Fünftes Bruchstück

Cundo

[23] Cundo:


83

Den Denker frag' ich, tief beraten ihn,

Den Auferwachten, Herrn der Satzung ohne Sucht,

Zweifüßer höchsten, aller Führer Fürstenhaupt:

Wie viel, sag' an, Asketen gibt es in der Welt?


Der Herr:


84

Asketen gibt es vier und keinen fünften,

Ich will sie, wie du fragtest, an dir zeigen:

Den Pfadvollender, Pfadverkünder dann,

Den Pfadbetreter und den Pfadverderber.


Cundo:


85

Wer gilt als Pfadvollender Auferwachten hier,

Wie kann den Pfad man weisen unvergleichlich uns,

Den Pfad betreten wie, o sage das,

Den Pfadverderber endlich, zeige diesen an.


Der Herr:


86

Nie Frage mehr erfragen, heil im Herzen,

Erlöschung wer als Labe fand, unfaßbar:

Der Welt und ihrer Götterschar Gestirn,

Er gilt als Pfadvollender Auferwachten hier.


[24] 87

Allwahr verstehn allwahr was da bestanden,

Erweisen wirklich Teil um Teil der Satzung:

Den Zweifel wer als Denker tilgt, unregsam,

Der zweite Mönch, als Pfadverkünder gilt er so.


88

Auf wohlgezeigter rechter Bahn

Den Pfad betreten da, für sich beraten:

Untadelbar der Fährte nachzufolgen,

Der dritte Mönch, als Pfadbetreter gilt er so.


89

Den Mantel tragen wie der treue Mönch,

Erdreisten, vor sich drängen, Edlen abhold:

Ein Gleißner, der mißraten Rede liebt,

Als Larve läuft er um, der Pfadverderber.


90

Wer diese klar erkennen mag, der Hausner,

Erfahren, heilig aufgeklärt als Jünger,

›Es kommt ein jeder wirklich vor‹, bedenkt er wohl,

In solchem Wissen trügt ihn sein Vertrauen nicht:

Wie sollt' er mit Verderbten Unverderbte,

Wie rein mit unrein allgemein vermengen?

Quelle:
Die Reden Gotamo Buddhos. Bd. 3, Zürich/Wien 1957, S. 23-25.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Diderot, Denis

Rameaus Neffe

Rameaus Neffe

In einem belebten Café plaudert der Neffe des bekannten Komponisten Rameau mit dem Erzähler über die unauflösliche Widersprüchlichkeit von Individuum und Gesellschaft, von Kunst und Moral. Der Text erschien zuerst 1805 in der deutschen Übersetzung von Goethe, das französische Original galt lange als verschollen, bis es 1891 - 130 Jahre nach seiner Entstehung - durch Zufall in einem Pariser Antiquariat entdeckt wurde.

74 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon