I, 48. An die Morgenröthe.

[51] 1.49 Mit schönem Gut, o Morgenroth,

o Himmelstochter leuchte uns,

O strahlenreiche, du mit grosser Herrlichkeit,

mit Reichthum, Göttin, Geberin!

2.50 An Rossen reich und Rindern, spendend alles Gut

sind oft zum Leuchten sie genaht;

So send' auch du mir reiches Gut, o Morgenroth;

die Fürsten treib zum Schenken an.


3.51 Sie hat gestrahlt und strahle nun,

die Morgengöttin, Treiberin

Der Wagen, die die Bahn verfolgen, wenn sie naht,

wie Schatzbegier'ge auf dem Meer.

4.52 53 Der Fürsten, die, o Morgenroth, bei deinem Nahn

zum Schenken wenden ihren Sinn,

Ja deren Namen preiset hier der Kanvaspross,

der Männer Kanva-ähnlichster.
[51]

5.54 Erfreuend kommt das Morgenroth,

wie eine jugendliche Maid;

Was Füsse hat, zum Werk erweckend eilet sie

und treibt zum Flug die Vögel an.

6.55 56 Sie treibt die Festversammlung, treibt die Händler an

und wendet wallend nicht den Schritt;

Bei deinem Leuchten halten nie die Vögel Rast

in ihrem Flug, o reiche du!


7.57 Sie hat von fern sich aufgemacht,

dort von der Sonne Aufgang her,

Mit hundert Wagen fährt sie zu den Menschen rings,

die Morgenröthe, segensreich.

8.58 Es neigt die ganze Welt sich ihrem Anblick zu,

die jugendliche schaffet Licht;

Die reiche Himmelstochter strahle weg den Hass,

die Feinde weg das Morgenroth.


9.59 O Himmelstochter strahle her

mit hellem Glanz, o Morgenroth,

Und führe du uns vieles schöne Glück herbei,

aufleuchtend bei dem Opferfest.

10.60 Denn jedes Wesens Hauch und Leben ist in dir,

wenn du erstrahlst, o herrliche;

Die du mit hohem Wagen hell dich zeigst,

hör, gabenreiche, unsern Ruf,


11. Gib Reichthum denn, o Morgenroth,

der herrlich bei den Menschen glänzt,

Mit diesem fahre zu des Frommen Opfern her,

zu dem, der dir Gesänge weiht.

12. Zum Somatrunke fahr die Götter alle her,

o Morgenröthe, aus der Luft,

Und gib uns werthes ross- und rinderreiches Gut

und Heldenkraft, o Morgenroth.


13. Sie, deren helle Strahlen nun,

die prächtigen, erschienen sind,

Die Morgenröthe schenk uns güterreichen Schatz

von schönem Glanz und schönem Heil.

14. Wie du von frühern Sängern auch gerufen bist

zum Schutz, o grosse, und zur Huld;

So lohne mit Geschenken unsern Lobgesang,

und hellem Licht, o Morgenroth.


15. Wenn heute du mit deinem Licht

des Himmels Thore uns erschliesst,[52]

Dann Morgenröthe, reiche weiten, sichern Schutz,

milchreiche Tränke, Göttin, uns.

16. Beströme uns mit grossem, allgestalt'gen Gut,

mit Labetränken, Morgenroth,

O mächtige, mit Reichthum, der das All bezwingt,

mit Labung, labungsreiche du.

Quelle:
Rig-Veda. 2 Teile, Leipzig 1877, [Nachdruck 1990], Teil 2, S. 51-53.
Lizenz:

Buchempfehlung

Stifter, Adalbert

Der Waldsteig

Der Waldsteig

Der neurotische Tiberius Kneigt, ein Freund des Erzählers, begegnet auf einem Waldspaziergang einem Mädchen mit einem Korb voller Erdbeeren, die sie ihm nicht verkaufen will, ihm aber »einen ganz kleinen Teil derselben« schenkt. Die idyllische Liebesgeschichte schildert die Gesundung eines an Zwangsvorstellungen leidenden »Narren«, als dessen sexuelle Hemmungen sich lösen.

52 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Hochromantik

Große Erzählungen der Hochromantik

Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.

390 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon