4. Die Colebrooke'sche Sammlung.

[537] Mit diesem Namen wollen wir eine Sammlung von 52 Upanishad's bezeichnen, welche Colebrooke misc. ess. I, 93-98 zuerst bekannt gab, und die, nach der Art wie Colebrooke und Weber von ihr reden, eine sehr allgemeine Verbreitung und Anerkennung gefunden haben muss, so dass sie, wenigstens für die Atharva-Upanishad's, mehr als irgend eine andre für kanonisch angesehen werden darf. Diese Sammlung enthält »the fiftytwo Upanishads« (Colebrooke) in folgender »solenner Reihe« (Weber), mit welcher auch der Cod. Bodl. bei Aufrecht p. 394b genau übereinstimmt (die Abweichungen sind wohl nur Versehen):

1. Muṇḍaka, 2. Praçna, 3. Brahmavidyâ, 4. Kshurikâ, 5. Cûlikâ, 6. Atharvaçiras, 7. Atharvaçikhâ, 8. Garbha, 9. Mahâ, 10. Brahma, 11. Prâṇâgnihotra, 12.-15. Mâṇḍûkya (mit Gauḍapâda's Kârikâ), 16. Nîlarudra, 17. Nâdabindu, 18. Brahmabindu, 19. Amṛitabindu, 20. Dhyânabindu, 21. Tejobindu, 22. Yogaçikhâ, 23. Yogatattva, 24. Sannyâsa, 25. Âruṇîya, 26. Kaṇṭhaçruti. 27. Piṇḍa, 28. Âtma, 29.-34. Nṛisiṅhatâpanîya, 35.-36. Kâṭhaka, 37. Kena, 38. Nârâyaṇa, 39.-40. Bṛihannârâyaṇa, 41. Sarvopanishatsâra, 42. Haṅsa, 43. Paramahaṅsa, 44. Ânandavallî, 45. Bhṛiguvallî, 46. Gâruḍa, 47. Kâlâgnirudra, 48.-49. Râmatâpanîya, 50. Kaivalya, 51. Jâbâla, 52. Âçrama. (Vgl. auch Berl. HS. 2,88).

Höchst auffallend und eine Erklärung fordernd ist der Umstand, dass in dieser, mit Muṇḍaka und Praçna beginnenden und also allem Anscheine nach für die Athar va-Upanishad's ursprünglich angelegten Sammlung an später Stelle und mitten unter wenig bedeutenden, kleinen Stücken vier grosse und wichtige Upanishad's der ältern Veden eingereiht werden, nämlich: 35.-36. Kâṭhaka, 37. Kena, 39.-40. Bṛihannârâyaṇa und 44.-45. Taittirîya-Up, 2-3. – Sollte diese Sammlung eine allgemeine (wie der Oupnekhat) sein, warum fehlen dann die übrigen Upanishad's der ältern Veden, vor allem Chândogya und Bṛihadâraṇyaka? – Sollte sie nur Atharva-Upanishad's befassen, worauf der Anfang mit Muṇḍaka unverkennbar hindeutet, warum werden ihr dann Kena, Kâṭhaka und die Taittirîya-Texte, nebenbei und als geschähe es in einer Nachlese, eingefügt? –

Dieses Problem lässt verschiedene Lösungen zu. Am wahrscheinlichsten ist uns die Hypothese, dass diese Sammlung zu einer Zeit und in einer Gegend entstand, in der das Studium der drei ältern Veden, und zwar in den Çâkhâ's der Aitareyin's, Tâṇḍin's und Vâjasaneyin's, nebst[537] deren Upanishad's (Alt. Chând. Bṛih. Îçâ) noch in Blüte stand, während die parallelen Çâkhâ's nicht mehr kultiviert wurden. Um nun wenigstens deren Upanishad's der Vergessenheit zu entreissen, reihte man sie einer schon bestehenden, von Muṇḍaka bis Nṛisiṅhatâpanîya reichenden Sammlung der Atharva-Upanishad's zugleich mit einer Nachlese von zehn spätern Atharva-Upanishad's an. Übergangen wurden Kaushîtaki, Çvetâçvatara, Maitrâyaṇîya, sei es dass sie schon verschollen waren oder sonstige Bedenken erregten, womit die auffallend späte Stellung gerade dieser drei auch in der Muktikâ-Sammlung zusammenhängen mag.

Quelle:
Sechzig Upanishads des Veda. Darmstadt 1963 [Nachdruck der 3. Aufl. Leipzig 1921], S. 537-538.
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