Das Zwölfer-Bruchstück

Uppalavaṇṇā

[559] 224

Sie beide, Mutter, Tochter, ja,

Sie buhlten um den Gatten mein!

Da ward ich wild erbost, empört

Vor unerhörter Schande, Schmach:


225

»O Pfui der Fäule, Fluch der Lust,

Die gräßlich stachelt, gräßlich stinkt,

Wo Mutter mag, wo Tochter darf

Gemeinsam teilen Gattengunst!«


226

Als Elend hab' ich Lust erkannt,

Als Heil Entsagung echt gesehn:

Und Haus und Heimat, Königshof

Gelassen pilgernd hinter mir.


227

Nun weiß ich was ich jeher war,

Mein Aug' ist himmlisch abgeklärt,

Das Herz erhell' ich durch und durch,

Mein Ohr ist innen ruhig, rein.


228

Erworben hab' ich Wunderkraft,

Gekreuzt, versiegt was Wähnen war,

Sechs Wissensziele selbst erzeugt,

Geschaffen was der Meister schafft.


[560] 229

Auf hohem Wagen, wunderhell

Gerüstet, reisig viergeschirrt,

Erschien ich grüßend einst vor Ihm,

Dem größten Retter aller Welt.


Uppalavaṇṇā und der Versucher


Der Versucher:


230

Am wipfelhoch beblühten Baum im Walde,

Da weilst allein du, hausest unter Blättern!

Und keiner hütet, keiner schützt die Scheue:

Hast keine Furcht, o Törin du, vor Schelmen?


Uppalavaṇṇā:


231

Und kämen hunderttausend auch der Schelme

Von deiner Art gezogen her in Scharen,

Kein Härchen höbe sich empor, erbebend:

Was kannst du, Böser, einzeln hier beginnen?


Der Versucher:


232

Verschwinden werd' ich gar geschwind,

Im Bauche dir verborgen sein!

Die Nasenwurzel sei mein Sitz:

Ich bin bei dir, du siehst es nicht!


Uppalavaṇṇā:


233

Im Herzen hab' ich Willensmacht

Und manchen Wunderpfad gepflegt,

Sechs Wissensziele selbst erzeugt,

Geschaffen was der Meister schafft.


[561] 234

Wie Lanzenspitze seh' ich Lust

Die Sinne reizen, reißen auf:

Und was du heißest Liebeslust,

Nur Unlust dünkt mich heute das.


235

Und alle Neigung ist vertilgt,

Und Nacht und Nebel durchgeteilt;

Ich raun' es dir, Verruchter, zu:

Zermalmt ist deine Todesmacht.

Quelle:
Die Reden Gotamo Buddhos. Bd. 3, Zürich/Wien 1957, S. 559-562.
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