Zweite Rede

Lohn der Asketenschaft

[35] Das hab' ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Rājagaham, im Mangohaine Jīvakos des Hofarztes49, mit einer großen Schar Mönche zusammen, mit zwölfhundertfünfzig Mönchen50.

Um diese Zeit nun hatte der König von Magadhā, Ajātasattu, der Sohn der Videherin, an einem Feiertage, im halben Monat, am letzten herbstlichen Vollmonde, in der voll aufgegangenen Mondnacht, umgeben von seinem Gefolge, oben auf der Zinne seines Palastes Platz genommen. Da ließ nun der König von Magadhā Ajātasattu, der Sohn der Videherin, an diesem Feiertage, indem er tief aufatmete, sich also vernehmen:

»Entzückend, wirklich, ist diese leuchtende Nacht, es ist eine Pracht und ist eine Herrlichkeit in dieser leuchtenden Nacht, erquickend ist sie und beglückend ist sie, diese leuchtende Nacht! Was für einen Asketen oder Priester wollen wir doch heute besuchen gehn, um uns bei ihm das Gemüt erheitern zu lassen?«

Auf diese Frage wandte sich einer aus dem Gefolge also an den König:

»Da ist, Majestät, Pūraṇo Kassapo, den zahlreiche Jünger und Anhänger als Haupt ihrer Schule umscharen, ein bekannter, gefeierter Bahnbrecher, der viel bei den Leuten gilt, ein längst ergrauter, erfahrener Pilger, der seinen Weg gegangen, am Ziel angelangt ist; diesen wolle Majestät, den Pūraṇo Kassapo, besuchen gehn: wohl etwa mag eben Majestät bei Pūraṇo Kassapo das Gemüt erheitert werden.«

Auf diese Worte gab der König von Magadhā Ajātasattu, der Sohn der Videherin, keine Antwort. Ein anderer nun aus dem Gefolge wandte sich an den König und sagte:

»Da ist, Majestät, Makkhali Gosālo, den zahlreiche Jünger und Anhänger als Haupt ihrer Schule umscharen, ein bekannter, gefeierter Bahnbrecher, der viel bei den Leuten gilt, ein längst ergrauter, erfahrener Pilger, der seinen Weg gegangen, am Ziel angelangt ist; diesen wolle Majestät, den Makkhali Gosālo, besuchen gehn: wohl etwa mag eben Majestät bei Makkhali Gosālo das Gemüt erheitert werden.«

Auf diese Worte gab der König von Magadhā Ajātasattu, der Sohn der Videherin, keine Antwort. Wieder andere aus dem Gefolge sprachen nun dem [36] Könige von Ajito Kesakambalo, von Pakudho Kaccāyano, auch von Sañjayo Belaṭṭhaputto und vom Freien Bruder Nāthaputto51: »diesen wolle Majestät, den Freien Bruder Nāthaputto, besuchen gehn: wohl etwa mag eben Majestät beim Freien Bruder Nāthaputto das Gemüt erheitert werden.« Auf diese Ansprachen gab der König von Magadhā Ajātasattu, der Sohn der Videherin, keine Antwort.

Gerade damals nun hatte Jīvako der Hofarzt in der Nähe des Königs Platz genommen, ohne daß er sprach. Da wandte sich denn der König von Magadhā Ajātasattu, der Sohn der Videherin, also an Jīvako den Hofarzt:

»Du aber, mein lieber Jīvako, warum sagst du nichts?«

»Es ist, Majestät, der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte nach unserem Mangohaine gekommen, von vielen Mönchen begleitet, mit einer Schar von zwölfhundertfünfzig Mönchen. Diesen Herrn Gotamo aber begrüßt man allenthalben mit dem frohen Ruhmesrufe, so zwar: ›Das ist der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der Männerherde, der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene.‹ Diesen wolle Majestät, den Erhabenen, besuchen gehn: wohl etwa mag eben Majestät beim Erhabenen das Gemüt erheitert werden.«

»Wohlan denn, bester Jīvako, laß' Elefanten und Stallzeug sich bereithalten.«

»Sehr wohl, Majestät«, sagte da Jīvako der Hofarzt. Dann hieß er auf Befehl des Königs an fünfhundert Elefanten mit der Sänfte bespannen sowie den Reitelefanten des Königs vorführen und brachte die Meldung: »Bereit warten deiner, Majestät, Elefanten und Stallzeug: wie es dir nun belieben mag.«

Da ließ nun der König von Magadhā Ajātasattu, der Sohn der Videherin, in die fünfhundert Sänften je eine seiner Frauen geleiten, den Reitelefanten bestieg er selbst; und während Fackeln vorangetragen wurden zog er von Rājagaham hinaus, mit großem königlichen Gepränge: wo des Hofarztes Jīvako Mangohain lag, da zog er hin.

Als nun der König nicht mehr weit vom Mangohain entfernt war, überkam ihn plötzlich eine Angst, er wurde bestürzt, man sah wie sein Haar sich sträubte. Da wandte sich denn der König, ängstlich, bestürzt, mit gesträubtem Haar, an Jīvako den Hofarzt und sagte:

»Aber mein bester Jīvako, du trügst mich doch nicht? Aber mein bester Jīvako, du hintergehst mich doch nicht? Aber mein bester Jīvako, du spielst mich doch nicht meinen Feinden in die Hände? Wie denn kommt es nur, daß man von solch einer großen Schar Mönche, bei zwölfhundertfünfzig der Mönche, keinen auch nur nießen hören oder sich räuspern hören soll oder sonst ein Geräusch?«

[37] »Fürchte nichts, großer König, fürchte nichts, großer König: ich trüge dich nicht, Majestät, ich hintergehe dich nicht, Majestät, ich spiele dich, Majestät, nicht den Feinden in die Hände. Zieh' voraus, großer König, zieh' voraus, großer König: dort im Säulenhofe brennen die Lampen.«

So zog denn der König von Magadhā Ajātasattu, der Sohn der Videherin, weiter. So weit gekommen als der Weg für Elefanten tauglich, stieg er ab und schritt nun zu Fuß52 nach dem Säulenhofe hin, bis an das Tor heran. Dort angelangt wandte er sich also an Jīvako den Hofarzt:

»Wo ist nun, bester Jīvako, der Erhabene?«

»Dort, großer König, ist der Erhabene53, nahe dem mittleren Pfeiler, das Antlitz gegen Osten gewendet, sitzt gegenüber der Schar der Mönche.«

Da trat denn der König von Magadhā Ajātasattu, der Sohn der Videherin, an den Erhabenen heran und stellte sich seitwärts hin. Seitwärts stehend blickte der König über die lautlose, stille Schar der Mönche, wie über einen klaren Wasserspiegel; und tief aufatmend sprach er dann:

»Solch einen Frieden soll Udayo54, mein trauter Sohn, erlangen, wie hier die Schar der Mönche ihn gefunden.«

»Aus Liebe wohl, großer König, bist du hergekommen.«

»Lieb ist mir, o Herr, Udayo der traute Sohn: solch einen Frieden, o Herr, soll Udayo, mein trauter Sohn, erlangen, wie hier die Schar der Mönche ihn gefunden.«

Alsbald entbot nun der König von Magadhā Ajātasattu, der Sohn der Videherin, dem Erhabenen seinen Gruß und verbeugte sich ehrerbietig vor der Schar der Mönche. Dann nahm er an der Seite Platz. An der Seite sitzend wandte sich jetzt der König von Magadhā Ajātasattu, der Sohn der Videherin, also an den Erhabenen:

»Darf ich, o Herr, den Erhabenen um einiges befragen, wenn mir der Erhabene gewähren will meine Fragen zu beantworten?«

»Frage nur, großer König, was dir beliebt55

»Wie es da etwa, o Herr, solche allgemeine Berufstände gibt, und zwar Elefantenführer, Rossebändiger, Wagenlenker, Bogenschützen, Herolde, Gesandte, Almoseniere, Großmeister, Fürsten, Herzöge, Marschälle, Hauptleute, Schildträger, Handlangervolk, Köche, Haarschneider, Bader, Brauer56, Gärtner, Wäscher, Weber, Korbflechter, Töpfer, Rechner, Schreiber, und was eben noch andere dergleichen allgemeine Berufstände sind: die erlangen schon bei Lebzeiten einen sichtbaren Lohn ihrer Kunst. Damit erfreuen und befriedigen sie selber sich, erfreuen und befriedigen Vater und Mutter, erfreuen und befriedigen Weib und Kind, erfreuen und befriedigen Freund und Genossen, geben an Asketen und Priester in höherer Absicht Gaben dahin um heilsamer Fährte willen, um glücklich zu werden, in den Himmel zu kommen. Ist es [38] nun möglich, o Herr, ebenso auch57 schon bei Lebzeiten einen sichtbaren Lohn der Asketenschaft aufzuweisen?«

»Erinnerst du dich wohl, großer König, ob du diese Frage schon58 an andere Asketen und Priester gerichtet hast?«

»Ich erinnere mich, o Herr, daß ich diese Frage schon an andere Asketen und Priester gerichtet habe.«

»Auf welche Weise aber, großer König, haben sie es dir erklärt?59 Wenn es dir nicht ungelegen ist, sage das.«

»Es ist mir, o Herr, nicht ungelegen, wenn der Erhabene zugegen ist, oder dem Erhabenen Ähnliche.«

»Wohlan denn, großer König, so rede.«

»Eines Tags einmal, o Herr, da bin ich zu Pūraṇo Kassapo gegangen. Zu ihm gekommen habe ich Pūraṇo Kassapo höflich begrüßt und freundliche, denkwürdige Worte mit ihm gewechselt und bin dann zur Seite gesessen. Zur Seite sitzend habe ich Pūraṇo Kassapo also angesprochen60: ›Wie es da etwa, o Kassapo, solche allgemeine Berufstände gibt, und zwar Elefantenführer, Rossebändiger, Wagenlenker, Bogenschützen –, und was eben noch andere dergleichen allgemeine Berufstände sind: die erlangen schon bei Lebzeiten einen sichtbaren Lohn ihrer Kunst und erfreuen und befriedigen sich selber damit, erfreuen und befriedigen Vater und Mutter, Weib und Kind, Freund und Genossen, geben auch61 davon in höherer Absicht an Asketen und Priester Gaben um heilsamer Fährte willen, um glücklich zu werden, in den Himmel zu kommen. Ist es nun möglich, o Kassapo, ebenso auch schon bei Lebzeiten einen sichtbaren Lohn der Asketenschaft aufzuweisen?‹ – Auf diese Frage, o Herr, hat mir Pūraṇo Kassapo also geantwortet: ›Was einer, großer König, begeht und begehn läßt: wer zerstört und zerstören läßt, wer quält und quälen läßt, wer Kummer und Plage schafft, wer schlägt und schlagen heißt, wer Lebendiges umbringt, Nichtgegebenes nimmt, in Häuser einbricht, fremdes Gut raubt, wer stiehlt, betrügt, Ehefrauen verführt, Lügen spricht: was einer begeht, er begeht keine Schuld. Und wer da gleich mit einer scharfgeschliffenen Schlachtscheibe alles Lebendige auf dieser Erde zu einer einzigen Masse Mus, zu einer einzigen Masse Brei machte, so hat er darum keine Schuld, begeht kein Unrecht. Und wer auch am südlichen Ufer des Ganges verheerend und mordend dahinzöge, zerstörte und zerstören ließe, quälte und quälen ließe, so hat er darum keine Schuld, begeht kein Unrecht: und wer auch am nördlichen Ufer des Ganges spendend und schenkend dahinzöge, Almosen gäbe und geben ließe, so hat er darum kein Verdienst, begeht nichts Gutes. Durch Milde, Sanftmut, Selbstverzicht, Wahrhaftigkeit erwirbt man kein Verdienst, begeht nichts Gutes.‹ Auf solche Weise hat mir, o Herr, Pūraṇo Kassapo, über den sichtbaren Lohn der Asketenschaft befragt, [39] Tatlosigkeit vorgetragen. Gleichwie etwa, o Herr, als wenn einer um eine Mangofrucht gebeten eine Tamarinde62 vorbrächte, oder um eine Tamarinde gebeten eine Mangofrucht vorbrächte: ebenso auch hat mir, o Herr, Pūraṇo Kassapo, über den sichtbaren Lohn der Asketenschaft befragt, Tatlosigkeit vorgetragen. Da hab' ich, o Herr, mir gesagt: ›Wie doch nur könnte meinesgleichen einen Asketen oder Priester, der in meinem Reiche lebt, zu mißbilligen denken!‹ So hab' ich denn, o Herr, des Pūraṇo Kassapo Rede weder gelobt noch getadelt: ohne Lob und ohne Tadel, unzufrieden unzufriedene Worte vermeidend, eben solche Worte zurückhaltend, erhob ich mich ohne Murren63 von meinem Sitze und ging fort.

Eines Tags einmal, o Herr, da bin ich zu Makkhali Gosālo gegangen. Auf meine Frage, o Herr, hat mir dann Makkhali Gosālo also geantwortet: ›Es gibt, großer König, keinen Anlaß, es gibt keinen Grund der Verderbnis der Wesen; ohne Anlaß, ohne Grund werden die Wesen verderbt. Es gibt keinen Anlaß, es gibt keinen Grund der Läuterung der Wesen; ohne Anlaß, ohne Grund werden die Wesen lauter. Es gibt keine Macht und keine Kraft, es gibt keine Mannesgewalt und keine Mannestapferkeit. Alle Wesen, alle Lebendigen, alle Gewordenen, alle Geborenen sind willenlos, machtlos, kraftlos. Notwendig kommen sie zustande und entwickeln sich zur Reife und empfinden je nach den sechs Arten von Dasein Wohl und Wehe. Und es gibt vierzehnmal hunderttausend und sechzigmal hundert und sechsmal hundert besondere Schoße der Entstehung; und der Taten gibt es fünfmal hundert, und fünf Taten, und drei Taten, und eine Tat, und halbe Tat; und zweiundsechzig Pfade gibt es, und zweiundsechzig Zwischenalter der Welt; und sechs Arten von Dasein; und es gibt acht Stätten für Menschen, und fünfzig weniger einmal hundert Lebensweisen, und fünfzig weniger einmal hundert Pilgerorden, und fünfzig weniger einmal hundert Schlangenreiche; und zwanzigmal hundert Sinneskräfte, und dreißig hundert Höllenwege gibt es; und sechsunddreißig Leidenschaften, und sieben bewußte Gebiete, sieben unbewußte Gebiete, sieben entbundene Gebiete; sieben der Götter, sieben der Menschen, sieben der Gespenster; sieben Seen, sieben Strudel; sieben Felsen, sieben Abgründe64; sieben Träume, siebenmal hundert Träume gibt es. Vierundachtzigmal hunderttausend der großen Weltalter müssen die Toren wie die Weisen durchwandern, durchwandeln, bis sie dem Leiden ein Ende machen werden. Da geht es nicht an: »Durch solche Übungen oder Gelübde, Kasteiung oder Entsagung will ich das noch nicht reif gewordene Werk zur Reife bringen, oder das reif gewordene Werk nach und nach zunichte machen«: das geht eben nicht. Nach dem Maße bemessen ist Wohl und Wehe. Die Wandelwelt hat bestimmte Grenzen; und man kann sie nicht mehren und nicht mindern, nicht schwellen und nicht schwinden lassen. Gleichwie sich [40] etwa ein Fadenknäul unten, den man aufwinden muß, nicht heranziehn läßt, ebenso auch müssen die Toren wie die Weisen die Welt durchwandern und durchwandeln, bis sie dem Leiden ein Ende machen werden65.‹ Auf solche Weise hat mir, o Herr, Makkhali Gosālo, über den sichtbaren Lohn der Asketenschaft befragt, Weltentwicklung vorgetragen. Gleichwie etwa, o Herr, als wenn einer um eine Mangofrucht gebeten eine Tamarinde vorbrächte, oder um eine Tamarinde gebeten eine Mangofrucht vorbrächte: ebenso auch hat mir, o Herr, Makkhali Gosālo, über den sichtbaren Lohn der Asketenschaft befragt, Weltentwicklung vorgetragen. Da hab' ich, o Herr, mir gesagt: ›Wie doch nur könnte meinesgleichen einen Asketen oder Priester, der in meinem Reiche lebt, zu mißbilligen denken!‹ So hab' ich denn, o Herr, des Makkhali Gosālo Rede weder gelobt noch getadelt: ohne Lob und ohne Tadel, unzufrieden unzufriedene Worte vermeidend, eben solche Worte zurückhaltend, erhob ich mich ohne Murren von meinem Sitze und ging fort.

Eines Tags einmal, o Herr, da bin ich zu Ajito Kesakambalo gegangen. Auf meine Frage, o Herr, hat mir dann Ajito Kesakambalo also geantwortet: ›Almosengeben, großer König, Verzichtleisten, Spenden – es ist alles eitel; es gibt keine Saat und Ernte guter und böser Werke; Diesseits und Jenseits sind leere Worte; Vater und Mutter und auch geistige Geburt sind hohle Namen; die Welt hat keine Asketen und Priester, die vollkommen und vollendet sind, die sich den Sinn dieser und jener Welt begreiflich machen, anschaulich vorstellen und erklären können. Aus den vier Hauptstoffen hier ist der Mensch entstanden; wann er stirbt geht das Erdige in die Erde ein, in die Erde über, geht das Flüssige in das Wasser ein, in das Wasser über, geht das Feurige in das Feuer ein, in das Feuer über, geht das Luftige in die Luft ein, in die Luft über, in den Raum zerstreuen sich die Sinne. Mit der Bahre zufünft schreiten die Leute mit dem Toten hinweg. Bis zur Verbrennung werden Sprüche gesungen. Dann bleichen die Knochen. Opfer werden entflammt, Geschenke ausgeteilt, als Almosen. Unsinn, Lüge, Gefasel bringen sie vor, die da behaupten, es gäbe etwas. Seien es Toren, seien es Weise: bei der Auflösung des Körpers zerfallen sie, gehn zugrunde, sind nicht mehr nach dem Tode.‹ Auf solche Weise hat mir, o Herr, Ajito Kesakambalo, über den sichtbaren Lohn der Asketenschaft befragt, Vernichtung vorgetragen. Da hab' ich, o Herr, wieder ohne Murren mich entfernt.

Eines Tags einmal, o Herr, da bin ich zu Pakudho Kaccāyano gegangen. Auf meine Frage, o Herr, hat mir dann Pakudho Kaccāyano also geantwortet: ›Sieben Elemente, großer König, gibt es, Urstoffe, urstoffartig, ungebildet, ungeformt, starr, giebelständig, grundfest gegründet. Sie regen sich nicht, verändern sich nicht, wirken nicht aufeinander ein, können sich gegenseitig nicht wohltun, nicht wehtun, nicht wohl-und wehtun. Welche sieben sind [41] es? Erde, Wasser, Feuer, Luft, Wohl, Wehe und siebentens Leben. Diese sieben Elemente sind Urstoffe, urstoffartig, ungebildet, ungeformt, starr, giebelständig, grundfest gegründet. Sie regen sich nicht, verändern sich nicht, wirken nicht aufeinander ein, können sich gegenseitig nicht wohltun, nicht wehtun, nicht wohl- und wehtun. Da gibt es keinen der mordet oder töten läßt, keinen der hört oder hören läßt, keinen der weiß oder wissen läßt. Wenn auch einer mit scharfem Schwerte das Haupt abschlägt, so raubt keiner irgendwem das Leben: nur eben zwischen dem Abstande der sieben Elemente fährt das Schwert hindurch.‹ Auf solche Weise hat mir, o Herr, Pakudho Kaccāyano, über den sichtbaren Lohn der Asketenschaft befragt, Gegenständigkeit vorgetragen. Da hab' ich, o Herr, wieder ohne Murren mich entfernt.

Eines Tags einmal, o Herr, da bin ich zu Nāthaputto, dem Freien Bruder, gegangen. Auf meine Frage, o Herr, hat mir dann Nāthaputto der Freie Bruder also geantwortet: ›Da ist, großer König, ein Freier Bruder vierfach gezügelt in fester Zucht: wie aber, großer König, ist ein Freier Bruder vierfach gezügelt in fester Zucht? Da hat, großer König, ein Freier Bruder jeden Born sich verboten, jeden Born sich verwehrt, jeden Born sich verwiesen, jeden Born sich versagt: also, großer König, ist ein Freier Bruder vierfach gezügelt in fester Zucht. Sobald, großer König, ein Freier Bruder also vierfach gezügelt ist in fester Zucht, dann heißt man ihn, großer König, Freien Bruder: selbstgängig, selbstwendig, selbständig66.‹ Auf solche Weise hat mir, o Herr, Nāthaputto der Freie Bruder, über den sichtbaren Lohn der Asketenschaft befragt, vierfache Zügelung in fester Zucht vorgetragen. Da hab' ich, o Herr, wieder ohne Murren mich entfernt.

Eines Tags einmal, o Herr, da bin ich zu Sañjayo Belaṭṭhaputto gegangen. Auf meine Frage, o Herr, hat mir dann Sañjayo Belaṭṭhaputto also geantwortet: ›»Gibt es eine andere Welt?«, wenn du mich, großer König, so fragst, und ich wüßte »Es gibt eine andere Welt«, würde ich insofern »Es gibt eine andere Welt« erklären: aber das paßt mir nicht, und auch so paßt es mir nicht, und auch anders paßt es mir nicht, und auch mit nein paßt es mir nicht, und auch mit nicht nein paßt es mir nicht. »Gibt es keine andere Welt«, »Gibt es und gibt es keine andere Welt«, »Gibt es weder, noch auch gibt es nicht eine andere Welt«, »Gibt es eine geistige Geburt«, »Gibt es keine geistige Geburt«, »Gibt es und gibt es keine geistige Geburt«, »Gibt es weder, noch auch gibt es nicht eine geistige Geburt«, »Gibt es eine Saat und Ernte guter und böser Werke«, »Gibt es keine Saat und Ernte guter und böser Werke«, »Gibt es und gibt es keine Saat und Ernte guter und böser Werke«, »Gibt es weder, noch auch gibt es nicht eine Saat und Ernte guter und böser Werke«, »Besteht ein Vollendeter jenseit des Todes«, »Besteht ein Vollendeter nicht jenseit des Todes«, »Besteht ein Vollendeter und besteht nicht jenseit des Todes«, »Besteht [42] weder, noch auch besteht nicht ein Vollendeter jenseit des Todes?«, wenn du mich, großer König, so fragst, und ich wüßte es so, würde ich es insofern erklären: aber das paßt mir nicht, und auch so paßt es mir nicht, aber auch anders paßt es mir nicht, und auch mit nein paßt es mir nicht, und auch mit nicht nein paßt es mir nicht.‹ Auf solche Weise hat mir, o Herr, Sañjayo Belaṭṭhaputto, über den sichtbaren Lohn der Asketenschaft befragt, Verwicklung vorgetragen. Da hab' ich, o Herr, mir gesagt: ›Dieser hier ist unter den Asketen und Priestern ein ganz Betörter, ein ganz Verstörter. Denn wie hätte er sonst, über den sichtbaren Lohn der Asketenschaft befragt, Verwicklung vortragen können?‹ So bin ich, o Herr, wieder ohne Murren von dannen gezogen.

Nun frag' ich, o Herr, auch den Erhabenen: wie es da etwa, o Herr, solche allgemeine Berufstände gibt, und zwar Elefantenführer, Rossebändiger, Wagenlenker, Bogenschützen, Herolde, Gesandte, Almoseniere, Großmeister, Fürsten, Herzöge, Marschälle, Hauptleute, Schildträger, Handlangervolk, Köche, Haarschneider, Bader, Brauer, Gärtner, Wäscher, Weber, Korbflechter, Töpfer, Rechner, Schreiber, und was eben noch andere dergleichen Berufstände sind: die erlangen schon bei Lebzeiten einen sichtbaren Lohn ihrer Kunst. Damit erfreuen und befriedigen sie selber sich, erfreuen und befriedigen Vater und Mutter, erfreuen und befriedigen Weib und Kind, erfreuen und befriedigen Freund und Genossen, geben an Asketen und Priester in höherer Absicht Gaben dahin um heilsamer Fährte willen, um glücklich zu werden, in den Himmel zu kommen. Ist es nun möglich, o Herr, ebenso auch schon bei Lebzeiten einen sichtbaren Lohn der Asketenschaft aufzuweisen?«

»Es ist möglich, großer König67. Da will ich dir nun, großer König, eben hierüber eine Frage stellen: wie es dir gutdünkt magst du sie beantworten. Was meinst du wohl, großer König: du hättest hier einen Mann als Knecht und Diener, der vor dir aufsteht und nach dir sich hinlegt, auf deine Befehle horcht, immer entgegenkommt, freundlich redet, jede Miene erspäht. Der sagte sich nun: ›Ach wie erstaunlich, wie doch so wunderbar ist der Verdienste Wandel, der Verdienste Vergeltung! Dieser König von Magadhā Ajātasattu, der Sohn der Videherin, ist nur ein Mensch, und auch ich bin ein Mensch. Aber dieser König von Magadhā Ajātasattu, der Sohn der Videherin, kann dem Gebrauch und Genuß der fünf Begehrungen nachgehn wie ein Gott: ich dagegen bin sein Knecht und Diener68, der vor ihm aufsteht und nach ihm sich hinlegt, auf seine Befehle horcht, immer entgegenkommt, freundlich redet, jede Miene erspäht. So will denn auch ich wie er Verdienste erwerben. Wie, wenn ich nun, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge?‹ Der sei dann später, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, von Hause fort in die Hauslosigkeit gezogen. Also Pilger geworden [43] sei er in Taten wohlgewahrt, in Worten wohlgewahrt, in Gedanken wohlgewahrt, mit der Notdurft an Atzung und Kleidung zufrieden, fröhlich in seiner Einsamkeit. Wenn dir nun von diesem deine Leute berichteten: ›Ach ja, Majestät, weißt du es schon, jener Mann, der dein Knecht und Diener war, vorher aufstand, nachher sich hinlegte, auf die Befehle horchte, immer entgegenkam, freundlich redete, jede Miene erspähte: der, Majestät, ist mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinausgezogen; also Pilger geworden ist er in Taten wohlgewahrt, in Worten wohlgewahrt, in Gedanken wohlgewahrt, mit der Notdurft an Atzung und Kleidung zufrieden, fröhlich in seiner Einsamkeit‹: würdest du etwa da sagen: ›Bringt mir den Mann herbei, er soll nur wieder Knecht und Diener sein, vorher aufstehn, nachher sich hinlegen, auf die Befehle horchen, immer entgegenkommen, freundlich reden, jede Miene erspähn‹?«

»Gewiß nicht, o Herr: sondern wir eben würden ihn ehrerbietig begrüßen, uns vor ihm erheben und ihn zu sitzen einladen, ihn bitten Kleidung, Speise, Lager und Arzenei für den Fall einer Krankheit anzunehmen, würden ihm wie sich's gebührt Schutz und Schirm und Obhut angedeihen lassen.«

»Was meinst du wohl, großer König: wenn es sich also verhält, gibt es dann einen sichtbaren Lohn der Asketenschaft, oder gibt es keinen?«

»Allerdings, o Herr: da es sich also verhält, gibt es einen sichtbaren Lohn der Asketenschaft.«

»Das hab' ich dir, großer König, zum ersten als einen schon bei Lebzeiten sichtbaren Lohn der Asketenschaft aufgewiesen.«

»Ist es aber möglich, o Herr, noch einen anderen, ebenso auch schon bei Lebzeiten sichtbaren Lohn der Asketenschaft aufzuweisen?«

»Es ist möglich, großer König. Da will ich denn, großer König, eben wiederum an dich eine Frage richten: wie es dir gutdünkt magst du sie beantworten. Was meinst du wohl, großer König: du hättest hier einen Mann als Landbauer, Bürger, Arbeitgeber, Schatzvermehrer69. Der sagte sich nun: ›Ach wie erstaunlich, wie doch so wunderbar ist der Verdienste Wandel, der Verdienste Vergeltung70! Dieser König von Magadhā Ajātasattu, der Sohn der Videherin, ist nur ein Mensch, und auch ich bin ein Mensch. Aber dieser König von Magadhā Ajātasattu, der Sohn der Videherin, kann dem Gebrauch und Genuß der fünf Begehrungen nachgehn wie ein Gott: ich dagegen bin sein Landbauer, Bürger, ein Arbeitgeber, Schatzvermehrer. So will denn auch ich wie er Verdienste erwerben. Wie, wenn ich nun, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge?‹ Der habe dann später einen kleinen Besitz oder einen großen Besitz verlassen, einen kleinen Verwandtenkreis oder einen großen Verwandtenkreis [44] verlassen, Haar und Bart abgeschoren, die fahlen Gewänder angelegt und sei von Hause fort in die Hauslosigkeit gezogen. Also Pilger geworden sei er in Taten wohlgewahrt, in Worten wohlgewahrt, in Gedanken wohlgewahrt, mit der Notdurft an Atzung und Kleidung zufrieden, fröhlich in seiner Einsamkeit. Wenn dir nun von diesem deine Leute berichteten: ›Ach ja, Majestät, weißt du es schon, jener Mann, der dein Landbauer und Bürger war, der Arbeitgeber und Schatzvermehrer: der, Majestät, ist mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinausgezogen; also Pilger geworden ist er in Taten wohlgewahrt, in Worten wohlgewahrt, in Gedanken wohlgewahrt, mit der Notdurft an Atzung und Kleidung zufrieden, fröhlich in seiner Einsamkeit‹: würdest du etwa da sagen: ›Bringt mir den Mann herbei, er soll nur wieder Landbauer und Bürger sein, Arbeitgeber und Schatzvermehrer‹?«

»Gewiß nicht, o Herr: sondern wir eben würden ihn ehrerbietig begrüßen, uns vor ihm erheben und ihn zu sitzen einladen, ihn bitten Kleidung, Speise, Lager und Arzenei für den Fall einer Krankheit anzunehmen, würden ihm wie sich's gebührt Schutz und Schirm und Obhut angedeihen lassen.«

»Was meinst du wohl, großer König: wenn es sich also verhält, gibt es dann einen sichtbaren Lohn der Asketenschaft, oder gibt es keinen?«

»Allerdings, o Herr: da es sich also verhält, gibt es einen sichtbaren Lohn der Asketenschaft.«

»Das hab' ich dir, großer König, zum zweiten als einen schon bei Lebzeiten sichtbaren Lohn der Asketenschaft aufgewiesen71

»Ist es aber möglich, o Herr, noch einen anderen schon bei Lebzeiten sichtbaren Lohn der Asketenschaft aufzuweisen, der vortrefflicher und erlesener wäre als dieser bisher?«

»Es ist möglich, großer König. Wohlan denn, großer König, so höre und achte wohl auf meine Rede.«

»Gern, o Herr!« sagte da aufmerksam der König von Magadhā Ajātasattu, der Sohn der Videherin, zum Erhabenen. Der Erhabene sprach also:

»Da erscheint, großer König, der Vollendete in der Welt, der Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der Männerherde, der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene. Er zeigt diese Welt mit ihren Göttern, ihren bösen und heiligen Geistern, mit ihrer Schar von Priestern und Büßern, Göttern und Menschen, nachdem er sie selbst verstanden und durchdrungen hat. Er verkündet die Lehre, deren Anfang begütigt, deren Mitte begütigt, deren Ende begütigt, die sinn- und wortgetreue, er legt das vollkommen geläuterte, geklärte Asketentum dar. – Diese Lehre hört ein Hausvater, oder der Sohn eines Hausvaters, oder einer, der in anderem [45] Stande neugeboren ward. Nachdem er diese Lehre gehört hat, faßt er Vertrauen zum Vollendeten. Von diesem Vertrauen erfüllt denkt und überlegt er also: ›Ein Gefängnis ist die Häuslichkeit, ein Schmutzwinkel; der freie Himmelsraum die Pilgerschaft. Nicht wohl geht es, wenn man im Hause bleibt, das völlig geläuterte, völlig geklärte Asketentum Punkt für Punkt zu erfüllen. Wie, wenn ich nun, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge?‹ So gibt er denn später einen kleinen Besitz oder einen großen Besitz auf, hat einen kleinen Verwandtenkreis oder einen großen Verwandtenkreis verlassen und ist mit geschorenem Haar und Barte, im fahlen Gewande von Hause fort in die Hauslosigkeit gezogen. – Also Pilger geworden bleibt er in reiner Zucht richtig gezügelt, lauter im Handel und Wandel: vor geringstem Fehl auf der Hut kämpft er beharrlich weiter, Schritt um Schritt; in Taten und Worten heilsam beflissen lebt er rein, ist tüchtig in Tugend, hütet die Tore der Sinne, gewappnet mit klarem Bewußtsein, zufrieden.

Wie aber, großer König, ist der Mönch tüchtig in Tugend? Da hat, großer König, der Mönch Lebendiges umzubringen verworfen, Lebendiges umzubringen liegt ihm fern: ohne Stock, ohne Schwert, fühlsam, voll Teilnahme, hegt er zu allen lebenden Wesen Liebe und Mitleid. Das eben gilt ihm als Tugend. – Nichtgegebenes zu nehmen hat er verworfen, vom Nehmen des Nichtgegebenen hält er sich fern: Gegebenes nimmt er, Gegebenes wartet er ab, nicht diebisch gesinnt, rein gewordenen Herzens. Das eben gilt ihm als Tugend. – Die Unkeuschheit hat er verworfen, keusch lebt er: fern zieht er hin, entraten der Paarung, dem gemeinen Gesetze. Das eben gilt ihm als Tugend. – Lüge hat er verworfen, von Lüge hält er sich fern: die Wahrheit spricht er, der Wahrheit ist er ergeben, standhaft, vertrauenswürdig, kein Heuchler und Schmeichler der Welt. Das eben gilt ihm als Tugend. – Das Ausrichten hat er verworfen, vom Ausrichten hält er sich fern: was er hier gehört hat erzählt er dort nicht wieder um jene zu entzweien, und was er dort gehört hat erzählt er hier nicht wieder um diese zu entzweien; so einigt er Entzweite, festigt Verbundene, Eintracht macht ihn froh, Eintracht freut ihn, Eintracht beglückt ihn, Eintracht fördernde Worte spricht er. Das eben gilt ihm als Tugend. – Barsche Worte hat er verworfen, von barschen Worten hält er sich fern: Worte, die frei von Schimpf sind, dem Ohre wohltuend, liebreich, zum Herzen dringend, höflich, viele erfreuend, viele erhebend, solche Worte spricht er. Das eben gilt ihm als Tugend. – Plappern und Plaudern hat er verworfen, von Plappern und Plaudern hält er sich fern: zur rechten Zeit spricht er, den Tatsachen gemäß, auf den Sinn bedacht, der Lehre und Ordnung getreu, seine Rede ist reich an Inhalt, gelegentlich mit Gleichnissen geschmückt, klar und be stimmt, ihrem Gegenstande angemessen. Das eben[46] gilt ihm als Tugend. – Sämereien und Pflanzungen anzulegen hat er verschmäht. Einmal des Tags nimmt er Nahrung zu sich, nachts ist er nüchtern, fern liegt es ihm zur Unzeit zu essen. Von Tanz, Gesang, Spiel, Schaustellungen hält er sich fern. Kränze, Wohlgerüche, Salben, Schmuck, Zierrat, Putz weist er ab. Hohe, prächtige Lagerstätten verschmäht er. Gold und Silber nimmt er nicht an. Rohes Getreide nimmt er nicht an. Rohes Fleisch nimmt er nicht an. Frauen und Mädchen nimmt er nicht an. Diener und Dienerinnen nimmt er nicht an. Ziegen und Schafe nimmt er nicht an. Hühner und Schweine nimmt er nicht an. Elefanten, Rinder und Rosse nimmt er nicht an. Haus und Feld nimmt er nicht an. Botschaften, Sendungen, Aufträge übernimmt er nicht. Von Kauf und Verkauf hält er sich fern. Von falschem Maß und Gewicht hält er sich fern. Von den schiefen Wegen der Bestechung, Täuschung, Niedertracht hält er sich fern. Von Raufereien, Schlägereien, Händeln, vom Rauben, Plündern und Zwingen hält er sich fern. Das eben gilt ihm als Tugend.

Ein solcher Mönch nun, großer König, also tüchtig in Tugend, kann nicht irgendwoher noch Gefahr erspähn, weil er ja tüchtig gerüstet ist. Gleichwie etwa, großer König, ein gesalbter Kriegerfürst, wann er den Feind niedergestreckt hat72, nicht irgendwoher noch Gefahr erspähn kann, weil er ja tapfer gegenübersteht: ebenso auch, großer König, kann nun der Mönch, also tüchtig in Tugend, nicht irgendwoher noch Gefahr erspähn, weil er ja tüchtig gerüstet ist. Durch die Erfüllung dieser heiligen Tugendsatzung empfindet er ein inneres fleckenloses Glück. Also ist der Mönch, großer König, tüchtig in Tugend.

Wie aber, großer König, hütet der Mönch die Tore der Sinne? Hat da, großer König, der Mönch mit dem Gesichte eine Form erblickt, so faßt er keine Neigung, faßt keine Absicht. Da Begierde und Mißmut, böse und schlechte Gedanken gar bald den überwältigen, der unbewachten Gesichtes verweilt, befleißigt er sich dieser Bewachung, er hütet das Gesicht, er wacht eifrig über das Gesicht. Hat er mit dem Gehöre einen Ton gehört, hat er mit dem Geruche einen Duft gerochen, hat er mit dem Geschmacke einen Saft geschmeckt, hat er mit dem Getaste eine Tastung getastet, hat er mit dem Gedenken ein Ding erkannt, so faßt er keine Neigung, faßt keine Absicht. Da Begierde und Mißmut, böse und schlechte Gedanken gar bald den überwältigen, der unbewachten Gedenkens verweilt, befleißigt er sich dieser Bewachung, er hütet das Gedenken, er wacht eifrig über das Gedenken. Durch die Erfüllung dieser heiligen Sinnenzügelung empfindet er ein inneres ungetrübtes Glück. Also hütet, großer König, der Mönch die Tore der Sinne.

Wie aber, großer König, ist der Mönch mit klarem Bewußtsein gewappnet? Da ist großer König, der Mönch klar bewußt beim Kommen und Gehn, [47] klar bewußt beim Hinblicken und Wegblicken, klar bewußt regt und bewegt er sich, klar bewußt trägt er des Ordens Gewand und Almosenschale, klar bewußt ißt er und trinkt er, kaut er und schmeckt er, klar bewußt entleert er Kot und Harn, klar bewußt geht er und steht er und sitzt er, schläft er ein, wacht er auf, spricht er und schweigt er. Also ist, großer König, der Mönch mit klarem Bewußtsein gewappnet.

Wie aber, großer König, ist der Mönch zufrieden? Da ist, großer König, der Mönch zufrieden mit dem Gewande, das seinen Leib deckt, mit der Almosenspeise, die sein Leben fristet; wohin er auch pilgert, nur mit dem Gewande und der Almosenschale versehn pilgert er. Gleichwie da etwa, großer König, ein beschwingter Vogel, wohin er auch fliegt, nur mit der Last seiner Federn fliegt: ebenso auch, großer König, ist der Mönch zufrieden mit dem Gewande, das seinen Leib deckt, mit der Almosenspeise, die sein Leben fristet; wohin er auch pilgert, nur mit dem Gewande und der Almosenschale versehn pilgert er. Also ist, großer König, der Mönch zufrieden73.

Treu dieser heiligen Tugendsatzung, treu dieser heiligen Sinnenzügelung, treu dieser heiligen klaren Einsicht, treu dieser heiligen Zufriedenheit sucht er einen abgelegenen Ruheplatz auf, einen Hain, den Fuß eines Baumes, eine Felsengrotte, eine Bergesgruft, einen Friedhof, die Waldesmitte, ein Streulager in der offenen Ebene. Nach dem Mahle, wenn er vom Almosengange zurückgekehrt ist, setzt er sich mit verschränkten Beinen nieder, den Körper gerade aufgerichtet, und pflegt der Einsicht. Er hat weltliche Begierde verworfen und verweilt begierdelosen Gemütes, von Begierde läutert er sein Herz. Gehässigkeit hat er verworfen, haßlosen Gemütes verweilt er, voll Liebe und Mitleid zu allen lebenden Wesen läutert er sein Herz von Gehässigkeit. Matte Müde hat er verworfen, von matter Müde ist er frei; das Licht liebend, einsichtig, klar bewußt, läutert er sein Herz von matter Müde. Stolzen Unmut hat er verworfen, er ist frei von Stolz; innig beruhigten Gemütes läutert er sein Herz von stolzem Unmut. Das Schwanken hat er verworfen, der Ungewißheit ist er entronnen; er zweifelt nicht am Guten, vom Schwanken läutert er sein Herz.

Gleichwie etwa, großer König, wenn ein Mann, von Schulden bedrückt, sich in Geschäfte einließe; diese Geschäfte aber nähmen einen gedeihlichen Ausgang für ihn, so daß er seine alte Schuldenlast tilgen könnte und ihm sogar noch ein Übriges bliebe um ein Weib auszuhalten; der sagte sich nun: ›Ich habe mich früher, von Schulden bedrückt, in Geschäfte eingelassen, und diese sind mir nun gediehen; jetzt hab' ich meine alte Schuldenlast getilgt und besitze sogar noch ein Übriges um ein Weib aushalten zu können‹: darüber freute er sich, wäre fröhlich gestimmt;

gleichwie etwa, großer König, wenn ein Mann siech wäre, leidend, von schwerer [48] Krankheit betroffen, keine Nahrung vertrüge, keine Kraft mehr im Leibe hätte; später dann wiche aber das Gebresten von ihm, die Nahrung bekäme ihm wohl, er fühlte sich wieder kräftig im Leibe; der sagte sich nun: ›Ich war früher siech, leidend, schwer krank, die Nahrung bekam mir nicht, mein Leib war kraftlos; jetzt aber bin ich von dieser Krankheit genesen, die Nahrung schlägt mir an, ich fühle mich wieder leibeskräftig‹: darüber freute er sich, wäre fröhlich gestimmt;

gleichwie etwa, großer König, wenn ein Mann im Kerker schmachtete; später dann würde er aber aus dem Kerker befreit, heil und sicher, und nicht den geringsten Verlust an seinem Vermögen erleiden; der sagte sich nun: ›Ich habe früher im Kerker geschmachtet; jetzt aber bin ich aus dem Kerker erlöst, heil und sicher, und habe nicht den geringsten Verlust an meinem Vermögen erlitten‹: darüber freute er sich, wäre fröhlich gestimmt;

gleichwie etwa, großer König, wenn ein Mann Knecht wäre, nicht sein eigener Herr, von anderen abhängig, nicht gehn könnte wohin er wollte; später dann würde er aber dieser Knechtschaft enthoben, wäre sein eigener Herr, unabhängig von anderen, ein freier Mann, könnte gehn wohin er wollte; der sagte sich nun: ›Ich war früher Knecht, nicht mein eigener Herr, von anderen abhängig, konnte nicht gehn wohin ich wollte; jetzt aber bin ich dieser Knechtschaft enthoben, mein eigener Herr, unabhängig von anderen, ein freier Mann, wo ich will kann ich hingehn‹: darüber freute er sich, wäre fröhlich gestimmt;

gleichwie etwa, großer König, wenn ein Mann mit Hab' und Gut auf einer öden langen Landstraße dahinzöge, wo kein Rasthaus einlädt, wo man schlimme Gefahr läuft; später dann gelangte er aber aus dieser Öde heraus und erreichte glücklich den Rand eines Dorfes, wo man sicher, geborgen ist; der sagte sich nun: ›Ich bin früher mit Hab' und Gut auf einer öden langen Landstraße dahingezogen, wo kein Rasthaus einlädt, wo man schlimme Gefahr läuft; jetzt aber liegt diese Öde hinter mir, und ich habe glücklich den Rand eines Dorfes erreicht, wo ich sicher, geborgen bin‹: darüber freute er sich, wäre fröhlich gestimmt:

Ebenso nun auch, großer König, mag der Mönch als Schuldenlast, als Krankheit, als Kerker, als Knechtschaft, als öde lange Landstraße jene fünf in ihm hausenden Hemmungen betrachten74; gleichwie aber, großer König, die Schuldentilgung, wie die Gesundheit, wie die Befreiung aus dem Kerker, wie den Herrenstand, wie die sicher umgrenzte Stätte: ebenso auch, großer König, mag der Mönch jene fünf in ihm aufgehobenen Hemmungen betrachten.

Während er so diese fünf Hemmungen in sich aufgehoben erkennt, wird er freudig bewegt. Freudig bewegt wird er heiter. Heiteren Herzens wird der Körper beschwichtigt. Körperbeschwichtigt fühlt er sich wohl. Sich wohl [49] fühlend wird sein Geist einig75. So gewinnt er, gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen, in sinnend gedenkender ruhegeborener seliger Heiterkeit, die Weihe der ersten Schauung. Diesen Leib da durchdringt und durchtränkt er nun, erfüllt ihn und sättigt ihn mit ruhegeborener seliger Heiterkeit, so daß nicht der kleinste Teil seines Körpers von ruhegeborener seliger Heiterkeit ungesättigt bleibt.

Gleichwie etwa, großer König, ein gewandter Bader oder Badergeselle auf ein erzernes Becken Seifenpulver streut und mit Wasser versetzt, verreibt und vermischt, so daß sein Schaumball völlig durchfeuchtigt, innen und außen mit Feuchtigkeit gesättigt ist und nichts herabträufelt: ebenso auch, großer König, durchdringt und durchtränkt, erfüllt und sättigt nun der Mönch diesen Leib da mit ruhegeborener seliger Heiterkeit, so daß nicht der kleinste Teil seines Körpers von ruhegeborener seliger Heiterkeit ungesättigt bleibt. – Das aber, großer König, ist ein sichtbarer Lohn der Asketenschaft, vortrefflicher noch und erlesener als es der frühere war.

Weiter sodann, großer König: nach Vollendung des Sinnens und Gedenkens erreicht der Mönch die innere Meeresstille, die Einheit des Gemütes, die von sinnen, von gedenken freie, in der Einigung geborene selige Heiterkeit, die Weihe der zweiten Schauung. Diesen Leib da durchdringt und durchtränkt er nun, erfüllt ihn und sättigt ihn mit der in der Einigung geborenen seligen Heiterkeit, so daß nicht der kleinste Teil seines Körpers von der in der Einigung geborenen seligen Heiterkeit ungesättigt bleibt.

Gleichwie etwa, großer König, ein See mit unterirdischer Quelle, in den sich kein Bach von Osten oder Westen, von Norden oder Süden ergösse, keine Wolke von Zeit zu Zeit mit tüchtigem Gusse darüber hinwegzöge, in welchem nur die kühle Quelle des Grundes emporwellte und diesen See völlig durchdränge, durchtränkte, erfüllte und sättigte, so daß nicht der kleinste Teil des Sees von kühlem Wasser ungesättigt bliebe: ebenso auch, großer König, durchdringt und durchtränkt, erfüllt und sättigt nun der Mönch diesen Leib da mit der in der Einigung geborenen seligen Heiterkeit, so daß nicht der kleinste Teil seines Körpers von der in der Einigung geborenen seligen Heiterkeit ungesättigt bleibt. Das aber, großer König, ist ein sichtbarer Lohn der Asketenschaft, vortrefflicher noch und erlesener als es der frühere war.

Weiter sodann, großer König: in heiterer Ruhe verweilt der Mönch gleichmütig, einsichtig, klar bewußt, ein Glück empfindet er im Körper, von dem die Heiligen sagen: ›Der gleichmütig Einsichtige lebt beglückt‹; so erwirkt er die Weihe der dritten Schauung. Diesen Leib da durchdringt und durchtränkt er nun, erfüllt ihn und sättigt ihn mit entseligter Heiterkeit, so daß nicht der kleinste Teil seines Körpers von entseligter Heiterkeit ungesättigt bleibt.

[50] Gleichwie etwa, großer König, in einem Lotusweiher einzelne blaue oder rote oder weiße Lotusrosen im Wasser entstehn, im Wasser sich entwickeln, unter dem Wasserspiegel bleiben, aus der Wassertiefe Nahrung aufsaugen und ihre Blüten und ihre Wurzeln von kühlem Wasser durchdrungen, durchtränkt, erfüllt und gesättigt sind, so daß nicht der kleinste Teil jeder blauen oder roten oder weißen Lotusrose von kühlem Naß ungesättigt bleibt: ebenso auch, großer König, durchdringt und durchtränkt, erfüllt und sättigt nun der Mönch diesen Leib da mit entseligter Heiterkeit, so daß nicht der kleinste Teil seines Körpers von entseligter Heiterkeit ungesättigt bleibt. Das aber, großer König, ist ein sichtbarer Lohn der Asketenschaft, vortrefflicher noch und erlesener als es der frühere war.

Weiter sodann, großer König: nach Verwerfung der Freuden und Leiden, nach Vernichtung des einstigen Frohsinns und Trübsinns erwirkt der Mönch die leidlose, freudlose, gleichmütig einsichtige vollkommene Reine, die Weihe der vierten Schauung. Er setzt sich hin und bedeckt diesen Leib da mit geläutertem Gemüte, geklärtem, so daß nicht der kleinste Teil seines Körpers von dem geläuterten Gemüte, dem geklärten, unbedeckt bleibt.

Gleichwie etwa, großer König, wenn sich ein Mann vom Scheitel bis zur Sohle in einen weißen Mantel eingehüllt niedersetzte, so daß nicht der kleinste Teil seines Leibes von dem weißen Mantel unbedeckt bliebe: ebenso auch, großer König, setzt sich der Mönch nieder und hat nun diesen Leib da mit geläutertem Gemüte, mit geklärtem, überzogen, so daß nicht der kleinste Teil seines Körpers von dem geläuterten Gemüte, dem geklärten, unbedeckt bleibt. Das aber, großer König, ist ein sichtbarer Lohn der Asketenschaft, vortrefflicher noch und erlesener als es der frühere war.

Solchen Gemütes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtet und lenkt er das Gemüt auf die Wissensklarheit. Er erkennt nun: ›Das ist mein Leib, der gestaltet, aus den vier Hauptstoffen entstanden, von Vater und Mutter gezeugt, durch Speise und Trank entwickelt, dem Vergehn, dem Untergang, der Aufreibung, Auflösung, der Zerstörung verfallen ist; das hingegen ist mein Bewußtsein, daran gebunden, daran geknüpft‹.

Gleichwie etwa, großer König, wenn da ein Juwel wäre, ein Edelstein, von reinem Wasser76, achteckig, wohl bearbeitet, klar, durchsichtig, mit jeder Eigenschaft begabt; und ein Faden wäre daran befestigt, ein blauer oder ein gelber, ein roter oder ein weißer, ein grauer Faden; und es hätte ihn ein scharfsehender Mann um die Hand geschlungen und betrachtete ihn: ›Das ist ein Juwel, ein Edelstein, von reinem Wasser, achteckig, wohl bearbeitet, klar, durchsichtig, mit jeder Eigenschaft begabt; und ein Faden ist daran befestigt, ein blauer, oder ein gelber, ein roter, oder ein weißer, ein grauer Faden‹: [51] ebenso auch, großer König, erkennt nun der Mönch: ›Das ist mein Leib, der gestaltet, aus den vier Hauptstoffen entstanden, von Vater und Mutter gezeugt, durch Speise und Trank entwickelt, dem Vergehn, dem Untergang, der Aufreibung, Auflösung, der Zerstörung verfallen ist; das hingegen ist mein Bewußtsein, daran gebunden, daran geknüpft77.‹ Das aber, großer König, ist ein sichtbarer Lohn der Asketenschaft, vortrefflicher noch und erlesener als es der frühere war.

Solchen Gemütes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtet und lenkt er das Gemüt auf die Schöpfung einer geistigen Gestalt. So läßt er aus diesem Leibe einen anderen Leib hervorgehn, formhaft, geistig gestaltet, mit allen Gliedern begliedert, sinnenfällig.

Gleichwie etwa, großer König, wenn ein Mann einem Rohre den Halm auszöge und sich sagte: ›Das ist das Rohr, das ist der Halm, eins ist das Rohr, eins ist der Halm: aus dem Rohre hab' ich ja den Halm gezogen‹; oder gleichwie etwa, großer König, wenn ein Mann das Schwert aus der Scheide zöge und sich sagte: ›Das ist das Schwert, das ist die Scheide, eins ist das Schwert, eins ist die Scheide: aus der Scheide hab' ich ja das Schwert gezogen‹; oder gleichwie etwa, großer König, wenn ein Mann eine Schlange aus dem Korbe nähme und sich sagte: ›Das ist die Schlange, das ist der Korb, eins ist die Schlange, eins ist der Korb: aus dem Korbe hab' ich ja die Schlange genommen‹: ebenso auch, großer König, läßt nun der Mönch aus diesem Leibe einen anderen Leib hervorgehn, formhaft, geistig gestaltet, mit allen Gliedern begliedert, sinnenfällig78. Das aber, großer König, ist ein sichtbarer Lohn der Asketenschaft, vortrefflicher noch und erlesener als es der frühere war.

Solchen Gemütes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtet und lenkt er das Gemüt auf die Entfaltung von Macht. So mag er auf mannigfaltige Weise Machtentfaltung an sich erfahren: als nur einer etwa vielfach zu werden, und vielfach geworden wie der einer zu sein; oder sichtbar und unsichtbar zu werden; auch durch Mauern, Wälle, Felsen hindurchzuschweben wie durch die Luft; oder auf der Erde auf-und unterzutauchen wie im Wasser; auch auf dem Wasser zu wandeln ohne unterzusinken wie auf der Erde; oder auch durch die Luft sitzend dahinzufahren wie der Vogel mit seinen Fittichen; auch etwa diesen Mond und diese Sonne, die so mächtigen, so gewaltigen mit der Hand zu befühlen und zu berühren; etwa gar bis zu den Brahmawelten den Körper in seiner Gewalt zu haben.

Gleichwie etwa, großer König, ein geschickter Töpfer oder Töpfergeselle was immer auch für Tonsachen er wollte aus wohlbereitetem Tone anfertigen und herstellen könnte; oder gleichwie etwa, großer König, ein geschickter [52] Drechsler oder Drechslergeselle was immer auch für Elfenbeinsachen er wollte aus wohlbereitetem Elfenbein anfertigen und herstellen könnte; oder gleichwie etwa, großer König, ein geschickter Goldschmied oder Goldschmiedgeselle was immer auch für Goldsachen er wollte aus wohlbereitetem Golde anfertigen und herstellen könnte: ebenso auch, großer König, mag nun der Mönch auf mannigfaltige Weise Machtentfaltung erfahren79. Das aber, großer König, ist ein sichtbarer Lohn der Asketenschaft, vortrefflicher noch und erlesener als es der frühere war.

Solchen Gemütes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtet und lenkt er das Gemüt auf die himmlische Hörkraft. So kann er mit dem himmlischen Gehör, dem geläuterten, über menschliche Grenzen hinausreichenden, beide Arten der Töne hören, die himmlischen und die irdischen, die fernen und die nahen.

Gleichwie etwa, großer König, wenn ein Mann auf einer langen Landstraße dahinzöge, und er hörte Paukenschall, oder Trommelwirbel, oder Muscheln, Trompeten, Hörner blasen; der sagte sich nun: ›Das ist Paukenschall‹, ›Das ist Trommelwirbel‹, ›Das ist Muschel-, Trompeten-, Hörnerblasen‹: ebenso auch, großer König, kann nun der Mönch mit dem himmlischen Gehör, dem geläuterten, über menschliche Grenzen hinausreichenden, beide Arten der Töne hören, die himmlischen und die irdischen, die fernen und die nahen. Das aber, großer König, ist ein sichtbarer Lohn der Asketenschaft, vortrefflicher noch und erlesener als es der frühere war80.

Solchen Gemütes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtet und lenkt er das Gemüt auf die Erkenntnis der Herzen. So kann er der anderen Wesen, der anderen Personen Herz im Herzen schauen und erkennen, das begehrliche Herz als begehrlich und das begehrlose Herz als begehrlos, das gehässige Herz als gehässig und das haßlose Herz als haßlos, das irrende Herz als irrend und das irrlose Herz als irrlos, das gesammelte Herz als gesammelt, und das zerstreute Herz als zerstreut, das hochstrebende Herz als hochstrebend und das niedrig gesinnte Herz als niedrig gesinnt, das edle Herz als edel und das gemeine Herz als gemein, das beruhigte Herz als beruhigt und das ruhelose Herz als ruhelos, das erlöste Herz als erlöst und das gefesselte Herz als gefesselt.

Gleichwie etwa, großer König, ein Weib oder ein Mann, jung, frisch, gefallsam, in einem Spiegel oder in einer reinen, lauteren, hellen Wasserfläche das Bild des eigenen Antlitzes prüfend betrachten und, ist es nicht sauber, als nicht sauber, und ist es sauber, als sauber erkennen kann81: ebenso auch, großer König, kann nun der Mönch der anderen Wesen, der anderen Personen Herz im Herzen schauen und erkennen. Das aber, großer König, ist ein sichtbarer [53] Lohn der Asketenschaft, vortrefflicher noch und erlesener als es der frühere war.

Solchen Gemütes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtet und lenkt er das Gemüt auf die erinnernde Erkenntnis früherer Daseinsformen. So kann er sich an manche verschiedene frühere Daseinsform erinnern, als wie an ein Leben, dann an zwei Leben, dann an drei Leben, dann an vier Leben, dann an fünf Leben, dann an zehn Leben, dann an zwanzig Leben, dann an dreißig Leben, dann an vierzig Leben, dann an fünfzig Leben, dann an hundert Leben, dann an tausend Leben, dann an hunderttausend Leben, dann an die Zeiten während mancher Weltenentstehungen, dann an die Zeiten während mancher Weltenvergehungen, dann an die Zeiten während mancher Weltenentstehungen-Weltenvergehungen. ›Dort war ich, jenen Namen hatte ich, jener Familie gehörte ich an, das war mein Stand, das mein Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich erfahren, so war mein Lebensende; dort verschieden trat ich anderswo wieder ins Dasein: da war ich nun, diesen Namen hatte ich, dieser Familie gehörte ich an, dies war mein Stand, dies mein Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich erfahren, so war mein Lebensende; da verschieden trat ich hier wieder ins Dasein‹: so erinnert er sich mancher verschiedenen früheren Daseinsform, mit je den eigentümlichen Merkmalen, mit je den eigenartigen Beziehungen.

Gleichwie etwa, großer König, wenn ein Mann von seinem Orte nach einem anderen Orte ginge und von diesem Orte wieder nach einem anderen Orte und von diesem Orte nach seinem eigenen Orte zurückkehrte; der sagte sich nun: ›Ich bin von meinem Orte nach jenem Orte gegangen, dort bin ich also gestanden, also gesessen, habe also gesprochen, also geschwiegen; von jenem Orte bin ich aber nach diesem Orte gegangen, da bin ich nun also gestanden, also gesessen, habe also gesprochen, also geschwiegen; dann bin ich von diesem Orte nach meinem eigenen Orte wieder zurückgegangen‹: ebenso auch, großer König, kann nun der Mönch sich an manche verschiedene frühere Daseinsform erinnern, mit je den eigentümlichen Merkmalen, mit je den eigenartigen Beziehungen. Das aber, großer König, ist ein sichtbarer Lohn der Asketenschaft, vortrefflicher noch und erlesener als es der frühere war.

Solchen Gemütes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtet und lenkt er das Gemüt auf die Erkenntnis des Verschwindens-Erscheinens der Wesen. So kann er mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Grenzen hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen sehn, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, er kann erkennen [54] wie die Wesen je nach den Taten wiederkehren. ›Diese lieben Wesen sind freilich in Taten dem Schlechten zugetan, in Worten dem Schlechten zugetan, in Gedanken dem Schlechten zugetan, tadeln Heiliges, achten Verkehrtes, tun Verkehrtes; bei der Auflösung des Leibes, nach dem Tode, gelangen sie auf den Abweg, auf schlechte Fährte, zur Tiefe hinab, in untere Welt82. Jene lieben Wesen sind aber in Taten dem Guten zugetan, in Worten dem Guten zugetan, in Gedanken dem Guten zugetan, tadeln nicht Heiliges, achten Rechtes, tun Rechtes; bei der Auflösung des Leibes, nach dem Tode, gelangen sie auf gute Fährte, in selige Welt‹: so kann er mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Grenzen hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen sehn, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, er kann erkennen wie die Wesen je nach den Taten wiederkehren.

Gleichwie etwa, großer König, wenn mitten auf dem Marktplatz ein Turm steht, und ein scharfsehender Mann stiege hinauf und gewahrte die Leute, wie sie Häuser betreten und wieder verlassen, auf den Straßen herankommen und weiterziehn83, mitten auf den Marktplatz sich hingesetzt haben; der sagte sich nun: ›Diese Leute treten ein in das Haus, diese verlassen es wieder, diese kommen heran und ziehn weiter auf den Straßen, diese haben sich mitten auf den Marktplatz hingesetzt‹: ebenso auch, großer König, kann nun der Mönch mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Grenzen hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen sehn, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, er kann erkennen wie die Wesen je nach den Taten wiederkehren. Das aber, großer König, ist ein sichtbarer Lohn der Asketenschaft, vortrefflicher noch und erlesener als es der frühere war.

Solchen Gemütes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtet und lenkt er das Gemüt auf die Erkenntnis der Wahnversiegung. ›Das ist das Leiden‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Leidensentwicklung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Leidensauflösung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist der zur Leidensauflösung führende Pfad‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist der Wahn‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Wahnentwicklung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Wahnauflösung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist der zur Wahnauflösung führende Pfad‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. In solcher Kunde, solchem Anblicke löst sich ihm das Herz vom Wunscheswahn ab, und löst sich vom Daseinswahn ab, und löst sich vom Nichtwissenswahn ab. ›Im Erlösten ist die Erlösung‹, diese Erkenntnis geht auf. ›Versiegt ist die Geburt, vollendet das Asketentum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹ versteht er da.

[55] Gleichwie etwa, großer König, wenn da am Ufer eines Alpensees von klarem, durchsichtigem, ungetrübtem Wasser ein scharfsehender Mann stände und hineinblickte auf die Muscheln und Schnecken, auf den Kies und Sand und die Fische, wie sie dahingleiten und stillestehn; der sagte sich nun: ›Klar ist diese Wasserfläche, durchsichtig, ungetrübt; ich sehe darunter die Muscheln und Schnecken, den Kies und Sand und die Fische, die dahingleiten oder ruhn‹: ebenso auch, großer König, lenkt und richtet nun der Mönch das Gemüt auf die Erkenntnis der Wahnversiegung. ›Das ist das Leiden‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Leidensentwicklung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Leidensauflösung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist der zur Leidensauflösung führende Pfad‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist der Wahn‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Wahnentwicklung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Wahnauflösung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist der zur Wahnauflösung führende Pfad‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. In solcher Kunde, solchem Anblicke löst sich ihm das Herz vom Wunscheswahn ab, und löst sich vom Daseinswahn ab, und löst sich vom Nichtwissenswahn ab. ›Im Erlösten ist die Erlösung‹, diese Erkenntnis geht auf. ›Versiegt ist die Geburt, vollendet das Asketentum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹ versteht er da84. Das aber, großer König, ist ein sichtbarer Lohn der Asketenschaft, vortrefflicher noch und erlesener als es der frühere war. Einen anderen aber noch85, großer König, als diesen sichtbaren Lohn der Asketenschaft, der darüber hinausreichte oder erlesener wäre, gibt es nicht.«

Nach dieser Rede wandte sich der König von Magadhā Ajātasattu, der Sohn der Videherin, an den Erhabenen und sagte:

»Vortrefflich, o Herr, vortrefflich, o Herr! Gleichwie etwa, o Herr, als ob man Umgestürztes aufstellte, oder Verdecktes enthüllte, oder Verirrten den Weg zeigte, oder Licht in die Finsternis brächte: ›Wer Augen hat wird die Dinge sehn‹: ebenso auch, o Herr, ist vom Erhabenen die Lehre gar vielfach dargelegt worden. Und so nehm' ich, o Herr, beim Erhabenen Zuflucht, bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: als Anhänger soll mich der Erhabene betrachten, von heute an zeitlebens getreu. – Ein Vergehn hat mich, o Herr, überkommen, wie einen Toren, wie einen Irren, wie einen Mißratenen, der ich, o Herr86, den Vater, den gerechten, wahrhaftigen König, um der Herrschaft willen des Lebens beraubt habe. So möge mich, o Herr, der Erhabene das Vergehn als Vergehn bekennen lassen, um in Zukunft an mich zu halten.«

»In der Tat hat dich, großer König, ein Vergehn überkommen, wie einen Toren, wie einen Irren, wie einen Mißratenen, der87 du den Vater, den gerechten, wahrhaftigen König, um der Herrschaft willen des Lebens beraubt hast. Weil du aber nun, großer König, das Vergehn als Vergehn eingesehn [56] und nach Gebühr bekannt hast, erkennen wir das von dir an. Denn ein Fortschritt ist es, großer König, im Orden des Heiligen, ein Vergehn als Vergehn einzusehn, nach Gebühr zu bekennen, in Zukunft an sich zu halten.«

Auf diese Worte hin wandte sich der König von Magadhā Ajātasattu, der Sohn der Videherin, also an den Erhabenen:

»Wohlan denn, o Herr, wir wollen nun aufbrechen: manche Pflicht wartet unser, manche Obliegenheit.«

»Wie es dir nun, großer König, belieben mag.«

Da stand denn der König von Magadhā Ajātasattu, der Sohn der Videherin, von seinem Sitze auf, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig, ging rechts herum und entfernte sich.

Bald aber nachdem der König von Magadhā Ajātasattu, der Sohn der Videherin, gegangen war, wandte sich der Erhabene an die Mönche:

»Ergriffen, ihr Mönche, ist dieser König, betroffen, ihr Mönche, ist dieser König. Wenn dieser König, ihr Mönche, den Vater, den gerechten, wahrhaftigen König, nicht des Lebens beraubt hätte: auf diesem Sitze noch wär' ihm88 das abgeklärte, abgespülte Auge der Wahrheit aufgegangen.«


Also sprach der Erhabene. Zufrieden freuten sich jene Mönche über das Wort des Erhabenen.

Quelle:
Die Reden Gotamo Buddhos. Bd. 2, Zürich/Wien 31957, S. 35-57.
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