Das Âtmanwissen und die individuelle Erkenntnis.

[166] Îçâ-Upanishad.


1.

In Gott versenke dies Weltall

Und alles, was auf Erden lebt!

Wer ihm entsagt, geniesst wahrhaft;

Nach fremdem Gute giere nicht.


2.

Mag immerhin, sein Werk treibend,

Hundert Jahre man wünschen sich!

Drum steht's, wenn so du (Vers 1), nicht anders;

Werkbefleckung klebt dir nicht an.


3.

Ja, dämonisch ist dies Weltall,

Von blinder Finsternis bedeckt!

Darein geh'n nach dem Tod alle,

Die ihre Seele mordeten.


4.

Eins, – ohne Regung und doch schnell wie Denken, –

Hinfahrend, nicht von Göttern einzuholen, –

Stillstehend überholt es alle Läufer, –

Ihm wob schon die Urwasser ein der Windgott.


5.

Rastend ist es und doch rastlos,

Ferne ist es und doch so nah!

In allem ist es inwendig,

Und doch ausserhalb allem da.


6.

Doch wer die Wesen hier alle

Wiedererkennt im eignen Selbst

Und sich in allem, was lebet,

Der ängstigt sich vor keinem mehr.


7.

Wo zu den Wesen hier allen

Das Selbst ward des Erkennenden, –[167]

Wo wäre Wahn, und wo Kummer

Für ihn, der so die Einheit schaut?


8.

Er streckt sich ringshin, körperlos und sehnenlos,

Rein, lauter, unverwundbar, frei vom Übel.

Vorschauend, durch sich selbst nur, allumfassend,

Hat jedem nach der Art die Zwecke er für ew'ge Zeiten vorgezeichnet.


9.

In blinde Finsternis fahren,

Die dem Nichtwissen huldigen;

In blindere wohl noch jene,

Die am Wissen genügten sich.


10.

Anders als, wozu führt Wissen,

Und wozu führt Nichtwissen, ist's!

So haben von den Altmeistern

Die Lehre überkommen wir.


11.

Wer das Wissen und Nichtwissen

Beide [als unzulänglich] weiss,

Der überschreitet durch beides

Den Tod und hat Unsterblichkeit.


12.

In blinde Finsternis eingeht,

Wer ein Werden zu Nichts geglaubt,

In blindere wohl noch jener,

Der ein Werden zu Etwas glaubt.


13.

Verschieden ist es von Werdung,

Von Nichtswerdung verschieden auch,

So haben von den Altmeistern

Die Lehre überkommen wir.


14.

Wer Werden und Zunichtwerden

Beide [als nicht vorhanden] weiss,[168]

Der überschreitet durch beides

Den Tod und hat Unsterblichkeit.


15.

Mit einer Schale ganz aus Gold

Ist zugedeckt der Wahrheit Mund;

O öffne, Pûshan, diese mir,

Dem Wahrheitstreuen mach' sie kund!


16. O Pûshan, einiger Seher, o Yama, Sonnengott, Prajâpati's Sohn! zerteile deine Strahlen, schliess zusammen deine Herrlichkeit; – ja, ich sehe sie, deine lieblichste Gestalt; und jener dort, der Mann dort, ich bin es selbst!

17. Nun werde, Hauch, zum Winde, dem unsterblichen, und dieser Leib mag endigen in Asche!


Om!


O Geist, gedenk! des Werks gedenk!

O Geist, gedenk! des Werks gedenk!


18.

O Agni, führe uns auf ebenen Stegen,

Du pfadekundiger Gott, hin zum Gelingen!

Halt fern uns von der Sünde krummen Wegen!

Und höchste Ehre wollen wir dir bringen.

Quelle:
Die Geheimlehre des Veda. Leipzig 1919, S. 166-169.
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