Elfte Rede

Kevaṭṭo

[148] Das hab' ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Nāḷandā240, im pāvārischen Mangowalde.

Da kam denn Kevaoṭṭo241, der Sohn eines Bürgers, zum Erhabenen heran, bot ehrerbietigen Gruß dar und nahm beiseite Platz. Beiseite sitzend wandte sich nun Kevaṭṭo der Bürgersohn also an den Erhabenen:

»Dieses Nāḷandā, o Herr, blüht auf und gedeiht, es ist volkreich, von vielen Menschen bewohnt, ist dem Erhabenen zugetan. Gut wär' es, o Herr, wenn der Erhabene einen Mönch veranlassen wollte, daß er auf überirdische [148] Weise ein magisches Wunder vollbrächte: dann würde dieses Nāḷandā weit mehr noch dem Erhabenen zugetan sein.«

Auf diese Worte sagte der Erhabene zu Kevaṭṭo dem Bürgersohn:

»Nicht hab' ich, Kevaṭṭo, den Mönchen die Satzung also gewiesen: ›Kommt, ihr Mönche, ihr sollt vor den weiß gekleideten Hausleuten auf überirdische Weise ein magisches Wunder vollbringen.‹«

Wiederum aber sagte Kevaṭṭo der Bürgersohn zum Erhabenen:

»Nicht hab' ich, o Herr, den Erhabenen drängen wollen242, aber ich sage doch: dieses Nāḷandā, o Herr, blüht auf und gedeiht, es ist volkreich, von vielen Menschen bewohnt, ist dem Erhabenen zugetan. Gut wär' es, o Herr, wenn der Erhabene einen Mönch veranlassen wollte, daß er auf überirdische Weise ein magisches Wunder vollbrächte: dann würde dieses Nāḷandā weit mehr noch dem Erhabenen zugetan sein.«

Wiederum aber sagte der Erhabene zu Kevaṭṭo dem Bürgersohn:

»Nicht hab' ich, Kevaṭṭo, den Mönchen die Satzung also gewiesen: ›Kommt, ihr Mönche, ihr sollt vor den weiß gekleideten Hausleuten auf überirdische Weise ein magisches Wunder vollbringen.‹«

Zum drittenmal aber sagte Kevaṭṭo der Bürgersohn zum Erhabenen:

»Nicht hab' ich, o Herr, den Erhabenen drängen wollen, aber ich sage doch: dieses Nāḷandā, o Herr, blüht auf und gedeiht, es ist volkreich, von vielen Menschen bewohnt, ist dem Erhabenen zugetan. Gut wär' es, o Herr, wenn der Erhabene einen Mönch veranlassen wollte, daß er auf überirdische Weise ein magisches Wunder vollbrächte: dann würde dieses Nāḷandā weit mehr noch dem Erhabenen zugetan sein.«

»Drei Arten gibt es, Kevaṭṭo, von Wundern, die von mir selbst erkannt, verwirklicht und verkündet worden sind: und was für drei? Das Wunder der Macht, das Wunder der Vorzeige, das Wunder der Unterweisung. Was ist aber, Kevaṭṭo, das Wunder der Macht? Da läßt sich, Kevaṭṭo, ein Mönch auf mannigfaltige Weise magische Wirkung widerfahren: als nur einer etwa vielfach zu werden, und vielfach geworden wieder einer zu sein; oder sichtbar und unsichtbar zu werden; auch durch Mauern, Wälle, Felsen hindurchzuschweben wie durch die Luft; oder auf der Erde auf-und unterzutauchen wie im Wasser; auch auf dem Wasser zu wandeln ohne unterzusinken wie auf der Erde; oder auch durch die Luft sitzend dahinzufahren wie der Vogel mit seinen Fittichen; auch etwa diesen Mond und diese Sonne, die so mächtigen, so gewaltigen, mit der Hand zu befühlen und zu berühren, sogar bis zu den Brahmawelten den Körper in seiner Gewalt zu haben. – Einen solchen gewahrt nun etwa irgend ein gläubig Ergebener, jenen Mönch, wie er sich auf mannigfaltige Weise magische Wirkung widerfahren läßt; und es mag dieser gläubig Ergebene irgend einem anderen nicht gläubig Ergebenen davon berichten: [149] ›O wie erstaunlich, o wie außerordentlich ist des Asketen großartige Macht, großartige Gewalt: ich selbst habe den Mönch gesehn, wie er sich auf mannigfaltige Weise magische Wirkung widerfahren läßt!‹ Über einen solchen mag nun der nicht gläubig Ergebene zu dem gläubig Ergebenen also reden: ›Es gibt, mein Lieber, eine sogenannte Zauberkunst: mit der läßt sich jener Mönch auf mannigfaltige Weise magische Wirkung widerfahren.‹ Was meinst du wohl, Kevaṭṭo: könnte da der nicht gläubig Ergebene dem gläubig Ergebenen etwa also antworten?«

»Er könnt' es, o Herr!«

»Das hab' ich eben, Kevaṭṭo, am Wunder der Macht als Elend wahrgenommen und empfinde das Wunder der Macht als ungehörig, unbekömmlich, unerquicklich. – Was ist nun, Kevaṭṭo, das Wunder der Vorzeige? Da kann, Kevaṭṭo, ein Mönch der anderen Wesen, der anderen Personen Herz und Gemüt, Sinn und Gedanken vorzeigen: ›Daran denkst du, dies bedenkst du, das ist dein Gedanke.‹ Einen solchen gewahrt nun etwa irgend ein gläubig Ergebener, jenen Mönch, wie er der anderen Wesen, der anderen Personen Herz und Gemüt, Sinn und Gedanken vorzeigt; und es mag dieser gläubig Ergebene irgend einem anderen nicht gläubig Ergebenen davon berichten: ›O wie erstaunlich, o wie außerordentlich ist des Asketen großartige Macht, großartige Gewalt: ich selbst habe den Mönch gesehn, wie er der anderen Wesen, der anderen Personen Herz und Gemüt, Sinn und Gedanken vorzeigt!‹ Über einen solchen mag nun der nicht gläubig Ergebene zu dem gläubig Ergebenen also reden: ›Es gibt, mein Lieber, eine sogenannte Spiegelkunst243: mit der kann jener Mönch der anderen Wesen, der anderen Personen Herz und Gemüt, Sinn und Gedanken vorzeigen.‹ Was meinst du wohl, Kevaṭṭo: könnte da der nicht gläubig Ergebene dem gläubig Ergebenen etwa also antworten?«

»Er könnt' es, o Herr!«

»Das hab' ich eben, Kevaṭṭo, am Wunder der Vorzeige als Elend wahrgenommen und empfinde das Wunder der Vorzeige als ungehörig, unbekömmlich, unerquicklich. – Und was ist, Kevaṭṭo, das Wunder der Unterweisung? Da pflegt, Kevaṭṭo, ein Mönch so zu unterweisen: ›Daran habt ihr zu denken, daran habt ihr nicht zu denken, darauf habt ihr zu achten, darauf habt ihr nicht zu achten, das habt ihr zu lassen, das habt ihr euch zu erringen.‹ Das heißt man244, Kevaṭṭo, Wunder der Unterweisung. – Weiter sodann, Kevaṭṭo: da erscheint der Vollendete in der Welt, der Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der Männerherde, der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene. Er zeigt diese Welt mit ihren Göttern, ihren bösen und heiligen Geistern, mit ihrer Schar von Priestern [150] und Büßern, Göttern und Menschen, nachdem er sie selbst verstanden und durchdrungen hat. Er verkündet die Lehre, deren Anfang begütigt, deren Mitte begütigt, deren Ende begütigt, die sinn- und wortgetreue, er legt das vollkommen geläuterte, geklärte Asketentum dar. – Diese Lehre hört ein Hausvater, oder der Sohn eines Hausvaters, oder einer, der in anderem Stande neugeboren ward. Nachdem er diese Lehre gehört hat, faßt er Vertrauen zum Vollendeten. Von diesem Vertrauen erfüllt denkt und überlegt er also: ›Ein Gefängnis ist die Häuslichkeit, ein Schmutzwinkel; der freie Himmelsraum die Pilgerschaft. Nicht wohl geht es, wenn man im Hause bleibt, das völlig geläuterte, völlig geklärte Asketentum Punkt für Punkt zu erfüllen. Wie, wenn ich nun, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge?‹ So gibt er denn später einen kleinen Besitz oder einen großen Besitz auf, hat einen kleinen Verwandtenkreis oder einen großen Verwandtenkreis verlassen und ist mit geschorenem Haar und Barte, im fahlen Gewande vom Hause fort in die Hauslosigkeit gezogen. – Also Pilger geworden bleibt er in reiner Zucht richtig gezügelt, lauter im Handel und Wandel: vor geringstem Fehl auf der Hut kämpft er beharrlich weiter, Schritt um Schritt; in Taten und Worten heilsam beflissen lebt er rein, ist tüchtig in Tugend, hütet die Tore der Sinne, gewappnet mit klarem Bewußtsein, zufrieden. Das aber heißt man, Kevaṭṭo, Wunder der Unterweisung. – Treu der heiligen Tugendsatzung, treu der heiligen Sinnenzügelung, treu der heiligen klaren Einsicht, treu der heiligen Zufriedenheit sucht er einen abgelegenen Ruheplatz auf, einen Hain, den Fuß eines Baumes, eine Felsengrotte, eine Bergesgruft, einen Friedhof, die Waldesmitte, ein Streulager in der offenen Ebene. Nach dem Mahle, wenn er vom Almosengange zurückgekehrt ist, setzt er sich mit verschränkten Beinen nieder, den Körper gerade aufgerichtet, und pflegt der Einsicht. Er hat weltliche Begierde verworfen und verweilt begierdelosen Gemütes, von Begierde läutert er sein Herz. Gehässigkeit hat er verworfen, haßlosen Gemütes verweilt er, voll Liebe und Mitleid zu allen lebenden Wesen läutert er sein Herz von Gehässigkeit. Matte Müde hat er verworfen, von matter Müde ist er frei; das Licht liebend, einsichtig, klar bewußt, läutert er sein Herz von matter Müde. Stolzen Unmut hat er verworfen, er ist frei von Stolz; innig beruhigten Gemütes läutert er sein Herz von stolzem Unmut. Das Schwanken hat er verworfen, der Ungewißheit ist er entronnen; er zweifelt nicht am Guten, vom Schwanken läutert er sein Herz. Das aber heißt man, Kevaṭṭo, Wunder der Unterweisung. – Sobald nun, Kevaṭṭo, der Mönch jene fünf Hemmungen in sich aufgehoben merkt, wird er freudig bewegt. Freudig bewegt wird er heiter. Heiteren Herzens wird der Körper beschwichtigt. Körperbeschwichtigt fühlt er sich wohl. Sich wohl fühlend wird sein Geist einig. [151] So gewinnt er gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen, in sinnend gedenkender ruhegeborener seliger Heiterkeit, die Weihe der ersten Schauung. Das aber heißt man, Kevaṭṭo, Wunder der Unterweisung. – Weiter sodann, Kevaṭṭo: nach Vollendung des Sinnens und Gedenkens erreicht der Mönch die innere Meeresstille, die Einheit des Gemütes, die von sinnen, von gedenken freie, in der Einigung geborene selige Heiterkeit, die Weihe der zweiten Schauung. Das aber heißt man, Kevaṭṭo, Wunder der Unterweisung. – Weiter sodann, Kevaṭṭo: in heiterer Ruhe verweilt er gleichmütig, einsichtig, klar bewußt, ein Glück empfindet er im Körper, von dem die Heiligen sagen: ›Der gleichmütig Einsichtige lebt beglückt‹; so erwirkt er die Weihe der dritten Schauung. Das aber heißt man, Kevaṭṭo, Wunder der Unterweisung. – Weiter sodann, Kevaṭṭo: nach Verwerfung der Freuden und Leiden, nach Vernichtung des einstigen Frohsinns und Trübsinns erwirkt er die leidlose, freudlose, gleichmütig einsichtige vollkommene Reine, die Weihe der vierten Schauung. Das aber heißt man, Kevaṭṭo, Wunder der Unterweisung. – Weiter sodann, Kevaṭṭo, kann der Mönch sich mancher verschiedenen früheren Daseinsform erinnern, mit je den eigentümlichen Merkmalen, mit je den eigenartigen Beziehungen. Das aber heißt man, Kevaṭṭo, Wunder der Unterweisung. – Weiter sodann, Kevaṭṭo, kann der Mönch die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen sehn, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, kann erkennen wie die Wesen je nach den Taten wiederkehren. Das aber heißt man, Kevaṭṭo, Wunder der Unterweisung. – Weiter sodann, Kevaṭṭo, kann der Mönch mit der Wahnversiegung die wahnlose Gemüterlösung, Weisheiterlösung noch bei Lebzeiten sich offenbar machen, verwirklichen und erringen. ›Im Erlösten ist die Erlösung‹, diese Erkenntnis geht ihm auf, ›Versiegt ist die Geburt, vollendet das Asketentum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹ versteht er da. – Das heißt man, Kevaṭṭo, Wunder der Unterweisung.

Diese drei Arten, Kevaṭṭo, von Wundern sind von mir selbst erkannt, verwirklicht und verkündet worden.


Es war einmal, Kevaṭṭo, da ist in eben diesem Jüngerkreise hier einem der Mönche der Gedanke aufgestiegen: ›Wo können wohl diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft?‹ Da ist denn, Kevaṭṭo, jener Mönch in eine derartige Einigung eingegangen, daß ihm innig im Herzen die zu den Göttern leitende Fährte offenbar wurde. So ist denn, Kevaṭṭo, jener Mönch zu den Göttern der Vier großen Könige herangekommen und hat also gefragt: ›Wo können wohl, ihr Brüder, diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft?‹ Also [152] gefragt, Kevaṭṭo, haben die Götter der Vier großen Könige jenem Mönche dann geantwortet: ›Auch wir, o Mönch, wissen nicht, wo diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn können, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft; aber die Vier großen Könige, o Mönch, die sind uns überlegen, sind erlauchter als wir: sie mögen es wissen, wo diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn können, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft.‹ So ist denn, Kevaṭṭo, jener Mönch zu den Vier großen Königen herangekommen und hat also gefragt: ›Wo können wohl, ihr Brüder, diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft?‹ Also gefragt, Kevaṭṭo, haben die Vier großen Könige jenem Mönche dann geantwortet: ›Auch wir, o Mönch, wissen nicht, wo diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn können, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft; aber die Dreiunddreißig geheißenen Götter, o Mönch, die sind uns überlegen, sind erlauchter als wir: sie mögen es wissen, wo diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn können, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft.‹ So ist denn, Kevaṭṭo, jener Mönch zu den Göttern der Dreiunddreißig herangekommen und hat also gefragt: ›Wo können wohl, ihr Brüder, diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft?‹ Also gefragt, Kevaṭṭo, haben die Götter der Dreiunddreißig jenem Mönche dann geantwortet: ›Auch wir, o Mönch, wissen nicht, wo diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn können, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft; aber Sakko, wie er heißt, der Götterkönig, o Mönch, der ist uns überlegen, ist erlauchter als wir: er mag es wissen, wo diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn können, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft.‹ So ist denn, Kevaṭṭo, jener Mönch zu Sakko dem Götterkönig herangekommen und hat also gefragt: ›Wo können wohl, o Bruder, diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft?‹ Also gefragt, Kevaṭṭo, hat Sakko der Götterkönig jenem Mönche dann geantwortet: ›Auch ich, o Mönch, weiß nicht, wo diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn können, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft; aber die Schattengötter, wie sie heißen, o Mönch, die sind uns überlegen, sind erlauchter als wir: sie mögen es wissen, wo diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn können, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft.‹ So ist denn, Kevaṭṭo, jener Mönch zu den Schattengöttern herangekommen und hat also gefragt: ›Wo können wohl, ihr Brüder, diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft?‹ Also gefragt, Kevaṭṭo, haben die Schattengötter jenem Mönche dann geantwortet: ›Auch wir, o Mönch, wissen nicht, wo diese vier Hauptstoffe ohne Überrest unter gehn können, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft; aber Schattenhold, wie er heißt, der Göttersohn, o Mönch, der ist uns überlegen, ist erlauchter als wir: er mag es wissen, wo diese vier Hauptstoffe ohne Überrest [153] untergehn können, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft.‹ So ist denn, Kevaṭṭo, jener Mönch zu Schattenhold dem Göttersohne herangekommen und hat also gefragt: ›Wo können wohl, o Bruder, diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft?‹ Also gefragt, Kevaṭṭo, hat Schattenhold der Göttersohn jenem Mönche dann geantwortet: ›Auch ich, o Mönch, weiß nicht, wo diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn können, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft; aber die Selig geheißenen Götter, o Mönch, die sind uns überlegen, sind erlauchter als wir: sie mögen es wissen, wo diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn können, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft.‹ So ist denn, Kevaṭṭo, jener Mönch zu den Seligen Göttern herangekommen und hat also gefragt: ›Wo können wohl, ihr Brüder, diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft?‹ Also gefragt, Kevaṭṭo, haben die Seligen Götter jenem Mönche dann geantwortet: ›Auch wir, o Mönch, wissen nicht, wo diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn können, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft; aber Glückselig, wie er heißt, der Göttersohn, o Mönch, der ist uns überlegen, ist erlauchter als wir: er mag es wissen, wo diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn können, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft.‹ So ist denn, Kevaṭṭo, jener Mönch zu Glückselig dem Göttersohne herangekommen und hat also gefragt: ›Wo können wohl, o Bruder, diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft?‹ Also gefragt, Kevaṭṭo, hat Glückselig der Göttersohn jenem Mönche dann geantwortet: ›Auch ich, o Mönch, weiß nicht, wo diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn können, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft; aber Unbeschränkte Freude geheißene Götter, o Mönch, die sind uns überlegen, sind erlauchter als wir: sie mögen es wissen, wo diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn können, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft.‹ So ist denn, Kevaṭṭo, jener Mönch zu den Göttern unbeschränkter Freude herangekommen und hat also gefragt: ›Wo können wohl, ihr Brüder, diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft?‹ Also gefragt, Kevaṭṭo, haben die Götter unbeschränkter Freude jenem Mönche dann geantwortet: ›Auch wir, o Mönch, wissen nicht, wo diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn können, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft; aber Unbeschränkter Freudenhort, wie er heißt, der Göttersohn, o Mönch, der ist uns überlegen, ist erlauchter als wir: er mag es wissen, wo diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn können, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft.‹ So ist denn, Kevaṭṭo, jener Mönch zu Unbeschränktem Freudenhort dem Göttersohne herangekommen und hat also gefragt: ›Wo können wohl, o Bruder, diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft?‹ Also gefragt, Kevaṭṭo, hat Unbeschränkter [154] Freudenhort der Göttersohn jenem Mönche dann geantwortet: ›Auch ich, o Mönch, weiß nicht, wo diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn können, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft; aber Jenseit unbeschränkter Freude selbstgewaltig geheißene Götter, o Mönch, die sind uns überlegen, sind erlauchter als wir: sie mögen es wissen, wo diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn können, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft.‹ So ist denn, Kevaṭṭo, jener Mönch zu den jenseit unbeschränkter Freude selbstgewaltigen Göttern herangekommen und hat also gefragt: ›Wo können wohl, ihr Brüder, diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft?‹ Also gefragt, Kevaṭṭo, haben die jenseit unbeschränkter Freude selbstgewaltigen Götter jenem Mönche dann geantwortet: ›Auch wir, o Mönch, wissen nicht, wo diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn können, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft; aber Selbstgewaltig, wie er heißt, der Göttersohn, o Mönch, der ist uns überlegen, ist erlauchter als wir: er mag es wissen, wo diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn können, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft.‹ So ist denn, Kevaṭṭo, jener Mönch zu Selbstgewaltig dem Göttersohne herangekommen und hat also gefragt: ›Wo können wohl, o Bruder, diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft?‹ Also gefragt, Kevaṭṭo, hat Selbstgewaltig der Göttersohn jenem Mönche dann geantwortet: ›Auch ich, o Mönch, weiß nicht, wo diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn können, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft; aber die Brahmatrabanten geheißenen Götter, o Mönch, sind uns überlegen, sind erlauchter als wir: sie mögen es wissen, wo diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn können, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft.‹ Da ist denn, Kevaṭṭo, jener Mönch in eine derartige Einigung eingegangen, daß ihm innig im Herzen die zu Brahmā leitende Fährte offenbar wurde. So ist denn, Kevaṭṭo, jener Mönch zu den göttlichen Brahmatrabanten herangekommen und hat also gefragt: ›Wo können wohl, ihr Brüder, diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft?‹ Also gefragt, Kevaṭṭo, haben die göttlichen Brahmatrabanten jenem Mönche dann geantwortet: ›Auch wir, o Mönch, wissen nicht, wo diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn können, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft; aber Brahmā, o Mönch, der große Brahmā, der Übermächtige, der Unübermächtigte, der Allsehende, der Selbstgewaltige, der Herr, der Schöpfer, der Erschaffer, der Höchste, der Erzeuger, der Erhalter, der Vater von allem was da war und sein wird, der ist uns überlegen, ist erlauchter als wir: er mag es wissen, wo diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn können, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft.‹ – ›Wo aber, ihr Brüder, ist er jetzt, jener große Brahmā?‹ – ›Auch wir, o Mönch, wissen nicht, wo Brahmā, oder wie Brahmā, oder wann Brahmā da ist; freilich [155] ja, o Mönch, sollten sich Anzeichen zeigen, es immer lichter werden, ein Abglanz erscheinen, dann wird Brahmā erscheinen: denn das ist das Vorzeichen der Erscheinung Brahmās, daß es da immer lichter wird, ein Abglanz erscheint245.‹ Da ist denn, Kevaṭṭo, jener große Brahmā nicht eben lange hernach erschienen. So ist nun, Kevaṭṭo, der Mönch dort zu jenem großen Brahmā herangekommen und hat also gefragt: ›Wo können wohl, o Bruder, diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft?‹ Also gefragt, Kevaṭṭo, hat der große Brahmā jenem Mönche dann geantwortet: ›Ich bin, o Mönch, Brahmā, der große Brahmā, der Übermächtige, der Unübermächtigte, der Allsehende, der Selbstgewaltige, der Herr, der Schöpfer, der Erschaffer, der Höchste, der Erzeuger, der Erhalter, der Vater von allem was da war und sein wird.‹ Wiederum aber, Kevaṭṭo, hat jener Mönch zu dem großen Brahmā dort also gesprochen: ›Nicht doch hab' ich, o Bruder, dich darum gefragt: »Bist du Brahmā, der große Brahmā, der Übermächtige, der Unübermächtigte, der Allsehende, der Selbstgewaltige, der Herr, der Schöpfer, der Erschaffer, der Höchste, der Erzeuger, der Erhalter, der Vater von allem was da war und sein wird«: sondern darum hab' ich, o Bruder, dich gefragt: wo können wohl, o Bruder, diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft?‹ Wiederum aber, Kevaṭṭo, hat jener große Brahmā zu dem Mönche dort also gesprochen: ›Ich bin, o Mönch, Brahmā, der große Brahmā, der Übermächtige, der Unübermächtigte, der Allsehende, der Selbstgewaltige, der Herr, der Schöpfer, der Erschaffer, der Höchste, der Erzeuger, der Erhalter, der Vater von allem was da war und sein wird.‹ Zum drittenmal aber, Kevaṭṭo, hat jener Mönch zu dem großen Brahmā dort also gesprochen: ›Nicht doch hab' ich, o Bruder, dich darum gefragt: »Bist du Brahmā, der große Brahmā, der Übermächtige, der Unübermächtigte, der Allsehende, der Selbstgewaltige, der Herr, der Schöpfer, der Erschaffer, der Höchste, der Erzeuger, der Erhalter, der Vater von allem was da war und sein wird«: sondern darum hab' ich, o Bruder, dich gefragt: wo können wohl, o Bruder, diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft?‹ Da hat denn, Kevaṭṭo, jener große Brahmā den Mönch dort am Arme genommen, beiseite geführt und zu ihm gesagt: ›Jene dort, o Mönch, die göttlichen Brahmatrabanten vermeinen von mir: »Es gibt nichts, was Brahmā nicht weiß, es gibt nichts, was Brahmā nicht sieht, es gibt nichts, was Brahmā nicht kennt, es gibt nichts, was Brahmā nicht erschaut«: darum bin ich ihnen nicht offenbar worden. Auch ich, o Mönch, weiß nicht, wo diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn können, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft. Da hast du denn, Mönch, eben darin gefehlt, eben darin geirrt, daß du Ihn, den Erhabenen übergangen hast246 und außen umherschweifen mochtest auf jene Frage die Antwort zu suchen. [156] Gehe, du Mönch, nur zu Ihm, dem Erhabenen zurück und stelle jene Frage: und wie dir der Erhabene antwortet, so sollst du es bewahren.‹ Da ist denn, Kevaṭṭo, jener Mönch, gleichwie etwa ein kräftiger Mann den eingezogenen Arm ausstrecken oder den ausgestreckten Arm einziehn mag, ebenso auch aus der Brahmawelt verschwunden und vor mir sichtbar geworden. Dann hat mir, Kevaṭṭo, jener Mönch Gruß entboten und ist beiseite gesessen. Beiseite sitzend hat nun, Kevaṭṭo, jener Mönch also zu mir gesprochen: ›Wo können wohl, o Herr, diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft?‹ Also angesprochen, Kevaṭṭo, hab' ich zu jenem Mönche gesagt: ›Es war einmal, Mönch, da haben die seefahrenden Kaufleute einen uferspähenden Vogel mitgenommen, bevor sie zu Schiffe in See gestochen. Die haben dann, wenn vom Schiffe aus kein Ufer mehr zu spähn war, den uferspähenden Vogel auffliegen lassen247. Der flog nun gen Osten, gen Süden, gen Westen, gen Norden, hoch flog er empor und kreiste umher. Wenn er weit in der Ferne Land erblickt hatte, so entflog er baldig dorthin248; wenn er aber nirgendwo Land entdecken konnte, so kehrte er zu eben diesem Schiffe zurück.‹ Ebenso auch bist du, Mönch, nachdem du bis in die Brahmawelt im Forschen nach einer Antwort auf jene Frage vorgedrungen warst, nun eben wieder an meine Seite zurückgekehrt249. Doch wird eine solche Frage, Mönch, nicht also zu stellen sein: ›Wo können wohl, o Herr, diese vier Hauptstoffe ohne Überrest untergehn, und zwar Erde, Wasser, Feuer, Luft‹: sondern also wird eine solche Frage, Mönch, zu stellen sein:


Wo kann nicht Wasser, Erde nicht,

Nicht Feuer und nicht Luft bestehn,

Wo groß und klein, wo grob und fein,

Und was da schön und unschön ist,

Wo kann da so Begriff wie Bild

Vollkommen aufgehn ohne Rest?


Da ist denn das die Antwort:


Bewußtsein wo entschwunden ist,

Vollkommen restlos abgetan,

Da kann nicht Wasser, Erde nicht,

Nicht Feuer und nicht Luft bestehn,

Nicht groß und klein, nicht grob und fein,

Und was da schön und unschön ist,

Es kann da so Begriff wie Bild

Vollkommen aufgehn ohne Rest:

[157] Wo kein Bewußtsein leuchtet auf,

Auf geht es also ohne Rest.«


Also sprach der Erhabene. Zufrieden freute sich Kevaṭṭo der Bürgersohn über das Wort des Erhabenen250.

Quelle:
Die Reden Gotamo Buddhos. Bd. 2, Zürich/Wien 31957, S. 148-158.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Stifter, Adalbert

Der Waldsteig

Der Waldsteig

Der neurotische Tiberius Kneigt, ein Freund des Erzählers, begegnet auf einem Waldspaziergang einem Mädchen mit einem Korb voller Erdbeeren, die sie ihm nicht verkaufen will, ihm aber »einen ganz kleinen Teil derselben« schenkt. Die idyllische Liebesgeschichte schildert die Gesundung eines an Zwangsvorstellungen leidenden »Narren«, als dessen sexuelle Hemmungen sich lösen.

52 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.

442 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon