I, 71. An Agni.[72] 81

Die Frauen gleichen Sitzes in Vers 1 sind die Finger, welche bei dem Schwinden der schwarzen Nacht und beim ersten Aufleuchten der Morgenröthe durch Reiben der Holzstücke das Feuer erregen; die Rinder sind die als Zugthiere der Morgenröthe gedachten lichten Morgenwolken oder Strahlen. Die Tochter in V. 5 scheint der Blitz zu sein, in den der verfolgte Agni seinen Glanz niederlegt.


1. Ihn regten liebend an wie ihren Gatten,

den liebenden, die Fraun im gleichen Sitze,

Die Schwestern freun der schwarzen sich, der rothen,

wie Rinder des in Glanz aufgehnden Morgens.

2. Die festen Burgen brachen unsre Väter

durch Spruch den Fels die Angiras mit Krachen;

Sie bahnten uns den Weg zum hohen Himmel,

und fanden Tag und Sonne, Licht und Morgen.

3. Sie schufen Opfer, regten sein Gebet an;

und Lieder, buhlend, strebend, sich verbreitend,

Sie nahn sich dann, nicht schmachtend, eifrig wirkend,

mit Labung stärkend das Geschlecht der Götter.

4. Als ihn im Flug hervorrieb Matariçvan

und herrlich er in jedem Hause glänzte,

Da führte funkelnd er mit ihm im Bunde

die Botschaft aus wie zu gewalt'germ König.

5. Als Trank er bracht' dem grossen Vater Himmel,

entwand er klug sich aus der Tochter Armen,

Der Schütze schoss den Pfeil auf ihn mit Kühnheit,

da legt' der Gott den Glanz in seine Tochter.

6. Wer, Agni, dir im eignen Hause Licht schafft,

und täglich dir Anbetung zollt, dem holden,

Dem mehre du die Kraft, als zwiefach starker,

mit Reichthum geh im Bunde, wen du förderst.[72]

7. Zu ihm, dem Agni, streben alle Speisen,

wie zu dem Meer die sieben schnellen Ströme;

Nicht bei Verwandten ward uns Nahrung sichtbar;

Fürsorge schaffe kundig uns bei Göttern.

8. Wenn ihn, den Herrn, zur Labung Glanz erfüllt hat,

dann strömt vom Himmel nieder reiner Same;

Die tadellose junge Schar hat Agni,

die sorgende, erzeugt und gross gezogen.

9. Die Sonn' allein, die wie der Geist die Wege

im Nu durcheilt, besitzet allen Reichthum;

Die Herrscher Mitra, Varuna, die milden,

den lieben Nektar in den Kühen hegend.

10. O Agni, der du bist ein weiser Seher,

vergiss nicht unsre väterliche Freundschaft;

Das Alter mindert Schönheit wie der Nebel,

vor solchem Uebel wollest du uns wahren.

Quelle:
Rig-Veda. 2 Teile, Leipzig 1877, [Nachdruck 1990], Teil 2, S. 72-73.
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