γ). Der Grund
§ 121

[247] Der Grund ist die Einheit der Identität und des Unterschiedes;[247] die Wahrheit dessen, als was sich der Unterschied und die Identität ergeben hat, – die Reflexion-in-sich, die ebensosehr Reflexion-in-Anderes und umgekehrt ist. Er ist das Wiesen als Totalität gesetzt.

Der Satz des Grundes heißt: »Alles hat seinen zureichenden Grund«, d.h. nicht die Bestimmung von Etwas als Identisches mit sich, noch als Verschiedenes, noch als bloß Positives oder als bloß Negatives ist die wahre Wesenheit von Etwas, sondern daß es sein Sein in einem Anderen hat, das als dessen Identisches-mit-sich sein Wesen ist. Dieses ist ebensosehr nicht abstrakte Reflexion in sich, sondern in Anderes. Der Grund ist das in sich seiende Wesen, und dieses ist wesentlich Grund, und Grund ist es nur, insofern es Grund von Etwas, von einem Anderen ist.
[248]


§ 122

Das Wesen ist zunächst Scheinen und Vermittlung in sich; als Totalität der Vermittlung ist seine Einheit mit sich nun gesetzt als das Sichaufheben des Unterschiedes und damit der Vermittlung. Dies ist also die Wiederherstellung der Unmittelbarkeit oder des Seins, aber des Seins, insofern es durch das Aufheben der Vermittlung vermittelt ist; – die Existenz.

Der Grund hat noch keinen an und für sich bestimmten Inhalt, noch ist er Zweck, daher ist er nicht tätig noch hervorbringend, sondern eine Existenz geht aus dem[252] Grunde nur hervor. Der bestimmte Grund ist darum etwas Formelles, irgendeine Bestimmtheit, insofern sie als bezogen auf sich selbst, als Affirmation gesetzt wird, im Verhältnis zu der damit zusammenhängenden unmittelbaren Existenz. Er ist eben damit, daß er Grund ist, auch ein guter Grund, denn »gut« heißt ganz abstrakt auch nicht mehr als ein Affirmatives, und jede Bestimmtheit ist gut, die in irgendeiner Weise als ein zugestanden Affirmatives ausgesprochen werden kann. Ein Grund kann daher für alles gefunden und angegeben werden, und ein guter Grund (z.B. guter Beweggrund zu handeln) kann etwas bewirken oder auch nicht, eine Folge haben oder auch nicht. Beweggrund, der etwas bewirkt, wird er z.B. durch die Aufnahme in einen Willen, der ihn erst zum tätigen und einer Ursache macht.

Quelle:
Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Werke. Band 8, Frankfurt a. M. 1979, S. 247-249,252-253.
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