Erster Teil

Uttaro (I)

[310] 121

Kein Dasein hat Beharrlichkeit,

Kein Ding ist ewig, unverderbt:

Zusammen setzt sich Teil um Teil

Und reibt sich reißend wieder auf.


122

Ich kenn' ihn, diesen Kummer da,

Verlange mir kein Dasein mehr:

Von allen Wünschen abgelöst

Erlischt mein Sehnen, wahnversiegt.


Piṇḍolo Bhāradvājo (I)

123

Nicht heiß' ich Frevel diese Fristung hier,

An Atzung haftet nimmermehr das Herz:

»Aus Atzung baut sich baß der Leib empor«,

Das weiß ich, wandre meinen Bettelgang.


124

Denn Unrat hat man es mit Recht genannt,

Das Sichbegrüßen, Sichbedanken hin und her;

Ein Splitter schiefert scharf sich ein:

Der Schlechten Lob verschlitzt sich leicht in dir.


Valliyo (II)

[310] 125

Ein Affe schlendert, schleicht heran

Zur fünfgetürten Hütte hier:

Von Tür zu Türe steht er still

Und pocht und pocht und rüttelt rauh.


126

»Halt' ein, o Affe, bis gebannt!

Sollst nimmer nisten wie zuvor:

Zu Boden beug' ich weise dich,

Du kommst mir, wahrlich, nimmer nah.«


Gaṉgātīriyo

127

Drei Palmenwedel baut' ich einst

Als Obdach auf, im Gangesgau,

Ein Schädel war mein Bettelnapf,

Die Fetzenkutte Leichengut.


128

Zwei Herbste hab' ich so geruht,

Geredet einmal einen Satz –

Im dritten Herbste bin ich heil

Aus Nacht und Nebel drungen durch.


Ajino

129

Und weiß auch einer dreifach wahr,

Als Todestilger, traumerwacht:

»Es kennt ihn keiner!« stammeln sie,

Verachten ihn aus Unverstand.


130

Doch wer da Speise, wer da Trank

Alsbald erbettelt, reichlich rafft:

Und sei er gleich ein Sündenknecht,

Gepriesen wird er, ausgeprahlt.


Meḷajino

[311] 131

Als Wahrheit mir der Meister wies,

Dem offnen Ohre Kunde gab,

Da war ich nimmer irr' an Ihm,

Der alles weiß, der alles kann,


132

Die Herde führt als hehrer Fürst,

Als bester Lenker, der da lebt:

Und seine Botschaft, seine Bahn

Ward hell und heiter offenbar.


Rādho

133

Gleichwie die Hütte, schlecht gedeckt,

Von Güssen rasch durchrieselt wird:

So wird ein schlecht gewahrtes Herz

Durchrieselt schleunig von Begier.


134

Gleichwie die Hütte, wohl gedeckt,

Von keinem Guß durchrieselt wird:

So wird ein wohl gewahrtes Herz

Durchrieselt nimmer von Begier.


Surādho

135

Auf ewig lischt mein Leben aus,

Gewirkt ist was der Sieger schafft,

Verworfen was als Gaukel gilt,

Die Daseinsader ist verdarrt.


136

Warum ich aus dem Hause fort

Als Pilger hingezogen bin:

Ergründet hab' ich ihn, den Grund,

Denn alle Bande sind zersprengt.


Gotamo (I)

(Ein Jünger)

[312] 137

Gar wohlig schlummern Weise schlicht,

Gelöst von Weib und Weiberlist,

Von Weibern, immer ungewiß,

Von Weibern, ach so falsch und fein.


138

Um Tod verdungen, Liebe, dir,

Ist endlich aller Zoll gezahlt:

Wir wandern heute, wandern heim,

Dahin wo Harm und Leid erlischt.


Vasabho

139

Zuerst verdirbt er selber sich,

Verderben bringt er andern dann,

Verdammt sich also ganz und gar,

Dem garnverlockten Vogel gleich.


140

Kein äußrer Adel heiligt hier,

Nur innrer Adel gilt als echt:

Wo Sünde haust, wo Sünde herrscht

Erkenn' du Knechte, Götterfürst!

Quelle:
Die Reden Gotamo Buddhos. Bd. 3, Zürich/Wien 1957, S. 310-313.
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