Neunte Rede

Poṭṭhapādo

[126] Das hab' ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Sāvatthī, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos.

Um diese Zeit nun hielt sich Poṭṭhapādo der Pilger im Redesaal der ebenholzverschalten Großen Halle in Mallikās Garten203 auf, in Gesellschaft vieler Pilger, von dreihundert Pilgern umgeben.

Da trat denn der Erhabene, zeitig gerüstet, mit Mantel und Schale versehn, den Almosengang nach Sāvatthī an. Aber der Erhabene sagte sich da: ›Allzu früh ist's noch in der Stadt um Almosen zu stehn; wie, wenn ich nun dort nach dem Redesaal der ebenholzverschalten Großen Halle in Mallikās Garten hinginge und Poṭṭhapādo den Pilger besuchte?‹ So begab sich denn der Erhabene nach dem Redesaal der ebenholzverschalten Großen Halle in Mallikās Garten hin.

[126] Nun war gerade damals Poṭṭhapādo der Pilger, im weiten Kreise der Pilgerschar sitzend, in lebhaftem Gespräche begriffen; und sie machten lauten Lärm, großen Lärm, und unterhielten sich über allerhand gemeine Dinge, als wie über Könige, über Räuber, über Fürsten und Soldaten, über Krieg und Kampf, über Speise und Trank, über Kleidung und Bett, über Blumen und Düfte, über Verwandte, über Fuhrwerk und Wege, über Dörfer und Burgen, über Städte und Länder, über Weiber und Weine204, über Straßen und Märkte, über die Altvorderen und über die Veränderungen, über Volksgeschichten und Seegeschichten, über dies und das und dergleichen mehr.

Es sah nun Poṭṭhapādo der Pilger wie der Erhabene von ferne herankam, und als er ihn gesehn mahnte er die Umsitzenden zur Ruhe:

»Seid nicht so laut, ihr Lieben, macht keinen Lärm, ihr Lieben: da kommt der Asket Gotamo heran! Und er liebt nicht lauten Lärm, dieser Ehrwürdige, Ruhe preist er; vielleicht mag ihn der Anblick einer lautlosen Versammlung bewegen seine Schritte hierher zu lenken.«

Also ermahnt verhielten sich die Pilger dort schweigsam. So kam denn der Erhabene zu Poṭṭhapādo dem Pilger heran, während Poṭṭhapādo der Pilger den Erhabenen also ansprach:

»Es komme, o Herr, der Erhabene, gegrüßt sei, o Herr, der Erhabene! Lange schon, o Herr, hat der Erhabene hoffen lassen mich einmal hier zu besuchen. Möge sich, o Herr, der Erhabene setzen: dieser Sitz ist bereit.«

Es setzte sich der Erhabene auf den dargebotenen Sitz. Poṭṭhapādo der Pilger aber nahm einen von den niederen Stühlen zur Hand und setzte sich an die Seite. Zu Poṭṭhapādo dem Pilger, der an der Seite saß, wandte sich nun der Erhabene mit den Worten:

»Zu welchem Gespräche, Poṭṭhapādo, seid ihr jetzt hier zusammengekommen, und wobei habt ihr euch eben unterbrochen?«

Also angesprochen sagte da Poṭṭhapādo der Pilger zum Erhabenen:

»Sei es, o Herr, um jenes Gespräch, warum wir hier beisammen sind: schwerlich, o Herr, wird dem Erhabenen etwas entgehn, wenn es auch später zur Sprache kommt. – Die vergangenen Tage, o Herr, vor einiger Zeit, ist unter den mancherlei Büßern, Asketen und Priestern, die sich in der Volkshalle zu einer Sitzung eingefunden hatten, über das Schwinden der Wahrnehmung ein Gespräch aufgekommen: ›Wie doch nur kommt wohl bei der Wahrnehmung das Schwinden zustande?‹ Da haben denn einige gesagt: ›Ohne Anlaß, ohne Grund gehn dem Menschen Wahrnehmungen auf und gehn unter; zu einer Zeit wo Wahrnehmungen aufgehn nimmt man wahr, zu einer Zeit wo Wahrnehmungen untergehn nimmt man nicht wahr.‹ So haben einige das Schwinden bei der Wahrnehmung erklärt. Darauf hat ein anderer gesagt: ›Das scheint mir doch, mein Lieber, nicht eben so zu sein: denn die Wahrnehmung [127] ist ja des Menschen Seele, und diese steigt auf und steigt ab; zu einer Zeit wo sie aufsteigt nimmt man wahr, zu einer Zeit wo sie absteigt nimmt man nicht wahr.‹ So haben andere das Schwinden bei der Wahrnehmung erklärt. Dann wieder hat einer gesagt: ›Nicht doch, mein Lieber, scheint mir dies der Fall zu sein: es gibt ja wohl Asketen und Priester von großer Macht, großer Gewalt, die können da dem Menschen Wahrnehmung aufdrängen und abdrängen; zu einer Zeit wo sie aufdrängen nimmt man wahr, zu einer Zeit wo sie abdrängen nimmt man nicht wahr205.‹ So haben dann andere das Schwinden bei der Wahrnehmung erklärt. Darauf hat wieder einer gesagt: ›Doch wohl nicht also, mein Lieber, will es mir scheinen: denn es gibt ja Geister von großer Macht, großer Gewalt, die können da dem Menschen Wahrnehmung aufdrängen und abdrängen; zu einer Zeit wo sie aufdrängen nimmt man wahr, zu einer Zeit wo sie abdrängen nimmt man nicht wahr.‹ So haben wieder andere das Schwinden bei der Wahrnehmung erklärt. Da ist mir, o Herr, eben an den Erhabenen die Erinnerung aufgestiegen: ›Ja der Erhabene, ja der Willkommene, der wird gewiß dieser Dinge kundig sein!‹ Der Erhabene, o Herr, kennt das, der Erhabene weiß den Hergang beim Schwinden der Wahrnehmung: wie kommt nun, o Herr, bei der Wahrnehmung das Schwinden zustande206

»Wenn da, Poṭṭhapādo, jene Asketen und Priester dort also gesprochen haben: ›Ohne Anlaß, ohne Grund gehn dem Menschen Wahrnehmungen auf und gehn unter‹, so war es eben von Anfang an bei ihnen verfehlt: und warum das207? Weil ja, Poṭṭhapādo, aus einem Anlaß, einem Grunde dem Menschen Wahrnehmungen aufgehn und untergehn: durch Übung geht die eine Wahrnehmung auf, und durch Übung geht die andere Wahrnehmung unter208. Was ist nun Übung?« sagte der Erhabene.

»Da erscheint, Poṭṭhapādo, der Vollendete in der Welt, der Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der Männerherde, der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene. Er zeigt diese Welt mit ihren Göttern, ihren bösen und heiligen Geistern, mit ihrer Schar von Priestern und Büßern, Göttern und Menschen, nachdem er sie selbst verstanden und durchdrungen hat. Er verkündet die Lehre, deren Anfang begütigt, deren Mitte begütigt, deren Ende begütigt, die sinn- und wortgetreue, er legt das vollkommen geläuterte, geklärte Asketentum dar. – Diese Lehre hört ein Hausvater, oder der Sohn eines Hausvaters, oder einer, der in anderem Stande neugeboren ward. Nachdem er diese Lehre gehört hat, faßt er Vertrauen zum Vollendeten. Von diesem Vertrauen erfüllt denkt und überlegt er also: ›Ein Gefängnis ist die Häuslichkeit, ein Schmutzwinkel; der freie Himmelsraum die Pilgerschaft. Nicht wohl geht es, wenn man im Hause[128] bleibt, das völlig geläuterte, völlig geklärte Asketentum Punkt für Punkt zu erfüllen. Wie, wenn ich nun mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge?‹ So gibt er denn später einen kleinen Besitz oder einen großen Besitz auf, hat einen kleinen Verwandtenkreis oder einen großen Verwandtenkreis verlassen und ist mit geschorenem Haar und Barte, im fahlen Gewande von Hause fort in die Hauslosigkeit gezogen. – Also Pilger geworden bleibt er in reiner Zucht richtig gezügelt, lauter im Handel und Wandel: vor geringstem Fehl auf der Hut kämpft er beharrlich weiter, Schritt um Schritt; in Taten und Worten heilsam beflissen lebt er rein, ist tüchtig in Tugend, hütet die Tore der Sinne, gewappnet mit klarem Bewußtsein, zufrieden. – Treu der heiligen Tugendsatzung, treu der heiligen Sinnenzügelung, treu der heiligen klaren Einsicht, treu der heiligen Zufriedenheit sucht er einen abgelegenen Ruheplatz auf, einen Hain, den Fuß eines Baumes, eine Felsengrotte, eine Bergesgruft, einen Friedhof, die Waldesmitte, ein Streulager in der offenen Ebene. Nach dem Mahle, wenn er vom Almosengange zurückgekehrt ist, setzt er sich mit verschränkten Beinen nieder, den Körper gerade aufgerichtet, und pflegt der Einsicht. Er hat weltliche Begierde verworfen und verweilt begierdelosen Gemütes, von Begierde läutert er sein Herz. Gehässigkeit hat er verworfen, haßlosen Gemütes verweilt er, voll Liebe und Mitleid zu allen lebenden Wesen läutert er sein Herz von Gehässigkeit. Matte Müde hat er verworfen, von matter Müde ist er frei; das Licht liebend, einsichtig, klar bewußt, läutert er sein Herz von matter Müde. Stolzen Unmut hat er verworfen, er ist frei von Stolz; innig beruhigten Gemütes läutert er sein Herz von stolzem Unmut. Das Schwanken hat er verworfen, der Ungewißheit ist er entronnen; er zweifelt nicht am Guten, vom Schwanken läutert er sein Herz. Während er so diese fünf Hemmungen in sich aufgehoben erkennt, wird er freudig bewegt. Freudig bewegt wird er heiter. Heiteren Herzens wird der Körper beschwichtigt. Körperbeschwichtigt fühlt er sich wohl. Sich wohl fühlend wird sein Geist einig. So gewinnt er, gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen, in sinnend gedenkender ruhegeborener seliger Heiterkeit, die Weihe der ersten Schauung. Dem geht nun was er früher als Lust wahrgenommen unter: ruhegeborene selig heitere zart empfundene Wahrheit entwickelt sich da, ruhegeborene selig heitere zart empfundene Wahrheit nimmt er eben da wahr. So kann durch Übung die eine Wahrnehmung aufgehn, durch Übung die andere Wahrnehmung untergehn. Das aber ist Übung«, sagte der Erhabene209.

»Weiter sodann, Poṭṭhapādo, erreicht der Mönch nach Vollendung des Sinnens und Gedenkens die innere Meeresstille, die Einheit des Gemütes, die von sinnen, von gedenken freie, in der Einigung geborene selige Heiterkeit die Weihe der zweiten Schauung. Dem geht nun was er früher als ruhegeborene [129] selig heitere zart empfundene Wahrheit wahrgenommen unter: in der Einigung geborene selig heitere zart empfundene Wahrheit entwickelt sich da, in der Einigung geborene selig heitere zart empfundene Wahrheit nimmt er eben da wahr. So kann durch Übung die eine Wahrnehmung aufgehn, durch Übung die andere Wahrnehmung untergehn. Das aber ist Übung«, sagte der Erhabene.

»Weiter sodann, Poṭṭhapādo, verweilt der Mönch in heiterer Ruhe, gleichmütig, einsichtig, klar bewußt, ein Glück empfindet er im Körper, von dem die Heiligen sagen: ›Der gleichmütig Einsichtige lebt beglückt‹; so erwirkt er die Weihe der dritten Schauung. Dem geht nun was er früher als in der Einigung geborene selig heitere zart empfundene Wahrheit wahrgenommen unter: gleichmütig selig zart empfundene Wahrheit entwickelt sich da, gleichmütig selig zart empfundene Wahrheit nimmt er eben da wahr. So kann durch Übung die eine Wahrnehmung aufgehn, durch Übung die andere Wahrnehmung untergehn. Das aber ist Übung«, sagte der Erhabene.

»Weiter sodann, Poṭṭhapādo, erwirkt der Mönch nach Verwerfung der Freuden und Leiden, nach Vernichtung des einstigen Frohsinns und Trübsinns, die leidlose, freudlose, gleichmütig einsichtige vollkommene Reine, die Weihe der vierten Schauung. Dem geht nun was er früher als gleichmütig selig zart empfundene Wahrheit wahrgenommen unter: leidlos freudlos zart empfundene Wahrheit entwickelt sich da, leidlos freudlos zart empfundene Wahrheit nimmt er eben da wahr. So kann durch Übung die eine Wahrnehmung aufgehn, durch Übung die andere Wahrnehmung untergehn. Das aber ist Übung«, sagte der Erhabene.

»Weiter sodann, Poṭṭhapādo, gewinnt der Mönch nach völliger Überwindung der Formwahrnehmungen, Vernichtung der Gegenwahrnehmungen, Verwerfung der Vielheitwahrnehmungen in dem Gedanken ›Grenzenlos ist der Raum‹ das Reich des unbegrenzten Raumes. Dem geht nun was er früher als Form wahrgenommen unter: unbegrenzt als Raumsphäre zart empfundene Wahrheit entwickelt sich da210, unbegrenzt als Raumsphäre zart empfundene Wahrheit nimmt er eben da wahr. So kann durch Übung die eine Wahrnehmung aufgehn, durch Übung die andere Wahrnehmung untergehn. Das aber ist Übung«, sagte der Erhabene.

»Weiter sodann, Poṭṭhapādo, gewinnt der Mönch nach völliger Überwindung der unbegrenzten Raumsphäre in dem Gedanken ›Grenzenlos ist das Bewußtsein‹ das Reich des unbegrenzten Bewußtseins. Dem geht nun was er früher unbegrenzt als Raumsphäre zart empfundene Wahrheit wahrgenommen unter: unbegrenzt als Bewußtseinsphäre zart empfundene Wahrheit entwickelt sich da, unbegrenzt als Bewußtseinsphäre zart empfundene Wahrheit nimmt er eben da wahr. So kann durch Übung die eine Wahrnehmung [130] aufgehn, durch Übung die andere Wahrnehmung untergehn Das aber ist Übung«, sagte der Erhabene.

»Weiter sodann, Poṭṭhapādo, gewinnt der Mönch nach völliger Überwindung der unbegrenzten Bewußtseinsphäre in dem Gedanken ›Nichts ist da‹ das Reich des Nichtdaseins. Dem geht nun was er früher unbegrenzt als Bewußtseinsphäre zart empfundene Wahrheit wahrgenommen unter: als Nichtdaseinsphäre zart empfundene Wahrheit entwickelt sich da, als Nichtdaseinsphäre zart empfundene Wahrheit nimmt er eben da wahr. So kann durch Übung die eine Wahrnehmung aufgehn, durch Übung die andere Wahrnehmung untergehn. Das aber ist Übung«, sagte der Erhabene.

»Sobald nun, Poṭṭhapādo, der Mönch da in sich wahrnimmt, kann er also immer weiter, immer weiter der Reihe nach bis an die Spitze der Wahrnehmung hinaufreichen. Steht er nun an der Spitze der Wahrnehmung, so sagt er sich: ›Gedanken dulden bekommt mir schlechter, keine Gedanken dulden bekommt mir besser; wenn ich nun eben weiter denken und unterscheiden wollte, würde mir diese Wahrnehmung untergehn und eine andere, gröbere Wahrnehmung aufgehn: wie, wenn ich also eben nicht mehr zu denken und nicht mehr zu unterscheiden versuchte211?‹ So denkt er eben nicht mehr und unterscheidet nicht mehr. Weil er nicht mehr denkt und nicht mehr unterscheidet, geht auch diese Wahrnehmung unter und eine andere, gröbere Wahrnehmung geht nicht auf: so kommt ihn Entschwinden an. Auf solche Weise kann, Poṭṭhapādo, der Reihe nach bei der Wahrnehmung das Schwinden mit klarem Bewußtsein zustande kommen. – Was meinst du wohl, Poṭṭhapādo: hast du etwa schon vordem so davon, wie der Reihe nach bei der Wahrnehmung das Schwinden mit klarem Bewußtsein zustande kommt, einmal reden hören212

»Das wohl nicht, o Herr! Darf ich denn, o Herr, des Erhabenen Rede so recht verstehn: ›Sobald nun, Poṭṭhapādo, der Mönch da in sich wahrnimmt, kann er also immer weiter, immer weiter der Reihe nach bis an die Spitze der Wahrnehmung hinaufreichen. Steht er nun an der Spitze der Wahrnehmung, so sagt er sich: »Gedanken dulden bekommt mir schlechter, keine Gedanken dulden bekommt mir besser; wenn ich nun eben weiter denken und unterscheiden wollte, würde mir diese Wahrnehmung untergehn und eine andere, gröbere Wahrnehmung aufgehn: wie, wenn ich also eben nicht mehr zu denken und nicht mehr zu unterscheiden versuchte?« So denkt er eben nicht mehr und unterscheidet nicht mehr. Weil er nicht mehr denkt und nicht mehr unterscheidet, geht auch diese Wahrnehmung unter und eine andere, gröbere Wahrnehmung geht nicht auf: so kommt ihn Entschwinden an. Auf solche Weise kann, Poṭṭhapādo, der Reihe nach bei der Wahrnehmung das Schwinden mit klarem Bewußtsein zustande kommen.‹«

[131] »Recht so, Poṭṭhapādo.«

»Sagt aber nun, o Herr, der Erhabene, daß es nur eine Spitze der Wahrnehmung gebe, oder daß eben deren mehrere seien213

»Eine Spitze der Wahrnehmung, Poṭṭhapādo, gibt es, und es gibt deren mehrere, sag' ich.«

»Inwiefern denn aber, o Herr, sagt der Erhabene, daß es eine Spitze der Wahrnehmung und deren mehrere gibt?«

»Je näher und näher man, Poṭṭhapādo, dem Entschwinden kommt, desto näher und näher kommt man der Spitze der Wahrnehmung. Insofern sag' ich, Poṭṭhapādo, daß es eine Spitze der Wahrnehmung und deren mehrere gibt.«

»Geht nun, o Herr, zuerst die Wahrnehmung auf und dann die Erkenntnis, oder zuerst die Erkenntnis und dann die Wahrnehmung? Oder gehn Wahrnehmung und Erkenntnis in ein und demselben Augenblick auf?«

»Die Wahrnehmung geht, Poṭṭhapādo, zuerst auf und dann die Erkenntnis: mit dem Aufgehn der Wahrnehmung erfolgt das Aufgehn der Erkenntnis. Man versteht nun: ›Auf solcher Grundlage also ist mir die Erkenntnis aufgegangen.‹ Darum muß man es eben214, Poṭṭhapādo, je nach dem Standort beurteilen, wie zuerst die Wahrnehmung aufgeht und dann die Erkenntnis, und wie da mit dem Aufgehn der Wahrnehmung das Aufgehn der Erkenntnis erfolgt.«

»Ist nun, o Herr, die Wahrnehmung des Menschen Selbst? Oder ist anders die Wahrnehmung und anders das Selbst?«

»Wie gibst denn du, Poṭṭhapādo, das Selbst an?«

»Als grob geartet geb' ich, o Herr, das Selbst an: es ist formhaft, aus den vier Hauptstoffen entstanden, nimmt teil an der körperlichen Speise215

»Als grob geartet wenn dir auch, Poṭṭhapādo, das Selbst erschiene, formhaft, aus den vier Hauptstoffen entstanden, an der körperlichen Speise teilnehmend, so würde gleichwohl bei dir, Poṭṭhapādo, eben anders die Wahrnehmung sein und anders das Selbst. Da muß man das freilich, Poṭṭhapādo, je nach dem Standort beurteilen, wie eben anders die Wahrnehmung sein wird und anders das Selbst. Sei es nun auch, Poṭṭhapādo, um so ein grob geartetes Selbst, das formhaft, aus den vier Hauptstoffen entstanden, an der körperlichen Speise teilnimmt: aber dem Menschen da geht bald eine Wahrnehmung auf, bald eine Wahrnehmung unter. Darum muß man es schon, Poṭṭhapādo, je nach dem Standort beurteilen, wie eben anders die Wahrnehmung sein wird und anders das Selbst.«

»Als geisthaft geb' ich, o Herr, das Selbst an, mit allen Gliedern begliedert, sinnenfällig.«

»Als geisthaft wenn dir auch, Poṭṭhapādo, das Selbst erschiene, mit allen Gliedern begliedert, sinnenfällig, so würde gleichwohl bei dir, Poṭṭhapādo,[132] eben anders die Wahrnehmung sein und anders das Selbst. Da muß man das freilich, Poṭṭhapādo, je nach dem Standort beurteilen, wie eben anders die Wahrnehmung sein wird und anders das Selbst. Sei es nun auch, Poṭṭhapādo, um so ein geisthaftes Selbst, mit allen Gliedern begliedert, sinnenfällig: aber dem Menschen da geht bald eine Wahrnehmung auf, bald eine Wahrnehmung unter. Darum muß man es schon, Poṭṭhapādo, je nach dem Standort beurteilen, wie eben anders die Wahrnehmung sein wird und anders das Selbst.«

»Als unkörperlich geb' ich, o Herr, das Selbst an, wahrnehmhaft216

»Als unkörperlich wenn dir auch Poṭṭhapādo, das Selbst erschiene, wahrnehmhaft, so würde gleichwohl bei dir, Poṭṭhapādo, eben anders die Wahrnehmung sein und anders das Selbst. Da muß man das freilich, Poṭṭhapādo, je nach dem Standort beurteilen, wie eben anders die Wahrnehmung sein wird und anders das Selbst. Sei es nun auch, Poṭṭhapādo, um so ein unkörperliches Selbst, wahrnehmhaft: aber dem Menschen da geht bald eine Wahrnehmung auf, bald eine Wahrnehmung unter. Darum muß man es schon, Poṭṭhapādo, je nach dem Standort beurteilen, wie eben anders die Wahrnehmung sein wird und anders das Selbst.«

»Ist es nun möglich, o Herr, daß ich erfahren kann, ob die Wahrnehmung des Menschen Selbst sei, oder ob anders die Wahrnehmung sei und anders das Selbst?«

»Schwer zu erfahren ist das, Poṭṭhapādo, für dich ohne Deutung, ohne Geduld, ohne Hingabe, ohne Anstrengung, ohne Lenkung217: ob die Wahrnehmung des Menschen Selbst sei, oder ob anders die Wahrnehmung sei und anders das Selbst.«

»Wenn das, o Herr, für mich schwer zu erfahren ist ohne Deutung, ohne Geduld, ohne Hingabe, ohne Anstrengung, ohne Lenkung: ob die Wahrnehmung des Menschen Selbst sei, oder ob anders die Wahrnehmung sei und anders das Selbst; wie dann, o Herr: ist die Welt ewig, und ist dies nur Wahrheit, Unsinn anderes?«

»Das hab' ich, Poṭṭhapādo, nicht besprochen: ›Ewig ist die Welt, dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‹.«

»Wie dann, o Herr: ist die Welt zeitlich, und ist dies nur Wahrheit, Unsinn anderes?«

»Auch das hab' ich, Poṭṭhapādo, nicht besprochen: ›Zeitlich ist die Welt, dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‹.«

»Wie dann, o Herr: ist die Welt endlich, ist die Welt unendlich? Ist Leben und Leib ein und dasselbe, oder ist anders das Leben und anders der Leib? Besteht ein Vollendeter jenseit des Todes, besteht ein Vollendeter nicht jenseit des Todes? Oder ein Vollendeter besteht und besteht nicht jenseit des [133] Todes, oder besteht weder noch auch besteht nicht jenseit des Todes? Ist dies nur Wahrheit, Unsinn anderes?«

»Auch das hab' ich, Poṭṭhapādo, nicht besprochen: ›Endlich ist die Welt, unendlich ist die Welt; Leben und Leib ist ein und dasselbe, anders ist das Leben und anders der Leib; ein Vollendeter besteht jenseit des Todes, ein Vollendeter besteht nicht jenseit des Todes; oder ein Vollendeter besteht und besteht nicht jenseit des Todes, oder besteht weder noch auch besteht nicht jenseit des Todes: dies nur ist Wahrheit, Unsinn anderes‹.«

»Warum aber hat das, o Herr, der Erhabene nicht besprochen?«

»Weil es ja, Poṭṭhapādo, nicht heilsam, nicht wahrhaftig, nicht urasketentümlich ist, nicht zur Abkehr, nicht zur Wendung, nicht zur Auflösung, nicht zur Aufhebung, nicht zur Durchschauung, nicht zur Erwachung, nicht zur Erlöschung hinleitet: darum hab' ich das nicht besprochen.«

»Was hat dann, o Herr, der Erhabene besprochen?«

»›Das ist das Leiden‹, Poṭṭhapādo, hab' ich besprochen, ›Das ist die Leidensentwicklung‹, Poṭṭhapādo, hab' ich besprochen, ›Das ist die Leidensauflösung‹, Poṭṭhapādo, hab' ich besprochen, ›Das ist der zur Leidensauflösung führende Pfad‹, Poṭṭhapādo, hab' ich besprochen.«

»Warum doch hat das, o Herr, der Erhabene besprochen?«

»Weil es ja, Poṭṭhapādo, heilsam ist, weil es wahrhaftig ist, weil es urasketentümlich ist, weil es zur Abkehr, Wendung, Auflösung, Aufhebung, Durchschauung, Erwachung, zur Erlöschung hinleitet: darum hab' ich das besprochen.«

»So ist es, Erhabener, so ist es, Willkommener! – Wie da jetzt, o Herr, dem Erhabenen belieben mag.«

Alsbald nun stand der Erhabene von seinem Sitze auf und ging von dannen.


Da sind denn jene Pilger, bald nachdem der Erhabene gegangen war, auf Poṭṭhapādo den Pilger von allen Seiten mit Worten eingestürmt und haben ihm den Vorwurf gemacht:

»So hat nun hier auch Herr Poṭṭhapādo218, was nur irgend der Asket Gotamo sagen mochte, ihm ganz und gar nur zugestimmt: ›So ist es, Erhabener, so ist es, Willkommener!‹ Und wir haben doch vom Asketen Gotamo auch nicht einen einzigen schlechthin gültigen Lehrsatz vortragen hören, als wie etwa ›Ewig ist die Welt‹ oder ›Zeitlich ist die Welt‹, ›Endlich ist die Welt‹ oder ›Unendlich ist die Welt‹, ›Leben und Leib ist ein und dasselbe‹ oder ›Anders ist das Leben und anders der Leib‹, ›Ein Vollendeter besteht jenseit des Todes‹ oder ›Ein Vollendeter besteht nicht jenseit des Todes‹, ›Ein Vollendeter besteht und besteht nicht jenseit des Todes‹ oder ›Ein Vollendeter besteht weder noch auch besteht nicht jenseit des Todes‹.«

[134] Also angesprochen sagte Poṭṭhapādo der Pilger zu den Pilgern dort:

»Auch ich, ihr Lieben, habe vom Asketen Gotamo keinen einzigen schlechthin gültigen Lehrsatz vortragen hören, als wie etwa ›Ewig ist die Welt‹ oder ›Zeitlich ist die Welt‹, oder dergleichen mehr. Immerhin aber gibt der Asket Gotamo einen wirklichen, ehrlichen, echten Pfad an, der zu Recht besteht, zu Recht geregelt ist. Einen wirklichen nun aber, einen ehrlichen, echten Pfad, den er angegeben hat, der zu Recht besteht, zu Recht geregelt ist: wie doch nur könnte meinesgleichen, als verständiger Mann219, was der Asket Gotamo trefflich gesprochen hat als trefflich gesprochen nicht anerkennen?«


Als nun zwei oder drei Tage verflossen waren ist Citto, der Sohn des Elefantenmeisters220, mit Poṭṭhapādo dem Pilger zum Erhabenen hingekommen. Dort angelangt hat Citto der Sohn des Elefantenmeisters den Erhabenen ehrerbietig begrüßt und beiseite Platz genommen, Poṭṭhapādo aber der Pilger mit dem Erhabenen höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte gewechselt, bevor er beiseite Platz nahm. Beiseite sitzend wandte sich Poṭṭhapādo der Pilger an den Erhabenen und sagte:

»Letzthin, o Herr, sind jene Pilger221, bald nachdem der Erhabene gegangen war, auf mich von allen Seiten mit Worten eingestürmt und haben mir den Vorwurf gemacht: ›So hat nun hier auch Herr Poṭṭhapādo, was nur irgend der Asket Gotamo sagen mochte, ihm ganz und gar nur zugestimmt: »So ist es, Erhabener, so ist es, Willkommener!« Und wir haben doch vom Asketen Gotamo auch nicht einen einzigen schlechthin gültigen Lehrsatz vortragen hören, als wie etwa »Ewig ist die Welt« oder »Zeitlich ist die Welt«, oder dergleichen mehr.‹ Also angesprochen, o Herr, hab' ich zu den Pilgern dort gesagt: ›Auch ich, ihr Lieben, habe vom Asketen Gotamo keinen einzigen schlechthin gültigen Lehrsatz vortragen hören, als wie etwa »Ewig ist die Welt« oder »Zeitlich ist die Welt«, oder dergleichen mehr. Immerhin aber gibt der Asket Gotamo einen wirklichen, ehrlichen, echten Pfad an, der zu Recht besteht, zu Recht geregelt ist. Einen wirklichen nun aber, einen ehrlichen, echten Pfad, den er angegeben hat, der zu Recht besteht, zu Recht geregelt ist222: wie doch nur könnte meinesgleichen, als verständiger Mann, was der Asket Gotamo trefflich gesprochen hat als trefflich gesprochen nicht anerkennen?‹«

»Fast alle jene Pilger, Poṭṭhapādo, sind blind und blödsichtig, du eben bist unter ihnen der einzige Scharfsichtige. Denn ich habe ja Dinge, Poṭṭhapādo, die schlechthin gültig sind, aufgewiesen und erklärt: und habe ja Dinge, Poṭṭhapādo, die nicht schlechthin gültig sind, aufgewiesen und erklärt. Was aber hab' ich da, Poṭṭhapādo, als nicht schlechthin gültige Dinge aufgewiesen [135] und erklärt? ›Ewig ist die Welt‹: das hab' ich, Poṭṭhapādo, als einen nicht schlechthin gültigen Begriff aufgewiesen und erklärt; ›Zeitlich ist die Welt‹; das hab' ich, Poṭṭhapādo, als einen nicht schlechthin gültigen Begriff aufgewiesen und erklärt; ›Endlich ist die Welt‹, ›Unendlich ist die Welt‹; ›Leben und Leib ist ein und dasselbe‹, ›Anders ist das Leben und anders der Leib‹; ›Ein Vollendeter besteht jenseit des Todes‹, ›Ein Vollendeter besteht nicht jenseit des Todes‹, ›Ein Vollendeter besteht und besteht nicht jenseit des Todes‹, ›Ein Vollendeter besteht weder noch auch besteht nicht jenseit des Todes‹: das hab' ich, Poṭṭhapādo, als nicht schlechthin gültige Begriffe aufgewiesen und erklärt. Und warum hab' ich, Poṭṭhapādo, diese Dinge als nicht schlechthin gültig aufgewiesen und erklärt? Weil sie ja, Poṭṭhapādo, nicht heilsam, nicht wahrhaftig, nicht urasketentümlich sind, nicht zur Abkehr, nicht zur Wendung, nicht zur Auflösung, nicht zur Aufhebung, nicht zur Durchschauung, nicht zur Erwachung, nicht zur Erlöschung hinleiten: darum hab' ich sie als nicht schlechthin gültige Dinge aufgewiesen und erklärt.

Was aber hab' ich da, Poṭṭhapādo, als schlechthin gültige Dinge aufgewiesen und erklärt? ›Das ist das Leiden‹: das hab' ich, Poṭṭhapādo, als einen schlechthin gültigen Begriff aufgewiesen und erklärt; ›Das ist die Leidensentwicklung‹: das hab' ich, Poṭṭhapādo, als einen schlechthin gültigen Begriff aufgewiesen und erklärt; ›Das ist die Leidensauflösung‹: das hab' ich, Poṭṭhapādo, als einen schlechthin gültigen Begriff aufgewiesen und erklärt; ›Das ist der zur Leidensauflösung führende Pfad‹: das hab' ich, Poṭṭhapādo, als einen schlechthin gültigen Begriff aufgewiesen und erklärt. Und warum hab' ich, Poṭṭhapādo, diese Dinge als schlechthin gültig aufgewiesen und erklärt? Weil sie ja, Poṭṭhapādo, heilsam sind, weil sie wahrhaftig sind, weil sie urasketentümlich sind, weil sie zur Abkehr, Wendung, Auflösung, Aufhebung, Durchschauung, Erwachung, zur Erlöschung hinleiten: darum hab' ich sie als schlechthin gültige Dinge aufgewiesen und erklärt. –

Es gibt, Poṭṭhapādo, manche Asketen und Priester, die sagen und lehren: ›Einzig freudvoll ist das Selbst, genesen nach dem Tode.‹ Zu denen bin ich herangetreten und habe gefragt: ›Wirklich denn, ihr Ehrwürdigen, habt ihr die Meinung, habt ihr die Ansicht: »Einzig freudvoll ist das Selbst, genesen nach dem Tode«?‹ Hatten sie mir diese Frage mit ›Ja‹ beantwortet, so hab' ich sie dann gefragt: ›Aber seid ihr Ehrwürdigen auch wohl in der einzig freudvollen Welt als kundige Seher zuhause223?‹ War auf die Frage ›Nein‹ gesagt worden, so hab' ich sie weiter gefragt: ›Aber könnt ihr Ehrwürdigen auch wohl eine Nacht oder einen Tag lang, eine halbe Nacht oder einen halben Tag lang euch selbst als einzig freudvoll bekennen224?‹ War auf die Frage ›Nein‹ gesagt worden, so hab' ich sie ferner gefragt: ›Aber habt ihr Ehrwürdigen auch wohl gemerkt: »Das ist der Weg, das ist der Pfad um die einzig [136] freudvolle Welt zu gewinnen«?‹ War auf die Frage ›Nein‹ gesagt worden, so hab' ich sie wieder gefragt: ›Aber habt ihr Ehrwürdigen auch wohl Geister, die da in die einzig freudvolle Welt emporgelangt sind, in ihrem Raunen und Rauschen belauscht: »Recht beflissen seid ihr Redlichen, trefflich beflissen seid ihr Redlichen um die einzig freudvolle Welt zu gewinnen: denn auch wir sind, ihr Redlichen, eben also beflissen in die einzig freudvolle Welt emporgelangt«?‹ War auf die Frage ›Nein‹ gesagt worden, was meinst du dann, Poṭṭhapādo: haben nun nicht, bei solcher Bewandtnis, jene Asketen und Priester unbegreifliche Antwort gegeben225

»Freilich, o Herr, bei solcher Bewandtnis haben jene Asketen und Priester unbegreifliche Antwort gegeben.«

»Gleichwie etwa, Poṭṭhapādo, wenn ein Mann also spräche: ›Ich habe nach ihr, die da im ganzen Lande die Schönste ist, Verlangen, habe Sehnsucht nach ihr‹; und man fragte ihn: ›Lieber Mann, die Schönste des Landes, nach der du verlangst und dich sehnst, kennst du diese, ob es eine Fürstin oder eine Priestertochter, ein Bürgermädchen oder eine Dienerin ist?‹; und er gäbe ›Nein‹ zur Antwort; und man fragte ihn: ›Lieber Mann, die Schönste des Landes, nach der du verlangst und dich sehnst, kennst du diese, weißt du wie sie heißt, wo sie herstammt oder hingehört, ob sie von großer oder von kleiner oder von mittlerer Gestalt ist, ob ihre Hautfarbe schwarz oder braun oder gelb ist, in welchem Dorf oder welcher Burg oder welcher Stadt sie zuhause ist?‹; und er gäbe ›Nein‹ zur Antwort; und man fragte ihn: ›Lieber Mann, die du nicht kennst und nicht siehst, nach der verlangst du, sehnst dich nach ihr?‹; und er gäbe ›Ja‹ zur Antwort; was meinst du wohl, Poṭṭhapādo: hätte nun nicht, bei solcher Bewandtnis, jener Mann unbegreifliche Antwort gegeben226

»Freilich, o Herr, bei solcher Bewandtnis hätte jener Mann unbegreifliche Antwort gegeben.«

»Ebenso auch ist es, Poṭṭhapādo, mit jenen Asketen und Priestern, die da sagen und lehren: ›Einzig freudvoll ist das Selbst, genesen nach dem Tode‹. – Gleichwie etwa, Poṭṭhapādo, wenn ein Mann auf dem Marktplatz eine Leiter errichtete um einen Turm zu ersteigen; und man fragte ihn: ›Lieber Mann, da du einen Turm zu ersteigen die Leiter errichtest, weißt du was für ein Turm es ist, ob er nach Osten oder nach Süden, nach Westen oder nach Norden zu steht, ob es ein hoher oder ein niederer oder ein mittlerer227 ist?‹; und er gäbe ›Nein‹ zur Antwort; und man fragte ihn: ›Lieber Mann, den du nicht kennst und nicht siehst, um einen solchen Turm zu ersteigen errichtest du die Leiter?‹; und er gäbe ›Ja‹ zur Antwort; was meinst du wohl, Poṭṭhapādo: hätte nun nicht, bei solcher Bewandtnis, jener Mann unbegreifliche Antwort gegeben?«

[137] »Freilich, o Herr, bei solcher Bewandtnis hätte jener Mann unbegreifliche Antwort gegeben.«

»Ebenso auch gibt es, Poṭṭhapādo, manche Asketen und Priester, die sagen und lehren: ›Einzig freudvoll ist das Selbst, genesen nach dem Tode‹. Zu denen bin ich herangetreten und habe gefragt: ›Wirklich denn, ihr Ehrwürdigen, habt ihr die Meinung, habt ihr die Ansicht: »Einzig freudvoll ist das Selbst, genesen nach dem Tode«?‹ Hatten sie mir diese Frage mit ›Ja‹ beantwortet, so hab' ich sie dann gefragt: ›Aber seid ihr Ehrwürdigen auch wohl in der einzig freudvollen Welt als kundige Seher zuhause?‹ War auf die Frage ›Nein‹ gesagt worden, so hab' ich sie weiter gefragt: ›Aber könnt ihr Ehrwürdigen auch wohl eine Nacht oder einen Tag lang, eine halbe Nacht oder einen halben Tag lang euch selbst als einzig freudvoll bekennen?‹ War auf die Frage ›Nein‹ gesagt worden, so hab' ich sie ferner gefragt: ›Aber habt ihr Ehrwürdigen auch wohl gemerkt: »Das ist der Weg, das ist der Pfad um die einzig freudvolle Welt zu gewinnen«?‹ War auf die Frage ›Nein‹ gesagt worden, so hab' ich sie wieder gefragt: ›Aber habt ihr Ehrwürdigen auch wohl Geister, die da in die einzig freudvolle Welt emporgelangt sind, in ihrem Raunen und Rauschen belauscht: »Recht beflissen seid ihr Redlichen, trefflich beflissen seid ihr Redlichen um die einzig freudvolle Welt zu gewinnen: denn auch wir sind, ihr Redlichen, eben also beflissen in die einzig freudvolle Welt emporgelangt«?‹ War auf die Frage ›Nein‹ gesagt worden, was meinst du dann, Poṭṭhapādo: haben nun nicht, bei solcher Bewandtnis, jene Asketen und Priester unbegreifliche Antwort gegeben?«

»Freilich, o Herr, bei solcher Bewandtnis haben jene Asketen und Priester unbegreifliche Antwort gegeben.«


»Drei Arten gibt es, Poṭṭhapādo, von Selbstentwickelung: die gröbere Selbstentwickelung, die geisthafte Selbstentwickelung, die unkörperliche Selbstentwickelung. Was ist nun, Poṭṭhapādo, die gröbere Selbstentwickelung? Die körperlich aus den vier Hauptstoffen bestehende, an der körperlichen Speise teilnehmende: das ist die gröbere Selbstentwickelung. Was ist die geisthafte Selbstentwickelung? Die körperlich geisthafte, mit allen Gliedern begliederte, sinnenfällige: das ist die geisthafte Selbstentwickelung. Und was ist die unkörperliche Selbstentwickelung? Die unkörperlich wahrnehmhafte: das ist die unkörperliche Selbstentwickelung.

Um eben die gröbere Art, Poṭṭhapādo, der Selbstentwickelung verlieren zu lehren leg' ich die Satzung dar, ›so daß ihr Schritt um Schritt die besudelnden Dinge verlieren, die läuternden Dinge erwerben, euch die Weisheit in ihrer Fülle und Weite noch bei Lebzeiten selber offenbar machen, verwirklichen und erringen könnt.‹ Möglich aber nun, Poṭṭhapādo, daß du etwa [138] dächtest: ›Die besudelnden Dinge können verloren, die läuternden Dinge erworben, die Weisheit in ihrer Fülle und Weite kann noch bei Lebzeiten selber offenbar gemacht, verwirklicht und errungen werden, doch leidig bleibt der Zustand‹. Das darf man freilich, Poṭṭhapādo, nicht also betrachten. Die besudelnden Dinge können da verloren, die läuternden Dinge erworben, die Weisheit in ihrer Fülle und Weite kann noch bei Lebzeiten selber offenbar gemacht, verwirklicht und errungen werden, Freude geht aber zugleich auf, Heiterkeit und Beruhigung, Einsicht und klares Bewußtsein und ein seliger Zustand.

Um auch die geisthafte Art, Poṭṭhapādo, der Selbstentwickelung verlieren zu lehren leg' ich die Satzung dar, ›so daß ihr Schritt um Schritt die besudelnden Dinge verlieren, die läuternden Dinge erwerben, euch die Weisheit in ihrer Fülle und Weite noch bei Lebzeiten selber offenbar machen, verwirklichen und erringen könnt.‹ Möglich aber nun, Poṭṭhapādo, daß du etwa dächtest: ›Die besudelnden Dinge können verloren, die läuternden Dinge erworben, die Weisheit in ihrer Fülle und Weite kann noch bei Lebzeiten selber offenbar gemacht, verwirklicht und errungen werden, doch leidig bleibt der Zustand.‹ Das darf man freilich, Poṭṭhapādo, nicht also betrachten. Die besudelnden Dinge können da verloren, die läuternden Dinge erworben, die Weisheit in ihrer Fülle und Weite kann noch bei Lebzeiten selber offenbar gemacht, verwirklicht und errungen werden, Freude geht aber zugleich auf, Heiterkeit und Beruhigung, Einsicht und klares Bewußtsein und ein seliger Zustand.

Und um die unkörperliche Art, Poṭṭhapādo, der Selbstentwickelung verlieren zu lehren leg' ich die Satzung dar, ›so daß ihr Schritt um Schritt die besudelnden Dinge verlieren, die läuternden Dinge erwerben, euch die Weisheit in ihrer Fülle und Weite noch bei Lebzeiten selber offenbar machen, verwirklichen und erringen könnt.‹ Möglich aber nun, Poṭṭhapādo, daß du etwa dächtest: ›Die besudelnden Dinge können verloren, die läuternden Dinge erworben, die Weisheit in ihrer Fülle und Weite kann noch bei Lebzeiten selber offenbar gemacht, verwirklicht und errungen werden, doch leidig bleibt der Zustand.‹ Das darf man freilich, Poṭṭhapādo, nicht also betrachten. Die besudelnden Dinge können da verloren, die läuternden Dinge erworben, die Weisheit in ihrer Fülle und Weite kann noch bei Lebzeiten selber offenbar gemacht, verwirklicht und errungen werden, Freude geht aber zugleich auf, Heiterkeit und Beruhigung, Einsicht und klares Bewußtsein und ein seliger Zustand228.

Wollten nun, Poṭṭhapādo, andere uns also fragen: ›Was ist das aber, Freunde, für eine gröbere Art der Selbstentwickelung, die zu verlieren ihr die Satzung darlegt, »so daß ihr Schritt um Schritt die besudelnden Dinge verlieren, [139] die läuternden Dinge erwerben, euch die Weisheit in ihrer Fülle und Weite noch bei Lebzeiten selber offenbar machen, verwirklichen und erringen könnt?«‹, so würden wir ihnen, also gefragt, also antworten: ›Das eben ist sie, Freunde, die gröbere Art der Selbstentwickelung, die zu verlieren wir die Satzung darlegen, so daß ihr Schritt um Schritt die besudelnden Dinge verlieren, die läuternden Dinge erwerben, euch die Weisheit in ihrer Fülle und Weite noch bei Lebzeiten selber offenbar machen, verwirklichen und erringen könnt.‹ Wollten nun, Poṭṭhapādo, andere uns also fragen: ›Was ist das aber, Freunde, für eine geisthafte Art der Selbstentwickelung, was ist das aber, Freunde, für eine unkörperliche Art der Selbstentwickelung, die zu verlieren ihr die Satzung darlegt, »so daß ihr Schritt um Schritt die besudelnden Dinge verlieren, die läuternden Dinge erwerben, euch die Weisheit in ihrer Fülle und Weite noch bei Lebzeiten selber offenbar machen, verwirklichen und erringen könnt?«‹, so würden wir ihnen, also gefragt, also antworten: ›Das eben ist sie, Freunde, die geisthafte Art der Selbstentwickelung, das eben ist sie, Freunde, die unkörperliche Art der Selbstentwickelung, die zu verlieren wir die Satzung darlegen, so daß ihr Schritt um Schritt die besudelnden Dinge verlieren, die läuternden Dinge erwerben, euch die Weisheit in ihrer Fülle und Weite noch bei Lebzeiten selber offenbar machen, verwirklichen und erringen könnt.‹ Was meinst du wohl, Poṭṭhapādo: wäre nun nicht, bei solcher Bewandtnis, eine recht begreifliche Antwort gegeben?«

»Freilich, o Herr, bei solcher Bewandtnis wäre eine recht begreifliche Antwort gegeben.«

»Gleichwie etwa, Poṭṭhapādo, wenn ein Mann eine Leiter errichtete um einen Turm zu ersteigen, und zwar gerade am Fuße des Turms; und man fragte ihn: ›Lieber Mann, da du einen Turm zu ersteigen die Leiter errichtest, weißt du was für ein Turm es ist, ob er nach Osten oder nach Süden, nach Westen oder nach Norden zu steht, ob es ein hoher oder ein niederer oder ein mittlerer ist?‹; und er sagte nun: ›Das eben ist er, Freunde, der Turm, den zu ersteigen ich die Leiter errichte, und zwar gerade am Fuße des Turms‹; was meinst du wohl, Poṭṭhapādo: hätte nun nicht, bei solcher Bewandtnis, jener Mann recht begreifliche Antwort gegeben?«

»Freilich, o Herr, bei solcher Bewandtnis hätte jener Mann recht begreifliche Antwort gegeben.«

»Ebenso auch, Poṭṭhapādo, wollten nun andere uns also fragen: ›Was ist das aber, Freunde, für eine gröbere Art der Selbstentwickelung, was ist das aber, Freunde, für eine geisthafte Art der Selbstentwickelung, was ist das aber, Freunde, für eine unkörperliche Art der Selbstentwickelung, die zu verlieren ihr die Satzung darlegt, »so daß ihr Schritt um Schritt die besudelnden Dinge verlieren, die läuternden Dinge erwerben, euch die Weisheit in ihrer Fülle [140] und Weite noch bei Lebzeiten selber offenbar machen, verwirklichen und erringen könnt?«‹, so würden wir ihnen, also gefragt, also antworten: ›Das eben ist sie, Freunde, die gröbere Art der Selbstentwickelung, das eben ist sie, Freunde, die geisthafte Art der Selbstentwickelung, das eben ist sie, Freunde, die unkörperliche Art der Selbstentwickelung, die zu verlieren wir die Satzung darlegen, so daß ihr Schritt um Schritt die besudelnden Dinge verlieren, die läuternden Dinge erwerben, euch die Weisheit in ihrer Fülle und Weite noch bei Lebzeiten selber offenbar machen, verwirklichen und erringen könnt.‹ Was meinst du wohl, Poṭṭhapādo: wäre nun nicht, bei solcher Bewandtnis, eine recht begreifliche Antwort gegeben?«

»Freilich, o Herr, bei solcher Bewandtnis wäre eine recht begreifliche Antwort gegeben.«


Nach dieser Rede wandte sich Citto der Sohn des Elefantenmeisters an den Erhabenen und fragte:

»Zu einer Zeit, o Herr, wo die gröbere Selbstentwickelung besteht, eitel ist einem zu dieser Zeit die geisthafte Selbstentwickelung, eitel die unkörperliche Selbstentwickelung: nur gröbere Selbstentwickelung hat man zu dieser Zeit als wirklich zu befinden229? Zu einer Zeit, o Herr, wo die geisthafte Selbstentwickelung besteht, eitel ist einem zu dieser Zeit die gröbere Selbstentwickelung, eitel die unkörperliche Selbstentwickelung: nur geisthafte Selbstentwickelung hat man zu dieser Zeit als wirklich zu befinden? Zu einer Zeit, o Herr, wo die unkörperliche Selbstentwickelung besteht, eitel ist einem zu dieser Zeit die gröbere Selbstentwickelung, eitel die geisthafte Selbstentwickelung: nur unkörperliche Selbstentwickelung hat man zu dieser Zeit als wirklich zu befinden?«

»Zu einer Zeit, Citto, wo die gröbere Selbstentwickelung besteht, da kann weder von geisthafter Selbstentwickelung die Rede sein noch von unkörperlicher Selbstentwickelung: von gröberer Selbstentwickelung eben nur kann zu dieser Zeit die Rede sein. Zu einer Zeit, Citto, wo die geisthafte Selbstentwickelung besteht, da kann weder von gröberer Selbstentwickelung die Rede sein noch von unkörperlicher Selbstentwickelung: von geisthafter Selbstentwickelung eben nur kann zu dieser Zeit die Rede sein. Zu einer Zeit, Citto, wo die unkörperliche Selbstentwickelung besteht, da kann weder von gröberer Selbstentwickelung die Rede sein noch von geisthafter Selbstentwickelung: von unkörperlicher Selbstentwickelung eben nur kann zu dieser Zeit die Rede sein. – Wenn man dich, Citto, etwa fragte: ›Bist du in den vergangenen Zeiten gewesen, oder bist du nicht gewesen? Wirst du in den zukünftigen Zeiten sein, oder wirst du nicht sein? Bist du jetzt, oder bist du nicht?‹: also gefragt, würdest du, Citto, was zur Antwort geben?«

[141] »Wenn man mich, o Herr, etwa fragte: ›Bist du in den vergangenen Zeiten gewesen, oder bist du nicht gewesen? Wirst du in den zukünftigen Zeiten sein, oder wirst du nicht sein? Bist du jetzt, oder bist du nicht?‹: also gefragt, würd' ich, o Herr, das zur Antwort geben: ›Ich bin in den vergangenen Zeiten gewesen, nicht bin ich nicht gewesen; ich werde in den zukünftigen Zeiten sein, nicht werd' ich nicht sein; ich bin jetzt, nicht bin ich nicht.‹ Auf solche Fragen, o Herr, würd' ich also antworten.«

»Wenn man dich ferner, Citto, etwa fragte: ›Was einst deine vergangene Selbstentwickelung war, ist das eben deine wirkliche Selbstentwickelung gewesen, und ist eitel die zukünftige, eitel die gegenwärtige? Was einst deine zukünftige Selbstentwickelung sein wird, wird das eben deine wirkliche Selbstentwickelung werden, und ist eitel die vergangene, eitel die gegenwärtige? Was da jetzt deine gegenwärtige Selbstentwickelung ist, ist das eben deine wirkliche Selbstentwickelung, und ist eitel die vergangene, eitel die zukünftige?‹: also gefragt, würdest du, Citto, was zur Antwort geben230

»Wenn man mich ferner, o Herr, etwa fragte: ›Was einst deine vergangene Selbstentwickelung war, ist das eben deine wirkliche Selbstentwickelung gewesen, und ist eitel die zukünftige, eitel die gegenwärtige? Was einst deine zukünftige Selbstentwickelung sein wird, wird das eben deine wirkliche Selbstentwickelung werden und ist eitel die vergangene, eitel die gegenwärtige? Was da jetzt deine gegenwärtige Selbstentwickelung ist, ist das eben deine wirkliche Selbstentwickelung, und ist eitel die vergangene, eitel die zukünftige?‹: also gefragt, würd' ich, o Herr, das zur Antwort geben: ›Was einst meine vergangene Selbstentwickelung war, das eben ist mir zu jener Zeit wirkliche Selbstentwickelung gewesen, eitel die zukünftige, eitel die gegenwärtige; was einst meine zukünftige Selbstentwickelung sein wird, das eben wird mir zu jener Zeit wirkliche Selbstentwickelung sein, eitel die vergangene, eitel die gegenwärtige; was da jetzt meine gegenwärtige Selbstentwickelung ist, das eben ist mir zu dieser Zeit231 wirkliche Selbstentwickelung, eitel die vergangene, eitel die zukünftige.‹ Auf solche Fragen, o Herr, würd' ich also antworten.«

»Ebenso nun auch, Citto, kann zu einer Zeit wo die gröbere Selbstentwickelung besteht, da weder von geisthafter Selbstentwickelung die Rede sein noch von unkörperlicher Selbstentwickelung: von gröberer Selbstentwickelung eben nur kann zu dieser Zeit die Rede sein. Zu einer Zeit, Citto, wo die geisthafte Selbstentwickelung besteht, da kann weder von gröberer Selbstentwickelung die Rede sein noch von unkörperlicher Selbstentwickelung: von geisthafter Selbstentwickelung eben nur kann zu dieser Zeit die Rede sein. Zu einer Zeit, Citto, wo die unkörperliche Selbstentwickelung besteht, da kann weder von gröberer Selbstentwickelung die Rede sein noch von geisthafter [142] Selbstentwickelung: von unkörperlicher Selbstentwickelung eben nur kann zu dieser Zeit die Rede sein.

Gleichwie etwa, Citto, von der Kuh die Milch kommt, von der Milch der Rahm, vom Rahm die Butter, von der Butter der Quark, vom Quark der Käse; und zu einer Zeit wo Milch ist, da weder von Rahm noch von Butter oder Quark und Käse die Rede sein kann, es da eben nur Milch heißt; und zu einer Zeit wo Rahm, wo Butter, wo Quark, wo Käse ist, da nicht von Milch die Rede sein kann, es da eben nur Rahm, oder Butter, oder Quark, oder Käse heißt232: ebenso nun auch, Citto, kann zu einer Zeit, wo die gröbere Selbstentwickelung besteht, da weder von geisthafter Selbstentwickelung die Rede sein noch von unkörperlicher Selbstentwickelung: von gröberer Selbstentwickelung eben nur kann zu dieser Zeit die Rede sein; und kann zu einer Zeit wo die geisthafte Selbstentwickelung besteht eben nur davon, kann zu einer Zeit wo die unkörperliche Selbstentwickelung besteht ebensowenig von gröberer Selbstentwickelung die Rede sein als von geisthafter Selbstentwickelung: von unkörperlicher Selbstentwickelung eben nur kann zu dieser Zeit die Rede sein. – Das sind nun, Citto, Weltansagen, Weltauskünfte, Weltverhältnisse, Weltbekenntnisse, zu denen sich der Vollendete unberührsam verhält233


Nach dieser Rede wandte sich Poṭṭhapādo der Pilger an den Erhabenen mit den Worten:

»Vortrefflich, o Herr, vortrefflich, o Herr! Gleichwie etwa, o Herr, als ob man Umgestürztes aufstellte, oder Verdecktes enthüllte, oder Verirrten den Weg wiese, oder ein Licht in die Finsternis hielte: ›Wer Augen hat wird die Dinge sehn‹: ebenso auch hat der Erhabene die Lehre gar vielfach dargelegt. Und so nehm' ich, o Herr, beim Erhabenen Zuflucht, bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: als Anhänger soll mich der Erhabene betrachten, von heute an zeitlebens getreu.«

Citto aber, der Sohn des Elefantenmeisters, sprach also zum Erhabenen:

»Vortrefflich, o Herr, vortrefflich, o Herr! Gleichwie etwa, o Herr, als ob man Umgestürztes aufkehrte oder Verstecktes enthüllte, oder Verirrte auf den Weg wiese, oder Licht in die Finsternis brächte: ›Wer Augen hat wird die Dinge sehn‹: ebenso auch hat der Erhabene die Lehre von vielen Seiten gezeigt. Und so nehm' ich, o Herr, beim Erhabenen Zuflucht, bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: möge mir, o Herr, der Erhabene Aufnahme gewähren, die Ordensweihe erteilen!«

Es wurde Citto, der Sohn des Elefantenmeisters vom Erhabenen aufgenommen, wurde mit der Ordensweihe belehnt.

Nicht lange aber war der ehrwürdige Citto in den Orden aufgenommen, [143] da hatte er, einsam, abgesondert, unermüdlich, in heißem, innigem Ernste gar bald was edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit lockt, jenes höchste Ziel des Asketentums noch bei Lebzeiten sich offenbar gemacht, verwirklicht und errungen. ›Versiegt ist die Geburt, vollendet das Asketentum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹ verstand er da. Auch einer war nun der ehrwürdige Citto der Heiligen geworden.

Quelle:
Die Reden Gotamo Buddhos. Bd. 2, Zürich/Wien 31957, S. 126-144.
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