1. Die Krone Schuns

[51] Herzog Ai von Lu fragte den Meister Kung und sprach: »Die Krone, die einst Schun getragen, was war das für eine Krone?«

Meister Kung erwiderte nichts.

Der Herzog sprach: »Ich habe Euch etwas gefragt, Meister. Warum antwortet Ihr nicht?«

Er erwiderte: »Da Ihr in Eurer Frage nicht erst das wichtigste berührt habt, darum überlegte ich mir, wie ich Euch antworten solle, Fürst.«

Der Herzog sprach: »Und was ist dieses wichtigste?«

Meister Kung sprach: »Schun zeigte sich als ein Fürst, der in seiner Regierung das Leben liebte und das Töten haßte. Die Ämter gab er an Würdige, und die Untauglichen tat er ab. Sein Geist war wie Himmel und Erde und dabei still und leer. Seine Gestaltungskraft war wie die der vier Jahreszeiten, so daß er die Wesen zu wandeln imstande war. Die ganze Welt stand unter seinem Einfluß, selbst Fremde wurden davon berührt. Der Phönix flog herbei, das Kilin nahte sich, Tiere und Vögel wurden durch sein Wesen zahm. Der Grund davon war kein andrer, als daß er das Leben liebte. Ihr habt diesen seinen Weg unberührt gelassen und nach seiner Krone gefragt, darum habe ich mit meiner Antwort gezögert.«

Quelle:
KKungfutse: Gia Yü, Schulgespräche. Düsseldorf/Köln 1961, S. 51-52.
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