25. Des unzulänglichen Gleichnis[26] 1

Sein und Nichtsein ist ungetrennt durcheinander,

ehe Himmel und Erde entstehen.

So still! so leer!

Allein steht es und kennt keinen Wechsel.

Es wandelt im Kreise und kennt keine Unsicherheit.

Man kann es fassen als die Mutter der Welt.

Ich weiß seinen Namen nicht.

Ich bezeichne es als »SINN«.

Mich mühend seine Art zu künden,

nenne ich es: »groß«.

Groß, damit meine ich: immer im Flusse.

Immer im Flusse, damit meine ich: in allen Fernen.

In allen Fernen, damit meine ich: in sich zurückkehrend.

Und darum heißt es:

Der SINN ist groß, der Himmel ist groß,

die Erde ist groß und auch der Menschenkönig ist groß.

Vier Große gibt es im Weltraum,

und der Menschenkönig ist einer davon.

Der Mensch hat die Erde zum Vorbild.

Die Erde hat den Himmel zum Vorbild.

Der Himmel hat den SINN zum Vorbild.

Und der SINN hat sich selber zum Vorbild.

Erklärung

1 Der Anfang ist von uns auf Grund einer Konjektur wiedergegeben. Statt yu wu »Seiendes Ding« lesen wir yu wu »Sein und Nichtsein« (unter Heranziehung von No. 1). Der »SINN« kann unmöglich als ein »Ding« bezeichnet werden. Höchstens ginge es an, zu übersetzen: »Die existierenden Dinge waren noch ungetrennt durcheinander«.

Der Ausdruck, den wir mit »Menschenkönig« wiedergegeben haben, heißt eigentlich nur »König«. Gemeint ist der höchste Herrscher auf Erden, der Repräsentant der Menschheit und Hüter der moralischen Ordnung auf Erden. Bei der Wiederholung ist es darum von Laotse einfach durch »Mensch« ersetzt. Zu der üblichen Trias: Himmel, Erde, Mensch kommt hier als Viertes, das sie alle umfaßt, der SINN. Zu der Stufenleiter vgl. No. 16.

Quelle:
Laotse: Tao Te King – Das Buch des Alten vom Sinn und Leben. Düsseldorf/Köln 1952, S. 26-27.