Erste Rede

Pāṭikaputto

[427] Das hab' ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene im Lande der Maller, bei Anupiyam, wie eine Burg in ihrem Gebiete heißt. Da hat denn der Erhabene am Morgen sich gerüstet, Mantel und Schale genommen und ist nach Anupiyam hingeschritten, um Almosenspeise. Nun hat aber der Erhabene sich da gesagt: ›Es ist noch zu früh für den Almosengang in Anupiyam; wie, wenn ich jetzt den Bhaggaver Pilgerhain, wo der Bhaggaver Pilger sich aufhält, besuchen würde?‹ So ist denn der Erhabene zum Bhaggaver Pilgerhain, wo der Bhaggaver Pilger sich aufhielt, hingegangen. Alsbald aber wandte sich der Bhaggaver Pilger mit diesen Worten an den Erhabenen:

»Es komme, o Herr, der Erhabene, gegrüßt sei, o Herr, der Erhabene! Lange schon, o Herr, hat der Erhabene hoffen lassen mich einmal hier zu besuchen. Möge sich, o Herr, der Erhabene setzen: dieser Sitz ist bereit.«

Es setzte sich der Erhabene auf den dargebotenen Sitz. Der Bhaggaver Pilger aber nahm einen von den niederen Stühlen zur Hand und setzte sich an die Seite. An der Seite sitzend sprach nun der Bhaggaver Pilger zum Erhabenen also:

»Die vergangenen Tage, o Herr, vor einiger Zeit, ist Sunakkhatto der junge Licchavier zu mir gekommen und hat mir gesagt:

›Losgesagt hab' ich mich nunmehr, Bhaggaver, vom Erhabenen: ich bin nun nicht mehr dem Erhabenen zugehörig.‹ Ist es wohl, o Herr, wirklich so wie Sunakkhatto der junge Licchavier gesagt hat?«

»Wirklich, Bhaggaver, ist es so wie Sunakkhatto der junge Licchavier gesagt hat. Die vergangenen Tage, Bhaggaver, vor einiger Zeit, ist Sunakkhatto der junge Licchavier zu mir gekommen, hat mich begrüßt und beiseite Platz genommen. Beiseite sitzend, Bhaggaver, hat dann Sunakkhatto der junge Licchavier zu mir also gesprochen: ›Ich sage mich nunmehr, o Herr, vom Erhabenen los: ich will nun, o Herr, nicht mehr dem Erhabenen zugehörig sein.‹ Auf diese Worte, Bhaggaver, hab' ich Sunakkhatto dem jungen Licchavier erwidert: ›Hatte ich etwa, Sunakkhatto, zu dir gesagt745: »Komm', o Sunakkhatto, sei mir zugehörig«?‹ – ›Das nicht, o Herr.‹ – ›Oder hattest du vielleicht zu mir gesagt: »Ich will, o Herr, dem Erhabenen zugehörig sein«?‹ – ›Auch nicht, o Herr.‹ – ›So ist klar, Sunakkhatto, daß weder ich dich gebeten[427] habe »Komm, o Sunakkhatto, sei mir zugehörig«, noch auch du mich gebeten hast »Ich will, o Herr, dem Erhabenen zugehörig sein«: ist es also, eitler Mann, wer bist du und von wem sagst du dich los? Sieh', eitler Mann, wie weit du wohl hierin gefehlt hast.‹ – ›Aber es hat mir, o Herr, der Erhabene keinerlei überirdische Machtbezeugung geschehn lassen.‹ – ›Hatte ich denn, Sunakkhatto, zu dir gesagt: »Komm', o Sunakkhatto, sei mir zugehörig, ich will dir eine überirdische Machtbezeugung geschehn lassen«?‹ – ›Das nicht, o Herr.‹ – ›Oder hattest du etwa zu mir gesagt: »Ich will, o Herr, dem Erhabenen zugehörig sein, der Erhabene wird mir eine überirdische Machtbezeugung geschehn lassen«?‹ – ›Auch nicht, o Herr.‹ – ›So ist klar, Sunakkhatto, daß weder ich dich gebeten habe »Komm', o Sunakkhatto, sei mir zugehörig, ich will dir eine überirdische Machtbezeugung geschehn lassen«, noch auch du mich gebeten hast »Ich will, o Herr, dem Erhabenen zugehörig sein, der Erhabene wird mir eine überirdische Machtbezeugung geschehn lassen«: ist es also, eitler Mann, wer bist du und von wem sagst du dich los? Wie denkst du darüber, Sunakkhatto: ob eine überirdische Machtbezeugung geschieht, oder ob keine überirdische Machtbezeugung geschieht: weswegen die Satzung von mir gezeigt wird, reicht das dem Grübler zur gänzlichen Leidensversiegung aus?‹ – ›Ob nun, o Herr, eine überirdische Machtbezeugung geschieht, oder ob keine überirdische Machtbezeugung geschieht: weswegen vom Erhabenen die Satzung gezeigt wird, das reicht dem Grübler zur gänzlichen Leidensversiegung aus.‹ – ›So ist klar, Sunakkhatto, ob nun eine überirdische Machtbezeugung geschieht, oder ob keine überirdische Machtbezeugung geschieht: weswegen die Satzung von mir gezeigt wird, das reicht dem Grübler zur gänzlichen Leidensversiegung aus. Was sollte da, Sunakkhatto, mit einer überirdischen Machtbezeugung bezeugt sein? Sieh', eitler Mann, wie weit du wohl hierin gefehlt hast.‹ – ›Aber es hat mir, o Herr, der Erhabene auch nicht den Voranfang erklärt.‹ – ›Hatte ich etwa, Sunakkhatto, so zu dir gesprochen: »Komm', o Sunakkhatto, sei mir zugehörig, ich will dir den Voranfang erklären«?‹ – ›Das nicht, o Herr.‹ – ›Oder hattest etwa du zu mir gesagt: »Ich will, o Herr, dem Erhabenen zugehörig sein, der Erhabene wird mir den Voranfang erklären«?‹ – ›Auch nicht, o Herr.‹ – ›So ist klar, Sunakkhatto, daß weder ich dir versprochen habe »Komm', o Sunakkhatto, sei mir zugehörig, ich will dir den Voranfang erklären«, noch auch du von mir bedungen hast »Ich will, o Herr, dem Erhabenen zugehörig sein, der Erhabene wird mir den Voranfang erklären«: ist es also, eitler Mann, wer bist du und von wem sagst du dich los? Wie denkst du darüber, Sunakkhatto: ob nun ein Voranfang erklärt wird, oder ob kein Voranfang erklärt wird: weswegen die Satzung von mir gezeigt wird, reicht das dem Grübler zur gänzlichen Leidensversiegung aus?‹ – ›Ob nun, o Herr, ein Voranfang erklärt[428] wird, oder ob kein Voranfang erklärt wird: weswegen vom Erhabenen die Satzung gezeigt wird, das reicht dem Grübler zur gänzlichen Leidensversiegung aus.‹ – ›So ist klar, Sunakkhatto, ob nun ein Voranfang erklärt wird, oder ob kein Voranfang erklärt wird: weswegen die Satzung von mir gezeigt wird, das reicht dem Grübler zur gänzlichen Leidensversiegung aus. Was sollte da, Sunakkhatto, mit einem erklärten Voranfang erklärt sein? Sieh', eitler Mann, wie weit du wohl hierin gefehlt hast. Auf mannigfache Weise hast du, Sunakkhatto, mein Lob gepriesen bei den Vajjīnern, so zwar: »Das ist der Erhabene, Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der Männerherde, der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene.« So hast du, Sunakkhatto, auf mannigfache Weise mein Lob gepriesen bei den Vajjīnern. Auf mannigfache Weise hast du, Sunakkhatto, der Satzung Lob gepriesen bei den Vajjīnern: »Wohl kundgetan ist vom Erhabenen die Satzung, die ersichtliche, zeitlose, anregende, einladende, den Verständigen von selbst verständlich.« So hast du, Sunakkhatto, auf mannigfache Weise der Satzung Lob gepriesen bei den Vajjīnern. Auf mannigfache Weise hast du, Sunakkhatto, der Jüngerschaft Lob gepriesen bei den Vajjīnern: »Wohl vertraut ist beim Erhabenen die Jüngerschar, ehrlich vertraut ist beim Erhabenen die Jüngerschar, recht vertraut ist beim Erhabenen die Jüngerschar, geziemend vertraut ist beim Erhabenen die Jüngerschar, und zwar vier Paare der Menschen, nach acht Arten von Menschen: das ist des Erhabenen Jüngerschar, die Opfer und Spende, Gabe und Gruß verdient, heiligste Stätte der Welt ist.« So hast du, Sunakkhatto, auf mannigfache Weise der Jüngerschaft Lob gepriesen bei den Vajjīnern. Lasse dir, Sunakkhatto, angekündigt, lasse dir, Sunakkhatto, vorausgesagt sein: es werden dich, Sunakkhatto, die Leute bezichtigen: »Nicht vermochte Sunakkhatto der junge Licchavier beim Asketen Gotamo das heilige Leben zu führen, aus Unvermögen hat er die Übung aufgegeben und ist zur Gewohnheit zurückgekehrt.« So werden dich, Sunakkhatto, die Leute bezichtigen.‹ Daraufhin aber, Bhaggaver, ist Sunakkhatto der junge Licchavier, nach meiner Verweisung, von dieser Lehre und Zucht eben abgefallen, als ein Abwendiger, Abtrünniger.

Es war einmal, Bhaggaver, da bin ich im Lande der Thūlier746 geweilt, bei Hochstadt, wie sie heißt, der Thūlierburg. Da hab' ich denn747, Bhaggaver, am Morgen mich gerüstet, Mantel und Schale genommen und bin, gefolgt von Sunakkhatto dem jungen Licchavier als begleitendem Mönche, nach Hochstadt aufgebrochen, um Almosenspeise. Um diese Zeit aber lebte dort der Unbekleidete748 Korakkhattiyo, der dem Hundegelübde nachkam, auf allen vieren ging: der nahm auf die Erde vor ihn hingeworfenes Futter nur mit dem Munde zu sich, nur mit dem Munde nahm er es ein. Es sah nun, [429] Bhaggaver, Sunakkhatto der junge Licchavier den Unbekleideten Korakkhattiyo, den Hundelehrling, wie er auf allen vieren ging und auf die Erde vor ihn hingeworfenes Futter nur mit dem Munde zu sich nahm, nur mit dem Munde es einnahm. Als er das gesehn hatte, bedeuchte ihn alsbald: ›Der scheint wirklich und wahrhaftig ein heiliger Asket zu sein! Auf allen vieren geht er hin und nimmt das vor ihn am Boden ausgestreute Futter nur mit dem Munde zu sich, nur mit dem Munde nimmt er es ein.‹ Aber ich hatte, Bhaggaver, im Geiste Geist und Gedanken Sunakkhattos des jungen Licchaviers erkannt und sprach also zu ihm: ›Und du magst dich, eitler Mann, als einen Asketen des Sakyersohnes bekennen?‹ – ›Warum doch, o Herr, fragt mich der Erhabene: »Und du magst dich, eitler Mann, als einen Asketen des Sakyersohnes bekennen«?‹ – ›Hat dich denn nicht, Sunakkhatto, als du diesen Unbekleideten Korakkhattiyo gesehn hattest, der dem Hundegelübde nachkommt, auf allen vieren geht, das vor ihn am Boden hingestreute Futter nur mit dem Munde zu sich nimmt, nur mit dem Munde aufliest, alsbald bedeucht: »Der scheint wirklich und wahrhaftig ein heiliger Asket zu sein! Auf allen vieren geht er hin und nimmt das vor ihn am Boden ausgestreute Futter nur mit dem Munde zu sich, nur mit dem Munde nimmt er es ein«?‹ – ›Allerdings, o Herr: und ist wohl, o Herr, der Erhabene auf die Heiligkeit neidig?‹ – ›Nicht bin ich, eitler Mann, auf die Heiligkeit neidig: aber du eben bist hier zu einer verderblichen Ansicht gelangt; die lasse fahren, auf daß sie dir nicht langehin zu Unheil und Leiden gereiche. Von dem du ja da, Sunakkhatto, vermeinst: »Der Unbekleidete Korakkhattiyo, der scheint wirklich ein heiliger Asket zu sein«, der wird heut in sieben Tagen unversehns zutode kommen und, nach dem Tode, unter den Schwarzen Köpfen, wie eine völlig unglückliche Rotte von Kobolden heißt, wiedererstehn; seinen Leichnam aber wird man auf dem Begräbnisplatz am Schneckengrunde verscharren. Wenn es dir beliebt, Sunakkhatto, magst du dann an den Unbekleideten Korakkhattiyo herantreten und fragen: »Weißt du, Bruder Korakkhattiyo, wohin du geraten bist?« Es kann wohl sein, Sunakkhatto, daß dir der Unbekleidete Korakkhattiyo kundtun wird: »Ich weiß, Bruder Sunakkhatto, wohin ich geraten bin: unter den Schwarzen Köpfen, wie eine völlig unglückliche Rotte von Kobolden heißt, bin ich nun wiedererstanden.«‹ Da ist denn, Bhaggaver, Sunakkhatto der junge Licchavier an den Unbekleideten Korakkhattiyo herangetreten und hat also zu ihm gesprochen: ›Ausgesagt, Bruder Korakkhattiyo, hat der Asket Gotamo über dich: »Der Unbekleidete Korakkhattiyo wird heut in sieben Tagen unversehns zutode kommen und, nach dem Tode, unter den Schwarzen Köpfen, wie eine völlig unglückliche Rotte von Kobolden heißt, wiedererstehn; seinen Leichnam aber wird man auf dem Begräbnisplatz am Schneckengrunde verscharren.« Darum sei du, Bruder [430] Korakkhattiyo, vorsichtig, vorsichtig beim Essen von Speise, vorsichtig, vorsichtig beim Trinken von Wasser, damit das Wort des Asketen Gotamo sich falsch erweise.‹ Da hat denn, Bhaggaver, Sunakkhatto der junge Licchavier einen Tag um den anderen die Woche hindurch gezählt, weil er das dem Vollendeten nicht glauben wollte. Es ist jedoch, Bhaggaver, der Unbekleidete Korakkhattiyo am siebenten Tage unversehns zutode gekommen und, nach dem Tode, unter den Schwarzen Köpfen, wie eine völlig unglückliche Rotte von Kobolden heißt, wiedererstanden; seinen Leichnam aber hat man auf dem Begräbnisplatz am Schneckengrunde verscharrt. Nun hörte, Bhaggaver, Sunakkhatto der junge Licchavier reden: ›Der Unbekleidete, sagt man, Korakkhattiyo, ist unversehns zutode gekommen und auf dem Begräbnisplatz am Schneckengrunde verscharrt worden749.‹ Alsbald ist nun, Bhaggaver, Sunakkhatto der junge Licchavier nach dem Begräbnisplatz am Schneckengrunde gegangen, wo der Unbekleidete Korakkhattiyo lag, da trat er hin. Dort angelangt, hat er über dem Unbekleideten Korakkhattiyo dreimal mit der Hand geklopft und dabei gesagt: ›Weißt du, Bruder Korakkhattiyo, wohin du geraten bist?‹ Da ist nun, Bhaggaver, der Unbekleidete Korakkhattiyo, mit der Hand über den Rücken gestrichen, aufgefahren: ›Ich weiß, Bruder Sunakkhatto, wohin ich geraten bin, unter den Schwarzen Köpfen, wie eine völlig unglückliche Rotte von Kobolden heißt, bin ich nun wiedererstanden‹ – sprach's und war im Augenblick zurückgesunken750. Darauf ist nun, Bhaggaver, Sunakkhatto der junge Licchavier dorthin, wo ich weilte, gekommen, hat mich begrüßt und ist beiseite gesessen. Zu Sunakkhatto aber, Bhaggaver, dem jungen Licchavier, der da beiseite saß, sagte ich sodann: ›Was meinst du wohl, Sunakkhatto: wie dir eben von mir über den Unbekleideten Korakkhattiyo ausgesagt worden, ist das genau so eingetroffen oder nicht?‹ – ›Wie mir eben, o Herr, vom Erhabenen über den Unbekleideten Korakkhattiyo ausgesagt worden, genau so ist das eingetroffen, nicht anders.‹ – ›Was meinst du wohl, Sunakkhatto: wenn es sich also verhält, ist dann eine überirdische Machtbezeugung geschehn oder nicht geschehn?‹ – ›Freilich, o Herr, da es sich also verhält, ist eine überirdische Machtbezeugung geschehn, es ist nicht anders.‹ – ›Der ich dir also, eitler Mann, eine überirdische Machtbezeugung geschehn lasse, ich werde von dir bezichtigt: »Aber es hat mir, o Herr, der Erhabene keinerlei überirdische Machtbezeugung geschehn lassen.« Sieh', eitler Mann, wie weit du wohl hierin gefehlt hast.‹ Daraufhin aber, Bhaggaver, ist Sunakkhatto der junge Licchavier, nach meiner Verweisung, von dieser Lehre und Zucht eben abgefallen, als ein Abwendiger, Abtrünniger.

Es war einmal, Bhaggaver, da bin ich bei Vesālī geweilt, im Großen Walde, in der Halle der Einsiedelei. Zur selben Zeit nun hielt sich der Unbekleidete[431] Kaḷāramajjhako bei Vesālī auf, der eben in höchster Gunst und höchstem Ansehn bei den Vajjīnern stand. Der hatte sieben Gelübde angelobt, auf sich genommen: ›Zeitlebens will ich ein Unbekleideter sein, kein Gewand anlegen751; zeitlebens will ich keusch wandeln, nicht der Paarung pflegen; zeitlebens will ich nur von Fleisch und Branntwein mich ernähren, nicht Reis und Grütze genießen; östlich Vesālī will ich nicht über den Udener Park hinauswandern; südlich Vesālī will ich nicht über den Garten der Gotamiden hinauswandern; westlich Vesālī will ich nicht über den Siebenmangohain hinauswandern; nördlich Vesālī will ich nicht über den Vielblätterlaubhügel hinauswandern.‹ Weil er diese sieben Gelübde angelobt hatte, war er eben in höchster Gunst und höchstem Ansehn bei den Vajjīnern gestanden. Da hat denn, Bhaggaver, Sunakkhatto der junge Licchavier den Unbekleideten Kaḷāramajjhako aufgesucht. Bei ihm angelangt, hat er eine Frage an ihn gerichtet. Auf diese Frage ist der Unbekleidete Kaḷāramajjhako nicht eingegangen, ohne darauf einzugehn hat er Zorn, Haß und Verdrossenheit an den Tag gelegt. Da hat es nun, Bhaggaver, Sunakkhatto dem jungen Licchavier also bedeucht: ›Der ja wirklich und wahrhaftig wie ein heiliger Asket ist, den haben wir belästigt: o daß uns das nicht langehin zu Unheil und Leiden gereiche!‹ Alsbald nun, Bhaggaver, ist Sunakkhatto der junge Licchavier zu mir herangekommen, hat mich begrüßt und beiseite sich hingesetzt. Zu Sunakkhatto aber, Bhaggaver, dem jungen Licchavier, der da beiseite saß, sprach ich also: ›Und du magst dich, eitler Mann, als einen Asketen des Sakyersohnes bekennen?‹ – ›Warum doch, o Herr, fragt mich der Erhabene: »Und du magst dich, eitler Mann, als einen Asketen des Sakyersohnes bekennen«?‹ – ›Hast du denn nicht, Sunakkhatto, den Unbekleideten Kaḷāramajjhako aufgesucht und eine Frage an ihn gerichtet, worauf er nicht eingegangen ist, ohne darauf einzugehn Zorn, Haß und Verdrossenheit an den Tag gelegt hat, während dich da bedeuchte: »Der ja wirklich und wahrhaftig wie ein heiliger Asket ist, den haben wir belästigt: o daß uns das nicht langehin zu Unheil und Leiden ge reiche!«‹ – ›Allerdings, o Herr: und ist wohl, o Herr, der Erhabene auf die Heiligkeit neidig?‹ – › Nicht bin ich, eitler Mann, auf die Heiligkeit neidig: aber du eben bist hier zu einer verderblichen Ansicht gelangt; die lasse fahren, auf daß sie dir nicht langehin zu Unheil und Leiden gereiche. Von dem du ja da, Sunakkhatto, vermeinst: »Der Unbekleidete Kaḷāramajjhako, der ist wirklich wie ein heiliger Asket«, der wird binnen kurzem bewamst und beweibt einhergehn, Reis und Grütze genießen, auch über alle die Gärten um Vesālī hinauswandern und, seines Ruhms verlustig, zutode kommen.‹ Es ist aber, Bhaggaver, der Unbekleidete Kaḷāramajjhako binnen kurzem bewamst und beweibt einhergegangen, hat Reis und Grütze genossen, war auch über alle die Gärten um Vesālī hinausgewandert, und er ist, [432] seines Ruhms verlustig, zutode gekommen. Nun hörte, Bhaggaver, Sunakkhatto der junge Licchavier reden: ›Der Unbekleidete, sagt man, Kaḷāramajjhako, ist bewamst und beweibt einhergegangen, hat Reis und Grütze genossen, war auch über alle die Gärten um Vesālī hinausgewandert, und er ist, seines Ruhms verlustig, zutode gekommen.‹ Da ist denn, Bhaggaver, Sunakkhatto der junge Licchavier zu mir herangetreten, hat mich begrüßt und beiseite sich niedergesetzt. Zu Sunakkhatto aber, Bhaggaver, dem jungen Licchavier, der da beiseite saß, sagte ich sodann: ›Was meinst du wohl, Sunakkhatto: wie dir eben von mir über den Unbekleideten Kaḷāramajjhako ausgesagt worden, ist das genau so eingetroffen oder nicht?‹ – ›Wie mir eben, o Herr, vom Erhabenen über den Unbekleideten Kaḷāramajjhako ausgesagt worden, genau so ist das eingetroffen, nicht anders.‹ – ›Was meinst du wohl, Sunakkhatto: wenn es sich also verhält, ist dann eine überirdische Machtbezeugung geschehn oder nicht geschehn?‹ – ›Freilich, o Herr, da es sich also verhält, ist dann eine überirdische Machtbezeugung geschehn, es ist nicht anders.‹ – ›Der ich dir also, eitler Mann, eine überirdische Machtbezeugung geschehn lasse, ich werde von dir bezichtigt: »Aber es hat mir, o Herr, der Erhabene keinerlei überirdische Machtbezeugung geschehn lassen.« Sieh', eitler Mann, wie weit du wohl hierin gefehlt hast.‹ Daraufhin aber, Bhaggaver, ist Sunakkhatto der junge Licchavier, nach meiner Verweisung, von dieser Lehre und Zucht eben abgefallen, als ein Abwendiger, Abtrünniger.

Es war einmal, Bhaggaver, da bin ich wiederum dort bei Vesālī geweilt, im Großen Walde, in der Halle der Einsiedelei. Zu der Zeit aber hielt sich der Unbekleidete Pāṭikaputto bei Vesālī auf, der damals in höchster Gunst und höchstem Ansehn bei den Vajjīnern stand. Der kündigte nun in ganz Vesālī an752: ›Der Asket Gotamo trägt Weistum vor, auch ich trage Weistum vor; einem, der Weistum vorträgt, steht es aber bei seinem Vortrage an, eine überirdische Machtbezeugung sehn zu lassen. Der Asket Gotamo möge mir auf halbem Wege entgegenkommen, auch ich will ihm auf halbem Wege begegnen: da wollen wir denn beide eine überirdische Machtbezeugung geschehn lassen. Wenn der Asket Gotamo eine überirdische Machtbezeugung ausführen wird, werde ich zwei ausführen. Wenn der Asket Gotamo zwei überirdische Machtbezeugungen ausführen wird, werde ich vier ausführen. Wenn der Asket Gotamo vier überirdische Machtbezeugungen ausführen wird, werde ich acht ausführen. Soviel auch immer der Asket Gotamo an überirdischen Machtbezeugungen ausführen wird, ich werde da immer das doppelte davon ausführen.‹ Alsbald ist nun, Bhaggaver, Sunakkhatto der junge Licchavier zu mir herangekommen, hat mich begrüßt und beiseite sich hingesetzt. Beiseite sitzend hat dann, Bhaggaver, Sunakkhatto der junge Licchavier zu mir also gesprochen: ›Der Unbekleidete, o Herr, Pāṭikaputto, hält [433] sich bei Vesālī auf, er steht eben in höchster Gunst und höchstem Ansehn bei den Vajjīnern. Der kündigt nun in ganz Vesālī an: »Der Asket Gotamo trägt Weistum vor, auch ich trage Weistum vor; einem, der Weistum vorträgt, steht es aber bei seinem Vortrage an, eine überirdische Machtbezeugung sehn zu lassen. Der Asket Gotamo möge mir auf halbem Wege entgegenkommen, auch ich will ihm auf halbem Wege begegnen: da wollen wir denn beide eine überirdische Machtbezeugung geschehn lassen. Wenn der Asket Gotamo eine überirdische Machtbezeugung ausführen wird, werde ich zwei ausführen. Wenn der Asket Gotamo zwei überirdische Machtbezeugungen ausführen wird, werde ich vier ausführen. Wenn der Asket Gotamo vier überirdische Machtbezeugungen ausführen wird, werde ich acht ausführen. So viel auch immer der Asket Gotamo an überirdischen Machtbezeugungen ausführen wird, ich werde da immer das doppelte davon ausführen.«‹ Auf diesen Bericht, Bhaggaver, hab' ich zu Sunakkhatto dem jungen Licchavier gesagt: ›Unmöglich, Sunakkhatto, kann der Unbekleidete Pāṭīkaputto, ohne dieses Wort widerrufen, diese Gesinnung aufgegeben, diese Ansicht verwunden zu haben, vor mir erscheinen. Wenn er aber etwa vermeinte: »Ich werde ohne dieses Wort widerrufen, diese Gesinnung aufgegeben, diese Ansicht verwunden zu haben vor dem Asketen Gotamo erscheinen«, würde ihm wohl das Haupt zerspringen.‹ – ›Achthaben sollte, o Herr, der Erhabene vor solch einem Wort, achthaben der Willkommene vor solch einem Wort!‹ – ›Warum denn sprichst du, Sunakkhatto, also zu mir: »Achthaben sollte, o Herr, der Erhabene vor solch einem Wort, achthaben der Willkommene vor solch einem Wort«?‹ – ›Vom Erhabenen mag eben753, o Herr, dieses Wort schlechthin gültig geäußert sein: aber der Unbekleidete, o Herr, Pāṭīkaputto, könnte in schrecklicher Gestalt vor dem Erhabenen erscheinen, und das gereichte dem Erhabenen zur Lüge.‹ – ›Würde wohl, Sunakkhatto, der Vollendete ein Wort gesagt haben, das da zweideutig wäre?‹ – ›Wie denn, o Herr: hat der Erhabene den Unbekleideten Pāṭīkaputto im Geiste geistig erfassend erkannt, oder aber haben Gottheiten dem Erhabenen diesen Umstand angezeigt?‹ – ›Im Geiste geistig erfassend hab' ich schon, Sunakkhatto, den Unbekleideten Pāṭīkaputto erkannt, und auch Gottheiten haben mir diesen Umstand angezeigt. Ajito, wie er hieß, ein Feldherr der Licchavier, ist kürzlich gestorben, in den Bereich der Dreiunddreißig Götter eingekehrt. Der aber ist mir genaht, also vernehmbar: »Ruchlos, o Herr, ist der Unbekleidete Pāṭīkaputto, lügenhaft, o Herr, ist der Unbekleidete Pāṭīkaputto, auch über mich, o Herr, hat der Unbekleidete Pāṭīkaputto bei den Vajjīnern ausgesagt: ›Ajito der Licchavier Feldherr ist in die Erzhölle geraten.‹ Doch bin ich, o Herr, nicht in die Erzhölle geraten, bin in den Kreis der Dreiunddreißig Götter eingekehrt. Ruchlos, o Herr, ist der Unbekleidete Pāṭīkaputto, lügenhaft, o Herr, [434] ist der Unbekleidete Pāṭikaputto. Unmöglich, o Herr, kann der Unbekleidete Pāṭikaputto, ohne jenes Wort widerrufen, jene Gesinnung aufgegeben, jene Ansicht verwunden zu haben, vor dem Erhabenen erscheinen. Wenn er aber etwa vermeinte: Ich werde ohne jenes Wort widerrufen, jene Gesinnung aufgegeben, jene Ansicht verwunden zu haben vor dem Asketen Gotamo erscheinen, würde ihm wohl das Haupt zerspringen.« So hab' ich denn, Sunakkhatto, im Geiste geistig erfassend den Unbekleideten Pāṭikaputto eben erkannt, und auch Gottheiten haben mir diesen Umstand angezeigt. Ich denke nun aber, Sunakkhatto, nach dem Almosengang in Vesālī, sobald ich zurückgekehrt sein und die Nahrung eingenommen haben werde, mich dahinzubegeben, wo der Garten Pāṭikaputtos gelegen ist, und bis Sonnenuntergang dort zu verweilen. Wenn es dir etwa, Sunakkhatto, beliebt, melde ihm das.‹ Darauf bin ich, Bhaggaver, beizeiten gerüstet, mit Mantel und Schale versehn, nach Vesālī um Almosenspeise gegangen. Nachdem ich in der Stadt die Brocken erhalten, kehrte ich zurück, nahm das Mahl ein und begab mich sodann nach dem Garten hin, wo der Unbekleidete Pāṭikaputto sich aufhielt, über den Tag dort zu verweilen. Mittlerweile war nun, Bhaggaver, Sunakkhatto der junge Licchavier eiligen Schrittes in Vesālī umhergegangen, hatte die bekanntesten und genanntesten Licchavier aufgesucht und sie eingeladen: ›Da ist, ihr Brüder, der Erhabene in die Stadt um Almosenspeise gekommen, hat nachher Mahlzeit gehalten und alsbald den Garten aufgesucht, wo der Unbekleidete Pāṭikaputto weilt, und wird bis Sonnenuntergang dort verbleiben: ach bitte kommt mit, Verehrte, ach bitte kommt mit, Verehrte! Man wird eine überirdische Machtbezeugung von wohlberufenen Asketen zu sehn bekommen.‹ Nun haben sich, Bhaggaver, jene sehr bekannten und viel genannten Licchavier da besprochen: ›Es soll also, wie es heißt, eine überirdische Machtbezeugung von wohlberufenen Asketen vorgeführt werden: da wollen wir doch mal hingehn.‹ Dann ist er auch an die bekanntesten und genanntesten hochmögenden Priester, an die begüterten Bürger, an die berühmten gefeierten Asketen und Priester der verschiedenen Orden herangetreten, um sie einzuladen, und sie haben sich alle anzuschließen verabredet. So haben sich denn, Bhaggaver, diese hochansehnlichen Licchavier, hochansehnlichen mächtigen Priester und reichen Bürger sowie die Asketen und Priester der verschiedenen Orden nach dem Garten hinbegeben, wo der Unbekleidete Pāṭikaputto zu treffen war. Das ist, Bhaggaver, eine Versammlung gewesen, die nach hunderten zählte, nach tausenden zählte. Nun hörte, Bhaggaver, der Unbekleidete Pāṭikaputto reden, daß all diese hochansehnlichen Scharen herbeigekommen seien, und er sagte sich: ›Auch der Asket Gotamo hat in meinem Garten Tagesrast genommen.‹ Da hat ihn Angst und Zittern befallen und seine Haare sträubten sich: alsogleich hat er [435] sich, Bhaggaver, bebend vor Angst und Schauder, in den Pilgergarten an der Ebenholzlände zurückgezogen. Das kam nun, Bhaggaver, jener Versammlung zu Ohren: ›Der Unbekleidete, sagt man, Pāṭikaputto, ist bebend vor Angst und Schauder nach dem Pilgergarten an der Ebenholzlände geflohn.‹ Da wurde nun, Bhaggaver, von jener Versammlung ein Mann hingeschickt: ›Geh', lieber Mann, nach dem Pilgergarten an der Ebenholzlände hin und suche den Unbekleideten Pāṭikaputto auf und sprich also zu ihm: »Komme herbei, Bruder Pāṭikaputto, schon angelangt sind die bekanntesten und genanntesten Licchavier, schon angelangt die hochansehnlichen mächtigen Priester und reichen Bürger sowie die Asketen und Priester der verschiedenen Orden, und auch der Asket Gotamo hat im Garten des Ehrwürdigen Tagesrast genommen. Verlauten lassen hast du ja wohl, Bruder Pāṭikaputto, in ganz Vesālī solche Rede: ›Der Asket Gotamo trägt Weistum vor, auch ich trage Weistum vor: einem, der Weistum vorträgt, steht es aber bei seinem Vortrage an, eine überirdische Machtbezeugung sehn zu lassen. Der Asket Gotamo möge mir auf halbem Wege entgegenkommen, auch ich will ihm auf halbem Wege begegnen: da wollen wir denn beide eine überirdische Machtbezeugung geschehn lassen. Wenn der Asket Gotamo eine überirdische Machtbezeugung ausführen wird, werde ich zwei ausführen. Wenn der Asket Gotamo zwei überirdische Machtbezeugungen ausführen wird, werde ich vier ausführen. Wenn der Asket Gotamo vier überirdische Machtbezeugungen ausführen wird, werde ich acht ausführen. So viel auch immer der Asket Gotamo an überirdischen Machtbezeugungen ausführen wird, ich werde da immer das doppelte davon ausführen.‹ Komme doch nur, Bruder Pāṭikaputto, auf halbem Wege heran: auf dem ganzen ist schon der Asket Gotamo zuerst entgegengekommen und weilt im Garten des Ehrwürdigen über den Tag.«‹ – ›Sehr wohl, ihr Herren‹, sagte da, Bhaggaver, der Mann gehorsam zu jener Versammlung; und er begab sich nach dem Pilgergarten an der Ebenholzlände, zum Unbekleideten Pāṭikaputto hin und meldete Wort um Wort den Auftrag. Also aufgefordert, Bhaggaver, sagte nun der Unbekleidete Pāṭikaputto: ›Ich komme, Freund, ich komme, Freund‹, aber er rückte nur hin und her und konnte sich gar nicht vom Sitz erheben. Da sagte denn, Bhaggaver, jener Mann zu ihm: ›Was ist nur mit dir, Bruder Pāṭikaputto: hast du wohl etwa das Lendentuch an den Sessel geknüpft, und ist der Sessel so deinem Lendentuch angeknüpft?754 »Ich komme, Freund, ich komme, Freund«, hast du gesagt, rückst aber nur hin und her und kannst dich nicht einmal erheben vom Sitze.‹ So zur Rede gestellt, Bhaggaver, hat aber der Unbekleidete Pāṭikaputto wieder gesagt: ›Ich komme, Freund, ich komme, Freund‹, und ist immer noch hin und her gerückt, ohne vom Sitz auch nur aufstehn zu können. Als endlich, Bhaggaver, jener Mann zu merken anfing: ›Für überwunden [436] scheint dieser Unbekleidete Pāṭikaputto sich zu geben, da er immer nur sagt »Ich komme, Freund, ich komme, Freund«, aber bloß hin und her rückt und gar nicht vom Sitz aufstehn mag‹, da kehrte er zur Versammlung zurück und erstattete die Meldung: ›Für überwunden, scheint es, gibt sich der Unbekleidete Pāṭikaputto: »Ich komme, Freund, ich komme, Freund«, hat er gesagt, aber er ist immer nur hin und her gerückt und konnte sich nicht einmal vom Sitz erheben.‹ Nach dieser Meldung, Bhaggaver, hab' ich zur Versammlung dort also gesprochen: ›Unmöglich, ihr Freunde, kann der Unbekleidete Pāṭikaputto, ohne sein Wort widerrufen, seine Gesinnung aufgegeben, seine Ansicht verwunden zu haben, vor mir erscheinen. Wenn er aber etwa vermeinte: »Ich werde ohne mein Wort widerrufen, meine Gesinnung aufgegeben, meine Ansicht verwunden zu haben vor dem Asketen Gotamo erscheinen«, würde ihm wohl das Haupt zerspringen.‹


Ende des ersten Berichtes


Alsbald nun, Bhaggaver, ist einer von den Großwürdenträgern der Licchavier aufgestanden und hat zur Versammlung dort also gesprochen: ›Wohlan denn, ihr Lieben, wartet doch noch ein Weilchen: ich will gehn und versuchen, ob ich selber vielleicht den Unbekleideten Pāṭikaputto in die Versammlung herbringen kann.‹ So ist dann, Bhaggaver, jener Großwürdenträger der Licchavier nach dem Pilgergarten an der Ebenholzlände hingegangen, hat den Unbekleideten Pāṭikaputto aufgesucht und ihm zugeredet: ›Komm, Bruder Pāṭikaputto, es ist besser wenn du kommst: versammelt sind die bekanntesten und genanntesten Licchavier, versammelt die bekanntesten und genanntesten hochmögenden Priester und wohlhabenden Bürger sowie die Asketen und Priester der verschiedenen Orden, und auch der Asket Gotamo hat im Garten des Ehrwürdigen Tagesrast genommen. Du hast ja wohl, Bruder Pāṭikaputto, in ganz Vesālī jene gewisse Rede verlauten lassen; komme doch nur, Bruder Pāṭikaputto, auf halbem Wege heran: auf dem ganzen ist ja schon der Asket Gotamo zuerst entgegengekommen und weilt im Garten des Ehrwürdigen über den Tag. Aber nun, Bruder Pāṭikaputto, hat der Asket Gotamo vor allen Leuten gesagt, daß du unmöglich vor ihm erscheinen könntest. Komm', Bruder Pāṭikaputto: wenn du kommst, werden wir es schon so [437] einrichten, daß du siegst und der Asket Gotamo unterliegt.‹ Also angeredet, Bhaggaver, sagte der Unbekleidete Pāṭikaputto: ›Ich komme, Freund, ich komme, Freund‹, rückte aber nur wieder hin und her und mochte sich gar nicht vom Sitz erheben. Da sagte denn, Bhaggaver, jener Großwürdenträger der Licchavier zu ihm: ›Was ist nur mit dir, Bruder Pāṭikaputto, hast du denn etwa das Lendentuch an den Sessel geknüpft, und ist der Sessel so deinem Lendentuch angeknüpft? »Ich komme, Freund, ich komme, Freund«, hast du gesagt, und rückst immer nur hin und her und kannst gar nicht vom Sitze dich erheben.‹ Auf diese Bemerkung hin, Bhaggaver, hat aber der Unbekleidete Pāṭikaputto wiederum gesagt: ›Ich komme, Freund, ich komme, Freund‹, und ist ebenso hin und her gerückt, ohne irgend den Sitz zu verlassen. Als daher, Bhaggaver, jenem Großwürdenträger der Licchavier klargeworden war, daß der Unbekleidete Pāṭikaputto sich überwunden gebe, da ging er wieder zur Versammlung zurück und verständigte sie: ›Für überwunden gibt sich, wie es scheint, der Unbekleidete Pāṭikaputto: »Ich komme, Freund, ich komme, Freund«, sagt er immerzu, rückt aber nur so herum und mag nicht einmal vom Sitz aufstehn.‹ Nach diesem Bescheid, Bhaggaver, hab' ich zur Versammlung dort also gesprochen: ›Unmöglich, ihr Freunde, kann der Unbekleidete Pāṭikaputto ohne Widerruf hier erscheinen: denn es würde ihm wohl das Haupt zerspringen. Wenn ihr, geehrte Licchavier, etwa vermeintet: »Wir werden den Unbekleideten Pāṭikaputto eigens mit Riemen binden und mit Wagenseilen herbeiziehn«, so würden die Riemen abreißen oder Pāṭikaputto. Unmöglich, ihr Freunde, ist es eben dem Unbekleideten Pāṭikaputto ohne Widerruf hier zu erscheinen: denn es würde ihm wohl das Haupt zerspringen755.‹«

»Da hat nun, Bhaggaver, Jāliyo, der Jünger des Dārupattiko, sich erhoben und zu jener Versammlung also gesprochen: ›Sei es drum, ihr Lieben, wartet nur noch ein Weilchen: ich will doch versuchen, ob ich nicht etwa imstande wäre den Unbekleideten Pāṭikaputto zur Versammlung herzubringen756.‹ So ist dann, Bhaggaver, Jāliyo der Jünger des Dārupattiko nach dem Pilgergarten an der Ebenholzlände hingegangen, hat den Unbekleideten Pāṭikaputto aufgesucht und ihm alles genau berichtet und hat ihm versichert, es würde schon dafür gesorgt werden, daß, wenn er käme, der Sieg ihm sicher zufiele. Also beredet, Bhaggaver, sagte der Unbekleidete Pāṭikaputto: ›Ich komme, Freund, ich komme, Freund‹, rückte aber wiederum nur hin und her und mochte sich gar nicht vom Sitz erst erheben. Da wußte denn, Bhaggaver, Jāliyo der Jünger des Dārupattiko nun auch, daß der Unbekleidete Pāṭikaputto sich für überwunden gebe, und er sprach jetzt also zu ihm: ›Es war einmal, Bruder Pāṭikaputto, da ist einem Löwen, dem König der Tiere, das in den Sinn gekommen: »Wie, wenn ich nun tief in ein Waldesdickicht verzöge [438] um dort zu lagern, und dieses Lager am Abend verließe, und dann mich reckte und streckte, und hierauf ringsum nach den vier Himmelsgegenden ausblickte, und nach diesem Ausblick ringsum dreimal den Löwenruf erschallen ließe, und nach dem dreimal erschollenen Löwenruf auf die Beute dahinstürzte: da würd' ich manches gute Stück Wild erlegen, manches zarte Stück Fleisch verzehren, und ebendiese Lagerstatt für mich erwählen.« Da ist denn dieser Löwe, der König der Tiere, tief in ein Waldesdickicht verzogen, um dort zu lagern, hat das Lager am Abend verlassen, sich dann gereckt und gestreckt, hierauf ringsum nach den vier Himmelsgegenden ausgeblickt, und nach diesem Ausblick ringsum dreimal den Löwenruf erschallen lassen, und nach dem dreimal erschollenen Löwenruf ist er auf Beute dahingezogen: und er hat manches gute Stück Wild erlegt, manches zarte Stück Fleisch verzehrt, und ebendiese Lagerstatt für sich erwählt. Nun war aber, Bruder Pāṭikaputto, von dem, was der Löwe, der König der Tiere, da übrig ließ, ein alter Schakal zu schwelgen gekommen, war übermütig und kräftig geworden. Da hat es dann, Bruder Pāṭikaputto, diesen alten Schakal bedeucht: »Wer bin ich, und wer ist denn der Löwe757! Wie, wenn ich nun tief in ein Waldesdickicht verzöge, um dort zu lagern, und dieses Lager am Abend verließe, und dann mich reckte und streckte, und hierauf ringsum nach den vier Himmelsgegenden ausblickte, und nach diesem Ausblick ringsum dreimal den Löwenruf erschallen ließe, und nach dem dreimal erschollenen Löwenruf auf Beute dahinzöge: da würd' ich manches gute Stück Wild erlegen, manches zarte Stück Fleisch verzehren, und ebendiese Lagerstatt für mich erwählen.« So ist denn, Bruder Pāṭikaputto, der alte Schakal tief in ein Waldesdickicht verzogen, um dort zu lagern, hat das Lager am Abend verlassen, sich dann gereckt und gestreckt, hierauf ringsum nach den vier Himmelsgegenden ausgeblickt, und nach diesem Ausblick ringsum dreimal den Löwenruf erschallen lassen wollen und als Schakal geheult, nur kläglich geheult – wie anders beim schmählichen Schakal, und wie anders beim Löwenruf! Ebenso nun auch hast du, Bruder Pāṭikaputto, von dem, was der Willkommene übrig hat lassen, gelebt, von dem, was der Willkommene liegen hat lassen, dich genährt, und vermeinst die Vollendeten, Heiligen, vollkommen Erwachten angreifen zu müssen – wie anders beim schmählichen Pāṭikaputto, und wie anders das Angreifen der Vollendeten, Heiligen, vollkommen Erwachten!‹ Als da nun, Bhaggaver, Jāliyo der Jünger des Dārupattiko auch durch dieses Gleichnis den Unbekleideten Pāṭikaputto noch nicht vom Sitze wegzubringen vermochte, wandte er sich derart an ihn:


›Ein Leu zu sein, sich wohlgefällig schmeichelnd,

War Schakals Ernst: »Ich bin der Tiere Oberherr«,

[439] Und wirklich hub er heulend an zu kläffen:

Wie schmählich klang es anders da, und wie beim Leu758!


Ebenso nun auch hast du, Bruder Pāṭikaputto, von dem, was der Willkommene übrig hat lassen, gelebt, von dem, was der Willkommene liegen hat lassen, dich genährt, und vermeinst die Vollendeten, Heiligen, vollkommen Erwachten angreifen zu müssen – wie anders beim schmählichen Pāṭikaputto, und wie anders das Angreifen der Vollendeten, Heiligen, vollkommen Erwachten!


Sein Hohlsinn war ihm unbekannt,

Nach seinem Fraße hat er sich geschätzt;

Weil sich der Schakal selber nicht geschaut,

Deucht' er sich schon ein Tigerfürst,

Und wirklich hub er heulend an zu kläffen:

Wie schmählich klang es anders da, und wie beim Leu!


Der Fröschefresser, Winkelmausvertilger,

Auf Leichenfeldern, voll von Aas, ergetzt' er sich;

Im großen öden Forst nun feist geworden,

War Schakals Ernst: »Ich bin der Tiere Oberherr«,

Und wirklich hub er heulend an zu kläffen:

Wie schmählich klang es anders da, und wie beim Leu759!


Ebenso nun auch hast du, Bruder Pāṭikaputto, von dem, was der Willkommene übrig hat lassen, gelebt, von dem, was der Willkommene liegen hat lassen, dich genährt, und vermeinst die Vollendeten, Heiligen, vollkommen Erwachten angreifen zu müssen – wie anders beim schmählichen Pāṭikaputto, und wie anders das Angreifen der Vollendeten, Heiligen, vollkommen Erwachten!‹ Als da nun, Bhaggaver, Jāliyo der Jünger des Dārupattiko auch durch dieses Gleichnis den Unbekleideten Pāṭikaputto noch nicht vom Sitze wegzubringen vermochte, da ist er zu jener Versammlung zurückgekehrt und hat also Bericht erstattet: ›Für überwunden, ihr Lieben, scheint sich der Unbekleidete Pāṭikaputto zu geben: »Ich komme, Freund, ich komme, Freund«, hat er immer gesagt, und er ist nur wieder herumgerückt und gar nicht aufgestanden vom Sitze.‹ Nach diesem Bescheid, Bhaggaver, hab' ich zur Versammlung dort also gesprochen: ›Unmöglich, ihr Freunde, kann der Unbekleidete Pāṭikaputto ohne Widerruf hier erscheinen: denn es würde ihm wohl das Haupt zerspringen. Wenn ihr, geehrte Licchavier, auch vermeintet: »Wir werden den Unbekleideten Pāṭikaputto eigens mit Riemen binden und mit Wagenseilen herbeiziehn«, so würden die Riemen abreißen oder Pāṭikaputto. [440] Unmöglich, ihr Freunde, ist es eben dem Unbekleideten Pāṭikaputto ohne Widerruf hier zu erscheinen: denn es würde ihm wohl das Haupt zerspringen.‹

Nun hab' ich dann, Bhaggaver, jene Versammlung in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermutigt, erregt und erheitert, und habe dadurch Befreiung von mächtiger Fessel bewirkt, unzählige Wesen aus dem großen Sumpfbereich emporgezogen760. Dann bin ich in Feuerart eingegangen, sieben Palmen hoch in die Lüfte geschwebt, habe noch weitere sieben Palmen hoch einen Strahlenglanz ausgesandt, in Flammen sprühend, in Dämpfen wallend, und war alsbald im Großen Walde vor die Halle der Einsiedelei wiedergekehrt. Da ist denn, Bhaggaver, Sunakkhatto, der junge Licchavier zu mir herangetreten, hat mich begrüßt, und beiseite sich niedergesetzt. Zu Sunakkhatto aber, Bhaggaver, dem jungen Licchavier, der da beiseite saß, sagte ich sodann: ›Was meinst du wohl, Sunakkhatto: wie dir eben von mir über den Unbekleideten Pāṭikaputto ausgesagt worden, ist das genau so eingetroffen oder nicht?‹ – ›Wie mir eben, o Herr, vom Erhabenen über den Unbekleideten Pāṭikaputto ausgesagt worden, genau so ist das eingetroffen, nicht anders.‹ – ›Was meinst du wohl, Sunakkhatto: wenn es sich also verhält, ist dann eine überirdische Machtbezeugung geschehn oder nicht geschehn?‹ – ›Freilich, o Herr, da es sich also verhält, ist dann eine überirdische Machtbezeugung geschehn, es ist nicht anders.‹ – ›Der ich dir also, eitler Mann, eine überirdische Machtbezeugung geschehn lasse, ich werde von dir bezichtigt: »Aber es hat mir, o Herr, der Erhabene keinerlei überirdische Machtbezeugung geschehn lassen.« Sieh', eitler Mann, wie weit du wohl hierin gefehlt hast.‹ Daraufhin aber, Bhaggaver, ist Sunakkhatto der junge Licchavier, nach meiner Verweisung, von dieser Lehre und Zucht eben abgefallen, als ein Abwendiger, Abtrünniger. –


Den Voranfang, Bhaggaver, versteh' ich wohl, und verstehe was darüber hinausreicht; bei diesem Verständnisse beharr' ich aber nicht: und weil ich dabei nicht beharre, hab' ich eben in mir Einkehr gefunden, ein Verstehn, bei dem der Vollendete nicht in die Schiefe gerät761.

Es gibt, Bhaggaver, manche Asketen und Priester, die einen Herrn als Grundlage, einen Brahmā als Grundlage ihrer Lehre vom Voranfang aufstellen762. Zu denen bin ich herangetreten und habe gefragt: ›Ist es wahr, wie man sagt, daß ihr Ehrwürdigen einen Herrn als Grundlage, einen Brahmā als Grundlage eurer Lehre vom Voranfang aufstellt?‹ Hatten sie mir diese Frage mit ›Ja‹ beantwortet, so hab' ich sie dann gefragt: ›Wie beschaffen ist aber, ihr Ehrwürdigen, die Lehre vom Voranfang mit dem Herrn als Grundlage, mit dem Brahmā als Grundlage, die ihr aufstellt?‹ Auf diese Frage sind sie [441] nicht eingegangen, ohne darauf einzugehn haben sie vielmehr an mich Fragen gerichtet763; und so hab' ich ihnen auf ihre Bitte erklärt:

›Es kommt wohl, ihr Brüder, eine Zeit vor, wo sich da wieder einmal, im Verlaufe langer Wandlungen, diese Welt zusammenballt. Wann die Welt sich zusammenballt, ballen sich die Wesen zumeist als Leuchtende zusammen. Die sind dann geistförmig, genießen Wonne, kreisen selbstleuchtend im Raume, bestehn in Schönheit, lange Wandlungen dauern sie durch.

Es kommt wohl, ihr Brüder, eine Zeit vor, wo sich da wieder einmal, im Verlaufe langer Wandlungen, diese Welt auseinanderballt. Wann die Welt sich auseinanderballt, kommt ein öder Brahmahimmel zum Vorschein. Aber eines der Wesen, aus Mangel an Kraft oder Mangel an Güte dem Reigen der Leuchtenden entschwunden764, sinkt in den öden Brahmahimmel herab. Auch das ist noch geistförmig, genießt Wonne, kreist selbstleuchtend im Raume, besteht in Schönheit, lange Wandlungen dauert es durch.

Nach einsam dort lange verlebter Frist erhebt Unbehagen und Unruhe sich in ihm: »O daß doch andere Wesen noch hier erschienen!« Und andere der Wesen noch, aus Mangel an Kraft oder Mangel an Güte dem Reigen der Leuchtenden entschwunden, sinken in den öden Brahmahimmel herab, gesellen sich jenem Wesen zu. Auch diese sind noch geistförmig, genießen Wonne, kreisen selbstleuchtend im Raume, bestehn in Schönheit, lange Wandlungen dauern sie durch.

Da ist, ihr Brüder, jenem Wesen, das zuerst herabgesunken war, also zumute worden: »Ich bin Brahmā, der große Brahmā, der Übermächtige, der Unübermächtigte, der Allsehende, der Selbstgewaltige, der Herr, der Schöpfer, der Erschaffer, der Höchste, der Erzeuger, der Erhalter, der Vater von allem was da war und sein wird: von mir sind diese Wesen erschaffen. Und woher weiß ich das? Ich habe ja vordem gewünscht ›O daß doch andere Wesen noch hier erschienen‹: das war mein geistiges Begehren, und diese Wesen sind hier erschienen.« Die Wesen aber, die da später herabgesunken sind, auch diese vermeinen dann: »Das ist der liebe Brahmā, der große Brahmā, der Übermächtige, der Unübermächtigte, der Allsehende, der Selbstgewaltige, der Herr, der Schöpfer, der Erschaffer, der Höchste, der Erzeuger, der Erhalter, der Vater von allem was da war und sein wird: von ihm, dem lieben Brahmā, sind wir erschaffen. Und woher wissen wir das? Ihn haben wir ja hier schon früher dagesehn, wir aber sind erst später hinzugekommen.«

Nun hat, ihr Brüder, das Wesen, das zuerst herabgesunken ist, eine längere Lebensdauer, eine höhere Anmut, eine größere Macht; während die Wesen, die später nachgekommen sind, geringere Lebensdauer, geringere Anmut, geringere Macht haben. Es mag aber wohl, ihr Brüder, geschehn, daß eines der Wesen diesem Reich entschwindet und hienieden Dasein erlangt. [442] Hienieden zu Dasein gelangt wird ihm das Haus zuwider, als Pilger zieht er von dannen. Ohne Haus und Heim hat er als Pilger in heißer Buße, in stetem Kampfe, in ernster Übung, in unermüdlichem Eifer, in tiefer Bedachtsamkeit eine geistige Einigung errungen, wo er innig im Herzen seiner früheren Daseinsform sich erinnert, darüber hinaus aber nicht sich erinnert. Der sagt sich nun: »Er, der der liebe Brahmā ist, der große Brahmā, der Übermächtige, der Unübermächtigte, der Allsehende, der Selbstgewaltige, der Herr, der Schöpfer, der Erschaffer, der Höchste, der Erzeuger, der Erhalter, der Vater von allem was da war und sein wird, von dem wir, dem lieben Brahmā, erschaffen sind: er ist unvergänglich, beständig, ewig, unwandelbar, ewig gleich wird er immer so bleiben; während wir, die wir von ihm, dem lieben Brahmā, erschaffen wurden, vergänglich sind, unbeständig, kurzlebig, sterben müssen, hienieden zur Weltge kommen.« Ist nicht, ihr Ehrwürdigen, die Lehre vom Voranfang mit dem Herrn als Grundlage, mit dem Brahmā als Grundlage, die ihr aufstellt, also beschaffen?‹ Darauf haben sie gesagt: ›Grade so, Bruder Gotamo, haben wir's gehört, wie eben der ehrwürdige Gotamo es verkündet hat.‹ Den Voranfang, Bhaggaver, versteh' ich wohl, und verstehe was darüber hinausreicht; bei diesem Verständnisse beharr' ich aber nicht: und weil ich dabei nicht beharre, hab' ich eben in mir Einkehr gefunden, ein Verstehn, bei dem der Vollendete nicht in die Schiefe gerät.

Es gibt, Bhaggaver, manche Asketen und Priester, die das Lustig im Dämmerlicht als Lehre vom Voranfang aufstellen. Zu denen bin ich herangetreten und habe gefragt: ›Ist es wahr, wie man sagt, daß ihr Ehrwürdigen das Lustig im Dämmerlicht als Lehre vom Voranfang aufstellt?‹ Hatten sie mir diese Frage mit ›Ja‹ beantwortet, so hab' ich sie dann gefragt: ›Wie beschaffen ist aber, ihr Ehrwürdigen, die Lehre vom Lustig im Dämmerlicht als Voranfang, die ihr aufstellt?‹ Auf diese Frage haben sie sich nicht eingelassen, ohne sich darauf einzulassen, haben sie vielmehr an mich Fragen gerichtet ; und so hab' ich ihnen auf ihre Bitte erklärt:

›Es gibt, ihr Brüder, Götter, die heißen Lustig im Dämmerlicht. Sie lassen sich über die Zeit hinaus in launigen lustigen Spielen weidlich ergehn. Weil sie sich über die Zeit hinaus in launigen lustigen Spielen weidlich ergehn lassen, trübt sich ihr Sinn. Trüben Sinnes schwinden sie aus ihrem Reiche hinweg. Es mag aber wohl, ihr Brüder, geschehn, daß eines der Wesen, aus diesem Reiche hinweggeschwunden, hienieden Dasein erlangt. Hienieden zu Dasein gelangt wird ihm das Haus zuwider, als Pilger zieht er von dannen. Ohne Haus und Heim hat er als Pilger in heißer Buße, in stetem Kampfe, in ernster Übung, in unermüdlichem Eifer, in tiefer Bedachtsamkeit eine geistige Einigung errungen, wo er innig im Herzen seiner früheren Daseinsform sich erinnert, darüber hinaus aber nicht sich erinnert. Der sagt sich nun: »Sie, [443] jene lieben Götter, die nicht lustig im Dämmerlicht sind, die lassen sich nicht über die Zeit hinaus in launigen lustigen Spielen weidlich ergehn. Weil sie sich nicht über die Zeit hinaus in launigen lustigen Spielen weidlich ergehn lassen, wird ihr Sinn nicht trübe. Weil ihr Sinn nicht trübe wird, schwinden jene Götter nicht aus ihrem Reiche hinweg: sie sind unvergänglich, beständig, ewig, unwandelbar, ewig gleich werden sie immer so bleiben; während wir, die wir lustig im Dämmerlicht gewesen, über die Zeit hinaus uns in launigen lustigen Spielen weidlich ergehn ließen. Weil wir uns über die Zeit hinaus in launigen lustigen Spielen weidlich ergehn haben lassen, ist unser Sinn trübe geworden. Trüben Sinnes aber sind wir aus unserem Reiche hinweggeschwunden, sind vergänglich, unbeständig, kurzlebig worden, müssen sterben, hienieden zur Welt gekommen.« Ist nicht etwa, ihr Ehrwürdigen, die Lehre vom Lustig im Dämmerlicht als Voranfang, die ihr aufstellt, also beschaffen?‹ Darauf haben sie gesagt: ›Grade so, Bruder Gotamo, haben wir's gehört, wie eben der ehrwürdige Gotamo es verkündet hat.‹ Den Voranfang, Bhaggaver, versteh' ich wohl, und verstehe was darüber hinausreicht; bei diesem Verständnisse beharr' ich aber nicht: und weil ich dabei nicht beharre, hab' ich eben in mir Einkehr gefunden, ein Verstehn, bei dem der Vollendete nicht in die Schiefe gerät.

Es gibt, Bhaggaver, manche Asketen und Priester, die das Sinnig im Dämmerlicht als Lehre vom Voranfang aufstellen. Zu denen bin ich herangetreten und habe gefragt: ›Ist es wahr, wie man sagt, daß ihr Ehrwürdigen das Sinnig im Dämmerlicht als Lehre vom Voranfang aufstellt?‹ Hatten sie mir diese Frage mit ›Ja‹ beantwortet, so hab' ich sie dann gefragt: ›Wie beschaffen ist aber, ihr Ehrwürdigen, die Lehre vom Sinnig im Dämmerlicht als Voranfang, die ihr aufstellt?‹ Dieser Frage sind sie ausgewichen, ihr ausweichend haben sie vielmehr an mich Fragen gerichtet; und so hab' ich ihnen auf ihre Bitte erklärt:

›Es gibt, ihr Brüder, Götter, die heißen Sinnig im Dämmerlicht. Sie lassen über die Zeit hinaus einer den anderen erspähen. Weil sie über die Zeit hinaus einer den anderen erspähen lassen, werden ihre Geister aneinander trübe. Aneinander trüben Geistes geworden ermatten ihre Schwingen, ermatten ihre Geister. So schwinden diese Götter aus ihrem Reiche hinweg. Es mag aber wohl, ihr Brüder, geschehn, daß eines der Wesen, aus diesem Reiche hinweggeschwunden, hienieden Dasein erlangt. Hienieden zu Dasein gelangt wird ihm das Haus zuwider, als Pilger zieht er von dannen. Ohne Haus und Heim hat er als Pilger in heißer Buße, in stetem Kampfe, in ernster Übung, in unermüdlichem Eifer, in tiefer Bedachtsamkeit eine geistige Einigung errungen, wo er innig im Herzen seiner früheren Daseinsform sich erinnert, darüber hinaus aber nicht sich erinnert. Der sagt sich nun: »Sie, jene lieben Götter, [444] die nicht sinnig im Dämmerlicht sind, die lassen nicht über die Zeit hinaus einer den anderen erspähen. Weil sie nicht über die Zeit hinaus einer den anderen erspähen lassen, werden ihre Geister aneinander nicht trübe. Aneinander nicht trüben Geistes geworden, bleiben ihre Schwingen unermattet, unermattet ihre Geister. So schwinden jene Götter nicht aus ihrem Reiche hinweg: sie sind unvergänglich, beständig, ewig, unwandelbar, ewig gleich werden sie immer so bleiben; während wir, die wir sinnig im Dämmerlicht gewesen, über die Zeit hinaus einer den anderen erspähen ließen. Weil wir über die Zeit hinaus einer den anderen erspähen haben lassen, sind unsere Geister aneinander trübe geworden. Aneinander trüben Geistes geworden sind aber unsere Schwingen ermattet, ermattet unsere Geister, und wir sind aus unserem Reiche hinweggeschwunden, vergänglich, unbeständig, kurzlebig worden, müssen sterben, hienieden zur Welt gekommen.« Ist wohl etwa, ihr Ehrwürdigen, die Lehre vom Sinnig im Dämmerlicht als Voranfang, die ihr aufstellt, also beschaffen?‹ Darauf haben sie gesagt: ›Grade so, Bruder Gotamo, haben wir's gehört, wie eben der ehrwürdige Gotamo es verkündet hat.765‹ Den Voranfang, Bhaggaver, versteh' ich wohl, und verstehe was darüber hinausreicht; bei diesem Verständnisse beharr' ich aber nicht: und weil ich dabei nicht beharre, hab' ich eben in mir Einkehr gefunden, ein Verstehn, bei dem der Vollendete nicht in die Schiefe gerät.

Es gibt, Bhaggaver, manche Asketen und Priester, die den Ursprung im Denken als Lehre vom Voranfang aufstellen. Zu denen bin ich herangetreten und habe gefragt: ›Ist es wahr, wie man sagt, daß ihr Ehrwürdigen den Ursprung im Denken als Lehre vom Voranfang aufstellt?‹ Hatten sie mir diese Frage mit ›Ja‹ beantwortet, so hab' ich sie dann gefragt: ›Wie beschaffen ist aber, ihr Ehrwürdigen, die Lehre vom Ursprung im Denken als Voranfang, die ihr aufstellt?‹ An dieser Frage sind sie vorbeigegangen, an ihr vor beigegangen haben sie vielmehr an mich Fragen gerichtet; und so hab' ich ihnen auf ihre Bitte erklärt:

›Es gibt, ihr Brüder, Götter, die heißen Unbewußt im Wesen. Sobald aber jene Götter bewußt werden, schwinden sie aus ihrem Reiche hinweg766. Es mag nun wohl, ihr Brüder, geschehn, daß eines der Wesen, aus jenem Reiche hinweggeschwunden, hienieden Dasein erlangt. Hienieden zu Dasein gelangt wird ihm das Haus zuwider, als Pilger zieht er von dannen. Ohne Haus und Heim hat er als Pilger in heißer Buße, in stetem Kampfe, in ernster Übung, in unermüdlichem Eifer, in tiefer Bedachtsamkeit eine geistige Einigung errungen, wo er innig im Herzen an das Bewußtwerden sich erinnert, darüber hinaus aber nicht sich erinnert. Der sagt sich nun: »Aus dem Denken entsprossen ist das Selbst und die Welt. Und woher weiß ich das? Ich bin ja ehedem nicht gewesen; da bin ich denn jetzt geworden, zu Dasein umgewandelt.« Ist nun [445] wohl, ihr Ehrwürdigen, die Lehre vom Ursprung im Denken als Voranfang, die ihr aufstellt, also beschaffen?‹ Darauf haben sie gesagt: ›Grade so, Bruder Gotamo, haben wir's gehört, wie eben der ehrwürdige Gotamo es verkündet hat.‹ Den Voranfang, Bhaggaver, versteh' ich wohl, und verstehe was darüber hinausreicht; bei diesem Verständnisse beharr' ich aber nicht: und weil ich dabei nicht beharre, hab' ich eben in mir Einkehr gefunden, ein Verstehn, bei dem der Vollendete nicht in die Schiefe gerät.

Bei solcher Rede nun, Bhaggaver, solcher Aussage werde ich von manchen Asketen und Priestern ohne Grund, nichtiger, fälschlicher Weise, mit Unrecht bezichtigt: ›Verdreht ist der Asket Gotamo und die Mönche; der Asket Gotamo lehrt: »Zu einer Zeit wo man die Freiung der Schönheit erreicht hat, alles hat man zu dieser Zeit eben von Unschönheit gegenwärtig.«‹ Nicht aber, Bhaggaver, hab' ich dergleichen gesagt, sondern also hab' ich gesprochen: zu einer Zeit wo man die Freiung der Schönheit erreicht hat, Schönheit eben ist einem zu dieser Zeit gegenwärtig767

»Die sind, o Herr, verdreht, die den Erhabenen für verdreht halten und die Mönche. – So klar geworden bin ich, o Herr, am Erhabenen: es kann mir der Erhabene die Lehre derart aufweisen, daß ich die Freiung der Schönheit zu erreichen vermag.«

»Schwer zu erfahren ist das, Bhaggaver, für dich ohne Deutung, ohne Geduld, ohne Hingabe, ohne Anstrengung, ohne Lenkung, wie die Freiung der Schönheit zu erreichen sei768. Gut denn, Bhaggaver: was dir an mir da klar wurde, das eben magst du mit Andacht bewahren.«

»Wenn das, o Herr, für mich schwer zu erfahren ist ohne Deutung, ohne Geduld, ohne Hingabe, ohne Anstrengung, ohne Lenkung, wie die Freiung der Schön heit zu erreichen sei: was mir da, o Herr, am Erhabenen klar wurde, das eben werd' ich mit Andacht bewahren.«


Also sprach der Erhabene. Zufrieden freute sich der Pilger vom Bhaggaver Stamme über das Wort des Erhabenen769.

Quelle:
Die Reden Gotamo Buddhos. Bd. 2, Zürich/Wien 31957, S. 427-446.
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