5. Es ist nicht mehr als eine einzige Demonstration vom Dasein Gottes möglich, wovon der Beweisgrund oben gegeben worden

[737] Aus dem Bisherigen erhellet: daß unter den vier erdenklichen Beweisgründen, die wir auf zwei Hauptarten gebracht haben, der Kartesianische so wohl, als der, so aus dem Erfahrungsbegriffe vom Dasein vermittelst der Auflösung des Begriffes von einem unabhängigen Dinge geführt worden, falsch und gänzlich unmöglich sein, das ist, daß sie nicht etwa mit keiner gehörigen Schärfe, sondern gar nicht beweisen. Es ist ferner gezeigt worden, daß der Beweis, aus den Eigenschaften der Dinge der Welt auf das Dasein und die Eigenschaften der Gottheit zu schließen, einen tüchtigen und sehr schönen Beweisgrund enthalte, nur daß er nimmermehr der Schärfe einer Demonstration fähig ist. Nun bleibt nichts übrig, als daß entweder gar kein strenger Beweis hievon möglich sei, oder daß er auf demjenigen Beweisgrunde beruhen müsse, den wir oben angezeigt haben. Da von der Möglichkeit eines Beweises schlechthin die Rede ist, so wird niemand das erstere behaupten, und die Folge fällt demjenigen gemäß aus, was wir angezeigt haben. Es ist nur ein Gott und nur ein Beweisgrund, durch welchen es möglich ist, sein Dasein mit der Wahrnehmung derjenigen Notwendigkeit einzusehen, die schlechterdings alles Gegenteil vernichtigt. Ein Urteil, darauf selbst die Beschaffenheit des Gegenstandes unmittelbar führen könnte. Alle andere Dinge, welche irgend da sein, könnten auch nicht sein. Die Erfahrung von zufälligen Dingen kann demnach keinen tüchtigen Beweisgrund abgeben, das Dasein desjenigen daraus zu erkennen, von dem es unmöglich ist daß er nicht sei. Nur lediglich darin, daß die Verneinung der göttlichen Existenz völlig nichts ist, liegt der Unterschied seines Daseins von anderer Dinge ihrem. Die innere Möglichkeit, die Wesen der Dinge sind nun dasjenige, dessen Aufhebung alles Denkliche vertilgt. Hierin wird also das eigene Merkmal von dem Dasein des Wesens aller Wesen bestehen. Hierin sucht den Beweistum,[737] und wenn ihr ihn nicht daselbst anzutreffen vermeint, so schlaget euch von diesem ungebähnten Fußsteige auf die große Heeresstraße der menschlichen Vernunft. Es ist durchaus nötig, daß man sich vom Dasein Gottes überzeuge; es ist aber nicht eben so nötig, daß man es demonstriere.


ENDE[738]


Quelle:
Immanuel Kant: Werke in zwölf Bänden. Band 2, Frankfurt am Main 1977.
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Der einzig mögliche Beweisgrund zu einer Demonstration des Daseyns Gottes
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