5. Liebeszauber.

[33] I, 34.


1. Aus Honig sprosste dies Gewächs, mit Honig graben wir dich aus,

Der Süssigkeit bist du entstammt, drum mache auch uns honigsüss.

2. Der Zunge Spitze werde süss, die Wurzel sei voll Honigseim.

Erzeige dich mir unterthan, und was ich will dem komme nach.

3. Süss sei dir meiner Füsse Schritt, beim Kommen lieblich und beim Gehn,

Und meine Worte schmecken süss, in Honig sei ich ganz getaucht!

4. Ja süsser noch als Honigsaft und als das Süssholz will ich sein,

Damit ich dir gar lieblich dünk, gleich einem Zweig mit süsser Frucht.[33]

5. Ich fass mit Zuckerrohrgeschling dich rings, dass du nicht spröde seist,

Damit du dich, in mich verliebst, damit du mir nicht untreu wirst.


II, 30.


1. Wie dieses Gras am Boden bebt, so lang der Wind darüberstreicht,

So mach ich beben dir das Herz, damit du dich in mich verliebst, damit du mir nicht untreu wirst.

2. Wenn ihr's, Açvinen, fügen wollt, die Liebenden zusammenführt,

Vereinigt sich was eure Wonn, was euer Sinn und Wirken ist.

3. Den Vögeln gleich, den kreischenden, den munteren, geschwätzigen,

Soll leicht sie gehn auf meinen Ruf, wie in des Pfeiles Hals der Schaft.

4. Was innen ist, das komm heraus, was aussen ist, das dring hinein;

Mägdlein mit Reizen aller Art berück den Sinn, du Zauberkraut!

5. Wie diese hier sucht einen Mann, so will ich holen mir ein Weib,

Dem Rosse gleich, dem wiehernden, fand ich zur Liebeslust mich ein.


III, 25.


1. Es stachle dich der Stachler auf, auf deinem Lager halt's nicht aus;

Ich schiesse mit des Liebesgotts furchtbarem Pfeile dich in's Herz.

2. Sehnsuchtbeschwingt, begierdescharf ist dieser Pfeil, sein Hals ist Lust,

Mit diesem ziele wohl und treff der Liebesgott dich in das Herz.

3. Der Brandpfeil, der die Milz verdörrt, vom Liebesgotte wohl gezielt,

Er, dess Gefieder vorwärts strebt, mit ihm durchbohre ich dein Herz.

4. Gemartert von des Feuers Glut und lechzend schleiche zu mir her,

Sanft, ohne Groll, mir zugethan, fügsam, mit stissem Sclimeichelwort.

5. Ich treib dich mit dein Treibstock her, von Mutter und von Vater weg,

Damit ich über dich verfüg, dann meinem Willen du gehorchst.

6. Werft, Mitra! Varuṇa! der Dirn des Herzens spröden Sinn heraus,

Und ist sie willenlos gemacht, dann gebt sie meinem Willen hin!


VI, 8.


1. Wie sich das Schlinggewächs am Baum von allen Seiten klammert an,

Also umschlinge du mich auch, dass du in Liebe mir gehörst,

damit du dich nicht von mir trennst.

1. Gleichwie zum Flug der Adler erst die Flügel auf den Boden schlägt,

So schlag ich nieder deinen Sinn, dass du in Liebe mir gehörst,

damit du dich nicht von mir trennst.

3. Gleichwie den Erd- und Himmelsplan von Tag zu Tag die Sonn umkreist,

Also umkreis ich deinen Sinn, dass du in Liebe mir gehörst,

damit du dich nicht von mir trennst.
[34]

VI, 102.


1. Wie eur Gespann, o Açvinen! sich zu mir wendet, zu mir kommt,

So wende auch dein Sinn zu mir sich her und kehre bei mir ein.

2. Ich ziehe deinen Sinn mir nach, wie's Deichselpferd das Seitenross;

Dem Halm gleich, den der Sturm fortriss, häng sich dein Sinnen an mir fest.

3. Ein Sälblein und ein Honigkraut, den Kuṣṭha und die Narde auch,

Was lockend ist, das such ich mir aus Bhaga's Händen hurtig aus.


VII, 36.


Reizvoll sei unsrer Augen Blick, und Salbenglanz das Antlitz zier;

So schliesse in dein Herz mich ein; wir wollen Eines Sinnes sein.


VII, 37.


Ich hülle dich in mein Gewand, wie es dem Menschen selbst entstammt,

Damit du gänzlich mir gehörst und nie von andern Frauen sprechst.

Quelle:
Hundert Lieder des Atharva-Veda. Tübingen 1879 [in: Schulschriften a. d. Kgr. Würtemberg. Nachtrag 1869–80], S. 33-35.
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