Vierte Rede

Zu betreiben und nicht zu betreiben

[860] Das hab' ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Sāvatthī, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos. Dort nun wandte sich der Erhabene an die Mönche: »Ihr Mönche!« – »Erlauchter!« antworteten da jene Mönche dem Erhabenen aufmerksam. Der Erhabene sprach also:

»Was zu betreiben und was nicht zu betreiben ist, ihr Mönche, werde ich euch der Reihe nach anzeigen: das höret und achtet wohl auf meine Rede.«

»Gewiß, o Herr!« antworteten da jene Mönche dem Erhabenen aufmerksam. Der Erhabene sprach also:

»Betragen in Taten, sag' ich da, Mönche, ist von doppelter Art, als zu betreiben, als nicht zu betreiben: und es ist entgegengesetztes Betragen in Taten. Betragen in Worten, sag' ich da, Mönche, ist von doppelter Art, als zu betreiben, als nicht zu betreiben: und es ist entgegengesetztes Betragen in Worten. Betragen in Gedanken, sag' ich da, Mönche, ist von doppelter Art, als zu betreiben, als nicht zu betreiben: und es ist entgegengesetztes Betragen in Gedanken. Herzensentschließung, sag' ich da, Mönche, ist von doppelter Art, als zu betreiben, als nicht zu betreiben: und es ist entgegengesetzte Herzensentschließung. Verständnis erlangen, sag' ich da, Mönche, ist von doppelter Art, als zu betreiben, als nicht zu betreiben: und es ist entgegengesetztes Verständnis erlangen. Erkenntnis erlangen, sag' ich da, Mönche, ist von doppelter Art, als zu betreiben, als nicht zu betreiben: und es ist entgegengesetzte Erkenntnis erlangen. Eigenschaft erlangen, sag' ich da, Mönche, ist von doppelter Art, als zu betreiben, als nicht zu betreiben: und es ist entgegengesetzte Eigenschaft erlangen.«

Nach diesen Worten wandte sich der ehrwürdige Sāriputto also an den Erhabenen:

»Was da, o Herr, der Erhabene in Kürze gesagt, nicht ausführlich dargestellt hat, scheint mir, ausgeführt, dies zu bedeuten: ›Betragen in Taten, sag' ich da, Mönche, ist von doppelter Art, als zu betreiben, als nicht zu betreiben: und es ist entgegengesetztes Betragen in Taten‹: das ist da wohl vom Erhabenen gesagt worden; und warum ist es gesagt worden? Ein Betragen, o Herr, in Taten, wobei sich einem, indem man es betreibt, die unheilsamen [861] Dinge mehren und die heilsamen Dinge sich mindern, ein solches Betragen in Taten ist nicht zu betreiben. Ein Betragen aber, o Herr, in Taten, wobei sich einem, indem man es betreibt, die unheilsamen Dinge mindern und die heilsamen Dinge sich mehren, ein solches Betragen in Taten ist zu betreiben.

Was ist das nun, o Herr, für ein Betragen in Taten, wobei sich einem, indem man es betreibt, die unheilsamen Dinge mehren und die heilsamen Dinge sich mindern? Da ist einer, o Herr, ein Mörder, grausam und blutgierig, der Gewalt und dem Totschlag ergeben, ohne Erbarmen gegen seine Mitwesen. Dann nimmt er was man ihm nicht gegeben hat; was ein anderer in Dorf oder Wald an Hab und Gut besitzt, das macht er sich ungeschenkt, in diebischer Absicht, zu eigen. Und er begeht Ausschweifung; mit einem Mädchen, das unter der Obhut der Mutter oder des Vaters, unter der Obhut von Bruder oder von Schwester, unter der Obhut von Verwandten steht, mit einer Gattenbefohlenen oder einer Dienstergebenen, bis herab zu der blumengeschmückten Tänzerin, mit solchen pflegt er Verkehr379. Das ist, o Herr, ein Betragen in Taten, wobei sich einem, indem man es betreibt, die unheilsamen Dinge mehren und die heilsamen Dinge sich mindern.

Was ist es aber, o Herr, für ein Betragen in Taten, wobei sich einem, indem man es betreibt, die unheilsamen Dinge mindern und die heilsamen Dinge sich mehren? Da hat einer, o Herr, das Morden verworfen, vom Töten hält er sich fern; Stock und Schwert hat er abgelegt, er ist mild und teilnehmend, voll Liebe und Mitleid zu allem was da lebt und atmet. Nichtgegebenes zu nehmen hat er verworfen, vom Stehlen hält er sich fern; was ein anderer in Dorf oder Wald an Hab und Gut besitzt, das macht er sich ungeschenkt, in diebischer Absicht, nicht zu eigen. Ausschweifung hat er verworfen, von Ausschweifung hält er sich fern; mit einem Mädchen, das unter der Obhut der Mutter oder des Vaters, unter der Obhut von Bruder oder von Schwester, unter der Obhut von Verwandten steht, mit einer Gattenbefohlenen oder einer Dienstergebenen, bis herab zu der blumengeschmückten Tänzerin, mit solchen pflegt er keinen Verkehr. Das ist, o Herr, ein Betragen in Taten, wobei sich einem, indem man es betreibt, die unheilsamen Dinge mindern und die heilsamen Dinge sich mehren. – ›Betragen in Taten, sag' ich da, Mönche, ist von doppelter Art, als zu betreiben, als nicht zu betreiben: und es ist entgegengesetztes Betragen in Taten‹: wurde das vom Erhabenen gesagt, so war es darum gesagt.

›Betragen in Worten, sag' ich da, Mönche, ist von doppelter Art, als zu betreiben, als nicht zu betreiben: und es ist entgegengesetztes Betragen in Worten‹: das ist da wohl vom Erhabenen gesagt worden; und warum ist es gesagt worden? Ein Betragen, o Herr, in Worten, wobei sich einem, indem man es betreibt, die unheilsamen Dinge mehren und die heilsamen Dinge sich [862] mindern, ein solches Betragen in Worten ist nicht zu betreiben. Ein Betragen aber, o Herr, in Worten, wobei sich einem, indem man es betreibt, die unheilsamen Dinge mindern und die heilsamen Dinge sich mehren, ein solches Betragen in Worten ist zu betreiben.

Was ist das nun, o Herr, für ein Betragen in Worten, wobei sich einem, indem man es betreibt, die unheilsamen Dinge mehren und die heilsamen Dinge sich mindern? Da ist einer, o Herr, ein Lügner. Vor Gericht, oder von den Leuten, oder unter Verwandten, oder in der Gesellschaft, oder von königlichen Beamten als Augenzeuge vernommen und befragt: ›Wohl denn, lieber Mann, was du weißt, das sage‹, antwortet er, wenn er nichts weiß: ›Ich weiß es‹, und wenn er es weiß: ›Ich weiß nichts‹, wenn er nichts gesehn hat: ›Ich hab' es gesehn‹, und wenn er es gesehn hat: ›Ich habe nichts gesehn380.‹ So legt er um seinetwillen oder um eines anderen willen oder von irgendeiner sonstigen Absicht bewogen wissentlich falsches Zeugnis ab. Dann liebt er das Ausrichten. Was er hier gehört hat erzählt er dort wieder, um jene zu entzweien; oder was er dort gehört hat erzählt er hier wieder, um diese zu entzweien. So stiftet er Zwietracht unter Verbundenen und hetzt die Entzweiten auf. Hader erfreut ihn, Hader macht ihn froh, Hader befriedigt ihn, Hader erregende Worte spricht er. Dann gebraucht er barsche Worte, Reden, die spitzig und stechend sind, andere beleidigen, andere verletzen, Äußerungen des Zornes, die zu keiner Einigung führen: solche Worte spricht er. Und er treibt müßiges Geplauder, spricht zur Unzeit, ohne Sinn, ohne Zweck, ohne Wahrheit, ohne Zucht; seine Rede ist nicht wert, daß man ihrer gedenke, sie ist ungehörig, ungebildet, unangemessen, unverständlich. Das ist, o Herr, ein Betragen in Worten, wobei sich einem, indem man es betreibt, die unheilsamen Dinge mehren und die heilsamen Dinge sich mindern.

Was ist es aber, o Herr, für ein Betragen in Worten, wobei sich einem, indem man es betreibt, die unheilsamen Dinge mindern und die heilsamen Dinge sich mehren? Da hat einer, o Herr, das Lügen verworfen, vom Lügen hält er sich fern. Vor Gericht, oder von den Leuten, oder unter Verwandten, oder in der Gesellschaft, oder von königlichen Beamten als Augenzeuge vernommen und befragt: ›Wohl denn, lieber Mann, was du weißt, das sage‹, antwortet er, wenn er nichts weiß: ›Ich weiß nichts‹, und wenn er es weiß: ›Ich weiß es‹, wenn er nichts gesehn hat: ›Ich habe nichts gesehn‹, und wenn er es gesehn hat: ›Ich hab' es gesehn.‹ So legt er um seinetwillen oder um eines anderen willen oder von irgendeiner sonstigen Absicht bewogen wissentlich kein falsches Zeugnis ab. Das Ausrichten hat er verworfen, vom Ausrichten hält er sich fern. Was er hier gehört hat erzählt er dort nicht wieder, um jene zu entzweien; oder was er dort gehört hat erzählt er hier nicht wieder, um diese zu entzweien. So einigt er Entzweite, festigt Verbundene, Eintracht [863] erfreut ihn, Eintracht macht ihn froh, Eintracht befriedigt ihn, Eintracht fördernde Worte spricht er381. Barsche Worte hat er verworfen, von barschen Worten hält er sich fern. Worte, die frei von Schimpf sind, dem Ohre wohltuend, liebreich, zum Herzen dringend, höflich, viele erfreuend, viele erhebend, solche Worte spricht er. Plappern und Plaudern hat er verworfen, von Plappern und Plaudern hält er sich fern. Zur rechten Zeit spricht er, den Tatsachen gemäß, gehaltvoll, der Satzung getreu, der Zucht getreu; seine Rede ist wert, daß man ihrer gedenke, gelegentlich mit Gleichnissen geschmückt, klar und bestimmt, dem Gegenstande angemessen. Das ist, o Herr, ein Betragen in Worten, wobei sich einem, indem man es betreibt, die unheilsamen Dinge mindern und die heilsamen Dinge sich mehren. – ›Betragen in Worten, sag' ich da, Mönche, ist von doppelter Art, als zu betreiben, als nicht zu betreiben: und es ist entgegengesetztes Betragen in Worten‹: wurde das vom Erhabenen gesagt, so war es darum gesagt.

›Betragen in Gedanken, sag' ich da, Mönche, ist von doppelter Art, als zu betreiben, als nicht zu betreiben: und es ist entgegengesetztes Betragen in Gedanken‹: das ist da wohl vom Erhabenen gesagt worden; und warum ist es gesagt worden? Ein Betragen, o Herr, in Gedanken, wobei sich einem, indem man es betreibt, die unheilsamen Dinge mehren und die heilsamen Dinge sich mindern, ein solches Betragen in Gedanken ist nicht zu betreiben. Ein Betragen aber, o Herr, in Gedanken, wobei sich einem, indem man es betreibt, die unheilsamen Dinge mindern und die heilsamen Dinge sich mehren, ein solches Betragen in Gedanken ist zu betreiben.

Was ist das nun, o Herr, für ein Betragen in Gedanken, wobei sich einem, indem man es betreibt, die unheilsamen Dinge mehren und die heilsamen Dinge sich mindern? Da ist einer, o Herr, lüstern. Was ein anderer an Hab und Gut besitzt, danach giert er: ›Ach wenn doch sein Eigen das meine wäre!‹ Dann ist er gehässig, übelgesinnten Herzens: ›Diese Wesen sollen getötet werden, sollen umgebracht werden, sollen zerstört werden, sollen vertilgt werden, sie sollen so nicht bleiben!‹ Das ist, o Herr, ein Betragen in Gedanken, wobei sich einem, indem man es betreibt, die unheilsamen Dinge mehren und die heilsamen Dinge sich mindern.

Was ist es aber, o Herr, für ein Betragen in Gedanken, wobei sich einem, indem man es betreibt, die unheilsamen Dinge mindern und die heilsamen Dinge sich mehren? Da ist einer, o Herr, nicht lüstern. Was ein anderer an Hab und Gut besitzt, danach giert er nicht: ›Ach wenn doch sein Eigen das meine wäre!‹ Dann ist er frei von Gehässigkeit, frei von Übelwollen: ›Mögen diese Wesen ohne Haß, ohne Schmerz, ohne Qual glücklich ihr Dasein bewahren!‹ Das ist, o Herr, ein Betragen in Gedanken, wobei sich einem, indem man es betreibt, die unheilsamen Dinge mindern und die heilsamen Dinge sich [864] mehren. – ›Betragen in Gedanken, sag' ich da, Mönche, ist von doppelter Art, als zu betreiben, als nicht zu betreiben: und es ist entgegengesetztes Betragen in Gedanken‹: wurde das vom Erhabenen gesagt, so war es darum gesagt382.

›Herzensentschließung, sag' ich da, Mönche, ist von doppelter Art, als zu betreiben, als nicht zu betreiben: und es ist entgegengesetzte Herzensentschließung‹: das ist da wohl vom Erhabenen gesagt worden; und warum ist es gesagt worden? Eine Herzensentschließung, o Herr, wobei sich einem, indem man sie betreibt, die unheilsamen Dinge mehren und die heilsamen Dinge sich mindern, eine solche Herzensentschließung ist nicht zu betreiben. Eine Herzensentschließung aber, o Herr, wobei sich einem, indem man sie betreibt, die unheilsamen Dinge mindern und die heilsamen Dinge sich mehren, eine solche Herzensentschließung ist zu betreiben.

Was ist das nun, o Herr, für eine Herzensentschließung, wobei sich einem, indem man sie betreibt, die unheilsamen Dinge mehren und die heilsamen Dinge sich mindern? Da ist einer, o Herr, lüstern und läßt sein Gemüt von Lüsternheit bewogen sein, ist gehässig und läßt sein Gemüt von Gehässigkeit bewogen sein, ist rachgierig und läßt sein Gemüt von Rachgier bewogen sein. Das ist, o Herr, eine Herzensentschließung, wobei sich einem, indem man sie betreibt, die unheilsamen Dinge mehren und die heilsamen Dinge sich mindern.

Was ist es aber, o Herr, für eine Herzensentschließung, wobei sich einem, indem man sie betreibt, die unheilsamen Dinge mindern und die heilsamen Dinge sich mehren? Da ist einer, o Herr, nicht lüstern und läßt sein Gemüt nicht von Lüsternheit bewogen sein, ist nicht gehässig und läßt sein Gemüt nicht von Gehässigkeit bewogen sein, ist nicht rachgierig und läßt sein Gemüt nicht von Rachgier bewogen sein. Das ist, o Herr, eine Herzensentschließung, wobei sich einem, indem man sie betreibt, die unheilsamen Dinge mindern und die heilsamen Dinge sich mehren. – ›Herzensentschließung, sag' ich da, Mönche, ist von doppelter Art, als zu betreiben, als nicht zu betreiben: und es ist entgegengesetzte Herzensentschließung‹: wurde das vom Erhabenen gesagt, so war es darum gesagt.

›Verständnis erlangen, sag' ich da, Mönche, ist von doppelter Art, als zu betreiben, als nicht zu betreiben: und es ist entgegengesetztes Verständnis erlangen‹: das ist da wohl vom Erhabenen gesagt worden; und warum ist es gesagt worden? Ein Verständnis erlangen, o Herr, wobei sich einem, indem man es betreibt, die unheilsamen Dinge mehren und die heilsamen Dinge sich mindern, ein solches Verständnis erlangen ist nicht zu betreiben. Ein Verständnis erlangen aber, o Herr, wobei sich einem, indem man es betreibt, die unheilsamen Dinge mindern und die heilsamen Dinge sich mehren, ein solches Verständnis erlangen ist zu betreiben.

[865] Was ist das nun, o Herr, für ein Verständnis erlangen, wobei sich einem, indem man es betreibt, die unheilsamen Dinge mehren und die heilsamen Dinge sich mindern? Da ist einer, o Herr, lüstern und läßt seinen Verstand von Lüsternheit bewogen sein, ist gehässig und läßt seinen Verstand von Gehässigkeit bewogen sein, ist rachgierig und läßt seinen Verstand von Rachgier bewogen sein. Das ist, o Herr, ein Verständnis erlangen, wobei sich einem, indem man es betreibt, die unheilsamen Dinge mehren und die heilsamen Dinge sich mindern.

Was ist es aber, o Herr, für ein Verständnis erlangen, wobei sich einem, indem man es betreibt, die unheilsamen Dinge mindern und die heilsamen Dinge sich mehren? Da ist einer, o Herr, nicht lüstern und läßt seinen Verstand nicht von Lüsternheit bewogen sein, ist nicht gehässig und läßt seinen Verstand nicht von Gehässigkeit bewogen sein, ist nicht rachgierig und läßt seinen Verstand nicht von Rachgier bewogen sein. Das ist, o Herr, ein Verständnis erlangen, wobei sich einem, indem man es betreibt, die unheilsamen Dinge mindern und die heilsamen Dinge sich mehren. – ›Verständnis erlangen, sag' ich da, Mönche, ist von doppelter Art, als zu betreiben, als nicht zu betreiben: und es ist entgegengesetztes Verständnis erlangen‹: wurde das vom Erhabenen gesagt, so war es darum gesagt.

›Erkenntnis erlangen, sag' ich da, Mönche, ist von doppelter Art, als zu betreiben, als nicht zu betreiben: und es ist entgegengesetzte Erkenntnis erlangen‹: das ist da wohl vom Erhabenen gesagt worden; und warum ist es gesagt worden? Eine Erkenntnis erlangen, o Herr, wobei sich einem, indem man es betreibt, die unheilsamen Dinge mehren und die heilsamen Dinge sich mindern, eine solche Erkenntnis erlangen ist nicht zu betreiben. Eine Erkenntnis erlangen aber, o Herr, wobei sich einem, indem man es betreibt, die unheilsamen Dinge mindern und die heilsamen Dinge sich mehren, eine solche Erkenntnis erlangen ist zu betreiben.

Was ist das nun, o Herr, für eine Erkenntnis erlangen, wobei sich einem, indem man es betreibt, die unheilsamen Dinge mehren und die heilsamen Dinge sich mindern? Da hat einer, o Herr, diese Erkenntnis: ›Almosengeben, Verzichtleisten, Spenden – es ist alles eitel; es gibt keine Saat und Ernte guter und böser Werke; Diesseits und Jenseits sind leere Worte; Vater und Mutter und auch geistige Geburt sind hohle Namen; die Welt hat keine Asketen und Priester, die vollkommen und vollendet sind, die sich den Sinn dieser und jener Welt begreiflich machen, anschaulich vorstellen und erklären können.‹ Das ist, o Herr, eine Erkenntnis erlangen, wobei sich einem, indem man es betreibt, die unheilsamen Dinge mehren und die heilsamen Dinge sich mindern.

Was ist es aber, o Herr, für eine Erkenntnis erlangen, wobei sich einem, indem man es betreibt, die unheilsamen Dinge mindern und die heilsamen [866] Dinge sich mehren? Da hat einer, o Herr, diese Erkenntnis: ›Almosengeben, Verzichtleisten, Spenden ist kein Unsinn383; es gibt eine Saat und Ernte guter und böser Werke; das Diesseits ist vorhanden und das Jenseits ist vorhanden; Eltern gibt es und geistige Geburt gibt es; die Welt hat Asketen und Priester, die vollkommen und vollendet sind, die sich den Sinn dieser und jener Welt begreiflich machen, anschaulich vorstellen und erklären können.‹ Das ist, o Herr, eine Erkenntnis erlangen, wobei sich einem, indem man es betreibt, die unheilsamen Dinge mindern und die heilsamen Dinge sich mehren. – ›Erkenntnis erlangen, sag' ich da, Mönche, ist von doppelter Art, als zu betreiben, als nicht zu betreiben: und es ist entgegengesetzte Erkenntnis erlangen‹: wurde das vom Erhabenen gesagt, so war es darum gesagt.

›Eigenschaft erlangen, sag' ich da, Mönche, ist von doppelter Art, als zu betreiben, als nicht zu betreiben: und es ist entgegengesetzte Eigenschaft erlangen‹: das ist da wohl vom Erhabenen gesagt worden; und warum ist es gesagt worden? Eine Eigenschaft erlangen, o Herr, wobei sich einem, indem man es betreibt, die unheilsamen Dinge mehren und die heilsamen Dinge sich mindern, eine solche Eigenschaft erlangen ist nicht zu betreiben. Eine Eigenschaft erlangen aber, o Herr, wobei sich einem, indem man es betreibt, die unheilsamen Dinge mindern und die heilsamen Dinge sich mehren, eine solche Eigenschaft erlangen ist zu betreiben.

Was ist das nun, o Herr, für eine Eigenschaft erlangen, wobei sich einem, indem man es betreibt, die unheilsamen Dinge mehren und die heilsamen Dinge sich mindern? Während einer, o Herr, beschwerhafte Eigenschaft erlangen zu können bemüht ist, mehren sich ihm in seiner Bedürftigkeit die unheilsamen Dinge und mindern sich die heilsamen Dinge. Das ist, o Herr, eine Eigenschaft erlangen, wobei sich einem, indem man es betreibt, die unheilsamen Dinge mehren und die heilsamen Dinge sich mindern384.

Was ist es aber, o Herr, für eine Eigenschaft erlangen, wobei sich einem, indem man es betreibt, die unheilsamen Dinge mindern und die heilsamen Dinge sich mehren? Während einer, o Herr, unbeschwerhafte Eigenschaft erlangen zu können bemüht ist, mindern sich ihm in seiner Unbedürftigkeit die unheilsamen Dinge und mehren sich die heilsamen Dinge. Das ist, o Herr, eine Eigenschaft erlangen, wobei sich einem, indem man es betreibt, die unheilsamen Dinge mindern und die heilsamen Dinge sich mehren. – ›Eigenschaft erlangen, sag' ich da, Mönche, ist von doppelter Art, als zu betreiben, als nicht zu betreiben: und es ist entgegengesetzte Eigenschaft erlangen‹: wurde das vom Erhabenen gesagt, so war es darum gesagt. Was da, o Herr, der Erhabene in Kürze gesagt, nicht ausführlich dargestellt hat, scheint mir, ausgeführt, dies zu bedeuten.«

»Gut, gut, Sāriputto, gut hast du, Sāriputto, den kurzgefaßten, nicht ausgeführten [867] Sinn meiner Rede also ausführlich verstanden. Denn was ich, Sāriputto, in Kürze gesagt habe, hat man also dem Inhalte nach ausführlich zu betrachten. – Durch das Auge wahrnehmbare Form, durch das Ohr wahrnehmbarer Ton, durch die Nase wahrnehmbarer Duft, durch die Zunge wahrnehmbarer Saft, durch den Leib wahrnehmbare Tastung, durch das Denken wahrnehmbares Ding, sag' ich da, Sāriputto, ist von doppelter Art, als zu betreiben, als nicht zu betreiben385

Nach diesen Worten wandte sich der ehrwürdige Sāriputto also an den Erhabenen:

»Was da, o Herr, der Erhabene in Kürze gesagt, nicht ausführlich dargestellt hat, scheint mir, ausgeführt, dies zu bedeuten: ›Durch das Auge wahrnehmbare Form, durch das Ohr wahrnehmbarer Ton, durch die Nase wahrnehmbarer Duft, durch die Zunge wahrnehmbarer Saft, durch den Leib wahrnehmbare Tastung, durch das Denken wahrnehmbares Ding, sag' ich da, Sāriputto, ist von doppelter Art, als zu betreiben, als nicht zu betreiben‹: das ist da wohl vom Erhabenen gesagt worden; und warum ist es gesagt worden? Eine durch das Auge wahrnehmbare Form, o Herr, ein durch das Ohr wahrnehmbarer Ton, ein durch die Nase wahrnehmbarer Duft, ein durch die Zunge wahrnehmbarer Saft, eine durch den Leib wahrnehmbare Tastung, ein durch das Denken wahrnehmbares Ding, wobei sich einem, indem man es betreibt, die unheilsamen Dinge mehren und die heilsamen Dinge sich mindern, dergleichen ist nicht zu betreiben. Eine durch das Auge wahrnehmbare Form aber, o Herr, ein durch das Ohr wahrnehmbarer Ton, ein durch die Nase wahrnehmbarer Duft, ein durch die Zunge wahrnehmbarer Saft, eine durch den Leib wahrnehmbare Tastung, ein durch das Denken wahrnehmbares Ding, wobei sich einem, indem man es betreibt, die unheilsamen Dinge mindern und die heilsamen Dinge sich mehren, dergleichen ist zu betreiben. – ›Durch das Auge wahrnehmbare Form, durch das Ohr wahrnehmbarer Ton, durch die Nase wahrnehmbarer Duft, durch die Zunge wahrnehmbarer Saft, durch den Leib wahrnehmbare Tastung, durch das Denken wahrnehmbares Ding, sag' ich da, Sāriputto, ist von doppelter Art, als zu betreiben, als nicht zu betreiben‹: wurde das vom Erhabenen gesagt, so war es darum gesagt. Was da, o Herr, der Erhabene in Kürze gesagt, nicht ausführlich dargestellt hat, scheint mir, ausgeführt, dies zu bedeuten.«

»Gut, gut, Sāriputto, gut hast du, Sāriputto, den kurzgefaßten, nicht ausgeführten Sinn meiner Rede also ausführlich verstanden. Denn was ich, Sāriputto, in Kürze gesagt habe, hat man also dem Inhalte nach ausführlich zu betrachten. – Die Kleidung, die Almosenbissen, der Aufenthalt, ein Dorf, eine Burg, eine Stadt, ein Land, eine Person, sag' ich da, Sāriputto, ist von doppelter Art, als zu betreiben, als nicht zu betreiben.«

[868] Nach diesen Worten wandte sich der ehrwürdige Sāriputto also an den Erhabenen:

»Was da, o Herr, der Erhabene in Kürze gesagt, nicht ausführlich dargestellt hat, scheint mir, ausgeführt, dies zu bedeuten: ›Die Kleidung, die Almosenbissen, der Aufenthalt, ein Dorf, eine Burg, eine Stadt, ein Land, eine Person, sag' ich da, Sāriputto, ist von doppelter Art, als zu betreiben, als nicht zu be treiben‹: das ist da wohl vom Erhabenen gesagt worden: und warum ist es gesagt worden? Eine Kleidung, o Herr, Almosenbissen, Aufenthalt, ein Dorf, eine Burg, eine Stadt, ein Land, eine Person, wobei sich einem, indem man Umgang betreibt, die unheilsamen Dinge mehren und die heilsamen Dinge sich mindern, dergleichen Umgang ist nicht zu betreiben. Eine Kleidung aber, o Herr, Almosenbissen, Aufenthalt, ein Dorf, eine Burg, eine Stadt, ein Land, eine Person, wobei sich einem, indem man Umgang betreibt, die unheilsamen Dinge mindern und die heilsamen Dinge sich mehren, dergleichen Umgang ist zu betreiben. – ›Die Kleidung, die Almosenbissen, der Aufenthalt, ein Dorf, eine Burg, eine Stadt, ein Land, eine Person, sag' ich da, Sāriputto, ist von doppelter Art, als zu betreiben, als nicht zu betreiben‹: wurde das vom Erhabenen gesagt, so war es darum gesagt. Was da, o Herr, der Erhabene in Kürze gesagt, nicht ausführlich dargestellt hat, scheint mir, ausgeführt, dies zu bedeuten.«

»Gut, gut, Sāriputto, gut hast du, Sāriputto, den kurzgefaßten, nicht ausgeführten Sinn meiner Rede also ausführlich verstanden. Denn was ich, Sāriputto, in Kürze gesagt habe, hat man also dem Inhalte nach ausführlich zu betrachten. – Wenn auch alle, Sāriputto, der Fürsten den Sinn meiner kurzgefaßten Rede also ausführlich verständen, so gereicht' es auch allen den Fürsten lange zum Wohle, zum Heile. Wenn auch alle, Sāriputto, der Priester den Sinn meiner kurzgefaßten Rede also ausführlich verständen, so gereicht' es auch allen den Priestern lange zum Wohle, zum Heile. Wenn auch alle, Sāriputto, der Bürger den Sinn meiner kurzgefaßten Rede also ausführlich verständen, so gereicht' es auch allen den Bürgern lange zum Wohle, zum Heile. Wenn auch alle, Sāriputto, der Diener den Sinn meiner kurzgefaßten Rede also ausführlich verständen, so gereicht' es auch allen den Dienern lange zum Wohle, zum Heile. Wenn auch die Welt, Sāriputto, mit ihren Göttern, ihren bösen und heiligen Geistern, mit ihrer Schar von Priestern und Büßern, Göttern und Menschen den Sinn meiner kurzgefaßten Rede also ausführlich verstände, so gereicht' es auch der Welt mit ihren Göttern, ihren bösen und heiligen Geistern, mit ihrer Schar von Priestern und Büßern, Göttern und Menschen lange zum Wohle, zum Heile.«


Also sprach der Erhabene. Zufrieden freute sich der ehrwürdige Sāriputto über das Wort des Erhabenen386.

Quelle:
Die Reden Gotamo Buddhos. Bd. 1, Zürich/Wien 41956, S. 860-869.
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