Kapitel LXXI.
De mulieribus aulicis
oder
Von Hofdamen

[319] Auch die Hofdamen haben ihre Laster und Mängel; denn wir sehen ihrer ja nicht wenig von Leibes-Gestalt schön, anmutig und lieblich, mit Purpur, Gold und Edelgesteinen gezieret; aber wir können nicht sehen, was oftermals unter dieser schönen Haut für Monstra der Natur verborgen liegen; dahero vergleichet sie Lucianus gar artlich den ägyptischen Tempeln, denn dieselben sind von aussen reich und herrlich anzusehen, und mit Quadersteinen prächtig aufgebauet; will man aber inwendig darinnen Gott suchen, so wird man entweder einen Affen oder einen Storch oder einen Bock oder eine Katze finden. Also ist es auch mit diesen schönen Hoffräulein und Hofdamen beschaffen, welche alsobald von Jugend auf im weichen Müssiggang, mit Springen und Singen und in allem Überfluss auferzogen, in bösen Disziplinen aus den höfischen Liebesbüchern und Liebeshistorien (welche von nichts anders als von Überfluss, Begierden, Hurerei, von Ehebruch und andern schändlichen Begebenheiten, Liebes-Komödien, garstigen Reden und Schandliedern voll gefüllet sind) geübt werden, und[319] saugen daraus, gleichwie von einer Säugamme nichts als verderbliche Sitten, liederliches, leichtfertiges Leben, Stolzheit, Übermut, Unverschämtheit, List, Betrug, Halsstarrigkeit, Bosheit, Mutwillen, Rachsucht, Schwätzhaftigkeit und nichts als böse Lust und Begierde. Sie haben Zungen, wann sie damit nicht plappern sollten, so ists ihnen eine Strafe; und Lippen, wo die Schwätzhaftigkeit ihren Sitz hat, da bringen sie vergebliche, ungereimte, lasterhaftige, und oft denen, die es hören sollen, beschwerliche Reden vor. Denn was meinet ihr wohl, was sie miteinander oftermals in so vielen Stunden schwatzen sollten? Fürwahr nichts anders, als närrische und müssige Händel, nämlich: wie die Haare recht auszukämmen und zu flechten, wie dieselben mit einer sonderlichen Farbe oder Wasser anzufeuchten, wie das Gesichte anzustreichen, wie die Kleidung in die Falten zu legen und an dem Leibe recht anzupressen, mit was für Schritten einher zu treten, mit was für einer Manier aufzustehen, wieder nieder zu sitzen, was die neueste Mode sei, wem man den Vortritt lassen soll, mit was für einer Miene zu grüssen, wem die Hand, wem den Mund darzubieten; auf was für einer Chaise oder Carrete die eine oder die andere fahren soll, was für Gold, Edelgesteine, Armbänder, Ketten, Ohrengehänge und Ringe die eine oder andere tragen soll, und was solch unnütz Geschwätze mehr ist. Ja es sind auch wohl ältliche Matronen, welche erzählen, was sie vor diesem für Liebhaber gehabt, wie sie von ihnen sind beschenket worden, was sie von ihnen für Caressen haben gehabt; da redet eine von dem, den sie liebet, die andere schweiget von dem, den sie hasset; und beide meinen, wie sie von den andern bewundert werden und wollen oftermals ihre Reden mit sonderlichen Lügen bemänteln und unterstützen.

Jedoch ist unter Ihnen oftermals der ärgste Hass und der grösste Streit; eine ziehet die andere durch, fänget an auf sie zu schmählen, zu schänden und zu lästern, und das ist bei ihnen die grösste Tugend. Sie[320] haben ein Gesichte und Augen voller Fallstricke, sie haben Mienen und Gebärden voller Lascivität, sie haben Ränkchen und artliche Reden, dadurch sie ihre Liebhaber betrügen oder sie zu einem Geschenke zwingen können; tragen etwan diese einfältige Liebhaber einen Ring, ein Armband, ein Edelgestein oder ein Kettlein an ihrem Leibe, das schwatzen sie ihnen durch geschmierte Worte ab und betteln so lange, bis sie es bekommen, machen dafür eine verliebte Miene, herzen und küssen ihn einmal dafür, und stellen sich mit ihrem Schwatzen gar vertraulich an. Und das ist nun der Hofdamen Gewerb und Nahrung. Ich schäme mich, hier ferner zu gedenken, was oftermals für heimliche Schanden und Laster in ihren Schlafkammern vorgehen, wie sie dem Hochzeit-Gott ihr Opfer bringen, und der Natur Unrecht und Gewalt tun, und meinen, wann sie nur ein dünnes Kleid über sich ziehen, dass alles verborgen ist.

Was meinet ihr nun, wie werden sich nur diese künftig, wann sie Männer nehmen, gegen dieselbe bezeigen. Ach, was tun sie ihren frommen und ehrbaren Männern für Schmach und Unrecht an. Sie werfen ihr vornehm Geschlecht, ihr Reichtum, ihre schöne Gestalt und andere Ehen den armen Männern mit Beissen und Zanken für; da ist der häusliche und Alle-Tags-Tisch ihnen zu geringe, da stecket ihnen die höfische Verschwendung im Kopfe, sind der Pracht und guten Bisschen gewohnet; will der Mann ein gut Wort oder gute Tage haben, so muss er, was zu ihrem Pracht, Hochmut und Wollust dienet, herausrücken und bringen also die armen Männer oftermal um ihr Vermögen, und schwächen dergestalt sein Haus, dass er zum öftern sich auf die böse Seiten legen und Tag und Nacht darauf sinnen muss, wie er durch Betrug und andere unzulässliche Mittel seinen Unterhalt bekommen, und seinen Staat zu führen die Leute aufsetzen und betrügen möchte. Ja, wann es nur noch dabei bliebe; aber da sehen wir, dass sie andere Männer lieben, Ehebrüche begehen, fremde Kinder hersetzen,[321] und ihr adelig Geschlechte oftermals mit geringen oder Bauersleuten besämen; will der Mann seinen Hass und Eifer sehen lassen, so ist er nicht sicher, dass er nicht möchte vergeben werden. Denn (wie Hieronymus gegen den Jovinianum spricht): Familiares malarum foeminarum artes sunt doli, fraudes, venefica, mala medicamenta et magicae vanitates. Das ist: Böser Weiber tägliche Künste sind List, Betrug, Vergebung, schädliche Arztneien und leichtfertige zauberische Händel. Also hat Livia ihren Mann ums Leben bracht; also hat Lucilia ihren getötet und Gift unter einem Liebestrank gegeben. Also ist wahr, wie der Prediger Salomo spricht: Tutius est commorari leoni et draconi, quam cum muliere nequam. Das ist: Es ist besser unter Löwen und Drachen, als bei einem bösen Weib wohnen.

Wer nun eine gehorsame und fromme Frau haben will, der hüte sich für einer solchen Hofdame; und welche Frau einen frommen Mann haben will, die nehme keinen Hofschranzen.

Aber ich bin bald ein wenig zu weit gangen; ich habe es gesagt und kann es nun nicht ungesagt machen. Aber nun will ich meine Hand über mein Maul halten und will ihnen nichts weiter sagen, sondern will mich vom Hofe wegmachen und die andern Teile der Oeconomie oder Haushaltung, nämlich die vornehmsten mechanischen Disziplinen, als da ist die Kaufmannschaft, der Ackerbau, der Krieg und andere Sachen mehr examinieren und betrachten.[322]

Quelle:
Agrippa von Nettesheim: Die Eitelkeit und Unsicherheit der Wissenschaften und die Verteidigungsschrift. München 1913, Band 2.
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