5. Die nichterlöste Seele nach dem Tode (4,4,2–6).

[62] Dann nehmen ihn das Wissen und die Werke bei der Hand und seine vormalige Erfahrung.

3. Wie eine Raupe, nachdem sie zur Spitze des Blattes gelangt ist, einen andern Anfang ergreift und sich selbst dazu hinüberzieht, so auch die Seele, nachdem sie den Leib abgeschüttelt und das Nichtwissen [zeitweilig] losgelassen hat, ergreift sie einen andern Anfang und zieht sich selbst dazu hinüber.

4. Wie ein Goldschmied von einem Bildwerke den Stoff nimmt und daraus eine andre, neuere, schönere Gestalt hämmert, so auch diese Seele, nachdem sie den Leib abgeschüttelt und das Nichtwissen [zeitweilig] losgelassen hat, so schafft sie sich eine andre, neuere, schönere Gestalt, sei es der Väter oder der Gandharven oder der Götter oder des Prajâpati oder des Brahmán oder andrer Wesen.

5. Wahrlich dieses Selbst ist das Brahman, bestehend aus Erkenntnis, aus Manas, aus Leben, aus Auge, aus Ohr, bestehend aus Erde, aus Wasser, aus Wind, aus Äther, bestehend aus Feuer und nicht aus Feuer, aus Lust und nicht aus Lust, aus Zorn und nicht aus Zorn,[62] aus Gerechtigkeit und nicht aus Gerechtigkeit, bestehend aus allem. Je nachdem einer nun besteht aus diesem oder jenem, je nachdem er handelt, je nachdem er wandelt, danach wird er geboren; wer Gutes tat, wird als Guter geboren, wer Böses tat, wird als Böser geboren, heilig wird er durch heiliges Werk, böse durch böses. Darum, fürwahr, heisst es: ›Der Mensch ist ganz und gar gebildet aus Begierde (kâma); je nachdem seine Begierde ist, danach ist seine Einsicht (kratu), je nachdem seine Einsicht ist, danach tut er das Werk (karman), je nachdem er das Werk tut, danach ergehet es ihm.‹

6. Darüber ist dieser Vers:


Dem hängt er nach, dem strebt er zu mit Taten,

Wonach sein inn'rer Mensch und sein Begehr steht; –


Wer angelangt zum Endziele

Der Werke, die er hier begeht,

Der kommt aus jener Welt wieder

Zu dieser Welt des Werks zurück.


So steht es mit dem Verlangenden (kâmayamâna).

Quelle:
Die Geheimlehre des Veda. Leipzig 1919, S. 62-63.
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