Kapitel XLIII.
De magia mathematica
oder
Von der gleichen Kunst durch mathematische Mittel

[157] Es gibet noch andere spitzfindige und kühne Nachgrübler der Natur, welche ohne natürliche Wirkung und Zutun, allein aus den mathematischen Disziplinen mit Hilfe der Influenz des Gestirnes wunderliche Werke vorzubringen uns versprechen, nämlich Körper zu schaffen, die da gehen und reden können, und doch keinen Geist oder virtutes animales an sich haben; desgleichen ist gewesen die hölzerne Taube des Archytae, welche hat fliegen, und des Mercuri Statua, welche hat reden können, wie auch jener eherne Kopf, von dem Alberto Magno gemacht, welcher auch geredet haben soll.

In dieser Kunst hat excellieret der Boëthius, ein Mann von grossem Verstand und vieler Erudition, an welchen dieses Cassiodorus geschrieben bat: Tibi ardua cognoscere et miracula monstrare propositum est, tuae artis ingenio metalla mugiunt, Diomedes in aere gravius buccinatur, aeneus anguis insibilat, aves simulatae sunt, et quae vocem propriam nesciunt habere, dulcedinem cantilenae probantur emittere.[157]

sich dessen rühmet Rogerius Bacon. Von diesen Werken haben geschrieben der Zoroastes, Hermes, Evantes König in Arabien, Zacharias Babylonius, Joseph Hebräus, Bocus, Aaron, Zenotenus, Abel, Ptolemäus, Geber, Zahel, Kiranides Almadal, Thetel, Alchindus, Nazabarus, Tebith, Berith, Salomo, Astapho, Hipparchus, Alcmäon, Apollonius, Tryphon und noch viele andere, von welchen teils noch ganze Bücher, teils nur Stücke vorhanden sind, welche ich selbsten gelesen habe. Aus den Neuern aber haben von dieser Kunst ihrer wenig und auch nicht viel geschrieben; da ist Albertus, Arnoldus de Villa nova, Lullius, Bacon und Aponus, wie auch ein Autor eines gewissen Buches, welches er ad Alphonsum sub nomine Picatricis hat lassen rausgehen, welcher aber zugleich viel abergläubische Sachen mit untergemischet hat, welches zwar auch andere mehr getan haben.[158]

Quelle:
Agrippa von Nettesheim: Die Eitelkeit und Unsicherheit der Wissenschaften und die Verteidigungsschrift. München 1913, Band 1, S. 157-159.
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