Die Adern des Herzens und der Weg ins Jenseits

[125] Alle Adern des Herzens bestehen, so heißt es, aus einem braunen, weißen, blauen, gelben, roten, feinen Stoff. Die Sonne dort oben ist braun, weiß, blau, gelb, rot.

Wie eine lange Hauptstraße beide Dörfer, dieses und jenes, verbindet, so verbinden die Strahlen der Sonne beide Welten, diese und jene. Von der Sonne dort breiten sie sich aus, wenn sie in diese Adern geschlüpft sind; von diesen Adern her breiten sie sich aus, wenn sie dort in die Sonne geschlüpft sind.

Wenn einer im Schlaf befindlich, in sich geschlossen, friedlich, kein Traumgesicht sieht, dann ist er in die Adern geschlüpft, und kein Übel berührt ihn. Er hat dann mit der Glut sich vereint.

Wenn einer hier in Schwächezustand verfallen ist, dann fragen sie, um ihn sitzend: ›Kennst du mich, kennst du mich?‹ und er erkennt sie, solange er den Körper nicht verlassen hat.

Wenn er den Körper verläßt, dann steigt er auf diesen Strahlen[125] empor. [Die Silbe Om ist der Wagen; er eilt empor1.] Während das Manas schwindet, geht er zur Sonne. Dieses Tor der Welt ist der Zugang für die Wissenden, die Abwehr gegen die Unwissenden.

So sagt der Vers: ›Hundert und eine Ader hat das Herz. Von ihnen steigt eine über den Kopf hinaus; auf dieser aufwärts gehend, gelangt er zur Unsterblichkeit. Nach allen Seiten gehen die anderen beim Austritt auseinander, gehen die anderen beim Austritt (auseinander).‹


(VIII, 1 ff)

1

Siehe meine Bemerkung ZDMG. 69, 104.

Quelle:
Upanishaden. Altindische Weisheit aus Brâhmanas und Upanishaden. Düsseldorf/Köln 1958, S. 125-126.
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