3. Freiheit des Edlen

[154] Der Edle kennt keine Angst vor der Armut, keine Abneigung vor der Niedrigkeit, keine Furcht vor dem Unbekanntsein. In ärmlicher Kleidung, die zerrissen ist, bei dürftiger Nahrung, die nicht sättigt, hinter einer Tür aus Reisig und leeren Fensterhöhlen freut er sich täglich unermüdet der Güte. Kennt man mich, so mache ich kein Wesen davon; kennt man mich nicht, so habe ich keine Angst. Darum ist der Edle gerade in seinen Worten und gerade in seinem Wandel. Er gebraucht keine schiefen Worte, um sich Reichtum zu verschaffen, und keinen krummen Wandel, um sich eine Stellung zu verschaffen.

Wenn die Gütigen vertrieben werden und die Weisen getötet, so ist es freilich nicht schwer, seine Person zu beugen und Ungütiges zu tun, seine Worte zu biegen und Unweises zu sagen. Aber der Edle tut das nicht. Der Edle ist, auch wenn seine Worte nicht angenommen werden, doch immer gewissenhaft; das heißt sein Weg. Er ist, auch wenn sein Wandel nicht angenommen wird, doch immer gewissenhaft; das heißt seine Güte. Er ist, auch wenn seine Mahnungen nicht angenommen werden, doch immer gewissenhaft; das heißt seine Weisheit.

Quelle:
Li Gi. Düsseldorf/Köln 1981, S. 154.
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