Erste Abteilung der Philosophie des Geistes

Der subjektive Geist

§ 387

[38] Der Geist, in seiner Idealität sich entwickelnd, ist der Geist als erkennend. Aber das Erkennen wird hier nicht bloß aufgefaßt, wie es die Bestimmtheit der Idee als logischer ist (§ 223), sondern wie der konkrete Geist sich zu demselben bestimmt.

Der subjektive Geist ist:

A. An sich oder unmittelbar; so ist er Seele oder Naturgeist; Gegenstand der Anthropologie.

B. Für sich oder vermittelt, noch als identische Reflexion in sich und in Anderes; der Geist im Verhältnis oder Besonderung; Bewußtsein, – der Gegenstand der Phänomenologie des Geistes.

C. Der sich in sich bestimmende Geist, als Subjekt für sich, der Gegenstand der Psychologie.


In der Seele erwacht das Bewußtsein, das Bewußtsein setzt sich als Vernunft, die unmittelbar zur sich wissenden Vernunft erwacht ist, welche sich durch ihre Tätigkeit zur Objektivität, zum Bewußtsein ihres Begriffs befreit.

Wie im Begriffe überhaupt die Bestimmtheit, die an ihm vorkommt, Fortgang der Entwicklung ist, so ist auch an dem Geiste jede Bestimmtheit, in der er sich zeigt, Moment der Entwicklung und, in der Fortbestimmung, Vorwärtsgehen seinem Ziele zu, sich zu dem zu machen und für sich zu werden das, was er an sich ist. Jede Stufe ist innerhalb ihrer dieser Prozeß, und das Produkt derselben [ist], daß für den Geist (d.i. die Form desselben, die er in ihr hat) das ist, was er im Beginn derselben an sich oder damit nur für uns war. – Die psychologische, sonst gewöhnliche Betrachtungsweise gibt an, erzählungsweise,[38] was der Geist oder die Seele ist, was ihr geschieht, was sie tut, so daß die Seele als fertiges Subjekt vorausgesetzt ist, an dem dergleichen Bestimmungen nur als Äußerungen zum Vorschein kommen, aus denen soll erkannt werden, was sie ist, – in sich für Vermögen und Kräfte besitzt; ohne Bewußtsein darüber, daß die Äußerung dessen, was sie ist, im Begriffe dasselbe für sie setzt, wodurch sie eine höhere Bestimmung gewonnen hat. – Von dem hier zu betrachtenden Fortschreiten ist dasjenige zu unterscheiden und davon ausgeschlossen, welches Bildung und Erziehung ist. Dieser Kreis bezieht sich nur auf die einzelnen Subjekte als solche, daß der allgemeine Geist in ihnen zur Existenz gebracht werde. In der philosophischen Ansicht des Geistes als solchen wird er selbst als nach seinem Begriffe sich bildend und erziehend betrachtet und seine Äußerungen als die Momente seines Sich-zu-sich-selbst-Hervorbringens, seines [Sich-] Zusammenschließens mit sich, wodurch er erst wirklicher Geist ist.[39]

Quelle:
Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Werke. Band 10, Frankfurt a. M. 1979, S. 38-40,43.
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