meinung nach schon im dritten Stadium der Krankheit. Nicht daher in der Hoffnung auf Heilung, sondern nur, um sein kurzes Leben um einige Jahre zu verlängern, beschloß er, in Egypten ein für seinen Zustand noch günstigeres Klima aufzusuchen und sich im Herbste dahin zu begeben. Ich begleitete ihn daher später nach Livorno, ihm in Besorgung seiner kleinen Reiseaussteuer behülflich zu sein; auch bedurfte er der Pflege. Seine Abreise verzögerte sich bis Mitte Januar. Der Abschied wurde mir recht schwer! Doch muß ich seinen Entschluß segnen, denn das dortige Klima wirkt recht wohlthätig auf sein Befinden, und seine Krankheit hat bis jetzt noch keine Fortschritte gemacht. Zwei Tage nach seiner Abreise eilte auch ich nach Ancona, um mich auf einem österreichischen Dampfschiffe nach Athen einzuschiffen. Ein sehr lieber Freund von mir aus Rom, Professor Imhoff, hatte mich freundlich dahin eingeladen und mir sogar Obdach in seinem Hause angeboten, was in Athen schon ein Großes ist. Bei der Ueberfahrt war von der ganzen Schiffsgesellschaft der durch seine Schriften bekannte Professor Hedenborg aus Schweden mir der liebste; er nahm sich, da ich die einzige Dame war, höchst menschenfreundlich meiner an.

Griechenland mit seinem classischen Boden und seinen Alterthümern gewährte mir reichen Stoff der Unterhaltung und Belehrung; auch erfreute mich da ein mir sehr zusagendes geselliges Leben durch mehrere sehr angenehme Bekanntschaften, von denen ich vorzüglich die Familien der Professoren Brandis und Ulrichs und den österreichischen Gesandten von Prokesch-Osten nenne. Ich verlebte hier eine recht glückliche Zeit und bestieg oft früh Morgens oder im Mondscheine die[492] herrliche Akropolis. – Doch mit Athen begnügte ich mich nicht: ich habe, was noch keine Dame gewagt hatte, den ganzen Peloponnes und einige nahegelegene Inseln bereist. Die Beschwerden, Entbehrungen und Gefahren sind unendlich; und dennoch wird man entschädigt. Es giebt da weder Wege, Brücken, noch Gasthäuser: in den elenden Hütten der Landleute, ohne Stuhl, Tisch und Bett, muß man Obdach suchen und findet gewöhnlich nur Brod und Wasser zur Nahrung. Alles muß also auf den Pferden mitgeschleppt werden: Decken zum Schlafen, Provisionen zum Leben, Kaffee, Zucker und Reis, selbst die Geschirre zum Zubereiten; Abends kochten wir uns denn selbst unser frugales Mahl, Reisbrei mit Oel angemacht. In den mit Ungeziefer aller Art überfüllten Hütten war der Raum oft so beschränkt und man kam deßhalb mit den Hausbewohnern in so nahe Nachbarschaft, daß ich mehrere Male, woltte ich mich in der Nacht Mal ausstrecken, mit den Füßen auf allerlei Köpfe stieß und mich schnell wieder wie eine Schnecke zusammenziehen mußte. Auf den öden Bergeshöhen des Taygetos mußten wir eine Nacht sogar unter freiem Himmel zubringen; es war keineswegs die schlechteste: da wir den ganzen Tag auf den schroffen Felsen hatten herumklimmen müssen und unsere armen Füße ganz wund waren, so schliefen wir vortrefflich, nur litten wir sehr Durst, da keine Quelle in der Nähe war. Aber sobald uns am Morgen die helle Sonne und die schöne Natur wieder anlachten, war schnell alles Ungemach der Nachtlager vergessen. Im Osten ist der Peloponnes ein ödes Gebirgsland, im Süden, Westen und Norden aber das Arkadien; das arkadische Schäferleben ist zwar sehr prosaisch, aber wie wundervoll ist die Natur, welch eine üppige Vegetation und welch eine Blumenflor! Hätte ich doch für Sie sammeln können! Zwei junge Landsleute, ein Archäolog und ein Philolog, Beide sehr unterrichtet in Allem, was Geschichte, Alterthümer und Mythologie betraf, begleiteten mich und erhöhten mir sehr den Genuß und Nutzen der Reise, welche fünf Wochen dauerte. Ueber Eleusis, Megara und den Isthmus zogen wir nach Korinth; über Kleone, Mycenä, wo des Atreus und Agamemnons Schatzkammer[493] und Gräber noch die größte Bewunderung erregen, und Thyrint, die älteste Stadt im Peloponnes, des Perseus Vaterstadt, deren noch sehr erhaltene Cyklopenmauern von den Pelasgern erbaut sind, nach Argos; über Lernä und Tripolizza nach Sparta. – Bezaubernd ist dies hügelige Thal von Lacedämon und die Ufer des Eurotas! – über den Taygetos nach Messene; dann das Thal den Alpheos hinauf nach Olympia; in Achaien bis zum Kloster Megaspylion; zum Wasserfalle des Styx, zum See Stymphalos; über Nemäa nach Nauplia und Epidaurus; dann besuchten wir noch Troezen, Methana und die Inseln Kalauria und Aegina und zogen hierauf wieder nach Athen. Von da vertrieb mich im Juni die Hitze; ich kehrte nach Ancona zurück, und nach vierzehntägiger Quarantaine verlebte ich vier Wochen bei einer Freundin auf ihrer Villa am adriatischen Meere, wo ich zugleich Seebäder nahm. Durch die Abruzzen reiste ich dann weiter nach Neapel; hier fand ich in der mir befreundeten Familie des Cavaliere di Majo die herzlichste Aufnahme und verlebte mit ihr sechs recht glückliche Wochen. Wie wenig auch auf die Dauer das gehaltlose, unruhige Leben der Italiener mir zusagen würde, so interessant war mir doch der Aufenthalt in den beiden eben erwähnten Familien; denn durch bloßes Zusehen kann ein Fremder das Eigenthümliche, Nationelle davon nie ganz kennen lernen, man muß es mitmachen; auch war die erste davon, die des Marchese Errighi, sehr gescheidt und gebildet und vortrefflichen Herzens; in der letzteren dagegen waren wahre Naturkinder, besonders die vier kaum erwachsenen Töchter, mitunter gar hübsche Mädchen, die mich sehr amusirten, übrigens dabei die Gutmüthigkeit und Herzlichkeit selbst waren.«

»Die Hochzeit meiner Nichte, die zu Weihnachten gefeiert werden sollte, bestimmte mich endlich zum Aufbruche nach der Heimath. Ich fuhr in sehr angenehmer Gesellschaft nach Rom, schiffte nach einem Aufenthalte von wenigen Tagen von Civitavecchia nach Livorno, ging über Lucca, wo ich einen Tag bei der Sängerin Unger verweilte, Carara und Sargana, erreichte auf dieser an Naturschönheiten so reichen Gegend Genua und[494] hatte nun ziemlich die ganze Länge Italiens zurückgelegt, wendete mich dann in das südliche Frankreich über Nizza nach Marseille, und dann über Lyon, Chalons und Dijon schnell nach Paris. Hier, wo ich so viele Freunde und Bekannte wieder sah, blieb ich dennoch nur vierzehn Tage, denn je mehr ich mich der Heimath näherte, desto größer wurde die Sehnsucht nach den Meinigen. Acht Tage hielt ich mich dann noch bei einer Freundin in Belgien auf, der Gräfin Duval de Beaulieu, derselben, deren Mann sich durch die freien Reden im Senate auszeichnet; Beide sind gar liebe, prächtige Menschen. Von Brüssel aus legte ich die 16 Meilen nach Lüttich auf der Eisenbahn in 51/2 Stunden und für 8 Francs zurück: so zu reisen ist doch eine wahre Lust. Dann ging es sonder Rast und Ruhe über Aachen, Cöln und Cassel hierher, wo ich Mitte November endlich anlangte. Von der Freude des Wiedersehens schweige ich: die kann man ja nur fühlen, nicht beschreiben.«

Nachdem sie nun von den frohen Tagen und angenehmen Verhältnissen in ihrem Familienkreise erzählt hat, fährt sie fort:

»So lange diese rauhe Jahreszeit anhält, deren ich mich im Süden fast entwöhnt habe, werde ich noch hier bleiben. Mit dem Frühlinge aber zieht mich's wieder hinaus, nicht in die Ferne, nein, in der Heimath ringsum meine lieben Freunde und Verwandte aufzusuchen, auch in die Nordsee hinein, die erschlafften Nerven und Glieder wieder zu restauriren. Dann komme ich endlich Mal nach Königsberg, wohin Sie mich ja so freundlich eingeladen, mein theurer, lieber Freund! um, wie Sie schrieben, ›nicht etwas Neues zu sehen, sondern etwas Altes, nämlich mich und meine Frau‹; so werden auch Sie etwas recht Altes in mir erblicken. Aber das Herz bleibt doch immer jung und warm, wenn auch wohl der Herbst des Lebens die schwärmerischen Gefühle der Jugend abgestreift hat. Und so hoffe ich, wird mir ein eben so herzlicher Empfang von Ihnen, wenn mir das Schicksal diesen Wunsch des Wiedersehens erfüllt, wie der Abschied herzlich war. Einem Menschen[495] aus der großen Welt würde die Convenienz nicht erlauben, diese Hoffnungen so zuversichtlich zu äußern, – aber ich lebe jetzt auf dem Lande und bin nun einmal sehr anfrichtig. Auch hat ja mein Vertrauen, welches Sie damals mir eingeflößt, sich nicht betrogen gefunden, ja volle Bestätigung erhalten. So hoffe ich nun ferner, daß Sie mich bald mit einer Antwort erfreuen, ja herzlich erfreuen werden. – – – Und nun, das nenne ich doch geplaudert. Aus der Länge des Briefes können Sie schon ermessen, daß ich alt geworden bin, denn das Alter ist redselig, vorzüglich alte Jungfern, und nun gar geistliche Jungfern. Ich muß aber bitten, in Ihrer Antwort nicht den Jugendlichen zu spielen – nein! das wollte ich nicht sagen, – nur nicht zu kurz sollten Sie sich fassen. Sie sind aber ein Gelehrter und haben Ihre Zeit besser anzuwenden. Nun aber denn doch ein herzliches Briefchen, nicht wahr? an


Ihre

alte treue aufrichtige Freundin

Charlotte von Dincklage.«


In meinem nächsten Briefe meldete ich ihr den Tod meiner Frau und erhielt erst im December folgende Antwort darauf aus Rössing.

»Mein langes Schweigen, theurer Freund! könnte Sie glauben machen, ich verstünde nur mit den Fröhlichen zu lachen, aber nicht mit den Traurigen zu weinen. Dem ist aber wahrlich nicht so; und wenn Sie erst die Schilderung meines vielbewegten Lebens seit dem Empfange Ihres mir so lieben, aber auch so betrübenden Briefes gehört haben, werden Sie selbst einsehen, daß ich wohl ein Stündchen zum Schreiben, aber nicht die gemüthliche Stimmung zu einer traulichen Unterhaltung finden konnte. Ich habe ein sehr lebhaftes Gefühl, welches sich fast unbezähmbar wie der Freude, so dem Schmerze, sei es nun eigener oder der meiner Freunde, hingibt, nicht so lange es noch gilt, zu handeln, – denn dann ist eine moralische[496] Kraft in mir, die dem Schmerze gebietet, aber da, wo ich nur unthätig beklagen kann. Können Sie es glauben, lieber Freund, daß Ihr Kummer mich so tief ergriff, daß ich den ersten Abend Ihren Brief nicht zu Ende lesen konnte? Erst den andern Tag fand ich Ruhe und Fassung dazu. Wie leer mag Ihnen das Leben jetzt erscheinen, nun die Theure nicht mehr um Sie ist, die mit so ächt weiblicher Liebe und Sorge immer für Sie bemüht war, deren Wünschen und Streben nur dahin ging, Ihnen Freude zu schaffen. Sie waren die Freude ihres Lebens und ihr Stolz; ich entsinne mich noch mit Rührung, wie sie mit liebenswürdigem Stolze mir andeutete, daß Sie ein bedeutender Schriftsteller wären, und wie sie dann doch wieder eine Zurückhaltung darüber bewies, als ob sie sich verpflichtet fühlte, Ihre Bescheidenheit zu theilen. – – – Und Sie, mein theurer Freund! sehnen sich jetzt auch nach diesem Ziele? Ich begreife das wohl, und würde in Ihrer Stelle eben so fühlen. Aber ich hoffe doch, Sie werden uns noch eine Zeitlang erhalten. Sie haben ja noch so viel auf Erden zu wirken. – – Sie muß ich noch wieder sehen, bevor Sie zu der geliebten Vorangegangenen hinüber gehen, und den ewigen Abschied von Ihnen nehmen. – Den ewigen? Ach nein, ich habe die feste Ueberzeugung, wir sehen uns dort wieder, – wenn Sie nicht gar zu hoch über mir Ihren Platz bekommen, – aber dann lassen Sie sich schon Mal zu mir herab – nicht wahr, lieber Freund? Sie halten mich in diesem Augenblicke vielleicht für recht leichtsinnig, daß ich mit so ernsten Dingen scherze. Es ist aber kein Scherz, es ist Ernst. Ich habe schon mehrere, mir sehr nahe und liebe Angehörige so ruhig und freudig sterben sehen, habe selbst auf meinen Reisen dem Tode mehrmals ruhig in's Auge geschaut, – so hat er für mich sein Grauenhaftes verloren. Das wird denen, die mich nur oberflächlich kennen, unglaublich scheinen. Denn es giebt wohl kein heitereres, sich glücklicher fühlendes Wesen, Keine, die ihr Leben mehr genösse, als ich. Immer war es auch nicht so, und gerade erst Leiden haben mich zu dieser innern Heiterkeit und Fassung gebracht; denn da lernte ich erst das Leben seinem wahren Werthe nach schätzen.[497] Ich sagte vorhin: Sie muß ich noch wieder sehen, auf dieser Welt noch; und damit kündige ich Ihnen gewissermaßen meinen Besuch an. Dies Wort erschreckt Sie wahrscheinlich, und läßt Sie ein Heer von Unruhen und Störungen befürchten. Nur getrost, lieber Freund! Sie haben ja Kinder und Enkel, die werden schon für mich sorgen, und Sie schenken mir nur die Stunden, die Sie sonst den Ihrigen widmen, so daß Sie also meinetwegen von Ihrer Arbeit sich nicht abmüßigen. Mein Plan ist nämlich so: Im Februar gehe ich nach Berlin, um da einige Monate mit einer sehr lieben Freundin zu verleben, und von da ist ja ein Abstecher auf einige Tage nach Königsberg sehr leicht. Meine Gesundheit spricht freilich ein Wörtchen hier mit und muß erst ihre Einwilligung dazu geben; denn das ungewohnte, kalte, nordische Klima zog mir vorigen Winter eine ernstliche Krankheit zu, wovon die Nachwehen fast beständige rheumatische Beschwerden sind. Nun haben mir die Seebäder im vorigen Sommer wohl sehr gut gethan, doch mit dem Herbste und der Kälte stellte auch das Uebel wieder sich ein. Ich werde daher nächsten Sommer ein Seebad besuchen, und im Herbste hoffentlich, wenn nichts Besonderes dazwischen kommt, dem Süden, Italien wieder mich zuwenden, und wenn es mir möglich wird und ich passende Reisegesellschaft finde, hinüber nach Egypten gehen. Ein junger Freund von mir, der seiner Gesundheit wegen früher in Italien, wo ich ihn zufällig kennen lernte und seine Pflegerin wurde, sich aufhielt, und jetzt, ein noch wärmeres Klima aufsuchend, nach Egypten gegangen und dort vom Pascha als Arzt an einer Militärschule zu Tura bei Kairo angestellt ist, – wünscht sehr, seine treue Pflegemama vor seinem Ende noch einmal zu sehen; denn zur Genesung ist keine Hoffnung mehr, und wir können nur erwarten, daß der Aufenthalt in Egypten, der sichtbar vortheilhaft auf sein Befinden wirkt, sein Leben um einige Jahre friste. Ich liebe ihn, wie nur eine Mutter ihren Sohn lieben kann, und doch sehen Sie, mit welcher Ruhe ich von seinem sicher nahen Tode spreche. Sie begreifen aber wohl, wie sehr ich bemüht sein werde, ihm und mir den sehnlichen Wunsch des Wiedersehens[498] zu erfüllen und ihn in seiner neuen Heimath zu besuchen. So füllen mein ganzes Leben Freundschaft und geistige Genüsse aus, wie sie nur die Ausbildung des Geistes und Gemüthes gewähren können. Bin ich nicht sehr glücklich? – Frühling, Sommer und Herbst zog ich von einer verwandten und befreundeten Familie zur andern, um nach so langer Abwesenheit alle wieder zu sehen, mit Allen mich wieder inniger zu verbinden, und von Neuem in alle Verhältnisse mich wieder einzureihen, damit nichts Fremdes zwischen uns sei. Nicht selten gab man mir zu verstehen, es sei unmöglich, daß ich noch so warmes Interesse, wie früher, für sie habe; doch eine Stunde traulichen Beisammenseins überzeugte sie vom Gegentheile, und sie versicherten mir dann oft: ›ja, Du bist ganz unverändert, Du bist ganz und gar die Alte!‹ Das war dann für mich ein schöner Triumph.«

Im übrigen Theile des Briefs erzählt sie das Nähere über ihre Reisen in diesem Jahre und erwähnt unter Anderem, daß sie in Oldenburg der Großherzoglichen Familie vorgestellt worden sei und dabei ihr der Königin von Griechenland gegebenes Versprechen, ihren Eltern viel von ihrer neuen Heimath zu erzählen, erfüllt habe.

Ich schlug ihr vor, im bevorstehenden Sommer das Seebad in der Nähe von Königsberg zu gebrauchen, damit ich ihren Umgang länger genießen könne, und sie ging gern darauf ein. Aber als sie im Februar 1840 auf der Reise nach Berlin durch Braunschweig ging, machte ihr eine Familie, die sie in Rom hatte kennen lernen, den Antrag, mit ihr im Mai eine Reise durch England und Schottland zu machen, dem sie nicht widerstehen konnte. Da sie nun mit dieser Familie es verabredet hatte, in den ersten Tagen des Mai mit ihr in London zusammen zu treffen, und da sie ihre Freundin in Berlin nicht zu früh verlassen wollte, so blieben für ihren Aufenthalt in Königsberg nur vierzehn Tage (vom 14. bis 27. April) übrig.

Das waren aber auch sehr heitere, für mich höchst wohlthuende Tage, wo ich die Trefflichkeit meiner Freundin von so mancher neuen Seite kennen lernte. Als einen Grundzug ihres[499] Charakters erkannte ich überwiegende Richtung auf das Praktische, scharfes Auffassen der menschlichen Verhältnisse, klare Anschauung und sichere Beurtheilung derselben. Indem ihr Sinn vorzugsweise dem wirklichen Leben sich zuwendete, hatte sie ausgebreitete Kenntnisse in der Geschichte und Geographie, während ihre Belesenheit im ästhetischen Fache weit geringer war. An den öffentlichen Angelegenheiten nahm sie lebhaften Antheil, und als Hannoveranerin war sie eine warme Anhängerin des Staatsgrundgesetzes. Ihr freier Geist sträubte sich gegen das Joch des Pfaffenthums, und der Eifer der Hyperorthodoxen schaffte selbst der Strauß'schen Lehre Eingang bei ihr. Sie bewies viel Menschenkenntniß, und nachdem sie über Jemanden ein treffendes Urtheil gegen mich ausgesprochen hatte, war es für mich sehr interessant, die große Feinheit zu bemerken, mit welcher sie ihn behandelte, ohne sich einer Falschheit schuldig zu machen. Sie hatte die Schmerzen des Lebens überwunden, und durch die Reinheit ihrer Gesinnungen, durch die Klarheit ihrer Ansichten und durch die Festigkeit ihrer Grundsätze eine stete Heiterkeit gewonnen. Sie fühlte lebhaft, aber die Kraft ihres Verstandes und die Stärke ihres Willens behauptete immer einen entschiedenen Einfluß. Bei aller Entschiedenheit und Selbstständigkeit hatte sie doch durchaus nichts Unweibliches. So interessirte sie sich für die kleinen häuslichen Angelegenheiten und für die ganz speciellen Verhältnisse der Familienkreise; sie gewann meine Großkinder sehr lieb, indem sie für jedes derselben nach dessen Eigenthümlichkeit ein besonderes Interesse faßte, und diese waren ganz glücklich, da sie eines Tages auf einer Spazierfahrt, auf welcher ich sie nicht begleiten konnte, sich mit ihnen allein unterhalten hatte.

Auf ihrer Reise durch England und Schottland schrieb sie mir eine fortlaufende Reihe von Briefen, die aus London vom 17. Mai beginnt und am Bord der Caledonia vom 15. August auf dem Wege nach Cuxhaven endet. Nur mit Widerstreben gebe ich der Besorgniß nach, durch Aufnahme derselben dieser Episode einen zu großen Raum zu geben; sie enthalten des Interessanten und Charakteristischen nicht wenig, außerdem[500] aber auch die Aeußerungen der wärmsten Freundschaft, die den Freund um Vieles höher stellt, und den geistigen Einfluß, den er während des Zusammenseins ausgeübt, viel höher anschlägt, als er es verdient. Eine Stelle ihres nächsten Briefes aus der Heimath, die in gleichem Sinne anhebt, setze ich hierher, da sie zur Charakteristik gehört.

»Wer immer unter so liebevoller Leitung, wie der Ihrigen, gestanden, dem ist es wohl leicht gemacht, gut zu werden; wer aber, wie ich, seit seinem fünfzehnten Jahre sich ganz selbst überlassen und allen Stürmen des Lebens preisgegeben war, ohne Stütze und Rathgeber, der ist wohl zu entschuldigen, wenn manche schroffe Ecken und harte Seiten des Charakters sich bilden, wie es bei mir der Fall ist. Das Bewußtsein und die Nothwendigkeit, wenn man so früh allein in der Welt da steht, besonnen, entschlossen, fest und selbstständig zu sein, sich nie von seinen Gefühlen zu unbesonnenen Handlungen hinreißen zu lassen, um sich die Achtung der Welt und seines Selbst zu erhalten, bewirken so leicht, daß man sein Hauptaugenmerk darauf richtet, diese Eigenschaften besonders ausbildet, und die andern, die weichen, zarten Seiten des Gemüths, die einem weiblichen Charakter so vielen Reiz verleihen, darüber vernachlässigt.«

Daß sie sich selbst hier Unrecht thut, werden selbst meine Leser erkennen. – Uebrigens ist dieser Brief auch ein Collectivbrief, aus mehreren Landgütern und vom 30. September bis 11. December datirt. Ich kann nicht umhin, noch einige Stellen daraus her zu setzen.

»Erst heute finde ich wieder einige Ruhe zum Schreiben; wenn es nur von langer Dauer sein wird. Es ist ein herrliches, glückliches Leben hier! so ganz der Freundschaft und dem Zusammensein mit den theuren Seinigen sich zu weihen! Aus einer Hand geht man in die andere, und hat man mit dem Einen vertrautes Gespräch kaum beendet, so fängt man mit dem Andern wieder eines an. Dann kommen befreundete Nachbarn, die den heimgekehrten Zugvogel auch Mal wieder begrüßen wollen, oder wir suchen sie auf. So sind die Stunden immer besetzt und ich und meine Zeit in Anspruch genommen. Es heißt[501] zwar: ›ruhe Dich nun bei Deinen Verwandten von Deinen Reisen aus!‹ Aber nie bin ich weniger ruhig und weniger Herr über meine Zeit, wie gerade hier. Denn da ich nur selten und gewöhnlich nur auf kurze Zeit komme, so wünschen wir, während meines Hierseins, uns auch recht zu genießen, und wir haben ja auch so unendlich viel mit einander zu besprechen und zu überlegen. – – Die junge Frau hier im Hause (obgleich von meinen Jahren, heißt sie noch immer die junge H., da ihre Schwiegermutter noch lebt) ist eine meiner intimsten Freundinnen. – Um recht traulich und ungestört mit einander plaudern zu können, schleichen wir uns in der Dämmerung wie Verliebte heimlich aus der Gesellschaft in ein Hölzchen hinter dem Garten. Es müßte für einen Fremden höchst komisch sein, wenn er den stummen, nur für uns verständlichen Blick belauschte, den wir uns zuwerfen, und wornach wir dann leise, Eine nach der Andern, aus dem Kreise verschwinden, um zum Rendezvous zu eilen. Ein Paar alte Frauen und ein heimliches Rendezvous. Es ist recht lächerlich, und wir lachen selbst herzlich darüber. Ist es nun geglückt, so fassen wir so traulich uns unter, traben so fröhlich und eilig davon, damit uns nur Keiner einholt, und sind bei dem Reize der Heimlichkeit so vergnügt und glücklich, viel mehr, als wenn wir offen davon spazieren könnten. Wir haben aber einander so viel zu sagen und zu vertrauen, wie das nur unter zwei weiblichen Wesen der Fall sein kann. Sie ist mir auch unendlich lieb und theuer; ihre Kinder sind auch gar lieb und gut, und wie vortrefflich erzieht sie sie! Da höre ich ihre Stimme: ›Lotte! Kommst du noch nicht?‹ Adieu also, liebster Freund! Seien Sie froh, daß dieser für Sie doch langweilige Herzenserguß über eine Ihnen Fremde unterbrochen wird!«

»Mit Stolz ergreife ich heute die Feder, Ihnen das schmeichelhafte Compliment mitzutheilen, mit welchem mich so eben das hiesige Dienstmädchen in rührender Einfalt überraschte. Auf ihren Wunsch, ich möchte den ganzen Winter hier bleiben, erwiderte ich: ›dann hättest Du ja noch mehr zu thun!‹[502] ›O! das thut nichts,‹ sagte sie, ›unsere Gänse sind todt; nun wäre es doch gut, wenn Sie hier blieben.‹ Sie war nämlich die zärtliche Pflegemama dieser holden Naturkinder gewesen, die unter ihrer treuen Sorgfalt herrlich gediehen waren; sie hat sie gestern selbst geschlachtet, und wünscht mich nun zur Stellvertreterin; die leergewordene Stelle in ihrem Herzen soll ich nun einnehmen und der neue Gegenstand ihrer Pflege und Sorgfalt werden.«

Auf meinen herzlichen Wunsch, sie im nächsten Jahre wieder, und zwar auf längere Zeit in Königsberg zu sehen, antwortete sie:

»Ich sinne und sinne, wie sich's mit meinen übrigen Plänen vereinigen läßt. Sehr wahrscheinlich gehe ich im Februar wieder nach Berlin; im Frühjahre gedachte ich dann meine Freunde in Dresden und München zu besuchen, im Sommer hierher zurückzukehren, und im Anfange August eine große Reise nach Italien anzutreten. Dies letztere sind Pläne, die ich für jetzt nur Ihnen mittheile: sie sind noch zu ungewiß, und hängen noch von zu vielen Umständen, selbst auch von Krieg und Frieden ab; und ehe nicht die Ausführung gewissermaßen nahe ist, lasse ich keinen, außer Sie jetzt, einen Blick in mein Chaos von Reiseprojecten thun, denn erstens ist es leichter und sicherer, sie auszuführen, wenn man nicht zu vielen Rath eingeholt hat, zweitens ist mir's schrecklich langweilig, von angekündigten Plänen, die gescheitert oder unausgeführt geblieben sind, zu sprechen, und den Fragenden die Hindernisse und die Ursachen des Nichtausführens zu erklären; und endlich drittens erleichtert es mir überall den Abschied, ich scheide immer mit den Worten: auf hoffentlich baldiges Wiedersehen! Mein Pflegesohn in Egypten fügt jedem Briefe so dringende Bitten bei, doch herüberzukommen, und macht allerlei Vorschläge, wie ich die Reise einrichten könnte. Ich selbst wünsche sehnlich hinüber zu ihm; denn wer weiß, ob ihn nicht sein Schicksal vielleicht bald weiter, nach Indien oder so wohin, entführt, wo ich ihn nicht erreichen kann. Meine ganz heimliche Absicht ist nun, nächsten Herbst nach Egypten hinüber zu segeln; aber das werde ich[503] erst von Italien aus den Meinigen ankündigen, und zwar kurz vor meiner Einschiffung. – Uebrigens geht es meinem Pflegesohne dort gut: er ist Director des General-Marine-Hospitals in Alexandrien geworden, eine große Auszeichnung für einen so jungen Menschen, der erst achtzehn Monate in des Pascha's Dienste war; er hatte aber durch glückliche Curen sich ausgezeichnet.«

Jeder Versuch, sie von der Reise nach Egypten abzumahnen, wäre offenbar nur eine unnütze Qual gewesen. Indem ich sie damit verschonte, durfte ich sie um so dringender bitten, mich im Sommer 1841 wieder und auf längere Zeit zu besuchen. Sie erfüllte diesen Wunsch, soweit es, ohne ihre übrigen Pläne zu stören, möglich war. Nachdem sie seit dem März in Berlin gewesen war, kam sie am 17. Mai nach Königsberg und blieb hier bis zum 17. Juni. Das war wieder eine köstliche Zeit für mich. Wer mit einem der Liebe unzugänglich gewordenen Herzen den vertraulichen, zwanglosen Umgang einer innigen, theuren Freundin genießt, bei welcher Reinheit der Seele, Wärme des Gefühls und Klarheit des Geistes vermöge der dem weiblichen Charakter eigenen Reize in den anmuthigsten Formen sich kund gibt, ist wohl glücklich zu preisen. Ich erkannte dies Glück und genoß es. Wenn ich, schon um meinem mir so werthen Gaste die gehörige Aufmerksamkeit beweisen zu können, meine Arbeiten in dieser Zeit beschränkte, so gewährte mir dies an sich eine ganz wohlthuende Erholung, aber unendlich wohlthätiger war der lebendige geistige Verkehr, die heitere, ja fröhliche und in ihrem Grunde doch sehr ernste Unterhaltung. Und wenn ich, ohne mich mit pedantischer Strenge abzusperren, einige Tagesstunden mir zur Arbeit vorbehielt, so wurde dadurch theils mir die nachherige Geselligkeit noch mehr gewürzt, theils meiner Freundin die Beruhigung geschafft, daß ihr Besuch mich in meinen Geschäften nicht störe. Im Kreise der Meinigen behauptete sie den früher eingenommenen Platz; außerdem führte ich sie in den mir befreundeten Familien ein und verschaffte ihr die Bekanntschaft von Männern, deren geistige Kraft und Wirksamkeit für sie interessant war. Auch besuchten wir, zum Theil[504] in größerer Gesellschaft, die schönsten Puncte der Umgegend; besonders ergötzlich war ein Ausflug nach Lithauen, wo wir mit den Meinigen die Pfingstfeiertage zubrachten. – Der Abschied wurde mir dadurch erleichtert, daß sie mit ihrem hiesigen Aufenthalte zufrieden war und ich hoffen durfte, sie würde nach glücklicher Rückkehr von ihrer großen Reise meinen Bitten um einen nochmaligen Besuch nachgeben.

Mit gewohnter Gewissenhaftigkeit gab sie mir von ihrer weiteren Reise fortwährend Nachricht, wobei sie die gesehenen Merkwürdigkeiten nannte, und was sie erlebt, besonders jeden komischen Zug, der ihr vorgekommen war, mit heiterer Laune erzählte. Zunächst reiste sie in Deutschland umher, erst nach Danzig, dann nach Schlesien, hierauf nach Sachsen, theils um Gegenden, die sie noch nicht gesehen, kennen zu lernen, theils um ihre Freunde wiederzusehen. Denn solche hatte sie überall, weil sie überall geneigt war, das Gute an den Menschen anzuerkennen und sich, wo sie es gefunden, mit treuer Anhänglichkeit anzuschließen, und weil andrerseits ihre Natürlichkeit, Gutmüthigkeit und Verständigkeit ihr überall Achtung und Zuneigung erwarb.

Im Anfange des Jahres hatte ihr Dr. Schledehaus geschrieben, daß er wegen der in Alexandrien häufigen Kabalen Egypten zu verlassen und nach Indien zu gehen gesonnen sei, zuvor aber sie noch einmal zu sehen wünsche und sie bitte, entweder Paris oder Wien für diese Zusammenkunft zu bestimmen. Dies war ihr nun gar nicht recht. Denn erstlich wollte sie offenbar ihren Pflegesohn nicht bloß als Reisenden, sondern in seiner ehrenvollen Wirksamkeit, als nützliches Glied der Gesellschaft und geachteten Beamten sehen; sodann aber hatte der Gedanke, nach dem classischen Boden Roms und Griechenlands, auch den des mysteriösen Egyptens zu betreten, schon zu tiefe Wurzel bei ihr geschlagen: es zog sie unwiderstehlich »hinüber« nach dem andern Welttheile. So hatte sie denn dem Dr. Schledehaus für den Herbst (1841) ihren Besuch in Alexandrien angekündigt, und da sie zu Anfange Juli's bei ihrer Ankunft[505] in Dresden einen Brief von demselben vorfand, in welchem er die Freude schilderte, mit welcher er sie erwartete, so benachrichtigte sie ihre Verwandten gegen ihren früheren Vorsatz schon von hier aus von ihrem Vorhaben, um Credit- und Empfehlungsbriefe zu erhalten. Wie glücklich sie sich fühlte, nach dem Vaterlande europäischer Cultur und – der Pest wandern zu können, ergiebt sich aus dem heitern Tone ihrer beiden – letzten! Briefe, die ich, ohne mir eine Auslassung zu erlauben, hier mittheile.


»Porto Santo Elpidio3 den 28. August 1841.


Mein liebster – meine Feder kann sich noch immer nicht entschließen, Ihren Namen niederzuschreiben: sie hat zu großen Respect vor Ihnen, wie sehr ich mich auch bemühe, ihr den auszutreiben und ihr vorstelle, sie habe gar nicht Ursache dazu, es sei zwischen uns ausgemacht, uns bei Namen zu nennen. Dieses Mal will ich aber doch den Sieg davon tragen, und ist einmal die Bahn gebrochen, so wird es schon gehen; das zweite Mal wird sie schon nicht mehr solch eine respectvolle Scheu haben. Also – liebster Burdach! Nein, ich lasse sie nicht an der Elbe sitzen4. Sie müssen mich über die Alpen, und auch noch über's Meer hinüber in einen fernen, fremden Welttheil begleiten, müssen Freude und Leid, Genüsse wie Beschwerden mit mir theilen. Und so eine geistige Begleitung, hübsch behaglich in ihrem Lehnstuhle, in Ihrer warmen, wohnlichen Stube – das können Sie schon unternehmen, ohne sich zu sehr anzustrengen und ohne daß ich mir den Vorwurf zu machen brauche, Ihnen zu viel zuzumuthen. Für's Erste führe ich Sie in das ächte Reiseleben, in die Eilpost ein, und später in die hiesige Häuslichkeit, eine ächt italienische villeggiatura. – Die Fahrt nach Leipzig, wissen Sie, hatte ich aufgegeben; ich fuhr daher auf der Eisenbahn nur bis – bis – ja, das weiß ich[506] nicht, – bis dahin, wo der Weg nach Döbeln abgeht. Mein gutes Glück hatte mich mit sehr liebenswürdigen Menschen zusammengeführt, einem norwegischen Consul, bei Christiania wohnhaft, und einem reichen Papierfabrikanten mit seiner Frau, dicht bei Kopenhagen ansässig. Nur zu schnell waren die paar Stunden verstrichen und mir that es leid, meine neuen Bekannten schon so bald zu verlassen, die mich auch schon mit ihren Adressen versehen hatten, um sie einst in ihrem Vaterlande aufsuchen zu können. Zu meinem Schrecken höre ich, daß die Post erst Nachmittags, nachdem der Train von Leipzig auf der Station angekommen ist, nach Döbeln abgeht. Inzwischen erschallt der gellende Pfiff zur Abfahrt; ich eile schnell zurück zu dem wohl bekannten Wagen, der sich mit allen übrigen schon in Bewegung gesetzt hatte: der Consul öffnet den Wagenschlag und ich stürze hinein oder werde vielmehr hineingezogen. So glückte mir es denn, wieder in der mir so angenehmen Gesellschaft zu sein, die mich erst verwundert, dann lachend und jubelnd empfing und mit welcher ich noch einige frohe Stunden in Leipzig zubrachte. Abends erreichte ich noch Döbeln, wo mein unerwartetes Erscheinen freudiges Staunen erregte. Ich habe überhaupt in Sachsen manch frohes Wiedersehen gefeiert, wie auch in München, und wäre gern länger geblieben, aber eingedenk des ersehnten fernen Ziels trieb mich's immer weiter. – In der Reisegesellschaft bis Zittau fand ich unter der großen Menge im wohlbesetzten Eilwagen wieder ein paar liebe Menschen heraus: einen jungen Norweger, der in Leipzig studirte, mit einem so hübschen, ehrlichen, offenen Gesichte, daß man ihm gleich gut sein mußte, – dabei lebendig und frisch in allen seinen Gefühlen, – und mir gefällt gar sehr diese Frische der Jugend, wo Erfahrungen die Gefühle noch nicht abgenutzt haben; der zweite war ein Mediciner, – mit den Medicinern habe ich nun einmal Glück, auch darin, daß ich ihnen nicht mißfalle. Vielleicht oder wohl sehr wahrscheinlich tragen Sie dazu bei, denn ich kann es mir nicht versagen, gelegentlich einfließen zu lassen, daß ich Sie nicht bloß kenne, sondern Ihre Freundin bin, – und welchem Mediciner wäre wohl Ihr Name fremd?[507] Sogar ein Hiesiger, ein Italiener, sprach in diesen Tagen von Ihnen und Ihren Werken, und nicht etwa, daß ich ihn darauf gebracht hätte; aber wie er einmal Ihren Namen genannt hatte, da sagte ich freilich, Sie wären mein Freund, und zwar mein intimer Freund. Es thut einem gar so wohl, wenn man auf seine Freunde etwas stolz sein und sich ihrer Freundschaft rühmen kann. – Also ein Mediciner: Hofrath Abendroth, der viele Jahre seines Lebens in Rußland, auf Reisen, in England und dann in Odessa zugebracht und seit einem Jahre der Erziehung seiner Kinder wegen sich in Dresden niedergelassen hat, ein gescheidter, interessanter Mann. Auf diesen folgte von Nürnberg bis Augsburg ein Bankier Kalb, der aber vom Kalbe nichts als den Namen hatte. Mit zwei Franzosen, die auf der Eisenbahn von Augsburg nach München hinzukamen, schloß die Reihe interessanter Reisegesellschafter; sie gaben vor, eine Vergnügungsreise zu machen, aber ihre gänzliche Unkenntniß der deutschen Sprache, ihre plötzliche Abreise mit Extrapost, als ihnen die Nachricht gebracht wurde: le Prince va bientôt partir, zeigte deutlich genug, daß ihre Reise einen politischen Zweck hatte, und da ich ihnen dies freimüthig erklärte, gestanden sie mir es auch ein, daß der Eine von lhnen ein politischer Schriftsteller sei und erst kürzlich vierzehn Tage fest gesessen habe, – erst kürzlich noch, – nur vierzehn Tage, – eine Kleinigkeit! so komme ich aus dem Kreise der Politiker gar nicht heraus; es muß doch ein geheimer Magnet sein, der mich immer zu ihnen hinzieht. Uebrigens waren diese Franzosen auch sehr liebenswürdig und interessant. – Wenn an irgend einem Orte das Glück mir günstig war, meine alten Freunde und Bekannten wieder zu finden, so war es in München: solche, die ich gar nicht hoffen konnte, wieder zu sehen, fand ich hier unvermuthet. Es war eine frohe Zeit, wiewohl nur sehr kurz; da jedoch meine dortige Bekanntschaft sich auf sehr wenige, aber sehr liebe Menschen beschränkt, so konnte ich diese wenigen desto ungestörter genießen. Meine Abende waren fast gänzlich zwischen der Förster, Jean Pauls Tochter, und dem Professor Schnorr und dessen Familie getheilt. Ueber Salzburg und[508] die Gebirge von Kärnthen und Krain ging es dann nach Triest, wo ich erst den 6. August eintraf. Gar herrliche Gebirgspartieen, und ein so gutes, harmloses, ehrliches Volk, ganz verschieden von den Italienern! Ich habe mich an den Naturschönheiten auf diesem Wege recht geweidet, und zwar ganz ungestört meinen Gedanken überlassen, da die Gesellschaft auch nicht das Mindeste Interessante für mich darbot: die Hauptrolle darin spielte ein alter gleißnerischer Dechant, der mir vom ersten Augenblicke an so sehr zuwider war, daß ich mich zusammennehmen mußte, um nicht unhöflich zu sein; zum Glücke brachten ihm meine kurzen, einsilbigen Antworten bald zum Schweigen. Die Fahrt von Triest nach Ancona, von Wind und Wetter begünstigt, war schnell zurückgelegt; auch die Leidensstationen des Ausschiffens waren mit Hülfe eines jungen deutschen Malers glücklich überstanden, – denn baccaroli, facchini und dogana, – mit Allen hat man einen Kampf zu bestehen, ehe sie befriedigt sind und man in das Paradies der locanda einziehen kann; dieses Mal ließ ich den Maler sich für seine Person und für die meinige mit herumzanken. Den 11. fuhr ich von Ancona nach Porto St. Elpidio. Das war aber ein heißer Tag! Ein Unglück folgte dem andern. Das erste war, daß der cameriere versäumt hatte zu wecken und mit ihm zugleich auch der vetturino vor meiner Thüre stand, mich abzuholen. So kam ich schon sehr ungnädig aus dem Hause und hatte die übrige Gesellschaft lange warten lassen. Doch in der Kunst des geduldigen Wartens sind die Italiener musterhaft; sie machen es selbst oft nicht besser; zu große Pünctlichkeit ist nicht ihr Fehler. Aus den Thoren von Ancona ging es rasch hinaus; die dogana war mit einer Kleinigkeit abgefunden. Aber die zweite dogana! Da ging es heiß her. Ein cane di birbone, wie er einstimmig genannt wurde, schnüffelte gewaltig unter unsern Sachen herum und fand denn auch Manches heraus: großentheils Sachen, die ich schon lange mit mir herumführe, Reste von Kleidern, schon gesäumte und gezeichnete Tücher u.s.w. Einem Marchese Quarantolla wurden viel mehr und viel werthvollere Sachen genommen.[509] Mit Zagen reichte ich meinen Arbeitsbeutel hin, denn darin war ein großes Etui kostbarer Instrumente zu Augenoperationen, welches ich Schledehaus mitbringen sollte; aber der Visitator, zum Glück nicht der birbone hatte in seinen Fingern kein Gefühl dafür, wohl aber für ein Stückchen Münze, welches ich ihm sehr verstohlen in die Hand schob. Ich war seelenfroh, dies gerettet zu haben, und dachte: mag alles Uebrige zum Kukuk, meinetwegen auch zum Teufel gehen! Aber der Muth wuchs mir sehr bald wieder; ich legte mich auf's Bitten und Vorstellen, erklärte mich bereit zu bezahlen, was sein müsse; einer der Herren half mir, und so glückte es mir, das Herz, nicht des birbone – der war felsenhart, sondern des sergente zu erweichen, und er nahm endlich – Vernunft oder Geld an? Keines von beiden! Sondern er nahm einen günstigen Augenblick wahr, wo der Schlimme anderweits zu sehr beschäftigt war, um es zu bemerken, mir stillschweigend zu erlauben, daß ich das Packet vor seinen Augen raubte und entführte: er hatte es schon in dieser Absicht neben sich gelegt; ich begriff sehr schnell seinen menschenfreundlichen Wink, verbarg es unter meiner Schürze und eilte auf einem Umwege auf meinen Platz im Cabriolet, setzte mich darauf und wich und wankte nicht, wie sehr auch die Sonne mir ins Gesicht brannte, bis glücklich der Wagen sich in Bewegung setzte. Nun aber machte Jeder seinem Herzen Luft, nicht eben in Lobeserhebungen; der sergente aber wurde für einen der bravsten galantuomi erklärt; er ist ein Beweis, daß es auch in dem verächtlichsten Stande Ehrenmänner giebt. Dem Marchese war es nicht so gut ergangen, wie mir: er und seine Frau hatten Alles zurücklassen müssen. Eine Stunde mochten wir gefahren sein und die Gemüther fingen an, sich zu beruhigen, als plötzlich – jetzt kommt das dritte und schlimmste Unglück, denn hier handelt sich's nicht mehr um äußere Güter, sondern um heile Knochen und um's Leben. – Indem wir einen Berg schnell herunterfahren, stürzen die Pferde und der Wagen schlägt um. Da ich im Cabriolet saß, so fiel ich vorwärts, so daß einen Augenblick das eine Pferd fast halb auf mir lag; doch erhob es sich zu meinem Glücke schnell wieder,[510] wodurch ich denn auch frei wurde und mich aus den Trümmern herausarbeiten konnte. Jetzt erschallte ein furchtbares Geschrei aus dem Innern des Wagens, Schimpfen und Klagen mit einander gemischt, denn mehrere Personen waren verwundet und eine leichenblasse Gestalt nach der andern erhob sich mühsam und zitternd; der Marchese blieb lange unsichtbar und lautlos; endlich trat auch sein blutendes Haupt aus dem zerbrochenen Wagenfenster hervor und ergoß einen Strom von Schimpfreden über den unglücklichen Vetturino, der freilich nicht ganz ohne Schuld war. Er hatte dem Schicksale wiederum von Allen das größte Opfer bringen müssen, und ich war wieder mit blauen Flecken und einigen Schmerzen davongekommen: meine Knochen waren alle heil, und das war mir genug. Die Uebrigen gingen in ein nahes Haus; ich aber konnte und mochte meine Sachen nicht verlassen und mußte daher über eine Stunde in der heißen Sonnenglut dabei stehen, bis die alte carozza auf ächt italienische Weise wieder etwas zusammengeflickt war und wenigstens meine Sachen darin Sicherheit fanden. Von der übrigen Gesellschaft wollte Niemand sich dem gefährlichen Fuhrwerke wieder anvertrauen; da sie ihrem Ziele nahe waren, so suchten sie auf Karren, mit Ochsen bespannt, dahin zu kommen; mir aber, die ich weiter mußte, blieb nichts übrig, als die verhängnißvolle Maschine wieder zu besteigen: mein Trost war, daß der Zahl drei ihr Recht bereits widerfahren und also weiter kein Unglück zu erwarten sei. Und so war es auch wirklich: jetzt kam die gute Hälfte des Tages; – die Lichtseite als Gegensatz zur Schattenseite kann ich nicht sagen, denn ich hatte des Lichtes nur zu viel gehabt. Ein vorüberfahrender Vetturino nahm mich in seinen Wagen auf, und da kam ich zu dem General-Secretär der Dogana in Rom mit Frau und Sohn, so lieben, freundlichen, gutmüthigen Menschen, daß ich mich bei ihnen völlig aufheiterte. Nachmittags langte ich hier bei meinen guten Errighis an, innig froh, nach so manchem Ungemach den Hafen der Ruhe erreicht zu haben. – Das italienische Leben und Treiben, wie ich es früher kennen gelernt hatte, fand ich auch jetzt wieder; auch die[511] italienische Nachlässigkeit. Es heißt: siete padrona di casa! Das muß man in Gedanken behalten; Blöde kommen schlecht weg. Ich wurde sehr herzlich empfangen; doch fiel es Keinem ein, mir ein Zimmer anzuweisen oder irgend etwas vorzusetzen. Siete padrona di casa, sagte ich mir, wählte mir daher selbst meine frühere Wohnung, eine freundliche, kühle Eckstube mit der herrlichen Aussicht auf's Meer, ließ mir das Bett machen, meine Sachen herauf bringen, meine Freundin Nazarene, ein junges Bauernmädchen, das mich zum Baden begleiten sollte, rufen und bat mir ein Abendessen aus. Denn hier wird nur ein Mal gegessen, des Mittags; wer zu andern Zeiten Hunger fühlt, muß zusehen, wo er etwas bekommt, oder vielmehr, muß sich's beim Koch bestellen. Besuche kommen von früh bis spät, die meisten des Abends, oft noch nach zehn Uhr, wenn ich mich schon davon und nach dem Bette schleiche; man kommt und geht, es rührt sich Keiner darum; von Empfangen ist nicht die Rede, eben so wenig von Bewirthen; höchstens wird ein Glas Limonade verabreicht, doch nur selten. Nichts Langweiligeres existirt als diese sogenannten conversazioni für mich, da ich alle die hier besprochenen Stadt- und Landgeschichten nicht kenne. Errighi gestand mir, daß sie ihn selbst langweilen, aber es sei einmal der Gebrauch so. Ich hatte mich neulich verleiten lassen, die Marchese zu einer solchen conversazione nach der eine Stunde entfernten Stadt St. Elpidio zu begleiten; wir kehrten um Mitternacht heim, ich halb todt vor Langeweile, Hunger und Durst, denn nicht Mal einen Tropfen Wasser hatten wir bekommen; seitdem bleibe ich immer mit dem Marchese und seiner Schwägerin zu Hause. Bei den hiesigen Abendgesellschaften kann ich doch wenigstens arbeiten und mich davonschleichen, wenn ich will; denn man kann nirgends ungenirter sein, wie hier; man hat seine volle Freiheit in allen Stücken, und das ist gar angenehm. Was ich vermisse, ist die Gemüthlichkeit, die uns Deutschen so eigen und mir besonders Bedürfniß ist. Ich bin darin verwöhnt worden und muß mich daher erst wieder an das unruhige italienische Wesen gewöhnen. Eine recht hübsche Partie machten wir neulich nach dem vier[512] Stunden entfernten Macerata, der Vaterstadt der Marchesa, wo wir die schöne Oper Marino Falieri hörten. Am andern Morgen eilten wir sehr bald zurück, da zu dem Volksfeste im nahen Porto Civitanuova viele Personen aus der Nachbarschaft hier zum Essen eingeladen waren; mehrere von ihnen fanden wir schon vor. Bei Tische blieb ein Couvert leer; man fragte sich, wer der ausgebliebene Gast sei: Keiner wußte es, und so wurde seiner nicht mehr gedacht. Nach Tische wurde in vier wohlbesetzten Wagen hinübergefahren; ich blieb weislich zu Hause, denn solche Feste sind nicht meine Liebhaberei. So stand ich allein im Salon am Fenster, ihnen nachschauend, als ein Geräusch mich aus meinen Betrachtungen aufschreckte, – denn außer mir war, soviel ich wußte, Niemand im Hause. Eine Seitenthüre öffnete sich leise, leise und mit großer Vorsicht um sich schauend trat, wie aus einem geheimen Verstecke, ein dicker, bärtiger Capuciner herein; ihm folgte eben so leise ein jüngerer, blaß und mager, beide mit langen Kutten, Sandalen und Geißelwerkzeugen. So fand ich mich diesen geheimnißvollen Erscheinungen allein gegenüber, die allerdings etwas Grauenhaftes hatten; ich ließ mich aber nicht einschüchtern, sondern ging keck auf sie zu und fragte, was sie hier suchten. Sie berichteten nun, daß sie früh Morgens von ihrem Kloster anderthalb Stunden weit her gekommen wären, hier Messe gelesen und darauf, um etwas zu ruhen, in dies Cabinet sich zurückgezogen hätten und daselbst eingeschlafen wären. Im Hause hatte man sie ganz vergessen, sie also auch zum Essen zu rufen versäumt, so daß die armen Schelme um das gute Diner gekommen waren. Dem jüngern sollte ich über eine jetzt lebende Heilige in Tyrol Auskunft geben, die so viele Wunder verrichte und von der er so viel gehört und gelesen habe; ich ließ ihn sehr unbefriedigt. Eben so unbefriedigt kehrte spät Abends die Gesellschaft heim.«

»Da bin ich nun nach alter Weise wieder ins Plaudern gerathen, und habe mit unnützen Reiseerzählungen den ganzen Bogen gefüllt, so daß kein Raum mehr zu Beantwortung Ihres lieben Briefes bleibt; ich verspare es daher bis zum nächsten,[513] und werde dieses Blatt, anstatt es, wie ich anfangs beabsichtigte, mit nach Egypten zu nehmen, schon von hier aus Ihnen zusenden, das heißt von Italien aus. Denn übermorgen fahre ich nach Ancona, um mich da den 2. September einzuschiffen. Also das letzte Lebewohl aus Europa, mein herzenslieber Burdach! Aus Africa hören Sie Weiteres von mir. Wenn Sie diese Zeilen lesen, schwimme ich auf dem mittelländischen Meere, nähere mich der Küste Egyptens und dem lieben, lieben Freunde. Sie werden meiner bisweilen gedenken; gedenke ich doch Ihrer so oft: es wäre Unrecht, wenn Sie es nicht auch thäten. Grüßen Sie alle Ihre Lieben in Königsberg recht, recht herzlich von mir, auch die Arnauer! Leben Sie wohl, mein bester, lieber Freund!


Ihre

alte treue Freundin

Lotte Dincklage.«


Ancono, den 2. September.


»Das Dampfschiff ist schon angekommen, das mich, wenn auch nicht nach Egypten, doch nach Griechenland führen wird. Im Piräos hoffe ich französische Schiffe zu finden, die mich dann weiter bringen. Um 4 Uhr Nachmittags geht es fort. Ich bin gutes Muthes; Gott wird mich schon beschützen. Um 4 Uhr rufe ich: lebe wohl, Italien, lebe wohl, Europa und alle ihr Lieben! aber auf Wiedersehen! auf ein recht glückliches, frohes Wiedersehen! Die Freude des Wiedersehens ist schon den Schmerz des Abschiedes werth.«

»Wäre ich doch erst auf dem Schiffe! die Stunden bis dahin scheinen mir so lang. Ich sehne mich dahin, denn hier habe ich keinen Abschied, der mir die Abreise erschwerte. Jubelnd werde ich das Schiff besteigen; doch noch mehr jubelnd das französische Schiff, das mich wirklich zu dem ersehnten Ziele bringt! Können Sie meine Gefühle begreifen? Man muß, wie ich, sich Jahre hindurch mit einem Lieblingsplane im Geheimen beschäftigt haben, um die Freude empfinden zu können, sich endlich dem Ziele so nahe zu sehen.«[514]

Die folgende – letzte! Sendung der treuen Freundin kündigte schon durch die auf beabsichtigte Desinfection deutenden Schnitte an, von wannen sie kam, und enthielt Folgendes:


Am Bord des Dampfschiffes Giovanni im Hafen

von Corfu den 5. September 1841.


»Zwar nur zwei Worte, aber doch zwei Worte aus dem Hafen von Corfu! Ich habe es Ihnen schon angekündigt, daß Sie mich über's Meer hinüber begleiten müssen, mein bester Freund! Die Stadt Corfu liegt amphitheatralisch vor uns ausgebreitet; das Geläute der Glocken tönt freundlich herüber, und ruft zum Gottesdienste; die meisten Reisenden sind dem Rufe derselben oder den Aufforderungen ihrer Neugierde gefolgt und an's Land gegangen; so befinde ich mich fast allein an Bord. Es läßt sich nicht beschreiben, wie behaglich eine solche Einsamkeit an einem so schönen Sonntage Morgen ist. – Bis hierher sind wir glücklich und schnell gekommen, von Wind und Wetter begünstigt; gestern Nachmittag gegen drei langten wir an, und heute um 1 Uhr Nachmittag geht es wieder weiter. Die Gesellschaft ist aus allen möglichen Nationen zusammengesetzt; es befindet sich darunter manches ganz Passables, ja sogar Gutes; doch bis jetzt habe ich noch nichts herausgefunden, was mich besonders anziehen könnte. Für heute genug! Es wird schon zu lebendig in meiner Nähe, um mit Vergnügen weiter schreiben zu können.«


Am Bord des französischen Dampfschiffes

Scamander im Hafen von Syra, den 11. September.


»Hier aus der Mitte der Cykladen, umringt von den Inseln Tino, Delos, Naxos und Paros, sende ich Ihnen einen Gruß herüber. Die nackten Felsen von Syra, auf deren mittlern niedern Kegel die Stadt sich vom Gipfel bis zum Gestade des Meeres erstreckt, und deren einförmiges Grau in den wenigen Schluchten durch sparsame Olivenbäume unterbrochen ist, erheben sich dicht vor mir, und manche Barke umkreist unser Schiff, deren Inhaber durch mir zwar unverständliche Worte, doch[515] durch desto verständlichere Gesticulationen, zum Hinüberschiffen einladet; ich konnte mich aber nicht entschließen, diese wohl nicht an Menschen, aber an allem Uebrigen öde Insel zu betreten. Was soll auch eine Dame allein, schutzlos, zwischen dieser Häusermasse und unter diesem schreienden, in Lumpen gekleideten Volke? Die ganze Schiffsgesellschaft ist theils an's Land gegangen, theils hat sie uns verlassen, um auf den nahe liegenden Dampfböten nach Smyrna und Constantinopel sich einzuschiffen. Was wir wieder bekommen werden, ob Ersatz für das Verlorene? Man weiß es noch nicht. War auch unter dem Verlorenen nichts besonders Interessantes, so fanden sich doch darunter zwei ganz nette, junge Italiener und ein armenischer Missionär, mit denen ich mich gut unterhalten habe. Gestern Abend im Piräos nahmen wir den östreichischen Gesandten, Herrn von Prokesch, ein, einen sehr lieben Mann; er hat uns eben wieder verlassen. Auf der Fahrt nach Patras, im Golf von Lepanto bewunderte ich die, sei es nun Geschichte oder Fabel, durch Odysseus interessante Insel Ithaka; man zeigte mir im Mondscheine den Felsen, auf welchem er seinen Palast hatte, von dem Archäologen noch einige Reste gefunden haben wollen, und den Hafen, in welchem er nach seinen langen Irrfahrten endlich gelandet ist. Es ist ein felsiges, ödes Eiland, und seine Bewohner, von denen wir in Patras einige auf's Schiff bekamen, sind keineswegs mehr die frühern Helden. Obgleich wir mehrere Stunden vor Patras stille lagen, so war doch, da ein starker Wind sich erhoben hatte, das Meer so bewegt, daß an Schreiben gar nicht zu denken war. Die ganze Reise war übrigens so glücklich wie möglich. Den 9. früh morgens fuhren wir im Piräos ein. Ich ging mit den jungen Italienern sogleich ans Land, um mir einen Bekannten, den dasigen Apotheker Mahn, einen Harzer, herüber zu holen, der mir beim Ausschiffen behülflich sein und mich in ein Gasthaus spediren sollte; er war verreist, doch seine Frau, auch eine Deutsche, half mir und nahm mich bei sich auf, wofür ich ihr sehr dankbar bin; sie ist eine recht gebildete, liebe Frau, und wir brachten einen sehr gemüthlichen, deutschen Abend mit einander[516] zu. Den andern Morgen fuhr ich nach Athen, wo ich meine deutschen und griechischen Freunde und Bekannte durch meine unerwartete Erscheinung sehr überraschte. Ich brachte einen sehr glücklichen Tag bei ihnen zu. Am meisten amüsirte es mich, wenn sie ganz erstaunt fragten: ›aber in aller Welt, wo kommen Sie denn her?‹ und ich dann antwortete: ›ich bin auf der Durchreise.‹ ›Auf der Durchreise? Athen liegt doch ziemlich am Ende von Europa,‹ erwiderten sie, noch mehr erstaunt. Die Nacht blieb ich bei einer griechischen Freundin, die an einen Deutschen verheirathet ist, und die mich gestern Morgen zum Piräos begleitete. Gegen Abend segelte der Scamander aus dem Hafen heraus und um das Cap von Sunium herum, wo noch einige Säulen des Tempels zu sehen sind, auf dessen Stufen Plato gelehrt hat. Ich muß schließen, und das ist sehr gut, denn ich kann bei dieser Unruhe und Bewegung doch nur schlechtes Geschmiere hervorbringen.«


»Alexandrien den 30. September.


Schon seit vierzehn Tagen bin ich hier; aber die egyptischen Landplagen, fast noch eben so, wie zu Moses Zeiten, sind so störend, daß man zu keinem Genusse des Lebens kommen kann, viel weniger zu einem gemüthlichen Schreiben. Staub und Hitze quälen sehr; dabei bin ich im steten Kampfe mit Fliegen, Mücken, Ameisen und Ungeziefer aller Art. Wahrlich, man wird hier seines Lebens nicht froh, höchstens Morgens und Abends eine Stunde. Man vertröstet mich zwar, daß es in einigen Wochen, mit Eintritt des Herbstes, besser werden soll. Es ist und bleibt aber doch ein miserables Land, das einst so gepriesene Egypten; wenigstens was ich bis jetzt davon gesehen habe, und das ist freilich nur ein Theil von Alexandrien, obgleich der beste Theil. Die Stadt ist so häßlich wie das Volk, und das Volk ist so dumm, wie es häßlich ist. Letzteres will zwar Schledehaus nicht eingestehen, und behauptet, die Araber seien ein aufgewecktes Volk; aber das Pröbchen, welches wir davon im Hause haben, ein arabischer Diener, übertrifft Alles, was man sich von Dummheit und Phlegma vorstellen kann.[517] Aehnliches gilt von den Bewohnern des kleinen arabischen Dörfchens, welches ich vom Fenster aus übersehen kann; wenn ich sie und ihr Thun und Treiben beobachte, so scheinen sie mir mehr Thiere als Menschen zu sein. Ihre Hütten sind so niedrig, daß man kaum darin stehen kann; durch die Thüre kann man nur gebückt hinein kriechen; von Schornsteinen und Fenstern ist gar keine Rede. Solch eine Hütte ist dann auch leicht versetzt und umgebaut. So erging vor sechs Tagen der Befehl, das Dörfchen, worin wenigstens 5 bis 600 Menschen Obdach fanden, nach drei Tagen fortzuschaffen, da der Platz zu etwas Anderem benutzt werden sollte. Das schien mir gar hart und grausam; ich glaubte, nun ein noch herzbrechenderes Klagegeschrei zu hören, als das, womit die Klageweiber die Leichen begleiten, und dessen gellende Töne zwar widerwärtig klingen, aber nicht zum Herzen gehen, da sie offenbar auch nicht vom Herzen kommen. Im Dörfchen blieb aber Alles in gewohnter Weise, und ich amüsirte mich jeden Morgen bei Sonnenaufgange mit der allgemeinen Auferstehung, die da vor sich ging, denn die Menschen erhoben sich fast Kopf an Kopf, wie aus ihren Gräbern, nur mit leichten Gewändern behangen. Am dritten Morgen umstellten einige Soldaten das Dörfchen, und gleich darauf sah man an verschiedenen Stellen den Staub vom Einreißen der Häuser aufsteigen. Jetzt wurde es lebendig: Weiber und Männer trugen auf Kopf und Schultern ihre geringen Habseligkeiten und Kinder davon, mit denen die meisten in der Nähe sich niederließen, wo sie nun unter freiem Himmel oder unter einer Strohmatte leben, zum Theil um ihre Hauptreichthümer, die Steine ihrer Häuser, zu bewachen, mit denen sie dann ihre neuen Wohnungen aufführen. Heute, am dritten Tage, sieht man nur noch geringe Ueberreste vom Dörfchen oder vielmehr Städtchen; – denn die Hütten reihten sich zu Straßen an einander, durch kein Gärtchen, keinen Baum unterbrochen. Dennoch wohnen wir hier im Quartiere der Gärten, von denen ich aber nur die Spitzen der Palmen über die hohen Mauern hervorragen sehe. Die ungesunde Luft aber haben wir davon, denn rings um uns her, fast Haus bei Haus, herrschen Fieber.[518] Unser einer Diener, Constantino, ein Arkadier, der neben seinem Griechisch und Arabisch auch ein nothdürftiges Italienisch spricht, leidet leider auch daran; er ist mein Factotum, denn mit dem Araber, Ibrahim, ist gar nichts anzufangen. Sie sehen daraus, lieber Freund, wie brillant die Bedienung ist, und so ist die ganze häusliche Einrichtung. Es ist keine Burdachsche Wirthschaft, wo Alles so sauber und nett und geregelt sich zeigt; – im Gegentheile eine ächte Innggesellenwirthschaft, bis dahin nur von Männern bedient und folglich sehr im Schmutz verkommen. Ich habe tüchtig putzen und waschen müssen, und zwar mit eigenen hohen Händen, bis ich etwas Grund herausgebracht habe; jetzt ruhe ich aber auch auf meinen Lorbeern. Das Haus ist eigentlich sehr hübsch: ein großer Salon mit einer Stube und Kammer an jeder Seite, in die Schledehaus und ich uns getheilt haben. Das Ameublement entspricht nun freilich nicht der geräumigen Wohnung, doch was braucht man in Egypten gerade viel? Constantino besorgt unsere Küche, und obschon wir bis jetzt noch Tag für Tag das Selbige gehabt haben und wahrscheinlich so fortfahren werden, so ist es doch sehr gut zubereitet und hat mir vortrefflich geschmeckt. Da Schledehaus schon um sechs Uhr zum Hospital reitet, so wird vorher Kaffee getrunken; um acht, zehn oder elf Uhr, je nachdem ihn seine Geschäfte zurückkehren lassen, wird ein derbes Gabelfrühstück genommen, und um drei, vier oder fünf Uhr, abermals wie seine Geschäfte es erlauben, – denn er hat sehr viel zu thun, wird zu Mittag gegessen. Zum Ausgehen komme ich daher fast nie; ich verspare es auch gern auf eine günstigere Jahreszeit.«

»Sie könnten nach diesen Erzählungen nun glauben, ich sei nicht gern hier. Da wären Sie in großem Irrthume, denn ich fühle mich sehr glücklich und zufrieden. Einer meiner Hauptzwecke bei dieser Reise war ja, Schledehaus wieder zu sehen: ihn so wohl wieder zu finden und in so ehrenvollen, wünschenswerthen Berufsgeschäften, kann unter jedem Verhältnisse mich nur glücklich machen; die Beschwerden des Landes werden daher gern ertragen. Uebrigens haben diese vier Jahre ihn sehr[519] verändert: ich hatte ihn als einen hübschen, jungen Europäer verlassen, und finde ihn als Türken und als häßlich wieder; denn als Angestellter vom Pascha muß er sich türkisch kleiden, welches ihm sehr schlecht steht. Als er mich vom Schiffe abholte, erkannte ich ihn anfangs nicht wieder, suchte hinter dem Türken immer noch den Europäer, und war sehr erstaunt, als der Türke mich so herzlich umarmte. Ich war von der ganzen Schiffsgesellschaft allein zurückgeblieben und vom Commandanten sehr artig in sein Zimmer eingeladen, wo ich ruhig Zeitungen las. Ich habe überhaupt die Artigkeit der Herren Seeofficiere zu loben, vom ersten bis zum letzten herunter. Es ist nicht zu leugnen, daß die Franzosen ein sehr artiges, feines Wesen gegen die Damen beobachten, welches einer Fremden recht wohl thut. Da außer einer jungen Italienerin, die aber von ihrem Manne mit Argusaugen bewacht wurde, ich die einzige Dame auf dem Schiffe war, so nahm ich alle die Huldigungen der Herren Franzosen in Empfang, die sie nun einmal unserem Geschlechte zu bezeigen sich verpflichtet fühlen. Kaum hatte ich mich gegen Abend etwas unter die Gefellschaft gemischt, so fanden sich auch schon zwei Courmacher ein, die mich mit den ihnen so geläufigen Complimenten regalirten: ›Madame n'est pas de ce pays?‹ sagte der Eine. ›Vous serez Allemande ou Anglaise; on le voit à vos beaux cheveux.‹ Mit gleicher Galanterie erwiderte ich: ›je suis charmé de trouver quelqu'un, qui est amateur de cheveux gris.‹ Jetzt kamen die Protestationen, wie sie nicht anders zu erwarten waren, und von meiner Seite die Erklärung, daß der Mißgriff verzeihlich, da es bereits Dämmerung sei. Die Gesellschaft war abermals sehr bunt, aus Personen von allen Nationen und Ständen zusammengesetzt. Es war ein interessantes Gemisch, vorzüglich unterhielt es mich, einige türkische Emire und Ulemas zu beobachten, die mit einem gehörigen Gefolge auf einer frommen Pilgerfahrt nach Mekka und Medina begriffen waren: ihre religiösen Ceremonien Morgens und Abends, ihre Trachten, ihre ganze Wirthschaft, Alles war höchst komisch.«

»Nun wissen Sie das Wesentlichste von meinem Ergehen[520] und meinen Begebnissen; nur das fehlt noch, daß wir hier auch die Augsburger allgemeine Zeitung haben, die uns Kunde aus der Heimath giebt, worunter ich nun ganz Deutschland verstehe. Vom Jacobyschen Processe habe ich neulich mit großem Interesse darin gelesen. Sie müssen überhaupt nicht glauben, daß wir hier in allen Stücken so ganz zurück sind. Selbst die in Europa so viel besprochenen Operationen der schielenden Augen und der Klumpfüße sind hier, wenn auch noch neu, doch bekannt. Ein östreichischer Arzt trat am Tage meiner Ankunft mit der Augenoperation auf, wobei Schledehaus und mehrere Aerzte assistirten. Schledehaus, obgleich er sie zum ersten Male sah, lud sogleich die Herren auf einen andern Tag zu einer ähnlichen Operation ein, und soll sie, wie man allgemein sagt, mit mehr Geschicklichkeit vollbracht haben, als der Oestreicher. Sie mögen meiner mütterlichen Eitelkeit diese Erwähnung zu Gute halten. An die Operation der Klumpfüße möchte er sich nun gar so gern auch machen, aber leider finden sich deren hier nicht, denn die Araber, wie auch die Neger, haben im Durchschnitte einen gesunden, starken Körperbau; er hat schon viel Geld geboten, daß man ihm einen Klumpfuß auftreibe. –

Mit Reisegeschwätz ist nun wieder der Raum des Papieres gefüllt, und was ich auf Ihren letzten Brief noch zu antworten habe, muß ich wieder bis zum nächsten Male verschieben. Die Ihrigen werden nun schon von ihren Sommerausflügen heimgekehrt sein und ihr Winterquartier bezogen haben. Wenn diese Zeilen in Königsberg anlangen, wird der Spätherbst oder gar Winter bei Ihnen sich einstellen, während wir hier dann erst anfangen des Lebens froh zu werden und die günstige Jahreszeit zu genießen. Es kann unmöglich dieselbe Sonne sein, die hier so brennend heiß Alles durchglüht, und bei Ihnen in so milde erwärmenden Strahlen sich fühlbar macht. Auch der Mond ist hier glänzender und silberner als bei Ihnen.«


Den 7. October.


»Gestern Abend ist endlich das ersehnte Dampfschiff angekommen,[521] und hat Briefe, für mich aber wenigstens Zeitungen mitgebracht. Da es sehr bald wieder abgeht, so eile ich, diesen Brief zu beenden und auf die Post zu schicken. Grüßen Sie alle, Ihre Kinder, Enkel u.s.w. Ich denke recht, recht oft an Sie Alle, mein herzenslieber Burdach! trotz dem, daß ich hier bei meinem großen Sohne, d.h. bei meinem großen verzogenen Jungen bin, der leider seit einigen Tagen wieder krank ist und daher meiner Pflege und meines Verziehens sehr bedars Er verzieht mich aber auch wieder, wo er nur kann, und sorgt für Alles.


Ihre

alte treue Freundin

Lotte Dincklage.«


Am 10. October trat sie, wie mir nachher Dr. Schledehaus meldete, in Gesellschaft des Dr. Schnars aus Hamburg eine Reise nach den Pyramiden, Theben und den Katarakten an, gelangte aber nur bis Kairo, wo sie erst am 16., und zwar an einem gastrischen Fieber leidend, eintraf, welches schon am dritten Tage der beschwerlichen Fahrt auf dem Nile sich entwickelt hatte. Dr. Schnars behandelte sie in Gemeinschaft mit dem Dr. Pruner. Letzterer, ein sehr einsichtsvoller, seit zehn Jahren in Egypten heimischer Arzt, erkannte bald die typhöse Natur der Krankheit, die Wirkung des Klima's. Die Kranke schrieb von Zeit zu Zeit mit zitternder Hand einige Zeilen an Schledehaus; seit dem 25. vermochte sie es nicht mehr, und äußerte nur ihre Sehnsucht nach Alexandrien. Die Gefahr, in der sie schwebte, ahnte sie nicht; sie sagte immer, sie befinde sich schon wohler und leide nur noch an großer Schwäche. Tag und Nacht hatte sie keinen Schlaf; die meiste Zeit brachte sie auf einem Armstuhle sitzend zu. Uebrigens bewies sie eine bewundernswürdige Standhaftigkeit und Geduld, war mit Allem zufrieden und beklagte nur die Mühe, welche sie der Wirthin und der Wärterin machte, und lohnte bei der kleinsten Dienstleistung mit dankenden Worten. Am 11. November Nachmittags hatte sie, wie sie täglich pflegte, sich waschen und reine[522] Wäsche anlegen lassen, und ließ sich eben das Haar auskämmen, als sie tief aufathmete und augenblicklich auch verschieden war; ohne Zweifel hatte die brandige Verschwärung des Darmcanals mit einer plötzlichen Zerreißung geendet. Dr. Schledehaus hatte erst am 10. November den Brief erhalten, in welchem ihn Dr. Pruner mit der Gefahr bekannt machte; er eilte, so viel er vermochte, nach Kairo zu kommen, fand aber die Theure nicht mehr am Leben. Er schreibt mir:

»Zu Alt-Kairo, am Ufer des Nils, im Angesicht der ewigen Pyramiden, ist ein Kirchhof, den schismatischen Griechen gehörig. Hohe Mauern schließen ihn ein, Nil-Acacien, Cypressen und Oelbäume beschatten seine Räume. In der Mitte steht die vor zehn Jahren neu erbaute griechische Kirche; neben ihm das hohe griechische Kloster, das der Sage nach schon zu Sesostris Zeiten als Caserne gestanden. Dort ist ihr einsames Grab! – Herr Kruse (protestantischer Bischof in Kairo) zeigte mir die noch frische Erde, als ich Tags nach meiner Ankunft zum Begräbnisse eines Amerikaners ihn begleitete, der neben ihr zu ruhen kam. Derselbe war erst mehrere Stunden nach mir krank in Kairo angekommen, und am nämlichen Abend gestorben. Ich wohnte der einfachen Ceremonie bei, als gälte es der Freundin. Zur andern Seite ruht ein französischer Baron, und neben diesem ein englischer Geistlicher. Auch Deutsche sind in der Nähe, Kinder des genannten Missionärs Kruse, und Griechen fehlen nicht. So hat die Freundin auch im Tode gefunden, was sie im Leben liebte: der Menschenkinder buntes Gemisch. Ich habe Sorge getragen, daß ihr ein einfacher Grabstein gelegt werde der ihren Namen trägt und die Grabstätte sichert. Das ist Alles, was ich in diesem Augenblicke vermag. Ich will aber fleißig und sparsam sein, damit ich bald im Stande sei, ihr ein würdigeres Denkmal zu errichten. – – Am Tage vor ihrer Abreise von Alexandrien sagte mir die Verstorbene beim Einpacken mit übrigens unbefangenem Tone: ›Nun, wenn ich auf dieser Reise sterben sollte, so wissen Sie, wem Sie meinen Tod zu melden haben.‹« Als ich sie etwas verwundert ansah, fuhr sie fort: »nach Rössing,[523] an Burdach in Königsberg und nach – – – Ich antwortete lächelnd: ›Gut! Gut! ich will das schon machen,‹ nicht ahnend, daß ich dieses traurige Amt zu erfüllen haben würde. – – Soll ich Ihnen noch sagen, wie die Verstorbene meine Schwester, meine Mutter, meine einzigste Freundin gewesen? Keine Klage füge ich bei und will keinen Trost, als meine Traurigkeit. Das Leben will mir nicht gelingen und wenn etwas mich demselben erhalten kann, so ist es nur das Gefühl der Pflicht und der Ehre und die in diesem Lande sichere Hoffnung, daß es eines Tages mir vergönnt sein werde, diesem Gefühle als Opfer zu fallen.«

Wie könnte ich wohl Dem etwas hinzufügen wollen!


Mein Glücksstern führte auch in dieser Periode meines Lebens hin und wieder einen jungen Mann in meine Nähe, der für meine Lehren empfänglich war, und den Eindruck, den ich auf sein Gemüth gemacht, mir mit herzlicher Anhänglichkeit lohnte. Vor Allen nenne ich hier den reich begabten und liebenswürdigen Jüngling, Wilhelm Caspar aus Laptau bei Königsberg, der in den Jahren 1840-42 hier Medicin studirte. Seinen Charakter und sein Verhältniß zu mir wird man am besten aus seinen Briefen erkennen, die ich, als zu meinen edelsten und unvergänglichsten Kieinodien gehörig, hier bekannt mache. Er ging im Herbste 1842 nach Leipzig, um da seine Studien fortzusetzen. Zwei Tage nach seiner Ankunft daselbst (am 7. October) schrieb er mir einen Brief, in welchem er zuerst über die ihm ertheilten Aufträge berichtet und erwähnt, daß er, nachdem der erste Eindruck des Meßgetümmels vorüber ist, sich in der Stadt zu orientiren beginnt. Er fährt hierauf folgendermaßen fort:

»Indem ich, nun weniger von immer neuen Gegenständen beansprucht, mich wieder einer ruhigeren Stimmung überlasse, ergreift mich auch wieder mit aller Stärke das Gefühl des innigsten Dankes für Alles, was ich Ihnen schulde. Indem ich[524] dies hier ausspreche, mache ich von einem Rechte Gebrauch, das ich mir von der Entfernung ertheilt glaube. Denn mich dünkt, als ob die Entfernung, als kleinen Ersatz für das, was sie nimmt, manche Schranke fallen mache und durch das Siegel der Wahrheit und Aufrichtigkeit, das sie aufdrückt, manchem Worte den Zutritt in das Heiligthum des Vertrauens verschaffe, was sonst wohl als profan zurückgewiesen worden wäre; – mir ist, als ob die Entfernung einen hüllenden Schleier über Aeußerungen breite, die, vom Munde zum Ohre gesprochen, in schamloser Keckheit erschienen wären, eben so entwürdigend für Den, der sie that, als beleidigend für den edleren Sinn dessen, an den sie gethan wurden. – Wohl weiß ich, daß so mich aussprechen, von Neuem Ihre Güte beanspruchen heißt, die ich voraussetzen muß, um dabei nicht Mißdeutung fürchten zu dürfen. Allein ich trage kein Bedenken, diese Aeußerung zu thun. Denn es giebt Menschen, von denen zu empfangen nichts Drückendes hat, weil die einzelne Freundlichkeit, die sie erweisen, uns kaum eine Verpflichtung aufzulegen scheint, so groß ist die Verpflichtung, die sie uns auferlegen durch ihr ganzes Wesen und Sein, also daß jene darüber verschwindet. Wir dürfen auch nicht fürchten, durch die Menge und Größe der Dienste, die sie uns erweisen, mehr in ihrer Schuld zu bleiben, da es nur eine Art giebt, uns erkenntlich zu zeigen für den Schatz, den sie uns schenken durch sich selbst, nämlich als Dank auch wiederum das Beste, was wir haben und sein können, unser ganzes innerstes Wesen ihnen hinzugeben. Diesen Dank abstatten heißt aber nichts Anderes, als die innigste Liebe und Hochachtung zollen, und ihn zu verweigern ist so wenig in unsere Macht gestellt, daß wir uns tief und schmerzlich betrübt fühlen würden, wenn er verschmäht würde. Wie ich gern und freudig in der Liebe und dem Vertrauen, das mir unendlich mehr als ich verdient zu Theil geworden, nicht nur die Hauptquelle meines Glückes, sondern auch die mächtigste Triebfeder zum Vorwärtsstreben erkenne, so ist es wohl kaum möglich, daß ich nicht Ihrer gedächte, wenn ich Erholung bei der Erinnerung oder Ermunterung zu einem Entschlusse bedarf, und zu bedeutsam[525] für meine ganze Denk- und Fühlweise ist die Auffassung der Welt, wie ich sie von Ihnen und aus Ihren Schriften kennen lernte, geworden, daß, selbst wenn ich jemals aufhören könnte, mich Ihrer zu erinnern, ich nicht selbst in meinem Wesen die Erinnerung an Sie bewahren sollte.


In aufrichtiger Verehrung

W. Caspar.«


»Beiliegend erlaube ich mir, einige Epheublätter vom Grabe Ihrer Tochter zu überschicken. Das Grab ist wohl erhalten und der Epheu hat sich in üppiger Fülle um den Baum geschlungen5

Der blühende Jüngling hatte in der letzten Zeit seines Aufenthaltes in Königsberg an Unthätigkeit der Verdauungsorgane gelitten. Sein Uebel bildete sich zur Unterleibsschwindsucht aus, bei deren raschem Fortschreiten er sich nach Halle begab, um in der freundlichen Nähe eines Landsmannes Krukenbergs ärztliche Hülfe zu benutzen. Von da aus schrieb er mir am 30. November:

»Ihr gütiges, liebevolles Schreiben, mein theurer, mir hochverehrter Lehrer! hat mich mit der innigsten Freude erfüllt und mir eine wahre Erquickung bereitet in der nicht sehr heitern Stimmung, in die mich mein gegenwärtiger Zustand versetzt. Denn leider sehe ich mich von dem Ziele meiner Pläne, Wünsche und Hoffnungen durch die anhaltend und mit ziemlicher Schnelligkeit fortschreitende Verschlimmerung meines Gesundheitszustandes plötzlich so weit verschlagen und habe so wenig Aussicht auf eine endliche glückliche Ankunft im Hafen, daß vielmehr der Gedanke eines baldigen, bei dem täglichen Sinken meiner Kräfte vielleicht sehr nahen anderweitigen Endes der[526] Fahrt, mir zu nahe tritt, um ihn ganz zurückweisen zu können, und so benutze ich denn die Zeit, wo ich noch im Stande bin, dem Bedürfnisse zu genügen, das ich in mir fühle, ehe ich, vielleicht nicht von einem leeren Vorgefühle getäuscht, wirklich scheide, Ihnen meinen heißesten Dank zu wiederholen für das, was ich Ihnen zu verdanken habe, und wohin ich vor Allem zählen muß, daß ich dem letzten Augenblicke mit Ruhe und Heiterkeit, wie ich hoffe, bei seinem wirklichen Eintritte eben so gut als jetzt bei dem Gedanken an ihn entgegen zu treten mich kräftig und befähigt fühle. Denn Fichte's und der von Ihnen mir gegebenen Anschauungsweise vor Allem danke ich dies, und so wird der Gedanke an Sie und das, was ich Ihnen schulde, mit der letzte und die von Ihnen mir erwiesene Freundlichkeit mit die größte Erquickung gewesen sein, die, wenn Sie diese Zeilen erhalten sollten, bis zum letzten Augenblicke erfüllt haben


Ihren

in inniger Verehrung ergebenen

W. Caspar.«


Am 18. December schrieb mir sein Bruder, der Kranke, keine Genesung mehr erwartend, sehe dem Tode mit Ruhe und völliger Ergebung entgegen und, außer Stande, selbst die Feder zu führen, habe er ihm aufgetragen, mir nochmals zu danken. Schon am folgenden Tage starb er, und zwar nach dem Berichte der Wärterin, die allein bei seinem Tode zugegen sein durfte, mit vollem Bewußtsein und unter Beobachtung seines Sterbens: nachdem er den Puls an seinem Handgelenke gesucht hatte, ließ er sich ein Messerchen reichen und versuchte, ob er damit noch ein Zündhölzchen schneiden könne, ließ sich dann die Hand an die Schläfe legen, und als er wahrscheinlich keinen Puls hier gefunden hatte, fühlte er nach dem Herzschlage und verschied.

Die Gewißheit, an diesem Geiste einen Antheil gehabt zu haben, bestärkt die Ueberzeugung, daß ich nicht umsonst gelebt habe!
[527]

In ähnlicher Weise wurde meine schriftstellerische Wirksamkeit durch einen anonymen Brief belohnt, den ich im Jahre 1840 erhielt und in welchem es heißt:

»Nur dadurch glaube ich ein Maß für die Größe meines Dankes andeuten zu können, daß ich sage: Ihr Buch ›der Mensch‹ hat ein nach Licht und Wahrheit strebendes Wesen auf die oft so schmerzlich ersehnte Höhe gewiesen, von der aus dem innern Blicke das All in heiliger Harmonie offen liegt, und die Seele, ihrer Unendlichkeit und ihres Seins in der Erscheinung sich bewußt werdend, Geist und Stoff versöhnt sieht und sich ermuthigt fühlt, das Leben zu tragen und zu gebrauchen, so wie dem Tode hoffend entgegen zu gehen.«

Dieses Schreiben, offenbar von einer Frauenhand herrührend, machte einen wohlthuendern Eindruck auf mich, als die günstigste Recension.

Fußnoten

1 Man sieht, wie lebhaft sie schon damals der Gedanke an Egypten beschäftigte.


2 Des Dr. Schledehaus, den meine Leser noch näher kennen lernen werden.


3 Villa des Marchese Errighi unweit Ancona.


4 Der letzte Brief war von Dresden datirt und kündigte unter Anderem eine Fahrt nach Döbeln an.


5 Er war durch ein in meinem Zimmer hängendes Bild auf dies Grab aufmerksam gemacht und von der Anpflanzungsweise des Epheus (S. 428) auf demselben bei dieser Gelegenheit unterrichtet worden; von einem Besuche desselben war unter uns nicht die Rede gewesen.


Quelle:
Burdach, Karl Friedrich: Rückblick auf mein Leben. Selbstbiographie. Leipzig 1848, S. 529.
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