C. Absolute Mechanik
§ 269

[82] Die Gravitation ist der wahrhafte und bestimmte Begriff der materiellen Körperlichkeit, der zur Idee realisiert ist. Die allgemeine Körperlichkeit urteilt sich wesentlich in besondere Körper und schließt sich zum Momente der Einzelheit oder Subjektivität als erscheinendes Dasein in der Bewegung zusammen, welche hierdurch unmittelbar ein System mehrerer Körper ist.

Die allgemeine Gravitation muß für sich als ein tiefer Gedanke anerkannt: werden, wenn er schon Aufmerksamkeit und Zutrauen vornehmlich durch die damit verbundene quantitative Bestimmung auf sich gezogen [hat] und seine Bewährung auf die vom Sonnensystem bis auf die Erscheinung der Haarröhrchen herab verfolgte Erfahrung gestellt worden ist, so daß er, in der Sphäre der[82] Reflexion gefaßt, auch nur die Bedeutung der Abstraktion überhaupt und konkreter nur die der Schwere in der Größenbestimmung des Falls, nicht die Bedeutung der im § angegebenen, in ihrer Realität entwickelten Idee hat. Unmittelbar widerspricht die Gravitation dem Gesetze der Trägheit, denn vermöge jener strebt die Materie aus sich selbst zur anderen hin. – Im Begriffe der Schwere sind, wie gezeigt, selbst die beiden Momente des Fürsichseins und der das Fürsichsein aufhebenden Kontinuität enthalten. Diese Momente des Begriffs erfahren das Schicksal, als besondere Kräfte, entsprechend der Attraktiv- und Repulsivkraft, in näherer Bestimmung als Zentripetal– und Zentrifugalkraft gefaßt zu werden, die wie die Schwere auf die Körper agieren, unabhängig voneinander und zufälligerweise in einem Dritten, dem Körper, zusammenstoßen sollen. Hierdurch wird, was am Gedanken der allgemeinen Schwere Tieferes wäre, wieder zunichte gemacht, und so lange kann Begriff und Vernunft nicht in die Lehre der absoluten Bewegung eindringen, als die so gepriesenen Entdeckungen der Kräfte darin herrschend sind. In dem Schlüsse, welcher die Idee der Schwere enthält – sie selbst nämlich als den Begriff, der durch die Besonderheit der Körper in die äußerliche Realität sich aufschließt und zugleich in deren Idealität und Reflexion-in-sich, in der Bewegung sich mit sich selbst zusammengeschlossen zeigt –, ist die vernünftige Identität und Untrennbarkeit der Momente enthalten, welche sonst als selbständig vorgestellt werden. – Die Bewegung als solche hat überhaupt schlechthin nur im Systeme mehrerer, und zwar nach verschiedener Bestimmung zueinander im Verhältnis stehender Körper Sinn und Existenz. Diese nähere Bestimmung im Schlüsse der Totalität, der selbst ein System von drei Schlüssen ist, ist im Begriffe der Objektivität angegeben (s. § 198).
[83]

§ 270

Was die Körper, in welchen der Begriff der Schwere frei für sich realisiert ist, betrifft, so haben sie zu Bestimmungen ihrer unterschiedenen Natur die Momente ihres Begriffs. Einer ist also das allgemeine Zentrum der abstrakten Beziehung auf sich selbst. Diesem Extreme steht die unmittelbare, außersichseiende, zentrumlose Einzelheit, als gleichfalls selbständige Körperlichkeit erscheinend, entgegen. Die besonderen aber sind, die sowohl in der Bestimmung des Außersichseins als zugleich des Insichseins stehen, Zentra für sich sind und sich auf den ersten als auf ihre wesentliche Einheit beziehen.

Die planetarischen Körper sind als die unmittelbar konkreten[85] in ihrer Existenz die vollkommensten. Man pflegt die Sonne für das Vortrefflichste zu nehmen, insofern der Verstand das Abstrakte dem Konkreten vorzieht, wie sogar die Fixsterne höher geachtet werden als die Körper des Sonnensystems. – Die zentrumlose Körperlichkeit, als der Äußerlichkeit angehörig, besondert sich an ihr selbst zum Gegensatze des lunarischen und kometarischen Körpers.

Die Gesetze der absolut-freien Bewegung sind bekanntlich von Kepler entdeckt worden; eine Entdeckung von unsterblichem Ruhme. Bewiesen hat Kepler dieselbe in dem Sinne, daß er für die empirischen Data ihren allgemeinen Ausdruck gefunden hat (§ 227). Es ist seitdem zu einer allgemeinen Redensart worden, daß Newton erst die Beweise jener Gesetze gefunden habe. Nicht leicht ist ein Ruhm ungerechter von einem ersten Entdecker auf einen anderen übergegangen. Ich bemerke hierüber folgendes:

1. daß von den Mathematikern zugestanden wird, daß die Newtonschen Formeln sich aus den Keplerschen Gesetzen ableiten lassen. Die ganz unmittelbare Ableitung ist aber einfach diese: Im dritten Keplerschen Gesetz ist A3/T2 das Konstante. Dies als A · A2/T2 gesetzt und mit Newton A/T2 die allgemeine Schwere genannt, so ist dessen Ausdruck von der Wirkung dieser sogenannten Schwere im umgekehrten Verhältnisse des Quadrats der Entfernungen vorhanden.

2. daß der Newtonsche Beweis von dem Satze, daß ein dem Gravitationsgesetze unterworfener Körper sich in einer Ellipse um den Zentralkörper bewege, auf eine konische Sektion überhaupt geht, während der Hauptsatz, der bewiesen werden sollte, gerade darin besteht, daß die Bahn eines solchen Körpers nicht ein Kreis oder sonst eine konische Sektion, sondern allein die Ellipse ist. Gegen jenen Beweis für sich (Princ. Math. l. I, Sect. II, prop. 1) sind ohnehin Erinnerungen zu machen; auch braucht die Analysis denselben, die Grundlage der Newtonschen Theorie, nicht mehr. Die Bedingungen, welche die Bahn[86] des Körpers zu einem bestimmten Kegelschnitte machen, sind in der analytischen Formel Konstanten, und deren Bestimmung wird auf einen empirischen Umstand, nämlich eine besondere Lage des Körpers in einem bestimmten Zeitpunkte und die zufällige Stärke eines Stoßes, den er ursprünglich erhalten haben sollte, zurückgeführt; so daß der Umstand, welcher die krumme Linie zu einer Ellipse bestimmt, außerhalb der bewiesen sein sollenden Formel fällt, und nicht einmal daran gedacht wird, ihn zu beweisen.

3. daß das Newtonsche Gesetz von der sogenannten Kraft der Schwere gleichfalls nur aus der Erfahrung durch Induktion aufgezeigt ist.

Es ist nichts als der Unterschied zu sehen, daß das, was Kopier auf eine einfache und erhabene Weise in der Form von Gesetzen der himmlischen Bewegung ausgesprochen, Newton in die Reflexionsform von Kraft der Schwere, und zwar derselben, wie im Falle das Gesetz ihrer Größe sich ergibt, umgewandelt hat. Wenn die Newtonsche Form für die analytische Methode ihre Bequemlichkeit nicht nur, sondern Notwendigkeit hat, so ist dies nur ein Unterschied der mathematischen Formel; die Analysis versteht es längst, den Newtonschen Ausdruck und die damit zusammenhängenden Sätze aus der Form der Keplerschen Gesetze abzuleiten (ich halte mich hierüber an die elegante Exposition in Francoeurs Traité élémentaire de Mécanique, Liv. II, Ch. II, n. IV). – Überhaupt stellt die ältere Manier des sogenannten Beweisens ein verworrenes Gewebe dar aus Linien der bloß geometrischen Konstruktion, welchen eine physikalische Bedeutung von selbständigen Kräften gegeben wird, und aus leeren Reflexionsbestimmungen von der schon erwähnten beschleunigenden Kraft und Kraft der Trägheit, vornehmlich dem Verhältnisse der sogenannten Schwere selbst zur Zentripetalkraft und Zentrifugalkraft usw.

Die Bemerkungen, die hier gemacht sind, bedürften einer[87] weitläufigeren Auseinandersetzung, als in einem Kompendium Platz haben kann. Sätze, die mit dem Angenommenen nicht übereinstimmen, erscheinen als Behauptungen und, indem sie so hohen Autoritäten widersprechen, als etwas noch Schlimmeres, nämlich als Anmaßungen. Das Angeführte jedoch sind nicht sowohl Sätze als bare Fakta, und die geforderte Reflexion ist nur diese, daß die Unterscheidungen und Bestimmungen, welche die mathematische Analysis herbeiführt, und der Gang, den sie nach ihrer Methode zu nehmen hat, ganz von dem zu unterscheiden ist, was eine physikalische Realität haben soll. Die Voraussetzungen, der Gang und die Resultate, welche die Analysis nötig hat und gibt, bleiben ganz außerhalb der Erinnerungen, welche den physikalischen Wert und die physikalische Bedeutung jener Bestimmungen und jenes Gangs betreffen. Hierauf ist es, daß die Aufmerksamkeit sollte geleitet werden; es ist um ein Bewußtsein zu tun über die Überschwemmung der physischen Mechanik mit einer unsäglichen Metaphysik, die – gegen Erfahrung und Begriff – jene mathematischen Bestimmungen allein zu ihrer Quelle hat.

Es ist anerkannt, daß das inhaltsvolle Moment, das Newton außer der Grundlage der analytischen Behandlung, deren Entwicklung übrigens selbst vieles, was zu seinen wesentlichen Prinzipien und seinem Ruhm gehörte, überflüssig gemacht, ja verworfen hat, zu dem Gehalt der Keplerschen Gesetze hinzufügte, das Prinzip der Perturbation ist – ein Prinzip, dessen Wichtigkeit hier insofern anzuführen ist, als es auf dem Satze beruht, daß die sogenannte Attraktion eine Wirkung aller einzelnen Teile der Körper als materieller ist. Es liegt darin, daß die Materie überhaupt sich das Zentrum setzt. Die Masse des besonderen Körpers ist infolge hiervon als ein Moment in der Ortsbestimmung desselben zu betrachten, und die gesamten Körper des Systems setzen sich ihre Sonne; aber auch selbst die einzelnen Körper bilden nach der relativen[88] Lage, in welche sie nach ihrer allgemeinen Bewegung gegeneinander kommen, eine momentane Beziehung der Schwere aufeinander und verhalten sich nicht bloß in der abstrakten räumlichen Beziehung, der Entfernung, sondern setzen sich miteinander ein besonderes Zentrum, das sich aber in dem allgemeinen System teils wieder auflöst, teils aber wenigstens, wenn solches Verhältnis bleibend ist (in den gegenseitigen Störungen Jupiters und Saturns), demselben unterworfen bleibt.

Wenn nun hiernach einige Grundzüge angegeben werden, wie die Hauptbestimmungen der freien Bewegung mit dem Begriffe zusammenhängen, so kann dies für seine Begründung nicht ausführlicher entwickelt und muß daher zunächst seinem Schicksal überlassen werden. Das Prinzip dabei ist, daß der Vernunftbeweis über die quantitativen Bestimmungen der freien Bewegung allein auf den Begriffsbestimmungen des Raums und der Zeit, der Momente, deren (jedoch nicht äußerliches) Verhältnis die Bewegung ist, beruhen kann. Wann wird die Wissenschaft einmal dahin kommen, über die metaphysischen Kategorien, die sie braucht, ein Bewußtsein zu erlangen und den Begriff der Sache statt derselben zugrunde zu legen!

Daß zuerst die Bewegung im allgemeinen eine in sich zurückkehrende ist, liegt in der Bestimmung der Körper der Besonderheit und Einzelheit überhaupt (§ 269), teils ein Zentrum in sich selbst und selbständige Existenz, teils zugleich ihr Zentrum in einem anderen zu haben. Es sind dies die Begriffsbestimmungen, die den Vorstellungen von einer Zentripetalkraft und Zentrifugalkraft zum Grunde liegen, aber darein verkehrt werden, als ob jede derselben für sich selbständig, außerhalb der anderen existiere und unabhängig wirke und sie nur in ihren Wirkungen äußerlich, damit zufällig, einander begegneten. Sie sind, wie bereits erinnert, die Linien, die für die mathematische Bestimmung gezogen werden müssen, in physische Wirklichkeiten verwandelt.[89]

Ferner ist diese Bewegung gleichförmig beschleunigt (und – als in sich zurückkehrend – abwechselnd gleichförmig retardiert). In der Bewegung als freier kommen Raum und Zeit dazu, als das, was sie sind, als Verschiedene sich in der Größenbestimmung der Bewegung geltend zu machen (§ 267 Anm.) und sich nicht wie in der abstrakten, schlecht-gleichförmigen Geschwindigkeit zu verhalten. – In der sogenannten Erklärung der gleichförmig beschleunigten und retardierten Bewegung aus der wechselseitigen Abnahme und Zunahme der Größe der Zentripetalkraft und Zentrifugalkraft wird die Verwirrung, welche die Annahme solcher selbständigen Kräfte herbeiführt, am größten. Nach dieser Erklärung ist in der Bewegung eines Planeten von der Sonnenferne nach der Sonnennähe die Zentrifugalkraft kleiner als die Zentripetalkraft, dagegen soll nun in der Sonnennähe selbst die Zentrifugalkraft unmittelbar wieder größer werden als die Zentripetalkraft; für die Bewegung von der Sonnennähe zur Sonnenferne läßt man auf ebensolche Weise die Kräfte in das entgegengesetzte Verhältnis treten. Man sieht, daß ein solches plötzliches Umschlagen des erlangten Übergewichts einer Kraft in ein Unterliegen unter die andere nichts aus der Natur der Kräfte Genommenes ist. Im Gegenteil müßte geschlossen werden, daß ein Übergewicht, das die eine Kraft über die andere erlangt hätte, sich nicht nur erhalten, sondern in die völlige Vernichtung der anderen Kraft, und die Bewegung entweder durch das Übergewicht der Zentripetalkraft in die Ruhe, nämlich in das Stürzen des Planeten in den Zentralkörper, oder durch das Übergewicht der Zentrifugalkraft in [die] gerade Linie übergehen müßte. Der einfache Schluß, der gemacht wird, ist: weil der Körper von seiner Sonnennähe an sich mehr von der Sonne entfernt, so wird die Zentrifugalkraft wieder größer; weil er im Aphelium am weitesten von ihr entfernt ist, so ist sie daselbst am größten. Dies metaphysische Unding einer selbständigen Zentrifugal- wie Zentripetalkraft[90] wird vorausgesetzt; auf diese Verstandesfiktionen soll denn aber kein Verstand weiter angewendet, nicht gefragt werden, wie solche Kraft, da sie selbständig ist, aus sich bald sich schwächer als die andere, bald sich überwiegend mache und machen lasse und dann ihr Übergewicht wieder aufhebe oder sich nehmen lasse. – Wird dieser in sich grundlosen abwechselnden Zu- und Abnahme weiter zugesehen, so finden sich in der mittleren Entfernung von den Apsiden Punkte ein, in welchen die Kräfte im Gleichgewichte sind. Das darauf folgen sollende Heraustreten derselben aus dem Gleichgewichte ist etwas ebenso Unmotiviertes als jene Plötzlichkeit des Umschlagens. Man findet überhaupt leicht, daß bei dieser Erklärungsweise die Abhilfe eines Übelstandes durch eine weitere Bestimmung neue und größere Verwirrungen herbeiführt. – Eine ähnliche Verwirrung tritt bei der Erklärung der Erscheinung ein, daß unter dem Äquator der Pendel langsamer schwingt. Diese Erscheinung wird der daselbst größer sein sollenden Zentrifugalkraft zugeschrieben; man kommt ebenso leicht darauf, sie der vergrößerten Schwerkraft, als welche den Pendel stärker nach der perpendikularen Linie der Ruhe halte, zuschreiben zu können.

Was nun die Gestalt der Bahn betrifft, so ist der Kreis nur als die Bahn einer schlecht-gleichförmigen Bewegung zu fassen. Denkbar, wie man es nennt, ist es wohl, daß auch eine gleichförmig zu– und annehmend? Bewegung im Kreise geschehe. Aber diese Denkbarkeit oder Möglichkeit heißt nur eine abstrakte Vorstellbarkeit, welche das Bestimmte, worauf es ankommt, wegläßt und daher nicht nur oberflächlich, sondern falsch ist. Der Kreis ist die in sich zurückkehrende Linie, in der alle Radien gleich sind; d.h. er ist durch den Radius vollkommen bestimmt; es ist dies nur eine, und sie ist die ganze Bestimmtheit. In der freien Bewegung aber, wo räumliche und zeitliche Bestimmung in Verschiedenheit, in ein qualitatives Verhältnis zueinander treten, tritt notwendig dies Verhältnis an [91] dem Räumlichen selbst als eine Differenz desselben hervor, welche hiermit zwei Bestimmungen erfordert. Dadurch wird die Gestalt der in sich zurückgehenden Bahn wesentlich eine Ellipse – Die abstrakte Bestimmtheit, die den Kreis ausmacht, erscheint auch so, daß der Bogen oder Winkel, der durch zwei Radien eingeschlossen ist, von ihnen unabhängig, eine gegen sie völlig empirische Größe ist. Aber in der durch den Begriff bestimmten Bewegung müssen die Entfernung vom Zentrum und der Bogen, der in einer Zeit durchlaufen wird, in einer Bestimmtheit befaßt sein, ein Ganzes ausmachen (Momente des Begriffs sind nicht in Zufälligkeit gegeneinander); so ergibt sich eine Raumbestimmung von zwei Dimensionen, der Sektor. Der Bogen ist auf diese Weise wesentlich Funktion des Radiusvektor und führt, als in gleichen Zeiten ungleich, die Ungleichheit der Radien mit sich. Daß die räumliche Determination durch die Zeit als eine Bestimmung von zwei Dimensionen, als Flächenbestimmung, erscheint, hängt mit dem zusammen, was oben (§ 267) beim Falle über die Exposition derselben Bestimmtheit, das eine Mal als Zeit in der Wurzel, das andere Mal als Raum im Quadrat gesagt worden. Hier jedoch ist das Quadratische des Raumes, durch die Rückkehr der Linie der Bewegung in sich selbst, zum Sektor beschränkt. – Dies sind, wie man sieht, die allgemeinen Prinzipien, auf denen das Keplersche Gesetz, daß in gleichen Zeiten gleiche Sektoren abgeschnitten werden, beruht.

Dies Gesetz betrifft nur das Verhältnis des Bogens zum Radiusvektor, und die Zeit ist dabei abstrakte Einheit, in der die verschiedenen Sektoren verglichen werden, weil sie das Determinierende als Einheit ist. Aber das weitere Verhältnis ist das der Zeit, nicht als Einheit, sondern als[92] Quantum überhaupt, als Umlaufszeit, zu der Große der Bahn oder, was dasselbe ist, der Entfernung vom Zentrum. Als Wurzel und Quadrat sahen wir Zeit und Raum sich zueinander verhalten im Falle, der halbfreien Bewegung, die einerseits zwar durch den Begriff, andererseits aber äußerlich bestimmt ist. Aber in der absoluten Bewegung, dem Reiche der freien Maße, erlangt jede Bestimmtheit ihre Totalität. Als Wurzel ist die Zeit eine bloß empirische Größe und als qualitativ nur abstrakte Einheit. Als Moment der entwickelten Totalität aber ist sie zugleich an ihr bestimmte Einheit, Totalität für sich, produziert sich und bezieht sich darin auf sich selbst, als das in sich Dimensionslose kommt sie in ihrer Produktion nur zur formellen Identität mit sich, dem Quadrate, der Raum dagegen als das positive Außereinander zur Dimension des Begriffs, dem Kubus. Ihre Realisierung behält so den ursprünglichen Unterschied derselben zugleich bei. Dies ist das dritte Keplersche Gesetz, das Verhältnis des Würfels der Entfernungen zu den Quadraten der Zeiten, – ein Gesetz, das darum so groß ist, weil es so einfach und unmittelbar die Vernunft der Sache darstellt. Die Newtonsche Formel hingegen, wodurch es in ein Gesetz für die Kraft der Schwere verwandelt wird, zeigt die Verdrehung und Umkehrung der auf halbem Wege stehenbleibenden Reflexion.
[93]

§ 271

Die Substanz der Materie, die Schwere, zur Totalität der Form entwickelt, hat das Außersichsein der Materie nicht mehr außer ihr. Die Form erscheint zunächst nach ihren Unterschieden in den idealen Bestimmungen des Raums, der[106] Zeit und der Bewegung und nach ihrem Fürsichsein als ein außerhalb der außer sich seienden Materie bestimmtes Zentrum, aber in der entwickelten Totalität ist dies Außereinander als ein schlechthin von ihr bestimmtes gesetzt, und die Materie ist nichts außerhalb dieses ihres Außereinanderseins. Die Form ist auf diese Weise materialisiert. Umgekehrt betrachtet hat die Materie in dieser Negation ihres Außersichseins in der Totalität das vorher nur gesuchte Zentrum, ihr Selbst, die Formbestimmtheit, an ihr selber erhalten. Ihr abstraktes dumpfes Insichsein, als schwer überhaupt, ist zur Form entschlossen; sie ist qualifizierte Materie, – Physik.[107]

Quelle:
Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Werke. Band 9, Frankfurt a. M. 1979, S. 82-94,106-109.
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