5. Die Staatsmänner

[225] Herzog Ai sprach: »Gut! Wie muß einer sein, daß man ihn einen Staatsmann nennen kann?«

Meister Kung erwiderte: »Was man einen Staatsmann nennt, der mag vielleicht nicht alle Methoden der Wahrheit erschöpfen, aber er hat jedenfalls etwas, nach dem er sich richtet. Er mag nicht das Gute und Schöne in seiner höchsten Vollendung beherrschen, aber er hat jedenfalls etwas, bei dem er bleibt. Darum ist er in seinem Wissen nicht auf die Menge aus, sondern darauf, daß er versteht, was er weiß. Er ist bei seinen Handlungen nicht auf die Menge aus, sondern darauf, daß er versteht, warum er etwas tut. Er ist bei seinen Worten nicht auf die Menge aus, sondern darauf, daß er versteht, was er meint. Was er weiß, das weiß er; was er tut, danach richtet[225] er sich; was er sagt, das befolgt er. Es wird ihm wie die Natur, wie Haut und Fleisch, das sich nicht mehr ändert. Reichtum und Ehre können ihm nichts geben, Armut und Niedrigkeit können ihm nichts nehmen. Einen solchen mag man einen Staatsmann nennen.«

Quelle:
Li Gi. Düsseldorf/Köln 1981, S. 225-226.
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