Drittes Muṇḍakam.

[554] Erste und zweite Hälfte: Dieses letzte Muṇḍakam schildert in seinen beiden Teilen, mit mannigfacher Anlehnung an Chândogya, Bṛihadâraṇyaka und andre Upanishad's, die Erlösung, wobei die verschiedenen Gesichtspunkte, welche das Thema der Betrachtung bietet (Gegensatz des Erlösten und Nichterlösten, Weg zur Erlösung, Schilderung der Herrlichkeit des Brahman und der Seligkeit des Erlösten), ungeordnet durcheinander laufen. Schlimmer als dieser Mangel an Disposition und nicht aufzuwiegen durch alle Schönheit der Verse im einzelnen ist die Haltungslosigkeit, welche in den eschatologischen Vorstellungen unsrer Upanishad herrscht. Die Grundanschauung ist, dass man durch Wissen das Brahman erlangt, ja, zu ihm wird, wie es, schöner als irgendwo, in dem berühmten Satze 3,2,9 ausgesprochen wird: sa yo ha vai tat paramam brahma veda, brahma eva bhavati, – welchen Anquetil Duperron mit Recht seiner Übersetzung des Oupnekhat als Motto vorsetzt, indem er ihn kurz und treffend übersetzt: quisquis Deum intelligit, Deus fit; – aber wiederholt wird diese intellektuelle Erlösungstheorie durchbrochen von dem aus Taitt. 2 stammenden Gedanken, dass die Erlösung eine überintellektuelle Einswerdung sei[554] (3,1,8: jñâna-prasâdena; 3,2,7: karmâṇi vijñânamayaç ca âtmâ). – Und ebenso werden die den Devayâna als Höchstes hinstellende Fünffeuerlehre und die Theorie Yâjñavalkya's, nach welchem die Erlösung in einem unmittelbaren Aufgehen in Brahman besteht (vgl. über den Widerspruch dieser Anschauungen unsere Einleitung zu Bṛih. 6,1 oben S. 500 fg)., von uns rer Upanishad nebeneinander und miteinander vermengt vorgetragen, ohne dass der Widerspruch durch die spätere Kramamukti-Theorie (Çvet. 1,11; Syst. des Vedânta S. 430. 472) vermittelt würde oder auch nur deutlich zum Bewusstsein käme. Auch hier zeigt sich wieder als Grundcharakter unsrer Upanishad: viele Schönheit im einzelnen, aber Mangel an systematischer Klarheit, infolge der Abhängigkeit von älteren, sich widersprechenden Vorstellungen.

Quelle:
Sechzig Upanishads des Veda. Darmstadt 1963 [Nachdruck der 3. Aufl. Leipzig 1921], S. 554-555.
Lizenz: