51. Pflege des Lebens[55] 1

Der SINN erzeugt.

Das LEBEN nährt.

Das Wesen gestaltet.

Die Kraft vollendet.

Also auch:

unter allen Geschöpfen ist keines,

das nicht den SINN ehrt

und das LEBEN werthält.

Wird der SINN geehrt und das LEBEN gewertet,

so bedarf es keiner Gebote:

und alles geht beständig von selber.

Darum, laß den SINN erzeugen,

nähren, vermehren,

bilden, vollenden,

reifen, aufziehen, schützen:

Erzeugen und nicht besitzen,

wirken und nicht behalten,

mehren und nicht beherrschen:

Das ist geheimes LEBEN.


Erklärung

1 Die beiden ersten Zeilen beziehen sich auf den Zustand, ehe die Dinge in die Erscheinung getreten sind, die beiden folgenden auf den Zustand, nachdem sie in die Erscheinung getreten sind. Sie sind die Folge der beiden ersten. Haben die Dinge erst im SINN den Daseinsgrund und im LEBEN die Kraft zum Dasein, so verschaffen sie sich durch ihr eigenes Wesen eine entsprechende äußere Form, und die Umstände bringen diese Form in die endgültige Gestalt, ohne daß dazu noch ein besonderer Eingriff nötig wäre. Dieser Naturverlauf ist der Grund, warum es höchste Weisheit ist, als Herrscher von allem »Machen« sich zu enthalten.

Quelle:
Laotse: Tao Te King – Das Buch des Alten vom Sinn und Leben. Düsseldorf/Köln 1952, S. 55-56.