α). Das sinnliche Bewußtsein
§ 418

[205] Das Bewußtsein ist zunächst das unmittelbare, seine Beziehung auf den Gegenstand daher die einfädle, unvermittelte Gewißheit desselben; der Gegenstand selbst ist daher ebenso als unmittelbarer, als seiender und in sich reflektierter, weiter als unmittelbar einzelner bestimmt; – sinnliches Bewußtsein.

Das Bewußtsein als Verhältnis enthält nur die dem abstrakten[205] Ich oder formellen Denken angehörigen Kategorien, die ihm Bestimmungen des Objekts sind (§ 415). Das sinnliche Bewußtsein weiß daher von diesem nur als einem Seienden, Etwas, existierenden Dinge, Einzelnen und so fort. Es erscheint als das reichste an Inhalt, ist aber das ärmste an Gedanken. Jene reiche Erfüllung machen die Gefühlsbestimmungen aus; sie sind der Stoff des Bewußtseins (§ 414), das Substantielle und Qualitative, das in der anthropologischen Sphäre die Seele ist und in sich findet. Diesen Stoff trennt die Reflexion der Seele in sich, Ich, von sich ab und gibt ihm zunächst die Bestimmung des Seins. – Die räumliche und zeitliche Einzelheit, Hier und fetzt, wie ich in der Phänomenologie des Geistes, S. 25 ff., den Gegenstand des sinnlichen Bewußtseins bestimmt habe, gehört eigentlich dem Anschauen an. Das Objekt ist hier zunächst nur nach dem Verhältnisse zu nehmen, welches es zu dem Bewußtsein hat, nämlich ein demselben Äußerliches, noch nicht als an ihm selbst Äußerliches oder als Außersichsein bestimmt zu sein.
[206]

§ 419

Das Sinnliche als Etwas wird ein Anderes, die Reflexion des Etwas in sich, das Ding, hat viele Eigenschaften und als Einzelnes in seiner Unmittelbarkeit mannigfaltige Prädikate. Das viele Einzelne der Sinnlichkeit wird daher ein Breites, – eine Mannigfaltigkeit von Beziehungen, Reflexionsbestimmungen und Allgemeinheiten. – Dies sind logische Bestimmungen, durch das Denkende, d.i. hier durch das Ich gesetzt. Aber für dasselbe als erscheinend hat der Gegenstand sich so verändert. Das sinnliche Bewußtsein ist in dieser Bestimmung des Gegenstandes Wahrnehmen.

Quelle:
Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Werke. Band 10, Frankfurt a. M. 1979, S. 205-208.
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