30. Warnung vor dem Krieg[31] 1

Wer nach dem SINN dem Menschenherrscher hilft,

zwingt nicht mit Waffen die Welt.

Seine Art ist es, den Rückzug zu lieben.

Wo Kämpfer geweilt, wachsen Disteln und Dornen.

Hinter den großen Heeren her kommt sicher böse Zeit.

Der Tüchtige will Entscheidung und nichts mehr.

Er wagt nicht Eroberung mit Gewalt.

Entscheidung, ohne sich zu brüsten,

Entscheidung, ohne sich zu rühmen,

Entscheidung, ohne stolz zu sein,

Entscheidung, weil's nicht anders geht,

Entscheidung, ferne von Gewalt.


Sind die Geschöpfe stark geworden, altern sie.

Denn das ist Wider-SINN.

Und Wider-SINN ist nah dem Ende.


Erklärung

1 »Menschenherrscher«, ein anderer Ausdruck für Fürst.

Zeile 3 läßt auch die Erklärung zu: »Denn solche Dinge fallen leicht zurück« (scil. auf ihren Urheber).

Zeile 4 redet von der Wirkung des Kriegs auf die Menschen, Zeile 5 von der Wirkung des Kriegs auf die »Manen«, d.h. die Naturkräfte, die durch ihn gestört werden.

Der Sinn des Folgenden ist, daß der Krieg nur als notwendiges Übel angesehen werden dürfe, dem keinerlei Selbstzweck zukomme.

Die drei letzten Zeilen sind aus Abschnitt 55, wo sie besser in den Zusammenhang passen.

Quelle:
Laotse: Tao Te King – Das Buch des Alten vom Sinn und Leben. Düsseldorf/Köln 1952, S. 31-32.