Kapitel XXI.

Von der Macht und von der Freiheit

[147] § 1. Philalethes. Indem der Geist beobachtet, wie ein Ding zu sein aufhört, und wie ein anderes, das vorher nicht war, da zu sein anfängt, und indem er schließt, daß es mit gleichen Dingen, die durch gleiche Mittel hervorgebracht werden, ebenso sein werde, kommt er dabei auf den Gedanken, es sei möglich, daß in einem Dinge eine seiner einfachen Vorstellungen sich ändere, und wiederum, es sei möglich, daß ein anderes diese Veränderung hervorbringe; dadurch bildet der Geist sich die Vorstellung der Macht.

Theophilus. Wenn die Macht dem lateinischen Potentia entspricht, so ist sie der Tatsache entgegengesetzt, und der Übergang von der Macht zur Tatsache ist die Veränderung. Das ist es, was Aristoteles unter dem Ausdruck Bewegung versteht, wenn er sagt, sie sei die Tatsache oder vielleicht die Betätigung dessen, was eine Macht hat. Man kann also sagen, daß die Macht im allgemeinen die Möglichkeit der Veränderung sei. Da nun die Veränderung oder die Betätigung dieser Möglichkeit in einem Subjekt Handlung und in einem anderen Leiden ist, so wird es auch zwei Arten von Macht geben, die eine leidend und die andere tätig. Die tätige wird Vermögen genannt werden können, und die leidende könnte vielleicht Fähigkeit oder Rezeptivität genannt werden. Allerdings wird die tätige Macht mitunter in einem noch höheren Sinne genommen, wenn außer dem einfachen Vermögen noch eine Strebung dabei ist, und so nehme ich sie in meinen dynamischen Betrachtungen. Man könnte ihr den Ausdruck Kraft besonders beilegen, und die Kraft würde entweder Entelechie oder Kraftäußerung (effort) sein, denn die Entelechie (obgleich Aristoteles sie so allgemein nimmt, daß sie noch die ganze Tätigkeit und Kraftäußerung[147] umfaßt) scheint mir eher den ursprünglichen wirkenden Kräften zuzukommen und das Wort Kraftäußerung den abgeleiteten. Es gibt selbst auch noch eine Art leidender Macht, die noch spezieller und von Realität erfüllter ist; dies ist diejenige, welche in der Materie waltet, worin nicht allein die Beweglichkeit vorhanden ist, welches die Tätigkeit oder Rezeptivität der Bewegung ist, sondern auch die Widerstandskraft, welche die Undurchdringlichkeit und die Trägheit umfaßt. Die Entelechien d.h. die ursprüngliches oder substantiellen Strebungen, sofern sie mit Wahrnehmung verbunden sind, sind die Seelen.

§ 3. Philalethes. Die Vorstellung der Macht drückt etwas Relatives aus. Aber haben wir irgend eine Vorstellung, von welcher Art sie auch immer sei, die nicht etwas Relatives in sich schließt? Unsere Vorstellungen von Ausdehnung, Dauer, Zahl – enthalten sie nicht alle in sich eine stillschweigende Beziehung auf Teile? Dasselbe läßt sich auf eine noch sichtbarere Weise bei der Gestalt und der Bewegung bemerken. Sind die sinnliches Eigenschaften etwas anderes als die Machtäußerungen verschiedener Körper in bezug auf unsere Wahrnehmung und nicht an sich selbst von der Größe, Gestalt, der inneren Bildung und der Bewegung der Teile abhängig? Dies bewirkt eine Art von Beziehung unter ihnen. So kann denn meiner Meinung nach die Vorstellung der Macht sehr wohl unter die übrigen einfachen Vorstellungen gesetzt werden.

Theophilus. Im Grunde genommen sind die Vorstellungen, welche soeben aufgezählt wurden, zusammengesetzt. Die der sinnlichen Eigenschaften behaupten ihren Rang unter den einfachen Vorstellungen nur infolge unserer Unwissenheit, und die übrigen, welche man deutlich erkennt, behalten ihre Stelle dort nur durch eine Nachsicht, welche man lieber nicht ausüben sollte. Es verhält sich damit ungefähr, wie in betreff der gewöhnlichen Grundsätze, welche unter den Lehrsätzen stehen könnten und bewiesen zu werden verdienten, und welche man dennoch als Grundsätze gelten läßt, als ob es ursprüngliche Wahrheiten wären. Diese Nachsicht ist schädlicher, als man denkt, aber man ist allerdings nicht immer imstande, ihrer zu entbehren.[148]

§ 4. Philalethes. Wenn wir dabei recht achtgeben, so gewähren uns die Körper mittels der Sinne keine so klare und deutliche Vorstellung von der tätigen Macht, als wir sie durch die Reflexionen haben, die wir über die Wirkungen unseres Geistes anstellen. Es gibt meiner Überzeugung nach nur zwei Arten von Handlungen, wovon wir Vorstellung haben, nämlich Denken und Bewegen. Was das Denken anbetrifft, so gibt uns der Körper davon keine Vorstellung, und wir haben sie nur durch Vermittelung der Reflexion. Ebensowenig haben wir durch Vermittelung des Körpers irgend eine Vorstellung vom Anfang der Bewegung.

Theophilus. Diese Betrachtungen sind sehr triftig, sind obgleich das Denken dabei auf so allgemeine Weise genommen wird, daß es jede Wahrnehmung umfaßt, so will ich doch den Gebrauch der Worte nicht anfechten.

Philalethes. Wenn der Körper selbst in Bewegung ist, so ist diese im Körper eher eine Tätigkeit als ein Leiden. Aber wenn eine Billardkugel dem Stoß des Queues nachgibt, so ist dies keine Tätigkeit der Kugel, sondern ein bloßes Leiden.

Theophilus. Darüber ließe sich etwas sagen; denn die Körper würden durch den Anstoß keine Bewegung empfangen, gemäß den dabei zu bemerkenden Gesetzen, wenn sie nicht schon in sich Bewegung hätten. Wir wollen jedoch jetzt diesen Punkt übergehen.

Philalethes. Ebenso, wenn ein Ball einen anderen, der sich auf seinem Wege findet, anstößt und in Bewegung setzt, so teilt er ihm nur die empfangene Bewegung mit und verliert ganz ebensoviel.

Theophilus. Ich sehe, daß diese irrige Meinung, welche die Kartesianer aufgebracht haben, wie wenn die Körper so viel Bewegung verlören, als sie abgeben, die heutzutage durch die Erfahrungen und die Vernunftgründe zerstört und selbst von dem berühmten Verfasser der ›Untersuchung über die Wahrheit‹ aufgegeben worden ist (der eine kleine Abhandlung ganz besonders zu dem Zweck hat drucken lassen, sie zurückzunehmen) dennoch nicht unterläßt, vielen einsichtigen Leuten Gelegenheit zu Mißverständnis zu geben, indem sie auf so gebrechlichem Grunde ihr Lehrgebäude errichten.

[149] Philalethes. Das Übertragen der Bewegung gibt nur eine ganz dunkle Vorstellung von einer tätigen Macht der Bewegung im Körper, indem wir nichts weiter sehen, als daß der Körper die Bewegung, ohne sie irgendwie hervorzubringen, überträgt.

Theophilus. Ich weiß nicht, ob hier behauptet wird, Maß die Bewegung von Körper zu Körper übergeht und dieselbe Bewegung (idem numero) dabei übertragen wird. Ich weiß, daß einige gegen die Ansicht der ganzen Schule so weit gegangen sind, unter anderen der Jesuitenpater Casati. Ich zweifle jedoch, daß dies Ihre Meinung oder die Ihrer gelehrten Freunde ist, die in der Regel von solchen Einbildungen weit entfernt sind. Wenn indessen dieselbe Bewegung nicht übertragen wird, so muß man zugeben, daß sich in dem Körper der sie empfängt, eine neue Bewegung erzeugte also würde der, welcher sie erteilt, wirklich tätig sein, obwohl er zu gleicher Zeit Kraftverlust erleiden würde. Denn obgleich der Körper allerdings nicht so viel Bewegung verliert, als er erteilte, so bleibt es doch immer wahr, daß er deren verliert und zwar so viel Kraft verliert, als er abgibt, wie ich anderswo erklärt habe, so daß man stets in ihm Kraft oder tätige Macht zugeben muß. Ich verstehe die Macht in einen höheren Sinne, den ich ein wenig vorher erläutert habe, wo nämlich die Strebung mit dem Vermögen sich verbindet. Indessen stimme ich mit Ihnen immer darin überein, daß wir die klarste Vorstellung der tätigen Macht durch den Geist empfangen. Auch ist sie nur in desjenigen Wesen, welche mit dem Geiste Analogie haben, nämlich in den Entelechien, denn der Stoff bezeichnet eigentlich nur die leidende Macht.

§ 5. Philalethes. Wir finden in uns selbst die Macht, gewisse Handlungen unserer Seele und gewisse Bewegungen unseres Körpers anzufügen oder nicht anzufangen, fortzusetzen oder abzubrechen, und zwar einfach durch einen Gedanken oder eine Wahl unseres Geistes, der sozusagen bestimmt und befehlt, daß solch eine besonders Handlung geschehe oder nicht geschehe. Diese Macht nennen wir den Willen. Die tatsächliche Ausübung dieser Macht nennt man Wollen; das Abbrechen oder hervorbringen der einem solchen Befehl der Seele folgenden Handlung nennen wir das Freiwillige, und jede Handlung, die[150] ohne eine solche Leitung der Seele geschielt, heißt unfreiwillig.

Theophilus. Ich finde dies alles sehr gut und richtig. Um es indessen runder auszudrücken und vielleicht ein wenig weiterzugehen, möchte ich sagen, daß das Wollen die Anstrengung oder Strebung (conatus) ist, auf das, was man für gut hält, loszugehen und sich von dem zu entfernen, was man für schlimm hält, so daß diese Strebung unmittelbar aus dem Bewußtsein, welche man von ihr hat, folgt, und das Korollarium dieser Definition ist der berühmte Grundsatz, daß aus dem Wollen und Können zusammengenommen die Handlung folgt, da aus jeder Strebung die Handlung folgt, wenn sie nicht Hindernis findet. So folgen vermöge der Einheit von Seele und Leib, wovon ich anderswo die Begründung gegeben habe, nicht allein die inneren freiwilligen Handlungen unseres Geistes, sondern auch die äußeren aus diesem Conatus, d.h. die freiwilligen Bewegungen unseres Körpers. Es gibt auch noch aus unmerklichen Wahrnehmungen entspringende Anstrengungen, deren man sich nicht bewußt ist; ich möchte diese lieber Begehrungen als Wollen (obgleich auch dabei bemerkbare Begehrungen vorkommen) nennen, denn freiwillige Handlungen nennt man nur solche, deren man sich bewußt sein und auf welche unsere Reflexion bei der Erwägung dessen, was gut und schlimm ist, verfallen kann.

Philalethes. Die Macht des Bewußtseins nennen wir Verstand: dieser besitzt die Wahrnehmung der Vorstellungen, die der Bedeutung der Zeichen und endlich die der Übereinstimmung oder Nichtübereinstimmung unter einigen unserer Vorstellungen.

Theophilus. Wir sind uns vieler Dinge in uns und außer uns bewußt, die wir nicht verstehen, und wir verstehen sie, wenn wir in uns deutliche Vorstellungen davon haben nebst dem Vermögen, zu reflektieren und die notwendigen Wahrheiten daraus zu gewinnen. Darum haben die Tiere keinen Verstand, wenigstens in diesem Sinne, obgleich sie das Vermögen haben, sich der bemerklichsten und hervortretendsten Eindrücke bewußt zu sein, wie das Wildschwein jemand bemerkt, der ihm zuruft, und auf ihn losgeht, von dem es schon vorher eine bloße, aber nur verworrene Wahrnehmung wie von allen den übrigen[151] Gegenständen hatte, die ihm in die Augen fielen und deren Strahlen seine Kristalllinse trafen. So entspricht denn nach meiner Erklärung der Verstand dem, was bei den Lateinern intellectus heißt, und die Ausübung dieses Vermögens heißt das Verstehen, welches eine mit dem Vermögen der Reflexion verbundene bestimmte Wahrnehmung ist, welche sich bei den Tieren nicht findet. Jede mit diesem Vermögen verbundene Wahrnehmung ist Denken, welches ich den Tieren ebensowenig zusprechen kann, als den Verstand, so daß man sagen darf, das Verstehen finde dann statt, wenn das Denken deutlich ist. Übrigens verdient die Wahrnehmung der Bedeutung der Zeichen von der Wahrnehmung der bezeichneten Vorstellungen hier gar nicht unterschieden zu werden.

§ 6. Philalethes. Gewöhnlich sagt man, daß Verstand und Wille zwei Vermögen der Seele sind, ein ganz bequemer Ausdruck, wenn man sich desselben bedient, wie man sich aller Worte bedienen muß, indem man sich davor in acht nimmt, daß sie im menschlichen Denken Verwirrung anrichten, was, wie ich fürchte, hier beim Seelenleben geschehen ist. Und wenn man uns sagt, daß der Wille jene höhere Fähigkeit der Seele sei, welche alles regelt und anordnet, daß er frei sei oder nicht, daß er die unteren Vermögen bestimme, daß er dem Gebot des Verstandes folge (obgleich auch diese Ausdrücke in einem klaren und bestimmten Sinn verstanden werden können), so fürchte ich doch, daß sie bei verschiedenen Leuten die verworrene Idee von ebensoviel besonderen tätigen Wesen, die in uns jedes für sich wirken, hervorgerufen haben.

Theophilus. Das ist eine Streitfrage, welche den Schulen schon lange zu tun gemacht hat. Nämlich, ob zwischen der Seele und deren Vermögen ein realer Unterschied obwalte, und ob das eine Vermögen von den anderen real verschieden sei. Die Realisten haben es bejaht, die Nominalisten verneint. Und dieselbe Streitfrage ist über das wirkliche dasein von noch mehreren anderen abstrakten Wesen, die demselben Schicksal anheimfallen müssen, angestellt worden. Ich meine aber nicht, daß hier diese Frage zu entscheiden und sich in diese dornige Untersuchung zu vertiefen nötig sei, obgleich, wie ich mich erinnere,[152] Episcopius sie für so wichtig erachtet hat, daß er glaubte, man könne die Freiheit des Menschen nicht aufrecht erhalten, wenn die Seelenvermögen wirkliche Wesen seien. Indessen, wenn sie auch wirkliche und voneinander verschiedene Wesen wären, so dürften sie doch nicht als reale wirkende Wesen gelten, wenn man sich nicht ganz mißbräuchlich ausdrücken will. Nicht die Vermögen oder Eigenschaften sind es, welche wirken, sondern die Substanzen mittels der Vermögen.

§ 8. Philalethes. Sofern der Mensch die Macht hat zu denken oder nicht zu denken, sich entsprechend der vorziehenden Entscheidung oder Wahl seines eigenen feistes zu bewegen oder nicht zu bewegen, sofern ist er frei.

Theophilus. Der Ausdruck Freiheit ist sehr zweideutig. Es gibt eine Freiheit des Rechts und eine tatsächliche. Nach der des Rechts ist ein Sklave nicht frei und ein Untertan nicht ganz, aber ein Armer ist so frei wie ein Reicher. Die tatsächliche Freiheit besteht entweder in der Macht zu wollen, wie man soll, oder in der Macht zu handeln, wie man kann. Das ist die Freiheit des Handelns, von der Sie sprechen, und diese hat ihre Grade und Verschiedenheiten. Im Allgemeinen ist derjenige, welcher mehr Mittel hat, freier, das zu tun, was er will, aber im besonderen versteht man die Freiheit von dem Gebrauch der Dinge welche man gewöhnlich in seiner Gewalt hat, und vor allem von deren freien Gebrauch unseres Körpers. So beeinträchtigen der Kerker und die Krankheiten unsere Freiheit, indem sie uns verhindern, unserem Körper und unseren Gliedern diejenige Bewegung zu geben, die wir ihnen geben wollen und gewöhnlich geben können; also ist auf diese Weise ein Gefangener und ein Gelähmter, der keinen freien Gebrauch seiner Glieder hat, unfrei. Die Freiheit des Wollens wird auch in zwei verschiedenen Bedeutungen genommen. Die eine findet statt, wenn man sie der Unvollkommenheit oder demjenigen Gebrauch des Geistes entgegensetzt, der ein Zwang oder ein Hindernis, aber ein inneres ist, wie dasjenige, welches von den Leidenschaften stammt. Die andere findet statt, wenn man die Freiheit der Notwendigkeit entgegensetzt. Im ersten Sinne sagten die Stoiker, daß der Weise allein frei sei,[153] und man hat in der Tat keinen freien Geist, wenn er von einer großen Leidenschaft in Anspruch genommen ist, denn alsdann kann man nicht wollen, wie man sollte, d.h. mit der nötigen Überlegung. Auf diese Weise ist Gott allein vollkommen frei, und die erschaffenen Geister sind es nur in dem Maße, als sie über die Leidenschaften erhaben sind. Und diese Freiheit betrifft eigentlich unseren Verstand. Diejenige Freiheit des Geistes aber, welche der Notwendigkeit entgegengesetzt ist, betrifft bloß den Willen und zwar, sofern er vom Verstande sich unterscheidet. Diese ist, was man die freie Willkür nennt, womit gemeint sein soll, daß die stärksten Gründe oder Eindrücke, welche der Verstand dem Willen vorhält, den Willensakt nicht verhindern zufällig zu sein und ihm nicht eine absolut und sozusagen metaphysische Notwendigkeit verleihen. Und in diesem Sinne pflege ich zu sagen, daß der Verstand den Willen, gemäß dem Vorwiegen der Wahrnehmungen und Gründe, bestimmen kann, jedoch auf eine Art, daß er, wenn auch sicher und untrüglich, doch nur geneigt macht, ohne mit Notwendigkeit zu wirken.

§ 9. Philalethes. Wie dabei zu bemerken gut ist, hat sich noch niemand herbeigelassen, eine Kugel, mag sie nun durch den Anstoß einer Rakete in Bewegung gesetzt oder in Ruhe sein, für ein frei wirkendes Wesen zu nähmen. Dies kommt daher, daß wir einem Ball weder Denken, noch irgend einen Willensakt, demgemäß er die Bewegung der Ruhe vorzieht, beimessen.

Theophilus. Wenn das frei wäre, was ohne Hindernis wirkt, so würde die Kugel, wenn sie in einem gleichmäßigen Horizont einmal in Bewegung wäre, ein frei wirkendes Wesen sein. Aber Aristoteles hat schon richtig bemerkt, daß, um die Handlungen frei zu nennen, wir nicht allein verlangen, daß sie spontan, sondern auch, daß sie überlegt seien.

Philalethes. Aus diesem Gründe betrachten wir die Bewegung oder die Ruhe der Kugeln unter der Vorstellung eines Notwendigen.

Theophilus. Die Bezeichnung notwendig fordert ebensoviel Umsicht, als die von frei. Jene bedingungsweise geltende Wahrheit, nämlich: ›Gesetzt, daß die Kugel in einem gleichmäßigen Horizont einmal[154] ohne Hindernis in Bewegung ist, so wird sie dieselbe Bewegung fortsetzen‹, kann gewissermaßen für notwendig angesehen werden, obgleich diese Folgerung im Grunde genommen nicht ganz geometrisch ist, da sie sozusagen nur unter einer Voraussetzung angenommen und auf die Weisheit Gottes gegründet ist, der ohne vernünftigen Grund seinen Einfluß nicht ändert, welcher jetzt vermutlich nicht eintreten wird. Aber jener schlechthin aufgestellte Satz: ›Die Kugel hier ist gegenwärtig in dieser Ebene in Bewegung‹ ist nur eine zufällige Wahrheit, und in diesem Sinne ist die Kugel ein zufälliges, nicht frei wirkendes Wesen.

§ 10. Philalethes. Nehmen wir an, daß man einen Menschen während eines tiefen Schlafes in ein Zimmer trägt, wo sich jemand beendet, den er sehr zu sehen und zu sprechen wünscht, und daß man die Tür hinter ihm zuschließt, so wird dieser Mensch beim Erwachen froh sein, mit jener Person sich zu treffen, und also mit Vergnügen im Zimmer bleiben. Ich denke nicht, daß man darüber in Ungewißheit sein werde, ob er an jenem Orte freiwillig bleibt. Gleichwohl steht es ihm nicht frei, sich, wenn er will, daraus zu entfernen. Also ist die Freiheit keine Vorstellung, die dem Willen zukommt.

Theophilus. Ich finde das Beispiel sehr gut gewählt, um zu zeigen, daß in einem gewissen Sinne eine Handlung oder ein Zustand freiwillig sein kann, ohne frei zu sein. Indessen, wenn die Philosophen und Theologen über die freie Willkür streiten, haben sie einen ganz anderen Sinn im Auge.

§ 11. Philalethes. Die Freiheit fehlt, wenn die Lähmung die Beine verhindert, der Bestimmung des Geistes zu gehorchen, obgleich es in dem Gelähmten selbst etwas freiwilliges sein kann, sitzen zu bleiben, solange er das Sitzen der Ortsverändernng vorzieht. Freiwillig ist also nicht dem Notwendigen, sondern dem Unfreiwilligen entgegengesetzt.

Theophilus. Diese Genauigkeit im Ausdruck würde mir schon gefallen, wenn nicht der Sprachgebrauch sich daß von entfernter diejenigen, welche die Freiheit der Notwendigkeit entgegensetzen, wollen dies nicht von den äußeren Handlungen, sondern von dem Willensakte selbst verstanden wissen.[155]

§ 12. Philalethes. Ein wachender Mensch besitzt nicht mehr Freiheit zu denken oder nicht zu denken, als er frei ist, zu verhindern oder nicht zu verhindern, daß sein Körper einen anderen Körper berührt. Aber seine Gedanken von einer Vorstellung zur anderen übertragen – das steht oft zu seiner Disposition. Und in diesem Fall hat er soviel Freiheit in Hinsicht seiner Vorstellungen, als in Hinsicht der Körper, auf welche er sich stützt, indem er, wie es ihm in den Sinn kommt, sich von dem einen zum anderen fortbewegen kann. Gleichwohl gibt es Vorstellungen, welche wie gewisse Bewegungen dergestalt dem Geiste eingepflanzt sind, daß man sie in gewissen Umständen, man mag sich anstrengen, wie man will, nicht entfernen kann. Ein Mensch auf der Folter hat nicht die Freiheit, der Vorstellung des Schmerzes sich zu entschlagen, und mitunter wirkt eine heftige Leidenschaft auf unseren Geist, wie der wütendste Wind auf unseren Körper wirkt.

Theophilus. In den Vorstellungen findet Ordnung und Zusammenhang statt, wie in den Bewegungen, denn das eine entspricht dem anderen vollkommen, obgleich die Bestimmung in den Bewegungen ohne Bewußtsein geschieht, frei aber oder mit Wahl im denkenden Wesen, welchem die Güter und die Übel nur Neigung verursache, ohne es zu zwingen. Denn indem die Seele die Körper vorstellt, bewahrt sie ihre Vollkommenheiten; und obgleich sie – wohlverstanden – in den unfreiwilligen Handlungen vom Körper abhängig ist, so ist sie doch in den übrigen unabhängig und macht den Körper von sich abhangen. Aber diese Abhängigkeit ist nur metaphysisch und besteht in den Rücksichten Gottes auf die eine, intern er den anderen regelt, oder mehr auf die eine als auf den anderen nach Maßgabe der ursprünglichen Vollkommenheiten eines jeden, während die physische Abhängigkeit in einem unmittelbaren Einguß bestehen würde, den der eine vor der anderen, von welcher er abhängt, empfangen müßte. Übrigens kommen uns unfreiwillige Gedanken teils von außen durch die Gegenstände, welche unsere Sinne treffen, teils von innen auf Grund der (oft unmerklichen) Eindrücke, welche von den früheren Wahrnehmungen zurückgeblieben sind, die ihre Wirksamkeit fortsetzen und sich mit den neu hinzukommenden[156] vermischen. In dieser Hinsicht verhalten wir uns leidend, und selbst wenn wir wachen, kommen uns ungerufen Bilder (worunter ich nicht allein die Darstellungen von Gestalten, sondern auch der Töne und anderer sinnlicher Eigenschatten begreife) wie in den Träumen. Die deutsche Sprache nennt sie ›fliegende Gedanken‹, die nicht in unserer Macht sind und wobei mitunter Widersinnigkeiten vorkommen, die wohlgesinnten Leuten Bedenken erregen und den Kasuisten und Gewissensräten zu schaffen machen. Das ist wie in einer Laterna magica, welche die Gestalten auf der Mauer erscheinen läßt, je nachdem man inwendig etwas vorbeischiebt. Aber wenn unser Geist sich eines Bildes bewußt wird, das ihm kommt, kann er ihm Halt gebieten und es sozusagen festhalten. Ferner kann der Geist, wenn es ihm gut scheint, auf gewisse Gedanken näher eingehen, die ihn zu anderen führen. Aber dies gilt nur, wenn die inneren oder äußeren Eindrücke nicht das Übergewicht haben. Allerdings sind die Menschen darin sehr verschieden, sowohl ihrem Temperamente als der Übung in der Selbstbeherrschung nach, dergestalt, daß der eine die Eindrücke überwinden kann, wo der andere sich hingibt.

§ 13. Philalethes. Notwendigkeit hat überall da statt, wo das Denker fehlte Und wenn diese Notwendigkeit sich in einem des Wollens fähigen wirkenden Wesen findet, und der Anfang oder die Fortsetzung einer Handlung seiner inneren Wahl widerspricht, so nenne ich das Zwang, und wenn die Verhinderung oder das Aufhören einer Handlung dem Wollen dieses wirkenden Wesens zuwiderläuft, so erlaube man mir, dies Einhalten (Kohibition) zu nennen. Was aber die Wesen betrifft, welche durchaus kein Denken und kein Wollen haben, so sind diese in jeder Hinsicht aus Notwendigkeit wirkende Wesen.

Theophilus. Mögen die Willensakte auch zufällig sein, so scheint doch, eigentlich zu reden, die Notwendigkeit nicht dem Wollen, sondern dem Zufall entgegengesetzt werden zu müssen, wie ich schon in § 9 bemerkt habe, und die Notwendigkeit nicht mit dem Bestimmtsein (Determination) verwechselt werden zu dürfen, denn beim Denken findet nicht weniger Verknüpfung oder Bestimmtsein statt, als bei den Bewegungen. (Bestimmt –[157] determiniert – zu werden, ist etwas ganz anderes, als mit Gewalt gestoßen oder durch Zwang vergewaltigt zu werden.) Und wenn wir nicht immer die Ursache bemerken, welche uns bestimmt oder nm derentwillen wir uns bestimmen, so ist der Grund davon, daß wir ebensowenig fähig sind, uns des ganzen Spieles unseres Geistes und unserer meist unvernehmlichen und verworrenen Gedanken bewußt zu werden, als wir den ganzen Mechanismus, welchen die Natur in unserem Körper spielen läßt, erkennen können. Wenn man daher unter der Notwendigkeit das feste Bestimmtwerden des Menschenverstände, welches durch eine vollkommene Erkenntnis aller Umstände von dem, was in und außer dem Menschen vorgeht, einen vollkommenen Geist zur Voraussicht bringen könnte, so würde jeder freie Akt ein notwendiger sein, da die Gedenken sicherlich ebensogut, wie die von ihnen dargestellten Bewegungen bestimmt werden. Aber man muß das Notwendige von dem, wenn auch bestimmten Zufälligen unterscheiden; und nicht allein die zufälligen Wahrheiten sind nicht notwendig, sondern auch ihre Verknüpfungen haben nicht immer eine absolute Notwendigkeit; denn in der Art und. Weise, die Konsequenzen zu bestimmen, die in notwendigen Verhältnissen stattfinden, und denen, die in zufälligen stattfinden, gibt es ohne Zweifel, einen Unterschied. Die geometrischen und metaphysischen Konsequenzen bestimmen mit Notwendigkeit, die physischen und moralischen aber machen nur geneigt, ohne mit Notwendigkeit zu bestimmen, indem das Physische selbst etwas Moralisches und Gewolltes ist hinsichtlich Gottes, da die Gesetze der Bewegung keine andere Notwendigkeit als (die Wahl) des Besten haben. Nun wählt Gott frei, obgleich er das Beste zu wählen bestimmt wird, und da die Körper selbst keine Wahl haben (indem Gott für sie gewälzt hat), so hat der Sprachgebrauch gewollt, daß man sie notwendig Wirkendes nennt. Ich widersetze mich dem nicht, sofern man nur nicht das Notwendige und das Bestimmte verwechselt und so weit geht, sich einzubilden, daß die freien Wesen auf unbestimmte Weise wirken, ein Irrtum, der bei manchem sich geltend gemacht hat und die wichtigsten Wahrheiten, ja sogar jenen fundamentalen Satz zerstört, daß nichts ohne Ursache geschieht[158] – ohne welchen weder das Dasein Gottes, noch andere große Wahrheiten recht bewiesen werden können. Was den Zwang anbetrifft, so ist es gut, zwei Arten desselben zu unterscheiden: den einen physischen, wie wenn man einen Menschen gegen seinen Willen ins Gefängnis bringt oder in einen Abgrund wirft, den anderen moralischen, wie z.B. den Zwangmittels (Androhung) eines größeren Übels, denn die Handlung, welche dadurch veranlaßt wird, hört nicht auf freiwillig zu sein. Man kann auch durch die Erwägung eines größeren Gutes gezwungen werden, wie wenn man einen Menschen durch Versprechen eines unverhältnismäßig großen Vorteils in Versuchung führt, obgleich man dies gewöhnlich nicht Zwang zu nennen pflegt.

§ 14. Philalethes. Sehen wir jetzt zu, ob man nicht den seit so lange geführten, meines Erachtens aber sehr unvernünftigen, weil unverständlichen Streit endigen kann, ob der Wille des Menschen frei ist oder nicht?

Theophilus. Man hat alle Ursache, sich über das sonderbare Verfahren der Menschen zu wundern, die sich durch Aufwerfen schlecht verstandener Streitfragen quälen. Sie suchen, was sie wissen, und wissen nicht, was sie suchen.

Philalethes. Die Freiheit, welche bloß eine Macht ist, gehört einzig und alleinwirkenden Wesen an und kann nicht ein Attribut oder eine Modifikation des Willens sein, der selbst nichts anderes als eine Macht ist.

Theophilus. Nach der eigentlichen Wortbedeutung haben Sie recht. Indessen kann man den angenommenen Sprachgebrauch auch einigermaßen entschuldigen. In derselben Weise pflegt man ja auch der Wärme oder anderen Eigenschaften die Macht zuzuschreiben, nämlich dem Körper, sofern er diese Eigenschaften besitzt, und ebenso ist hier die Absicht zu fragen, ob der Mensch frei ist, indem er will.

§ 15. Philalethes. Die Freiheit besteht in der Macht des Menschen, eine Handlung seinem Willen gemäß zu tun oder zu unterlassen.

Theophilus. Wenn die Menschen nur das unter Freiheit verständen, wenn sie fragen, ob der Wille oder die Willkür frei sei, so würde ihre Streitfrage in der Tat widersinnig sein, aber man wird bald sehen, was sie eigentlich[159] wollen, und ich habe es sogar schon berührt. Allerdings fordern sie hierbei (aber kraft eines anderen Grundsatzes) etwas Widersinniges und Unmögliches, indem sie eine durchaus nur eingebildete und nicht zu verwirklichende Freiheit des Gleichgewichts verlangen, die ihnen auch nichts nützen würde, wenn es möglich wäre, daß sie sie hätten, d.h. die Freiheit besitzen könnten, im Gegensatz zu allen Eindrücken, die aus dem Verstande stammen können, zu wollen. Dies würde die wahre Freiheit zugleich mit der Vernunft zerstören und uns unter die Tiere erniedrigen.

§ 17. Philalethes. Wer da sagen wollte, daß die Macht zu sprechen die Macht zu singen leite, und daß die Macht zu singen der Macht zu reden gehorche, würde sich ebenso schicklich und ebenso verständlich ausdrücken, als wer sagte, wie man zu sagen pflegt, daß der Wille den Verstand leitet und der Verstand dem Willen gehorcht oder nicht gehorcht. – § 18. Indessen hat diese Art zu reden den Vorzug erhalten und, wenn ich nicht irre, viel Verwirrung verursacht, obgleich die Macht zu denken ebensowenig auf die Macht zu wählen wirkt, wie die Macht zu singen auf die Macht zu tanzen. – § 19. Ich gestehe zu, daß dieser oder jener Gedanke dem Menschen Gelegenheit geben kann, seine Macht des Wählens zu gebrauchen, und daß die Wahl des Geistes Ursache sein kann, daß er an dies oder jenes wirklich denkt, ebenso wie das Singen einer gewissen Melodie die wirkliche Veranlassung sein kann, einen bestimmten Tanz zu tanzen.

Theophilus. Es kommt hier noch auf etwas mehr an, als auf das Darbieten von Gelegenheiten, da eine gewisse Abhängigkeit dabei stattfindet; denn man kann nur das wollen, was man für gut hält, und je nachdem das Verstandesvermögen fortgeschritten ist, fällt die Wahl des Wissens besser aus, wie auf der anderen Seite der Mensch, je nachdem er im Wollen kräftig ist, die Gedanken nach seiner Wahl bestimmt, statt durch unfreiwillige Wahrnehmungen bestimmt und fortgerissen zu werden.

Philalethes. Die Macht ist eine Relation und kein wirkendes Wesen.

Theophilus. Wenn die wesentlichen Vermögen nur Relationen sind und der Wesenheit nichts mehr hinzufügen, so sind die zufälligen oder der Veränderung[160] unterworfenen Eigenschaften und Fähigkeiten etwas ganz anderes, Man kann von diesen letzteren sagen, daß die einen in der Ausübung ihrer Verrichtungen von den anderen oft abhangen.

§ 21. Philalethes. Meines Erachtens darf nicht gefragt werden, ob der Wille frei sei, was eine unangemessene Ausdrucksweise ist, sondern ob der Mensch frei sei. Dies einmal gesetzt, behaupte ich, daß jemand so lange frei ist, als er durch die Richtung oder die Wahl seines Geistes das Dasein einer Handlung dem Nichtdasein dieser Handlung vorziehen kann und umgekehrt, d.h. so lange, als er machen kann, daß sie seinem Willen gemäß sei oder nicht sei. Und wir würden kaum die Möglichkeit behaupten können, ein noch freieres Wesen zu denken, als ein solches, das fähig wäre, das zu tun, was es will, so daß der Mensch ebenso frei zu sein scheint hinsichtlich der Handlungen, welche von diesen in ihm sich verendenden Vermögen abhangen, als es der Freiheit, wenn ich mich so ausdrücken darf, ihn frei zu machen möglich ist.

Theophilus. Wenn man über die Freiheit des Willens oder über die freie Willkür spricht, so fragt man nicht, ob der Mensch tun kann, was er will, sondern ob er in seinem Willen selbst Unabhängigkeit hat. Man fragt nicht, ob er freie Füße und Hände hat, sondern ob sein Geist frei ist, und worin dies besteht. In dieser Beziehung wird das eine geistige Wesen freier sein können als das andere, und der höchste Geist wird in einer vollkommenen Freiheit sich beenden, deren die Kreaturen nicht fähig sind.

§ 22. Philalethes. Die Menschen, von Natur neugierig und bestrebt, soviel sie können, aus ihrem Geist den Gedanken zu entfernen, daß sie schuldbefleckt seien, obgleich sie sich dadurch in einen Zustand schlimmer als den einer Schicksalsnotwendigkeit versetzen, sind dennoch damit nicht zufrieden. Wenn die Freiheit sich nicht noch weiter erstreckt, so sind sie nicht damit zufrieden, und ihrer Ansicht nach ist es eine sehr starke Probe, daß der Mensch überhaupt nicht frei ist, wenn er nicht ebenso gut die Freiheit hat zu wollen als die, was er will, zu tun.

§ 23. Darüber glaube ich, daß der Mensch hinsichtlich dieses besonderen Aktes, eine Handlung zu[161] wollen, die in seiner Macht steht, nicht frei sein kann, wenn er diese Handlung einmal in seinem Geists sich vorgesetzt hat. Die Ursache davon ist ganz klar; denn da die Handlung von seinem Willen abhängt, so muß sie ganz notwendigerweise sein oder nicht sein, und da ihr Sein oder ihr Nichtsein nicht umhin kann, der Bestimmung und der Wahl seines Willens zu folgen, so kann er es nicht vermeiden, das Sein oder Nichtsein dieser Handlung zu wollen.

Theophilus. Ich möchte glauben, daß man seine Wahl suspendieren kann und daß dies auch recht oft geschieht, besonders wenn anderweitige Gedanken die Überlegung unterbrechen. Wenn daher auch die Handlung, welche man überlegt, sein oder nicht sein muß, so folgt daraus nicht, daß man notwendig deren Sein oder Nichtsein beschließen müsse, denn das Nichtsein kann auch aus Mangel eines Beschlusses eintreten. Das wäre so, wie die Areopagiten in der Wirklichkeit jenen freisprachen, dessen Prozeß zu entscheiden sie zu schwierig gefunden hatten, indem sie ihn auf einen sehr entfernten Zeitpunkt verschoben und sich hundert Jahre zur Überlegung nahmen.

Philalethes. Wenn man den Menschen auf diese Art frei macht, ich meine, indem man die Handlung des Wollens vom Willen abhängig macht, so muß er einen anderen Willen oder ein anderes Vermögen des Wollens vorher haben, um die Akte dieses Willens zu beschließen, und wieder einen anderen, um dieses zu beschließen, und so bis ins Unendliche fort; denn wo man auch immer anhält, können die Handlungen des letzten Willens nicht frei sein.

Theophilus. Allerdings spricht man ungenau, wenn man sagt, wir wollten, was wir wollen. Wir können nicht wollen wollen, sondern wir wollen handeln und wenn wir wollen wollen könnten, so würden wir wollen wollen wollen können, und das würde bis ins Unendliche fortgehen; indessen dürfen wir uns nicht verhehlen, daß wir durch freiwillige Handlungen oft indirekt zu anderen freiwilligen Handlungen beitragen, und obwohl man das, was man will, nicht wollen kann, wie man selbst nicht über das urteilen kann, was man will, so kann man dennoch dies dergestalt im voraus tun, daß man nämlich in der Folge das urteile oder wolle, was man in der Gegenwart[162] wollen oder urteilen zu können wünschen möchte. Man gewöhnt sich an Menschen, an Lektüre, an Lieblingsbetrachtungen, an einen gewissen Gesichtspunkt, man beachtet nicht, was vom entgegengesetzten Gesichtspunkt kommt, und gewinnt durch diese Mittel und tausend andere Umstände, die man meistens ohne bestimmten Vorsatz und ohne daran zu denken, anwendet, es über sich, sich zu täuschen oder wenigstens zu ändern und sich nach seinen Begegnissen zu bessern oder zu verschlimmern.

§ 25. Philalethes. Da es also ausgemacht ist, daß der Mensch nicht die Freiheit hat zu wollen, daß er will oder nicht will, so ist jetzt zunächst zu fragen, ob der Mensch die Freiheit hat, dasjenige von zweien Dingen zu wollen, was ihm gefällt, z.B. die Bewegung oder die Ruhe. Aber diese Frage ist in sich selbst so offenbar widersinnig, daß sie genügt, jeden, welcher darüber nachdenkst, zu überzeugen, daß die Freiheit in keinem Falle den Willen angeht. Denn fragen, ob der keusch die Freiheit habe zu wollen was ihm gefällt, die Bewegung oder die Ruhe, das Reden oder das Schweigen – das heißt fragen, ob ein Mensch das wollen kann, was er will, oder ob ihm das gefällt, was ihm gefällt – eine Frage, die meiner Ansicht nach keiner Beantwortung bedarf.

Theophilus. Trotz alledem schaden die Menschen allerdings sich hierin eine Schwierigkeit, welche gelöst zu werden verdient. Sie sagen, daß, nachdem sie alles erkannt und erwogen haben, es noch in ihrer flacht stehe, nicht nur das zu wollen, was am meisten zusagt, sondern auch das grade Gegenteil, bloß um ihre Freiheit zu zeigen. Man muß aber dabei bedenken, daß, wenn diese Laune oder dieser Eigensinn oder wenigstens dies Motiv, welches sie den übrigen Motiven zu folgen hindert, in die Wagschale geworfen wird und sie das anzunehmen veranlaßt, was ihnen sonst nicht annehmbar erscheinen würde, ihre Wahl doch noch immer durch die Wahrnehmung bestimmt ist. Man will also nicht das, was man wollen möchte, sondern was gefällt; obgleich der Wille indirekt und gleichsam von ferne dazu beitragen kann, zu machen, daß etwas gefalle oder nicht gefalle, wie ich schon bemerkt habe. Und da die Menschen diese verschiedenen Erwägungen nicht gehörig zu sondern[163] wissen, so ist es nicht zu verwundern, daß der Verstand sich über diesen Gegenstand, der viele verborgene Schwierigkeiten enthält, in Unklarheit verwirrt.

§ 29. Philalethes. Wenn man fragt, was denn den Willen bestimme, so besteht die wahre Antwort darin, zu sagen, daß der Geist es ist, welcher ihn bestimmt. Wenn diese Antwort nicht genügt, so ist klar, daß der Sinn dieser Frage sich darauf zurückführen läßt, was denn den Geist bei jeder besonderen Gelegenheit antreibt, seine allgemeine Macht, womit er seine Fähigkeiten auf diese Ruhe oder auf jene Bewegung richtet, zu einer solchen Bewegung oder einer solchen Ruhe zu bestimmen? Ich antworte darauf, daß das, was uns veranlaßt, in demselben Zustand zu bleiben oder dieselbe Handlung fortzusetzen, allein die gegenwärtige Befriedigung sei, welche man darin findet. Im Gegenteil ist das Motiv zur Veränderung immer eine gewisse Unruhe.

Theophilus. Diese Unruhe, wie ich schon im vorigen Kapitel gezeigt habe, ist nicht immer ein Mißvergnügen, wie die ruhige Stimmung, in der man sich befindet, nicht immer eine Befriedigung oder ein Vergnügen ist. Oft veranlaßt uns eine unmerkliche Wahrnehmung, die man nicht klar und deutlich unterscheiden kann, uns eher nach der einen als nach der anderen Seite zu neigen ohne daß man sich darüber Rechenschaft ablegen kann.

§ 30. Philalethes. Der Wille und das Verlangen dürfen nicht miteinander verwechselt werden. Jemand hat das Verlangen, von der Gicht befreit zu sein, da er aber begreift, daß die Entfernung dieses Schmerzes die Übertragung eines gefährlichen Krankheitsstoffes in einen edleren Teil verursachen kann, so wird sein Wille sich zu keiner Handlung bestimmen lassen, die diesen Schmerz zu entfernen dienen kann.

Theophilus. Dieses Verlangen ist eine Art von Willensneigung im Vergleich mit dem vollen Wollen; man möchte z.B. wollen, wenn man nicht ein viel größeres Übel zu fürchten hätte, im Fall man das, was man will, erlangte, oder man nicht ein viel größeres Gut zu hoffen hätte, wenn man sich dessen entschlüge. Man kann indessen sagen, daß der Mensch mit einem gewissen Grad des Willens von der Gicht befreit sein will, der aber nicht[164] bis zur entscheidend letzten Anstrengung reicht. Diese Art Willen nennt man Velleität, insofern er eine gewisse Unvollkommenheit oder Ohnmacht in sich schließt.

§ 31. Philalethes. Man muß indessen bemerken, daß dasjenige, was den Willen zum handeln bestimmt, nicht das größte Gut ist, wie man gewöhnlich annimmt, sondern vielmehr eine gewisse, gerade vorhandene Unruhe und für gewöhnlich diejenige, welche am meisten drängt. Diese kann man Verlangen nennen, welches in der Tat eine Unruhe des Geistes ist, verursacht durch die Entbehrung eines abwesenden Gutes, außer dem Verlangen, vom Schmerze befreit zu werden. Nicht jedes abwesende Gut erzeugt einen dem Grade der in ihm liegenden oder von uns bei ihm vorausgesetzten Vortrefflichkeit angemessenen Schmerz, während jeder Schmerz ein ihm gleiches Verlangen verursachte denn die Abwesenheit eines Gutes ist nicht immer ein Übel, wie es die Anwesenheit des Schmerzes ist. Dies ist der Grund, warum man ein abwesendes Gut ohne Schmerz betrachten und ins Auge fassen kann, aber in dem Maße, als es irgendwo Verlangen gibt, gibt es dabei auch Unruhe. – § 32. Wer sollte nicht beim Verlangen das empfunden haben, was der Weise von der Hoffnung sagt (Sprichw. Salom. XIII, 12): ›Die Hoffnung, die da verziehet, ängstigt das Herz?‹ Rahel ruft aus (1. Buch Mos. XXX, 1): ›Schaffe mir Kinder, oder ich sterbe!‹ – § 34. Wenn der Mensch in dem Zustande, in welchem er sich findet, vollständig befriedigt ist, oder wenn er vollkommen von aller Unruhe frei ist, was kann ihm dann noch für ein Wille bleiben, als der, in diesem Zustande zu verharren? So hat der weise Urheber unseres Wesens die Unbequemlichkeit des Hungers und des Durstes und die anderen natürlichen Triebe in die Menschen gepflanzt, nm ihren Willen zur Selbsterhaltung und Fortpflanzung ihres Geschlechtes aufzuregen und zu bestimmen. ›Es ist besser freien, denn Brunst leiden,‹ sagt St. Paulus (1. Cor. VII, 9). So wahr ist es, daß die gegenwärtige Empfindung einer kleinen Wunde mehr Gewalt über uns hat, als der Reiz der größten Vergnügungen, wenn man dieselben von fern betrachtet.

§ 35. Allerdings ist der Grundsatz, daß das Gute und zwar das größte Gut den Willen bestimme, ein so[165] allgemein angenommener, daß ich mich gar nicht darüber wundere, ihn sonst als unzweifelhaft vorausgesetzt zu haben. Indes bin ich nach einer gründlichen Untersuchung zu schließen gezwungen, daß das Gute und zwar das größte Gut, wenn es auch als solches beurteilt und anerkannt wird, nicht den Willen bestimmt, wenn uns nicht, indem wir auf eine seiner Vortrefflichkeit angemessene Art danach verlangen, dies Verlangen darüber beunruhigt, daß wir desselben entbehren müssen. Setzen wir den Fall, ein Mensch sei von dem Nutzen der Tugend so sehr überzeugte daß er sie für jeden, welcher etwas Großes in dieser Welt sich vorsetzt oder in der anderes glücklich zu sein hofft, für notwendig erachtet, so wird sich doch der Wille dieses Menschen, bevor ihn noch hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit, niemals zu irgend einer Handlung bestimmen, die ihm zur Verfolgung dieses vortrefflichen Gutes dient, und irgend eine andere Unruhe, die ihm in die Quere kommt, wird seinen Willen zu anderen Dingen fortreißen. Setzen wir auf der anderen Seite den Fall, jemand, der dem Trunk ergäben ist, erwäge, daß er durch die Lebensweise, welche er führt, seine Gesundheit zerstöre und sein Vermögen vergeude, daß er sich vor der Welt entehre, sich Krankheiten zuziehe und endlich so weit in Mangel fallen werde, um nicht einmal seiner festgewurzelten Leidenschaft des Trunkes mehr nachhangen zu können – gleichwohl bringt ihm die Wiederkehr der von ihm darüber gefühlten Unruhe, daß er von seinen Zechbrüdern entfernt sein soll, ins Wirtshaus zurück zu den Stunden, an welchen er dorthin zu gehen gewohnt ist, obgleich er dann den Verlust seiner Gesundheit und seines Vermögens und vielleicht sogar den des Glückes im anderen Leben vor Augen hat – eines Glückes, das er gewiß nicht als ein an sich unbedeutendes Gut betrachten kann, weil es nach seinem eigenen Geständnis viel vortrefflicher ist als das Vergnügen zu trinken und das leere Geschwätz einer Gesellschaft von Trinkern. Nicht also, weil er seine Augen auf daß höchste Gut zu richten unterläßt, beharrt er in seinem unordentlichen Leben, denn er versteht die Vortrefflichkeit jenes und erkennt sie an, soweit, daß er während der Zeit, die zwischen den zum Trinken angewandten Stunden verstreicht, sich entschließt, der Verfolgung[166] dieses höchsten Gutes nachzuleben, sondern wenn das Unbehagen, des gewohnten Vergnügens zu entbehren, ihn zu quälen kommt, so hat dies Gut, welches er als viel vortrefflicher anerkennt als das des Trinkens, keine Gewalt mehr über seinen Geist, und diese augenblickliche Unruhe bestimmt seinen Willen zur gewohnten Handlung. Ja, sie macht eben dadurch noch einen stärkeren Eindruck und überwiegt bei der ersten Gelegenheit, obgleich er sich zur selben Zeit sozusagen durch geheime Gelübde selbst angelobt, nicht mehr dasselbe zu tun, und sich einbildet, dies werde das letzte Mal sein, daß er gegen sein höchstes Interesse handelt. So findet er sich denn von Zeit zu Zeit darauf angewiesen zu sagen:


Video meliora proboque

Deteriora sequor.


(Ich sehe das Bessere und billige es, folge aber dem Schlechteren.) Dieser Spruch, den man als wahrhaftig kennt und der nur zu sehr durch fortlaufende Erfahrung bestätigt wird, ist auf diesem Wege leicht zu begreifen, in irgend einem anderen Sinne aber vielleicht nicht.

Theophilus. In diesen Betrachtungen liegt etwas Richtiges und Wohlbegründetes. Ich möchte indessen nicht dadurch zu dem Glauben veranlassen, daß man jene alten Grundsätze fahren lasse, wonach der Wille dem größten Gute folgt oder das größte Übel vermeidet, das er Empfindet. Der Umstand, daß man den wahren Gütern wenig zugetan ist, kommt zum guten Teile daher, daß bei den Gegenständen und den Umständen, wo die Sinne nicht wirken, unsere meisten Gedanken sozusagen taub sind (auf Latein nenne ich sie cogiatationes caecas – blinde Gedanken) d.h. leer von Verständnis und Gefühl und in der bloßen Anwendung von reichen bestehend, wie es denjenigen ergeht, die algebraische Berechnungen machen, ohne daran zu denken, daß die geometrischen Figuren und die Wörter von Zeit zu Zeit dabei dieselbe Wirkung haben wie die arithmetischen oder algebraischen Zeichen. Man denkt oft in Worten, fast ohne den Gegenstand nur im Geiste zu haben. Nun hat diese Art von Erkenntnis nichts Rührende: es ist etwas Lebendiges nötig, um ergriffen zu werden. Indessen ist dies die Art, wie die Menschen meistens an Gott, die Tugend, die Glückseligkeit[167] denken; sie reden und denken ohne bestimmt ausgeprägte Vorstellungen. Dies ist nicht deswegen der Fall, weil sie keine haben könnten: sie sind ja ihrem Geiste innewohnend, aber sie geben sich nicht die Mühe, die Analyse weit genug zu treiben. Sie haben mitunter die Vorstellungen eines abwesenden Gutes oder Übels, aber nur sehr schwache. Kein Wunder also, daß sie davon nicht berührt werden. Wenn wir also das Schlechtere vorziehen, so geschieht es, weil wir das darin enthaltene Gute empfinden, ohne das darin enthaltene Übel und das ihm entgegengesetzte Gute zu fühlen. Wir nehmen an und glauben oder vielmehr wir wiederholen nur auf fremden Glauben oder höchstens auf Glauben an das Andenken unserer früheren Gedanken, daß das größte Gut auf der besseren Seite, und das größte Übel auf der entgegengesetzten sei. Fassen wir sie aber nicht fest ins Auge, so sind unsere Gedanken und Räsonnements, entgegengesetzt dem Gefühle, eine Art von Psittacismus, der im Augenblicke für den Geist nichts ausmacht, und wenn wir nicht Maßregeln zur Abhilfe dagegen ergreifen, so sind sie wie im Winde verlogen, was ich schon oben bemerkt habe (B. I. Kap. 2 § 11). Die schönsten Vorschriften der Moral nebst den besten Klugheitsregeln haften nur in einer Seele, welche dafür empfindet (entweder direkt oder, weil dies nicht immer geschehen kann, wenigstens indirekt, wie ich bald zeigen werde) und für das Gegenteil nicht mehr empfindet. Cicero sagt irgendwo sehr gut, daß, wenn unsere Augen die Schönheit der Tugend sehen könnten, wir sie mit Inbrunst lieben würden: aber da weder dies noch etwas Dementsprechendes geschieht, so muß man sich nicht wundern, wenn in dem Kampfe zwischen Fleisch und Geist der Geist so oft unterliegt, weil er seiner Vorteile nicht lebendig innegeworden ist. Dieser Kampf ist nichts anderes als der Gegensatz der verschiedenen Strebungen, welche aus verworrenen und aus deutlichen Gedanken hervorgehen. Die verworrenen Gedanken lassen sich oft sehr klar empfinden, aber unsere deutlichen Gedanken sind gewöhnlich nur der Möglichkeit nach klar. Sie könnten es freilich sein, wenn wir uns die Mühe geben wollten, in den Sinn der Worte oder Zeichen einzudringen, aber da man es entweder aus Nachlässigkeit oder wegen der[168] Kürze der Zeit nicht tut, so setzt man bloße Worte oder wenigstens zu schwache Bilder lebhaften Empfindungen entgegen. Ich habe einen in der Kirche und im Staate bedeutenden Mann gekannt, den sein schwächlicher Zustand veranlaßt hatte, sich mit bloßer Pflanzenkost zu begnügen, aber er gestand, daß er dem Geruch der Fleischspeisen nicht habe widerstehen können, die man an seinem Zimmer vorbei den anderen auftrug. Das ist ohne Zweifel eine schmähliche Schwäche, aber so sind die Menschen nun einmal angetane Wenn indessen der Geist seiner Vorteile sich recht bedienen wollte, so würde er den entschiedensten Sieg davontragen. Man müßte mit der Erziehung den Anfang machen, welche in der Art geregelt werden sollte, daß man die wahren Güter und die wahren Übel, so viel als möglich ist, zur Empfindung brühte, indem man die über sie gebildeten Begriffe auf die zu diesem Zweck möglichst passenden Umstände anwendete, und ein schon Erwachsener, dem eine solche treuliche Erziehung fehlt, muß lieber spät als niemals erleuchtete und vernünftige Vergnügungen zu suchen beginnen, um sie denen der Sinne, welche verworren, aber eindringlich sind, entgegenzusetzen. Auch ist in der Tat die göttliche Gnade selbst eine Lust, welche Erleuchtung verleiht. Wenn also ein Mensch gute Regungen hat, so muß er sich für die Zukunft Gesetze und Regeln machen und sie mit Strenge durchführen, sich den Umständen, welche ihn verderben könnten, entziehen, sei es auf einmal oder allmählich, je nach der Natur der Sache. Eine ganz besonders zu diesem Zweck unternommene Reise kann einen Verliebten heilen, ein Rückzug in die Einsamkeit uns vom Umgang befreien, welcher uns in irgend einer schlechten Neigung festhielt. Der Jesuitengeneral Franz von Borgia, welcher schließlich kanonisiert worden ist, war gewohnt, stark zu zechen, als er noch in der großen Welt lebte; nach und nach aber, als er sich zurückzuziehen gedachte, gewöhnte er sich an Mäßigkeit, indem er täglich einen Tropfen Wachs in den Pokal tröpfelte, welchen er zu leeren gewohnt war. Gefährlichen sinnlichen Vergnügungen muß man irgend ein anderes unschuldiges sinnliches Vergnügen, wie Ackerbau oder Gärtnerei, entgegensetzen, man muß den Müßiggang fliehen, Merkwürdigkeiten der Natur und der Kunst[169] sammeln, Erfahrungen und Untersuchungen machen, sich zu einer Beschäftigung, der man sich nicht entziehen darf, verpachten, wenn man keine hat, oder irgend eine nützliche und angenehme Unterhaltung oder Lektüre anstellen. Mit einem Worte: man muß die guten Regungen als Gottes Stimme, die uns ruft, benutzen, um wirksame Beschlüsse zu fassen. Und da man nicht immer die Begriffe, die wahren Güter und die wahren Übel bis zur Wahrnehmung der in ihnen enthaltenen Lust und des in ihnen enthaltenen Schmerzes, nm davon ergriffen zu werden, analysieren kann, so muß man es sich ein für allemal zum Gesetz machen, auf die Schlüsse der gesunden Vernunft zu achten und ihnen zu folgen, nachdem man sie einmal gut begriffen hat, selbst wenn man sich ihrer in der Folge und gewöhnlich nicht oder nur mittels tauber und von sinnlichen Reizen entblößter Gedanken bewußt ist. Dadurch wird man sich endlich ebensosehr in den Besitz der Herrschaft über die Leidenschaften als über die unmerklichen Neigungen oder Unruhen setzen, indem man jene Wertigkeit erlangt, der Vernunft gemäß zu handeln, welche die Tugend angenehm und gleichsam natürlich machte Aber es handelt sich hier nicht darum, moralische Vorschriften oder geistliche Ratschläge und Aufforderungen zur Übung wahrer Frömmigkeit zu erteilen, es ist genug, daß bei der Betrachtung der Vorgänge in unserer Seele die Quelle unserer Schwächen, deren Erkenntnis zu gleicher Zeit die Heilmittel dagegen gewährt, erblickt werde.

§ 36. Philalethes. Die uns in der Gegenwart bedrängende Ursache wirkt allein auf den Willen und bestimmt ihn auf natürliche Weise hinsichtlich des Glückes, nach dem wir alle in allen unseren Handlungen streben, weil jeder den Schmerz und die uneasiness (d.h. die Unruhe oder vielmehr Unannehmlichkeit, welche uns nicht zum Gefühl der Behaglichkeit kommen läßt) als mit der Glückseligkeit unverträgliche Dinge ansieht. Ein geringer Schmerz reicht hin, alles Vergnügen, dessen wir genießen, zu verderben, folglich wird, was die Wahl unseres Willens zur folgenden Handlung unaufhörlich bestimmt, immer die Entfernung des Schmerzes sein, solange wir noch einen Angriff desselben fühlen; diese Entfernung ist der erste Schritt zum Glück.

[170] Theophilus. Wenn Sie Ihre uneasiness oder Unruhe für eine wahre Unlust nehmen, so gebe ich nicht zu, daß sie die alleinige Triebfeder sei. Dies sind am häufigsten jene geringen unmerklichen Wahrnehmungen, welche man unbewußte Schmerzen nennen könnte, wenn der Begriff des Schmerzes nicht das Bewußtsein einschlösse. Diese kleinen Anregungen bestehen darin, sich fortwährend von kleinen Hemmungen zu befreien, woran unsere Natur, ohne daß man daran denkt, immer arbeitet. Darin besteht in Wahrheit jene Unruhe, die man, ohne sie zu erkennen, empfindet, die uns in den Leidenschaften ebensogut, als wenn wir am ruhigsten erscheinen, tätig macht, denn wir sind niemals ohne irgendwelche Handlung und Bewegung, was nur daher kommt, daß die Natur immer darauf hinarbeitet, sich in einen befriedigenderen Zustand zu versetzen. Und sie bestimmt uns denn auch vor jeder Beratschlagung in denjenigen Fällen, welche uns die gleichgültigsten scheinen, weil wir niemals vollkommen im Gleichgewicht sind und nie zwischen zwei Fällen genau in der Mitte uns beenden können. Wenn uns diese Elemente des Schmerzes (die in wahren Schmerz oder in wahre Unlust mitunter ausarten, wenn sie zu sehr anwachsen) wahre Schmerzen wären, so würden wir stets elend sein, indem wir das Gute, das wir mit Unruhe und Eifer suchen, verfolgen. Aber es findet ganz das Gegenteil statt, indem, wie ich darüber schon gesagt habe (§ 6 des vorigen Kapitels), die Anhäufung dieser kleinen beständigen Erfolge der Natur, die sich immer je mehr und mehr bequem macht, indem sie auf das Gute hinzielt und dessen Schattenbild genießt oder das Gefühl des Schmerzes vermindert, selbst schon eine bedeutende Lust und oft mehr wert ist, als der Genuß eines Gutes selbst. Weit entfernt also, daß man diese Unruhe als etwas mit dem Glück Unverträgliches betrachten darf, finde ich sie vielmehr als zum Glück der erschaffenen Kreaturen wesentlich. Denn diese besteht niemals in einem vollkommenen Besitze, welcher sie unempfindlich und gleichsam stumpfsinnig machen würde, sonder in einem beständigen, ununterbrochenen Fortschritt zu größeren Gütern, der nicht umhin kann, mit einem immerwährenden Verlangen oder wenigstens einer unaufhörlichen Unruhe verbunden zu sein, aber[171] einer solchen, wie ich eben erläutert habe, die nicht so weit geht, beschwerlich zu fallen, sondern sich auf jene teilweise unbewußten Elemente oder Rudimente des Schmerzes beschränkt, welche zum Antrieb zu dienen und den Willen zu erregen hinreichen. Ebenso macht es bei einem gesunden Menschen der Appetit, wenn er nicht bis zu jener Unbequemlichkeit geht, die uns ungeduldig macht und durch eine zu starke Eingabe an die Vorstellung dessen plagt, was uns fehlt. Diese schwachen oder starken Begehrungen nennt man in den Schulen motus primo primi sie sind in Wahrheit die ersten Schritte, welche uns die Natur nicht sowohl auf das Glück als die Lust zu tun läßt, da man dabei nur die Gegenwart im Auge hält, aber Erfahrung und Vernunft lehren diese Begehrungen regeln und mäßigen, damit sie zum Glück führen mögen. Ich habe davon schon etwas gesagt (Bd. I, K. 2, § 3); diese Begehrungen sind wie das Streben eines Steins, der zwar immer den geraden, aber nicht immer den besten Weg gegen den Mittelpunkt der Erde zu geht, da er nicht voraussehen kann, daß er reisen auf seinem Wege treten wird, an denen er zerschellen muß, während er sich seinem Ziele mehr genähert haben würde, wenn er den Geist und das Mittel, einen Umweg zu nehmen, gehabt hätte. So fallen wir mitunter, indem wir auf eine gegenwärtige Lust gerade losgehen, in den Abgrund des Elends. Deswegen hält uns die Vernunft dabei die Bilder größerer zukünftiger Güter oder Übel und einen festen Entschluß, sowie die Gewohnheit entgegen, zu überlegen, ehe wir handeln, und dann dem zu folgen, was wir als das Beste erkannt haben werden, selbst dann, wenn die empfindbaren Gründe unserer Entschlüsse unserem Geiste nicht mehr gegenwärtig sein und fast nur in schwachen Bildern oder selbst tauben Gedanken bestehen sollten, die uns nur Worte oder Zeichen ohne tatsächliche Erklärung derselben geben. Demnach besteht alles in dem: ›Bedenke es wohl‹ und in dem: ›Sei eingedenk!‹, das erste, um sich die Gesetze zu machen, das zweite, um ihnen selbst dann zu folgen, wenn man nicht mehr an den Entstehungsgrund derselben denkt. Es ist inzwischen gut, daran so viel als möglich zu denken, nm die Seele von einer vernunftgemäßen Freude und einer erleuchteten Lust erfüllt zu haben.[172]

§ 37. Philalethes. Diese Vorsichtsmaßregeln sind ohne Zweifel um so nötiger, als die Vorstellung eines abwesenden Gutes die Empfindung von Unruhe und Unlust wovon wir gerade belästigt werden, nur insofern aufwiegen können, als jenes Gut in uns Verlangen erweckt. Wieviel Leute gibt es nicht, denen man die unaussprechlichen Freuden des Paradieses in lebhaften Bildern darstellt, welche sie für möglich und wahrscheinlich anerkennen – die sich gleichwohl gern mit der Glückseligkeit, deren sie in dieser Welt genießen, begnügen würden. Weil nämlich die Unruhe ihres gegenwärtigen Verlangens die Oberhand behält und sich der Lust dieses Lebens mit Ungestüm zukehrt, so beschließt ihr Wille, diese zu verfolgen, und so sind sie mittlerweile ganz unempfindlich gegen die Güter des anderen Lebens.

Theophilus. Zum Teil kommt dies daher, daß die Menschen oft wenig überzeugt sind, und im Grunde ihrer Seele, was sie auch sagen mögen, eine verborgene Ungläubigkeit herrscht, denn sie haben nie die guten Gründe begriffen, welche jene der Gerechtigkeit Gottes, des wahren Grundpfeilers der wahren Religion, würdige Unsterblichkeit der Seelen, beweisen, oder sie erinnern sich nicht mehr, sie begriffen zu haben, wovon doch das eine oder andere der Fall sein muß, damit man überzeugt sei. Wenige fassen selbst, daß ein zukünftiges Leben, wie die wahre Religion und selbst die wahre Vernunft ein solches lehrt, möglich sei, weit entfernte die Wahrscheinlichkeit, um nicht zu sagen, die Gewißheit desselben zufassen. Alles, was sie darüber denken, ist nur Psittazismus, oder es sind grobsinnliche, eitle Bilder nach mohammedanischer Weise, denen sie selbst wenig Glauben beimessen, denn sie sind weit entfernt, davon ergriffen zu werden, wie es nach der Sage die Krieger des Assassinenfürsten waren, des Alten vom Berge, welche im tiefen Schlafe an einen reizenden Ort gebracht wurden, wo sie sich im Paradies des Mohammed wähnten und durch zu Engeln oder zu heiligen Verkleidete solche Lehren empfingen, wie ihr Fürst sie bei ihnen wünschte, und welche dann wieder eingeschläfert an den Ort zurückgebracht wurden, woher man sie genommen hatte: dies gab ihnen alsdann die Kühnheit, alles zu unternehmen, sogar Angriffe auf das Leben der Fürsten, welche ihrem[173] Herrn feind waren. Ich weiß nicht, ob man diesem Alten vom Berge nicht unrecht getan hat, denn man kann eben nicht viele bedeutende dürsten nennen, die er hätte töten lassen, man müßte denn den ihm zugeschriebenen Brief bei den englischen Geschichtschreibern in Betracht ziehen, durch welchen er König Richard I. von der Ermordung eines Grafen oder dürsten von Palästina freispricht, den dieser Alte vom Borge gesteht, töten gelassen zu haben, weil er von ihm beleidigt worden war. Dem sei nun, wie ihm wolle, es war vielleicht ein großer Eifer für die Religion der Grund, daß dieser Fürst der Assassinen seinen Leuten eine vorteilhafte Vorstellung vom Paradiese geben wollte, welche deren Gedanken stets begleitete und diese taub zu sein verhinderte, ohne darum zu verlangen, daß sie glauben müßten, sie seien wirklich im Paradies gewesen. Aber gesetzt, daß er es verlangt hätte, so dürfte man sich nicht wundern, daß dieser fromme Betrug mehr Wirkung gehabt habe als die schlecht angebrachte Wahrheit. Gleichwohl würde nichts stärker sein als die Wahrheit, wenn man sich ihrer Erkenntnis und Geltendmachung widmete, und es würde ohne Zweifel Mittel geben, ihr die Menschen kräftig zuzuführen. Wenn ich in Betracht ziehe, was Ehrgeiz oder Habsucht bei allen denen vermag, die sich einmal auf solche Lebensführung eingelassen haben, welche doch von sinnlichen und lebendigen Reizen fast ganz bar ist, so verzweifle ich an nichts mehr und behaupte, daß die Tugend, begleitet wie sie ist von so vielen echten Gütern, unendlich mehr Wirkung haben würde, wenn irgend eine glückliche Umwälzung der Menschheit sie einmal empor- und sogar in die Mode bringen würde. Es ist ganz gewiß, daß man die Tugend daran gewöhnen könnte, in der Ausübung der Tugend ihre größte Lust zu suchen. Und selbst die Erwachsenen könnten sich Gesetze und eine Gewohnheit daraus machen, ihr zu folgen, was sie, wenn sie davon abgebracht würden, ebenso stark und mit ebensoviel Unruhe, ihr nachzuleben, veranlassen müßte, als ein Trunkenbold empfindet, wenn er ins Wirtshaus zu gehen verhindert ist. Diese Betrachtungen über die Möglichkeit und selbst über die Leichtigkeit der Heilmittel gegen unsere Übel habe ich gern hinzugefügt, uni nicht dazu beizutragen, die Menschen in der Verfolgung[174] der wahren Güter durch die bloße Darlegung unserer Schwachheiten mutlos zu machen.

§ 39. Philalethes. Fast alles kommt darauf an, daß man das Verlangen nach den wahren Gütern erweckt. Und selten geschieht es, daß eine freiwillige Handlung in uns zustande kommt, ohne von irgend einem Verlangen begleitet zu sein, darum werden der Wille und das Verlangen so oft miteinander verwechselt. Indessen darf man die Sache nicht so ansehen, als ob die Unruhe, welche an den meisten Leidenschaften teilhat oder wenigstens deren Folge ist, wie gänzlich dabei ausgeschlossen sei; denn Haß, Furcht, Zorn, Neid und Scham haben jedes seine Unruhe und wirken dadurch auf den Willen. Daß irgend eine dieser Leidenschaften ganz allein bestehe, bezweifle ich; ich glaube sogar, daß man Mühe haben würde, eine Leidenschaft zu finden, die nicht vom Verlangen begleitet wäre. Und da unsere Ewigkeit nicht vom gegenwärtigen Augenblick abhängt, so werfen wir unseren Blick, welches auch die Lust sein möge, die wir gerade genießen, über das Jetzt hinaus, und das Verlangen, das diese die Zukunft im voraus umfassenden Anschauungen begleitet, zieht den Willen immer nach sich, so daß selbst inmitten der Freude der Wunsch, die Lust fortzusetzen und die Furcht, derselben beraubt zu werden, die Handlung unterhält, von der diese gegenwärtige Lust abhängt, und so oft eine größere Unruhe als jene sich des Geistes zu bemächtigen kommt, bestimmt sie sogleich den Geist zu einer neuen Handlung, und die gegenwärtige Lust wird hintangesetzt.

Theophilus. Zur Bildung eines vollkommenen Willensaktes gehören mehrere Wahrnehmungen und Neigungen, aus deren Kampf er als Resultat hervorgeht. Es gibt darunter solche, die für sich nicht wahrzunehmen sind, deren Zusammenwirken eine Unruhe erzeugt, die uns, ohne daß man den Grund davon sieht, vorwärts treibt; mehrere von ihnen zusammengenommen lenken uns auf einen Gegenstand zu oder entfernen uns von ihm, und das ist dann Verlangen oder Furcht, die auch von einer Unruhe begleitet sind, aber niemals bis zur Lust geht. Endlich gibt es Antriebe, die von Lust und Schmerz tatsächlich begleitet sind, und alle diese Wahrnehmungen sind entweder neue sinnliche Empfindungen oder Phantasiebilder,[175] welche eine frühere sinnliche Empfindung zurückgelassen hat und die mit Wiedererinnerung verbunden sind oder nicht. Diese, indem sie die Reize erneuern, welche eben diese Bilder bei jenen früheren sinnlichen Empfindungen hatten, erneuern auch nach Maßgabe der Lebendigkeit der Einbildungskraft die alten Eindrücke. Und endlich folgt aus allen diesen Antrieben jene durchschlagende Kraftanstrengung, welche den vollen Willen ausmacht. Indessen werden die Akte des Verlangens und die Strebungen, deren man sich bewußt ist, oft auch Willensakte genannt, wenn auch nicht volle, mögen sie nun das Übergewicht erhalten und uns zum Handels bringen oder nicht. Daraus läßt sich leicht schließen, daß der Willensakt ohne Verlangen und ohne Abkehr nicht bestehen kann, denn so, glaube ich, kann man das Gegenteil des Verlangens nennen. Die Unruhe ist nicht allein mit den unbequemen Leidenschaften verbunden, wie dem Haß, der furcht, dem Zorn, dem Neide, der Scham, sondern auch mit den entgegengesetzten, wie der Liebe, der Hoffnung, der Gunst und dem Ruhm. Man kann sagen, daß überall, wo Verlangen ist, auch Unruhe sei, aber das Gegenteil ist nicht immer wahr, weil man oft Unruhe hat, ohne zu wissen, was man will, und dann das Verlangen noch nicht fertig ist.

§ 40. Philalethes. Gewöhnlich bestimmt die stärkst Unruhe, von der man sich dann zu befreien imstande zu sein glaubt, den Willen zur Handlung.

Theophilus. Da das Resultat des Abwägens die schließliche Entscheidung ergibt, so kann es, glaube ich, geschehen, daß die stärkste Unruhe nicht das Übergewicht erhält, denn wenn sie auch einer jeden der entgegengesetzten Strebungen, sie einzeln genommen, überlegen wäre, so können doch die übrigen, miteinander verbunden, sie übersteigen. Der Geist kann sogar des Kunstgriffs der Dichotomien sich bedienen, um bald die einen, bald die anderen vorherrschend zu machen, wie man in einer Versammlung irgend eine Partei durch die Mehrheit der Stimmen vorherrschend machen kann, je nachdem man die Ordnung der Fragen bildet. Allerdings muß der Geist schon im voraus dafür sorgen, denn im Augenblick des Kampfes ist es nicht mehr Zeit, diese Kunstgriffe anzuwenden. Alles, was sich dann im Innern[176] meldet, drückt auf die Wage und trägt dazu bei, eine Richtung zu bilden, die beinahe wie in der Mechanik eine zusammengesetzte ist und sich ohne eine schleunige Abwehr nicht aufhalten läßt.


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§ 41. Philalethes. Fragt man außerdem, was denn das Verlangen errege, so antworten wir: das Glück und weiter nichts. Das Glück und das Unglück sind die Namen der beiden äußersten Punkte, deren letzte Grenzen uns unbekannt sind. Sie sind, was kein Auge gesehen, kein Ohr gehört und das Herz des Menschen niemals begriffen hat. Aber wir erhalten in unserem Inneren lebhafte Eindrücke von dem einen und dem anderen durch verschiedene Arten von Befriedigung und Freude, von Qual und Verdruß, die ich der Kürze wegen unter den Namen der Lust und des Schmerzes begreife. Diese kommen dem Geiste ebensogut als dem Körper zu oder gehören genauer zu reden nur dem Geiste an, obgleich sie bald im Geiste bei Gelegenheit gewisser Gedanken, bald im Körper bei Gelegenheit gewisser Modifikationen der Bewegung ihren Ursprung haben.

§ 42. So ist das Glück in seinem ganzen Umfang genommen die größte Lust, deren wir fähig sind, und das Unglück ebenso genommen der größte Schmerz, den wir fühlen können. Und der unterste Grad dessen, was man Glück nennen kann, ist derjenige Zustand, wo man, von jedem Schmerze frei, ein solches Maß gegenwärtiger Lust genießt, daß man mit einem geringeren nicht zufrieden sein kann. Ein Gut nennen wir das, was in uns Lust hervorzubringen und ein Übel das, was in uns Schmerz hervorzubringen geeignet ist. Indessen geschieht es häufig, daß wir es nicht so nennen, wenn das eine oder andere dieser Güter oder Übel sich mit einem größeren Gute oder größeren Übel in Wettstreit beendet.

Theophilus. Ich weiß nicht, ob eine größte Lust möglich ist, und möchte vielmehr glauben, daß sie bis ins Unendliche wachsen kann, denn wir wissen nicht, bis wohin unsere Erkenntnisse und Organisation in jener ganzen Ewigkeit, die uns erwartet, gelangen können. Ich möchte also annehmen, daß das Glück eine dauernde Lust sei, die ohne ein beständiges Fortschreiten zu immer[177] neuer Lust nicht stattfinden kann. So wird von zweien, von denen der eine unvergleichlich schneller und durch größere Lust als der andere fortschreitet, ein jeder in sich selbst glücklich sein, obgleich ihr Glück sehr ungleich sein mag. Das Glück ist also, um so zu sagen, ein Weg von Lust zu Lust, und die Lust ist nur ein Schritt und eine Annäherung zum Glück – der kürzeste, der sich infolge der jedesmaligen Eindrücke machen läßt, aber nicht immer der beste, wie ich gegen das Ende des § 36 gesagt habe. Man kann den wahren Weg verfehlen, indem man den kürzesten aufsucht, wie der gradeaus fallende Stein nur zu bald Hindernissen begegnen kann, die ihn verhindern, sich dem Mittelpunkt der Erde hinlänglich anzunähern. Dies läßt uns erkennen, worin Vernunft und Wille bestehen, die uns zum Glucke führen, daß aber das Gefühl und die Begierde uns nur der Lust zuführen. Obgleich nun die Lust, ebensowenig wie das Licht oder die Farbe, eine Nominaldefinition zuläßt, so läßt sie doch wie sie eine genetische Definition zu; und so glaube ich, daß die Lust im Grunde genommen ein Gefühl der Vollkommenheit und der Schmerz ein Gefühl der Unvollkommenheit ist, wenn er nämlich so weit merklich ist, daß man sich desselben bewußt werden kann. Denn die kleinen unmerklichen Wahrnehmungen irgend einer Vollkommenheit oder Unvollkommenheit, die gleichsam die Elemente von Lust und Schmerz sind, und von denen ich schon so oft gesprochen habe, bilden die Triebe und Neigungen, aber noch nicht die Leidenschaften selbst. So gibt es unmerkliche und unbewußte Neigungen, so gibt es merkliche, deren Vorhandensein und Gegenstand man kennt, deren Bildung man aber nicht merkt, und das sind die verworrenen Neigungen, die wir dem Körper zuschreiben, obgleich immer etwas dabei ist, was im Geists damit parallel geht, endlich gibt es deutliche Empfindungen, welche die Vernunft uns verleiht, deren Stärke und Bildung wir empfinden; und die Freuden dieser Art, welche mit der Erkenntnis und Erzeugung von Ordnung und Harmonie verbunden sind, sind die schätzbarsten. Man hat Grund zu erklären, daß im allgemeinen alle diese Neigungen, Leidenschaften, diese Freuden und Schmerzen nur dem Geiste oder der Seele angehören; ich möchte sogar hinzufügen,[178] daß ihr Ursprung in der Seele selbst liegt, wenn man die Dinge in einem gewissen streng metaphysischen Sinne nimmt, daß man aber nichtsdestoweniger zu sagen recht hat, die verworrenen Gedanken kämen vom Körper her, weil über sie die Betrachtung des Körpers und nicht die der Seele etwas Bestimmtes und Erklärliches bietet. Ein Gut ist das, was zur Lust dient oder beiträgt, wie ein Übel das, was zum Schmerz beiträgt. Aber im Kampfe mit einem größeren Gut würde dasjenige Gut, das uns desselben berauben würde, in Wahrheit ein Übel werden, insofern es zu dem Schmerze beitragen würde, der daraus hervorgehen müßte.

§ 47. Philalethes. Die Seele hat die Macht, den Vollzug einiger dieser Begierden aufzuschieben, und besitzt folglich die Freiheit, sie eine nach der anderen zu betrachten und miteinander zu vergleichen. Darin besteht die Freiheit des Menschen und was wir (freilich meines Erachtens nach sehr uneigentlich) die Willkür nennen; und der schlechte Gebrauch, den wir davon machen, ist die Ursache aller der verschiedenen Verirrungen, Irrtümer und Fehler, in welche wir fallen, wenn wir unseren Willen zu schnell oder zu langsam entscheiden.

Theophilus. Die Ausübung unserer Begierde wird aufgeschoben oder aufgehalten, wenn diese Begierde nicht stark genug ist, uns in Bewegung zu setzen und die Mühe oder Unbequemlichkeit bei ihrer Befriedigung zu überwinden; und diese Mühe besteht mitunter nur in einer unmerklichen Trägheit oder Schlaffheit, welche uns unvermerkt zurückhält und welche größer ist bei Personen von weichlicher Erziehung oder phlegmatischem Temperament und bei solchen, welche durch das Alter oder ihre schlechten Erfolge verkümmert sind. Aber auch wenn das Verlangen an sich stark genug ist, um in Bewegung zu setzen, wenn ihm nichts in den Weg tritt, so kann es durch entgegengesetzte Neigungen aufgeholten werden, mögen sie nun in einem bloßen Hange bestehen, der gleichsam der Urstoff oder der Anfang des Verlangens ist, oder sei es, daß sie bis zum Verlangen selbst gehen. Da sich indessen diese entgegengesetzten Arten von Neigung, Hang und Verlangen schon in der Seele vorfinden müssen, so hat sie dieselben nicht in ihrer Macht und würde folglich nicht auf eine freie und spontane[179] Weise, woran die Vernunft teilhaben kann, Widerstand leisten können, wenn sie nicht noch ein anderes Mittel hätte, nämlich den Geist anderswohin abzulenken. Wie soll man es aber anfangen, im Notfalle dies zu tun? Denn das ist gerade der Punkt, vor allem, wenn man von einer starken Leidenschaft erfüllt ist. Der Geist muß also im voraus gerüstet sein und sich schon im Gange beenden, von Gedanken zu Gedanken fortzuschreiten, um sich nicht mit ausgleitendem und unsicherem Tritt zu sehr aufzuhalten. Es ist darum gut, sich im allgemeinen anzugewöhnen, an gewisse Dinge gleichsam nur im Vorübergehen zu decken, um sich die Geistesfreiheit besser zu erhalten. Das Beste aber ist, an methodisches Vorgehen sich zu gewöhnen und in einen Gedankengang einzuleben, dessen Verbindung die Vernunft und nicht der Zufall (d.h. die unmerklichen und zufälligen Eindrücke) stiften. Und darum ist die Gewohnheit gut, sich von Zeit zu Zeit zu sammeln und sich über den jedesmaligen Tumult der Eindrücke zu erhebe sich von der Stelle, wo man sich gerade beendet, sozusagen zu entfernen und sich zu sagen: Die cur hic? respice finem! wo sind wir denn? Schreiten wir zur Tat? Die Menschen hätten oft jemand mit einer Art amtlicher Befugnis nötig (wie Philipp, der Vater Alexanders des Großen, einen solchen hatte), um sie zu unterbrechen und sie zu ihrer Reicht zurückzurufen. Aber in Ermangelung eines solchen Beamten ist es gut, daß wir dazu angetan seien, dies Amt für uns selbst zu übernehmen. Denn sind wir einmal imstande, die Wirkung unserer Begierden und Leidenschaften aufzuhalten d.h. die Handlung aufzuschieben, so können wir auch die Mittel finden, sie zu bekämpfen, sei es durch entgegengesetzte Begierden und Neigungen, sei es durch Abkehr, d.h. durch Beschäftigungen anderer Art. Durch diese Verfahrungsweisen und Kunstgriffe werden wir gleichsam Herren unserer selbst und können uns mit der Zeit dazu bringen, zu denken und zu handeln, wie wir zu wollen wünschen und die Vernunft uns gebietet. Indessen geschieht es immer durch bestimmte, gewiesene Wege und niemals ohne Grund oder etwa durch das phantastische Prinzip einer vollkommenen Indifferenz oder eines Gleichgewichts, in welches manche das Wesen der Freiheit setzen, als ob[180] man sich ohne Grund und selbst gegen jeden Grund bestimmen und geradezu gegen alles Übergewicht der Eindrücke und Neigungen angehen könnte. Ohne Grund, sage ich, d.h. ohne den Gegensatz anderer Neigungen, oder ohne daß man im voraus im Zuge sei, den Geist davon abzuwenden und ohne irgend ein anderes ähnliches erklärliches Mittel. Sonst hieße das zu einer Chimäre seine Zuflucht nehmen, wie bei den bloßen Vermögen oder verborgenen Eigenschaften der Scholastiker, die keinen Sinn und Verstand haben, der Fall war.

§ 48. Philalethes. Auch ich bin für diese vernunftgemäße Bestimmung des Willens durch das, was in der Wahrnehmung und im Verstände ist. Zu wollen und dem letzten Resultate einer ernstlichen Prüfung gemäß zu handeln, ist eher eine Vollkommenheit als ein Fehler unserer Natur. Und so viel fehlt daran, daß dadurch unsere Freiheit erstickt oder verkürzt werde, daß sie vielmehr gerade dadurch vollkommener und vorteilhafter wird. Auch sind wir, je mehr wir uns von dieser Weise, uns zu bestimmen, entfernen, desto näher dem Unglück und der Knechtschaft. Setzt man im Geiste eine vollständige und absolute Indifferenz, die durch ein letztes Urteil über das, was Gut und Böse sein soll, nicht bestimmt werden kann, so bringt man ihn in einen sehr unvollkommenen Zustand.

Theophilus. Alles das ist ganz nach meinem Sinne und zeigt, daß der Geist nicht eine volle und direkte Macht habe, seine Begierden stets anzuhalten, denn sonst würde er niemals sich bestimmen, soviel er auch Prüfungen anstellen und so gute Gründe oder wirksame Gedanken er haben möchte – er würde immer unentschlossen bleiben und zwischen Furcht und Hoffnung ewig schwanken. Endlich muß er sich doch entschließen, und daher kann er sich seinen Begierden nur indirekt widersetzen, indem er sich im voraus die Waffen bereitet, welche sie, wie ich eben erklärt habe, nach Bedürfnis bekämpfen.

Philalethes. Indes besitzt der Mensch die Freiheit, seine Hand auf den Kopf zu legen oder sie in Ruhe zu lassen. Er ist vollständig gleichgültig in Hinsicht auf das eine und das andere von beiden, und es würde bei ihm eine Unvollkommenheit sein, wenn diese Macht ihm fehlte.

Theophilus. Genau zusprechen, ist man niemals gleichgültig[181] in Hinsicht auf zwei Dinge, z.B. sich nach rechts oder links zu wenden, denn wir tun das eine oder andere, ohne daran zu denken, und es ist das ein Zeichen, daß ein Zusammenwirken innerer Zustände und äußerer Eindrücke (wenngleich unmerklich) uns zu der Entscheidung, die wir ergreifen, bestimmt, freilich ist das Übergewicht nur gering, und fast sieht es aus, als ob wir in dieser Hinsicht gleichgültig wären, da der geringste sinnlich wahrnehmbare Gegenstand, der sich uns darbietet, imstande ist, uns ohne Schwierigkeit zu dem einen statt zum anderen zu bestimmen; und mag es auch eine kleine Mühe sein, den Arm zu erheben, um die Hand auf den Kopf zu legen, so ist sie doch so gering, daß wir sie ohne Schwierigkeit überwinden; sonst gestehe ich, würde es eine große Unvollkommenheit sein, wenn der Mensch dabei weniger gleichgültig wäre und ihm die Macht fehlte, sich bis zum Erheben oder Nichterheben des Armes zu bestimmen.

Philalethes. Nicht weniger aber würde es eine große Unvollkommenheit sein, wenn er dieselbe Gleichgültigkeit in allen Begegnissen hätte, wie z.B. wenn er Kopf oder Augen vor einem Schlage schützen wollte, von dem er sich bedroht sähe, d.h. wenn es ihm eben so leicht wäre, diese Bewegung wie die anderen, von denen wir gesprochen haben, anzuhalten, bei denen es fast gleichgültig ist, denn das würde bedeuten, daß er nicht kräftig und schnell genug im Notfalle dazu schreiten würde. Also ist das Bestimmtwerden für uns nützlich und sehr oft sogar notwendig, und wenn wir bei jeder Art von Begegnungen wenig bestimmt und gleichsam gegen die Gründe unempfindlich wären, die aus der Wahrnehmung von Gut und Schlimm stammen, so würden wir ohne wirksame Wahl sein – ebenso wie wir nicht frei sein würden, wenn wir durch etwas anderes als durch das letzte, in unserem Geiste gemäß unserem Urteil über das Gute und Böse einer gewissen Handlung gebildete Resultat bestimmt würden.

Theophilus. Das ist vollständig wahr, und wer eine andere Freiheit sucht, weiß nicht, was er will.

§ 49. Philalethes. Die höheren Wesen, welche eine vollkommene Glückseligkeit genießen, werden stärker als wir zur Wahl des Guten bestimmt, und wir haben gleichwohl[182] keinen Grund, uns vorzustellen, daß sie weniger frei seien als wir.

Theophilus. Deswegen sagen die Theologen, daß diese seligen Wesen im Guten befestigt und von jeder Gefahr des Falles frei sind.

Philalethes. Ich glaube sogar, daß, wenn es so armseligen Geschöpfen, wie wir sind, darüber zu urteilen zukäme, was eine unendliche Weisheit und Güte tun kann, wir sagen könnten, daß Gott selbst nichts wählen könnte, was nicht gut ist, und daß die Freiheit dieses allmächtigen Wesens es nicht verhindert, durch das, was das Beste ist, bestimmt zu werden.

Theophilus. Ich bin von dieser Wahrheit dergestalt überzeugt, daß ich glaube, wir können sie dreist als gesichert behaupten, so armselige und beschränkte Kreaturen wir immer sein mögen, und würden sogar sehr unrecht tun, daran zu zweifeln, denn wir würden eben dadurch seiner Weisheit, Güte und seinen übrigen unendlichen Vollkommenheiten Abbruch tun. Indessen darf diese Wahl, so sehr sie auch durch den Willen bestimmt sein mag, doch nicht im eigentlichen Sinne absolut notwendig genannt werden, da das Übergewicht der bewußten Güter den Willen lenkt, ohne ihn mit Notwendigkeit zu zwingen, mag auch, alles in Betracht gezogen, diese Lenkung bestimmend sein und niemals ihre Wirkung hervorzubringen verfehlen.

§ 50. Philalethes. Durch die Vernunft zum Besten bestimmt werden, heißt am freisten sein. Wer würde deswegen geistesschwach sein wollen, weil ein Geistesschwacher durch weise Überlegungen weniger bestimmt wird als ein Mensch von gesundem Geister Wenn die Freiheit darin besteht, das Joch der Vernunft abzuschütteln, so sind die Narren und Unsinnigen allein frei aber ich glaube nicht, daß aus Liebe zu einer solchen Freiheit jemand ein Narr werden möchte, den ausgenommen, welcher es schon ist.

Theophilus. Heutzutage gibt es Leute, welche es für geistreich halten, gegen die Vernunft zu predigen und sie als eine unbequeme Pedantin zu behandeln. Ich sehe kleine Broschüren, inhaltlose Gespräche, die sich damit groß tun, und mitunter sogar Verse, welche zu schön sind, um zu so unrechten Gedanken gebraucht zu[183] werden. Wenn diejenigen, welche die Vernunft verspotten, im ernste redeten, so wäre das in der Tat eine neue, den vergangenen Jahrhunderten unbekannte Verirrung. Gegen die Vernunft sprechen, heißt gegen die Wahrheit sprechen, denn die Vernunft ist die Verkettung von Wahrheiten. Es heißt gegen sich selbst sprechen, gegen sein eigenes Wohl, da der Hauptzweck der Vernunft darin besteht, es zu erkennen und ihm nachzuleben.

§ 51. Philalethes. So wie also die höchste Vollkommenheit eines vernünftigen Wesens darin besteht, sich sorgfältig und beständig der Verfolgung seines wahren Glückes zu widmen, so ist die Sorge, welche wir anwenden müssen, nm nicht eine eingebildete Glückseligkeit für eine wirkliche zu nehmen, der Grund unserer Freiheit. Je mehr wir zur unablässigen Verfolgung des Glückes im allgemeinen verbunden sind, das niemals der Gegenstand unseres Verlangens zu sein aufhört, desto mehr findet sich unser Wille von der Notwendigkeit entbunden, durch das Verlangen bestimmt zu werden, das uns auf irgend ein besonderes Gut hinrichtet, bis wir untersucht haben, ob es sich auf unser wahres Glück bezieht oder dagegen ist.

Theophilus. Das wahre Glück sollte immer der Gegenstand unseres Verlangens sein, aber man muß zweifeln, ob es das sei: denn oft denkt man nicht daran, und ich habe schon mehr als einmal bemerkt, daß der Trieb – es sei denn, daß er durch die Vernunft gelenkt wird, – auf die gerade gegenwärtige Lust und nicht auf das Glück d.h. auf die dauernde Lust geht, mag er auch danach streben, sie dauerhaft zu machen. (Siehe §§ 36 und 41.)

§ 53. Philalethes. Wenn irgend eine außerordentlich starke Störung sich unserer Seele ganz bemächtigt, wie z.B. der Schmerz einer grausamen Tortur sein würde, so sind wir nicht hinlänglich Herren unseres Geistes. Um indessen unsere Leidenschaften so viel als möglich zu mäßigen, müssen wir unseren Geist den Geschmack an dem wirklichen und wirksamen Guten und Schlimmen annehmen lassen und nicht zugeben, daß ein vortreffliches und bedeutendes Gut unserem Geiste entgehe, ohne ihm einigen Geschmack zurückzulassen, bis wir in uns ein seiner Vortrefflichkeit entsprechendes Verlangen erweckt haben, dergestalt, daß dessen Abwesenheit uns ebensogut [184] ruhig macht, als die furcht es zu verlieren, wenn wir es genießen.

Theophilus. Dies kommt ganz mit den Bemerkungen überein, welche ich bei den §§ 31 – 35 gemacht habe, und mit dem, was ich mehr als einmal über die erleuchteten Lustgefühle gesagt habe, woraus man erkennt, wie sie uns vervollkommnen, ohne uns in die Gefahr einer größeren Unvollkommenheit zu bringen, wie die verworrenen Lustgefühle der Sinne. Vor diesen letzteren muß man sich hüten, besonders wenn man nicht durch die Erfahrung erkannt hat, daß man sich derselben auf sichere Weise bedienen kann.

Philalethes. Niemand sage dabei, daß er seine Leidenschaften nicht beherrschen, noch verhindern könne, daß sie ausbrechen und ihn zum handeln zwingen; denn was er in Gegenwart eines Fürsten oder eines angesehenen Cannes tun kann, das kann er auch, wenn er will, falls er allein oder in Gottes Gegenwart ist.

Theophilus. Diese Bemerkung ist sehr gut und verdient, daß man oft darüber nachdenke.

§ 54. Philalethes. Indessen beweisen die verschiedenen Wahlen, welche die Menschen in dieser Welt vornehmen, daß nicht dasselbe für jeden von ihnen gleich gut ist. Und wenn die Interessen der Menschen sich nicht über dies Leben hinaus erstreckten, so würde die Ursache dieser Verschiedenheit – welche z.B. bewirkt, daß die einen sich in Luxus und Schwelgerei stürzen und die anderen die Mäßigkeit der Wollust vorziehen – einzig daher kommen, daß sie ihr Glück in verschiedene Dinge setzen.

Theophilus. Sie kommt auch jetzt noch daher, obgleich alle diesen gemeinsamen Vorwurf des zukünftigen Lebens vor den Angen haben oder haben müssen. Allerdings würde die Betrachtung des wahren Glückes, selbst dieses Lebens, hinreichen, nm die Tugend den uns von ihr entfernenden Wollüsten vorzuziehen, obwohl die Verpflichtung weder so stark noch so entscheidend dabei sein würde. Auch das ist wahr, daß der Geschmack der Menschen verschieden ist, und man sagt, über den Geschmack dürfe man nicht streiten. Aber da er nur in verworrenen Wahrnehmungen besteht, so darf man sich ihm nur in bezug auf solche Dinge hingeben, die man[185] als sittlich gleichgültig und unschädlich erprobt hat; sonst würde es z.B. lächerlich sein zu sagen, wenn jemand an Giften Geschmack fände, die ihn töten oder elend machen würden, dürfe man ihm seinen Geschmack nicht streitig machen.

§ 55 Philalethes. Wenn es jenseits des Grabes nichts zu hoffen gibt, so ist ohne Zweifel jener Schluß sehr richtig: Lasset uns essen und trinken, laßt uns alles genießen, was uns Freude macht, denn morgen sind wir tot.

Theophilus. Meiner Meinung nach läßt sich über diesen Schluß noch manches sagen. Aristoteles und die Stoiker und mehrere andere alte Philosophen waren anderer Ansicht, und ich glaube in der Tat, daß sie recht hatten. Wenn es auch nichts jenseits dieses Lebens gäbe, so würde dennoch die Ruhe der Seele und die Gesundheit des Körpers darum nichtsdestoweniger den ihnen schädlichen Vergnügungen vorzuziehen sein. Daß ein Gut nicht immer dauern wird, ist kein Grund, es zu vernachlässigen. Ich gestehe aber, daß es Fälle gibt, wo man unmöglich beweisen kann, daß das Ehrenvollste zugleich auch das Nützlichste ist. Also ist es allein die Rücksicht auf Gott und die Unsterblichkeit, welche die Verpflichtungen zur Tugend und zur Gerechtigkeit absolut unentbehrlich macht.

§ 58. Philalethes. Mir scheint, daß das jedesmalige Urteil über Gut und Schlimm, das wir fällen, stets das richtige ist. Und was das gegenwärtige Glück oder gegenwärtige Unglück betrifft, so wählt der Mensch, wenn die Reflexion nicht weitergeht und alle Folgen gänzlich beiseite gesetzt werden, niemals falsch.

Theophilus. Das heißt, wenn alles auf diesen gegenwärtigen Augenblick sich beschränkte, so würde es keinen Grund geben, die sich darbietende Lust zurückzuweisen. In der Tat habe ich darüber schon bemerkt, daß jede Lust ein Gefühl der Vollkommenheit ist. Aber es gibt gewisse Vollkommenheiten, welche größere Unvollkommenheiten nach sich ziehen. Wenn sich jemand z.B. sein ganzes Leben damit beschäftigte, Erbsen gegen Nadeln zu werfen, um zu lernen, ihre Öhre nicht zu verfehle, nach dem Vorbilde dessen, dem Alexander der Große zur Belohnung einen ganzen Scheffel Erbsen geben ließ, so[186] würde dieser Mensch zu einer gewissen Vollkommenheit gelangen, die aber sehr winzig ist und mit so vielen anderen sehr nötigen Vollkommenheiten, die er würde versäumt haben, nicht in Vergleich gestellt werden kann. So muß denn die Vollkommenheit, die sich in gewissen Lustgefühlen des Augenblicks findet, vor allem der Fürsorge für die Vollkommenheiten weichen, welche nötig sind, damit man nicht in das Unglück verfalle d.h. in jenen Zustand, wo man von Unvollkommenheit zu Unvollkommenheit, von einem Schmerz zum anderen übergeht. Aber wenn es nur die Gegenwart gäbe, so müßte man sich mit der Unvollkommenheit genügen lassen, die sich in ihr gerade darbietet, d.h. mit der gegenwärtigen Lust.

§ 62. Philalethes. Niemand würde seinen Zustand freiwillig unselig machen, wenn er nicht durch falsche Urteile dazu gebracht würde. Ich rede nicht von denjenigen Täuschungen, welche die Folgen eines unüberwindlichen Irrtums sind und kaum den Namen falscher Urteile verdienen, sondern von demjenigen falschen Urteil, welches dem eigenen Bekenntnis nach ein solches ist, das ein jeder darüber in seinem eigenen Innern fällen muß. – § 63. Zuerst also irrt die Seele, wenn wir die gegenwärtige Lust oder Unlust mit einer zukünftigen Lust oder Unlust vergleichen, die wir nach der Verschiedenheit des Abstandes hinsichtlich unser messen – dem verlorenen Sohn ähnlich, der um des augenblicklichen Besitzes von wenigem willen einer großen Erbschaft, die ihm nicht entgehen konnte, entsagte. Jeder muß dies falsche Urteil anerkennen, denn die Zukunft wird zur Gegenwart werden und alsdann denselben Vorteil der größten Nähe haben. Wenn in dem Augenblick, wo der Mensch das Glas in die Hand nimmt, die Lust des Trinkens mit dem Kopfschmerz und Magenleiden begleitet wäre, das in wenigen Stunden sich einstellen wird, so würde er nicht im geringsten vom Wein kosten wollen. Wenn ein so kleiner Zeitunterschied so viel Täuschung verursachen kann, so wird mit um so viel mehr Recht eine größere Entfernung dieselbe Wirkung haben.

Theophilus. Zwischen der Entfernung des Ortes und der Zeit besteht eine gewisse Übereinstimmung. Aber es findet auch der Unterschied statt, daß die sichtbaren Gegenstände ihre Wirkung auf das Gesicht ungefähr nach[187] Verhältnis der Entfernung äußern, und daß hinsichtlich der zukünftigen Gegenstände, welche auf die Phantasie und den Geist wirken, dies nicht ebenso der Fall ist. Die sichtbaren Strahlen sind gerade Linien, die sich nach Verhältnis entfernen, aber es gibt krumme Linien, die nach einiger Entfernung mit den geraden zusammenzufallen scheinen und sich nicht mehr sichtbar davon entfernen, wie die Asymptoten, deren scheinbarer Intervall von der geraden Linie verschwindet, obgleich sie in Wirklichkeit bis ins Unendliche davon geschieden bleiben. Wir machen sogar die Erfahrung, daß die erscheinenden Gegenstände sich nicht nach Verhältnis des Anwachsens der Entfernung verkleinern, denn ihre Erscheinung verschwindet gänzlich, wenn auch die Entfernung keine unendliche ist. Ebenso geschieht es, daß eine kleine Zeitentfernung uns die Zukunft ganz entzieht, ganz wie wenn der Gegenstand verschwunden wäre. Oft bleibt davon im Geiste nur das Wort und jene von mir bereits besprochene Art von Gedanken übrig, die taub und zu rühren unfähig sind, wenn man nicht methodisch und gewohnheitsmäßig dafür gesorgt hat.

Philalethes. Ich spreche hier nicht von jener Art falschen Urteils, durch welches das Abwesende im menschlichen Geiste nicht nur verringert, sondern gänzlich vernichtet wird, wenn man alles, was man in der Gegenwart erreichen kann, genießt und dabei den Schluß macht, daß kein Übel daraus erfolgen wird.

Theophilus. Das ist eine andere Art falschen Urteils, wenn die Erwartung des Guten oder Bösen vernichtet ist, indem man die aus der Gegenwart gezogene Folge leugnet oder in Zweifel zieht, aber außerdem ist der Irrtum, welcher die Empfindung des Zukünftigen vernichtet, dasselbe wie jenes falsche Urteil, von dem ich bereits gesprochen habe, das nämlich von einer zu schwachen Vorstellung der Zukunft, die man nur wenig oder gar nicht in Betracht zieht, herstammt, Man könnte übrigens hier vielleicht zwischen schlechtem Geschmack und falschem Urteil unterscheiden, denn oft stellt man nicht einmal die Untersuchung darüber an, ob das zukünftige Gute vorgezogen werden müsse, und handelt nur nach dem Eindruck, ohne sich auf die Prüfung einzulassen.[188] Denkt man aber daran, so muß von zwei Dingen eines geschehen, daß man entweder nicht fortfährt, genug daran zu denken, und darüber hinweggeht, ohne die angefangene Untersuchung weiterzuführen, oder daß man die Untersuchung verfolgt und daraus einen Schluß zieht. Und mitunter bleibt in dem einen und anderen Fall eine mehr oder minder große Reue zu rück; mitunter findet sich auch ganz und gar keine formido oppositi (Furcht des Gegenteils) oder Bedenklichkeit, sei es nun, daß der Geist sich ganz und gar davon abwendet oder durch Vorurteile irregeleitet ist.

§ 64. Philalethes. Die beschrankte Fassungskraft unseres Geistes ist die Ursache der falschen Urteile, die wir bei der Vergleichung der Güter und der Übel fällen. Wir können nicht gut zweierlei Lust zugleich genießen, und noch weniger können wir zu einer Zeit, wo wir von Schmerz überwältigt sind, irgend eine Lust genießen. Ein dem Becher beigemischter bitterer Tropfen hindert uns, dessen Süßigkeit zu schmecken. Das Übel, das Man gerade fühlt, ist uns immer das ärgster man ruft: Lieber jeden anderen Schmerz als diesen!

Theophilus. Bei diesem allen besteht je nach dem Temperament, je nach der Kraft der Empfindung und den angenommenen Gewohnheiten der Menschen ein großer Unterschieds Ein Mensch, der die Gicht hat, kann in Freude geraten, weil ihm ein großes Vermögen zufällt, und ein Mensch, der in allen Vergnügungen schwimmt und behaglich auf seinen Gütern leben könnte, wird wegen einer Ungnade bei Hofe in Trauer gestürzt Freude und Traurigkeit entstehen aus dem Resultate oder dem Übergewicht der Lust oder des Schmerzes, wenn eine Mischung stattfindet. Leander achtete nicht auf die Unannehmlichkeit und die Gefahr einer nächtlichen Schwimmfahrt durch das Meer, da die Reize der schönen Hero ihn dazu trieben. Es gibt Leute, die wegen irgend einer Krankheit oder eines Gebrechens nicht essen oder trinken dürfen und dennoch ihren Appetit über die Grenzen des Notwendigen und Richtigen hinaus befriedigen. Andere sind so weichlich oder so verzärtelt, daß sie die Vergnügungen, mit denen irgend ein Schmerz, Ekel oder eine Unbequemlichkeit verbunden ist, von sich stoßen. Es gibt Menschen, welche sich über die gegenwärtigen mittelmäßigen Schmerz-und[189] Lustgefühle ganz hinwegsetzen und fast nur aus Furcht oder Hoffnung handeln. Andere sind so verweichlicht, daß sie sich über das kleinste Ungemach beklagen oder fast den hindern gleich der kleinsten sinnliches Lust der Gegenwart nacheilen. Das sind diejenigen, denn der Schmerz oder die Lust der Gegenwart immer die größte scheint; sie sind wie unbedachtsame Prediger oder Lobredner, bei denen das Sprichwort gilt: Der Heilige, den sie loben, ist immer der größte heilige des Paradieses. So groß indessen die Mannigfaltigkeit unter den Menschen sein mag, so bleibt es immer wahr, daß sie nur den gegenwärtigen Wahrnehmungen gemäß handeln, und daß, wenn die Zukunft sie bewegt, dies entweder durch das Bild, das sie von ihr haben, geschieht, oder durch den gefaßten Entschluß und die angenommene Gewohnheit, ihr bis auf das bloße Wort oder ein anderes willkürliches Zeichen zu folgen, ohne davon ein Bild oder natürliches Zeichen zu haben, weil dies nicht ohne Unruhe und mitunter ohne schmerzliche Empfindung abgehen würde, welche sie einem schon gefaßten festen Entschluß und vor allem einer Gewohnheit entgegensetzen müßten.

§ 65. Philalethes. Die Menschen sind sehr geneigt, die zukünftige Lust zu zerkleinern und bei sich den Schluß zu machen, daß, wenn es auf die Probe ankommen würde, sie der von ihr erregten Hoffnung oder der im allgemeinen davon gehegten Meinung vielleicht nicht entsprechen würde. Sie haben nämlich oft aus ihrer eigenen Erfahrung gefunden, daß nicht allein die Lust, welche andere gepriesen haben, ihnen sehr geschmacklos erschienen ist, sondern daß auch das, was ihnen selbst zu einer Zeit viel Lust verursacht hat, zu einer anderen sie zurückgestoßen und ihnen mißfallen hat.

Theophilus. Das sind die Ansichten besonders der Lüstlinge, aber gewöhnlich findet man, daß die Ehrgeizigen und habsüchtigen von Ehre und Reichtum ganz anders urteilen, obgleich sie von eben diesen Gütern, wenn sie sie besitzen, nur einen mäßigen und oft sogar sehr geringen Genuß haben, da sie immer weiter zu eilen beschäftigt sind. Ich finde dies eine schöne Ermüdung der schöpferischen Natur, den Menschen so viel Empfindung für das, was die Sinne so wenig berührt, verliehen zu[190] haben, und wenn die Menschen nicht ehrgeizig oder habsüchtig werden könnten, so würde es im gegenwärtigen Zustand ihrer Natur schwer halten, hinlänglich tugendhaft und vernünftig werden zu können, um trotz der Lüste des Augenblicks, welche sie von ihrer Vollkommenheit abwendig machen, daran zu arbeiten.

§ 66. Philalethes. Was nun diejenigen Dinge anbetrifft, welche in ihren Folgen gut oder böse und zwar darum sind, weil sie uns Gutes oder Böses zu verschaffen sich eignen, so urteilen wir darüber auf verschiedene Weise, indem wir entweder urteilen, daß sie unfähig sind, uns wirklich so viel Übles zuzufügen; oder daß die Sache, wenn auch ihre Folge von Wichtigkeit ist, nicht so sicher sei, daß es nicht auch anders kommen oder daß Man sie wenigstens durch irgendwelche Mittel, wie durch Fleiß, Geschicklichkeit oder Änderung des Lebenswandels oder Reue vermeiden könnte.

Theophilus. Wenn man unter der Wichtigkeit der Folge die des Erfolgenden versteht, d.h. die Größe des Guten oder des Übels, welches erfolgen kann, so muß man, wie es mir scheint, in die vorhergehende Art des falschen Urteilens verfallen, wo das zukünftige Gute oder Böse schlecht vorgestellt wird. So bleibt denn nur die zweite Art von falschem Urteil übrig, um die es sich hier handelt, nämlich die, wo die Folge in Zweifel gezogen wird.

Philalethes. Es würde leicht sein, im einzelnen zu zeigen, daß die eben berührten Arten des Ausweichens ebensoviel vernunftwidrige Urteile sind, jedoch begnüge ich mich im allgemeinen zu bemerken, daß es geradezu gegen die Vernunft handeln heißt, wenn man ein größeres Gut gegen ein kleineres aufs Spiel setzt (oder sich dem Unglück aussetzt, um ein kleineres Gut zu erwerben und ein kleines Übel zu vermeiden), und zwar auf unsichere Vermutungen hin, und ehe man eine gehörige Untersuchung angestellt hat.

Theophilus. Da die Erwägung der Größe der Folge und der Größe des Erfolgenden zwei heterogene und nicht miteinander zu vergleichende Dinge sind, so haben sich die Moralisten bei deren Vergleichung vielfach verwirrt, wie bei denen zutage tritt, die von der Probabilität gehandelt haben. Die Wahrheit ist, daß hierbei, wie bei anderen disparaten und heterogenen und sozusagen[191] aus mehr denn einer Dimension bestehenden Schätzungen die Größe dessen, worum es sich handelt, aus der einen und anderen Schätzung zusammengesetzt ist und einem Rechteck gleicht, wobei zwei Schätzungen, nämlich die der Länge und die der Breite stattfinden, und was die Größe der Folge und die Grade der Probabilität anbetrifft, so fehlt uns noch derjenige Teil der Logik, der ihre Schätzung lehren soll. So haben denn die meisten Kasuisten, welche über die Probabilität geschrieben haben, nicht einmal deren Wesen begriffen, indem sie es mit Aristoteles auf die Autorität gründeten, statt sie, wie sie hätten tun sollen, auf die Wahrscheinlichkeit zu gründen, da die Autorität nur einen Teil der Gründe ausmacht, welche die Wahrscheinlichkeit bilden.

§ 67. Philalethes. Hier einige der gewöhnlichen Ursachen dieses falschen Urteilens. Die erste ist die Unwissenheit, die zweite die Unachtsamkeit, wenn ein Mensch nicht einmal auf das, wovon er unterrichtet ist, merkt. Das ist eine angenommene und augenblickliche Unwissenheit, die das Urteil ebensosehr wie den Willen irreleitet.

Theophilus. Sie ist stets eine augenblickliche, aber nicht immer eine angenommene, denn man denkt nicht immer, wenn es sein muß, an das, was man weiß und dessen Andenken man sich zurückrufen sollte, wenn man davon Herr wäre. Die angenommene Unwissenheit ist während der Zeit, daß man sie annimmt, immer mit einer gewissen Achtsamkeit gemischte in der Folge kann allerdings gewöhnlich dabei Unachtsamkeit eintreten. Die Kunst, sich nach Bedürfnis dessen, was man weiß zu bedienen, wäre eine der wichtigsten, wenn sie erfunden wäre, aber ich sehe noch nicht, daß man bis jetzt auch nur daran gedacht habe, deren Anfänge zu bildet denn die Gedächtniskunst, über welche so viel Autoren geschrieben haben, ist etwas ganz anderes.

Philalethes. Wenn man also auf der einen Seite verworren und hastig die Gründe zusammenhält und sich dabei aus Nachlässigkeit mehrere Summen entgehen läßt, welche einen Teil der Rechnung bilden müssen, so bringt solch eine Übereilung nicht weniger falsche Urteile hervor, als wenn es eine vollständige Unwissenheit gewesen wäre.

[192] Theophilus. Wenn es sich nm das Abwägen der Gründe handelt, ist in der Tat vielerlei nötige um gehörig zu verfahren: es ist damit beinahe so wie bei den Rechnungsbüchern der Kaufleute. Denn da darf man keine Summe auslassen, man muß jede Summe besonders wohl berechnen, man muß sie wohl ordnen und endlich genau zusammenziehen. Aber man pflegt dabei mehrere wichtige Punkte zu versäumen: sei es, daß man überhaupt daran zu denken versäumt, sei es, daß man zu leicht darüber hinweggeht, oder man gibt nicht jedem seinen wahren Wert, ähnlich jenem Buchführer, der wohl Sorge trug, die Kolumnen jeder Seite richtig zu rechnen, aber die einzelnen dummen jeder Linie oder jedes Postens sehr falsch berechnete, ehe er sie in die Kolumne setzte, um damit die Revisoren zu täuschen, die besonders auf das, was in den Kolumnen steht, achten. Endlich, wenn man auch alles gut bemerkt hat, kann man sich auch noch beim Zusammenziehen der Summen der Kolumnen und selbst in der endlichen Zusammenzählung, wo die Summe aller Summen erscheint, irren. So müßten wir also noch die Kunst des Sichbesinnens und die der Abschätzung der Probabilitäten und ferner die Erkenntnis des Wertes der Güter und der Übel besitzen, um die Kunst der Schlüsse wohl anzuwenden; und nach dem allem hätten wir auch noch Aufmerksamkeit und Geduld nötig, um bis zum Abschluß zu gelangen. Endlich bedarf es eines festen und unveränderlichen Entschlusses, um das, was beschlossen worden ist, auszuführen, und Kunstgriffe, Methoden, besonderer Gesetze und durchgebildeter Fertigkeiten, um ihn auch in der Folge aufrechtzuerhalten, wenn die Erwägungen, nm derentwillen er ergriffen wurde, dem Geiste nicht mehr gegenwärtig sind. Man hat Gott sei Dank in dem, was das Wichtigste ist und das Oberste betrifft, Glück und Unglück, allerdings nicht so viel Kenntnisse, Hilfen und Kunstgriffe nötig, wie man wohl haben müßte, um in einem Staats- oder Kriegsrat, in einem Justizhofe, bei einer ärztlichen Konsultation, in einer theologischen oder historischen Kontroverse oder bei einem mathematischen und mechanischen Streitpunkte richtig zu urteilen; dafür braucht man aber in dem, was jenen wichtigen Punkt des Glücks und der Tugend anbetrifft, mehr Festigkeit und Fertigkeit,[193] um immer gute Entschlüsse zu fassen und ihnen zu folgen. Mit einem Worte genügt für das wahre Glück weniger Erkenntnis mit mehr gutem Willen, so daß der größte Idiot ebenso leicht dazu gelangen kann als der Gelehrteste und Gescheiteste.

Philalethes. Man sieht also, daß der Verstand ohne Freiheit von keinem Nutzen sein und die Freiheit ohne Verstand nichts bedeuten würde. Wenn ein Mensch das erblicken könnte, was ihm Gutes oder Übles bringen kann, ohne imstande zu sein, einen Schritt zu machen, um sich dem einen zu nähern oder von dem anderen sich zu entfernen, würde er dann um der Gabe dieses Blickes willen besser daran sein? Er würde sogar unglücklicher sein, denn er würde unnützerweise nach dem Guten schmachten und das Üble fürchten, was er als unvermeidlich erblicken würde: und derjenige, welcher die Freiheit hat, inmitten vollständiger Dunkelheit hierhin und dorthin zu laufen, worin ist er besser daran, als wenn er vom Winde hin und her geworfen würde?

Theophilus. Seinem Gelüste geschähe ein wenig mehr Befriedigung, aber er würde dennoch nicht besser imstande sein, das Gute zu finden und das Üble zu vermeiden.

§ 68. Philalethes. Eine andere Quelle des falschen Urteilens! Zufrieden mit der ersten Lust, die uns entgegenkommt oder welche die Gewohnheit angenehm gemacht hat, sehen wir nicht weiter um uns. Dies ist also auch noch eine Veranlassung für die Menschen, schlecht zu urteilen, wenn sie das nicht als zu ihrem Glücke notwendig betrachten, was in der Tat dazu nötig ist.

Theophilus. Diese Art falschen Urteils scheint mir unter der vorherigen Art begriffen zu sein, wenn man sich hinsichtlich der Folgen täuscht.

§ 69. Philalethes. Zu untersuchen ist noch, ob es in der Macht eines Menschen steht, das Angenehme oder Unangenehme, das irgend eine besondere Handlung begleitet, zu verändern. Es ist in mehreren Fällen möglich. Die Menschen können und müssen ihren Gaumen verbessern und ihm Geschmack beibringen. Man kann auch den Geschmack der Seele verändern. Eine gehörige Untersuchung, Übung, Fleiß, Gewohnheit haben diese Wirkung. Auf solche Weise gewöhnt man sich an den[194] Tabak, den Gewohnheit oder Gebrauch endlich angenehm finden lassen. Ebenso steht es hinsichtlich der Tugend. Die Gewohnheiten haben großen Reiz, und man kann sich nicht ohne Unruhe von ihnen trennen. Vielleicht wird man die Behauptung als widersinnig betrachten, die Menschen könnten es dahin bringen, daß Dinge oder Handlungen ihnen mehr oder weniger angenehm seien – so sehr vernachlässigt man diese Pflicht.

Theophilus. Dasselbe habe ich schon oben bemerkt in § 37 gegen das Ende und § 47 auch gegen das Ende. Man kann machen, daß man etwas will, und sich seinen Geschmack bilden.

§ 70. Philalethes. Die auf ihren wahren Grundlagen aufgeführte Moral kann nur zur Tugend bestimmen; es genügt, daß ein ewiges Glück und ein ewiges Unglück nach diesem Leben möglich seien, Man muß zugeben, daß ein mit der Erwartung einer möglichen ewigen Glückseligkeit verbundenes gutes Leben einem schlimmen Leben vorzuziehen ist, das von der Furcht vor einem entsetzlichen Unglück oder wenigstens von der schrecklichen und unsicheren Hoffnung, vernichtet zu werden, begleitet wird. Alles dies ist von der äußersten Klarheit, selbst wenn die Rechtschaffenen in dieser Welt nur Übel zu erdulden hätten und die Bösen in ihr eine ewige Glückseligkeit genossen, während es doch für gewöhnlich sich ganz anders verhält. Denn wenn man alles wohl erwägt, so haben sie, glaube ich, selbst in diesem Leben den schlimmsten Teil.

Theophilus. So würde also, wenn es auch nichts jenseits des Grabes gäbe, das Leben eines Epikureers nicht das vernunftgemäßeste sein. Ich freue mich, daß Sie auf diese Weise das, was Sie darüber § 55 Gegenteiliges gesagt haben, berichtigen.

Philalethes. Wer würde närrisch genug sein, um bei ruhigem Nachdenken sich dazu zu entschließen, sich einer möglichen Gefahr auszusetzen, ewig unglücklich zu werden, so daß er dabei nichts für sich zu gewinnen hat, als dies einfache Nichts, statt sich in den Zustand des Rechtschaffenen zu versetzen, der auch nur die Vernichtung zu fürchten und eine ewige Glückseligkeit zu hoffen hat? Ich habe von der Gewißheit oder Wahrscheinlichkeit des zukünftigen Zustandes zu reden vermieden,[195] weil ich bei dieser Gelegenheit keine andere Absicht hege, als das falsche Urteil zu zeigen, dessen sich ein jeder seinen eigenen Grundsätzen nach schuldig bekennen muß.

Theophilus. Die Bösen sind sehr geneigt zu glauben, daß ein anderes Leben unmöglich ist. Aber sie haben dafür keinen anderen Grund, als daß man sich auf dasjenige beschränken müsse, was man durch die Sinne erfahrt, und daß ihres Wissens noch niemand aus der anderen Welt zurückgekommen sei. Es gab eine Zeit, wo man nach demselben Grundsatz die Antipoden verwerfen konnte, als man die Mathematik mit den Volksvorstellungen nicht verbinden wollte, und man konnte es mit ebensoviel Grund, als man jetzt haben kann, um das andere Leben zu verwerfen, wo man die wahre Metaphysik mit den Vorstellungen der Phantasie nicht vereinigen kann. Denn es gibt drei Stufen der Begriffe oder Vorstellungen, nämlich Volksvorstellungen, mathematische und metaphysische. Die erste Klasse genügte nicht, um den Glauben an die Antipoden hervorzubringen und die erste und zweite genügt noch nicht, nm den Glauben an die andere Welt hervorzubringen. Allerdings liefern sie schon günstige Mutmaßungen, aber wenn die zweite Klasse die Antipoden vor der Erfahrung gewiß gemacht hat, die man jetzt darüber hat (ich rede nicht von den Bewohnern, sondern wenigstens von der Stelle, welche die Erkenntnis der Kugelform der Erde ihnen bei Geographen und Astronomen anwies), so gibt die letzte Klasse über ein anderes Leben schon jetzt und ehe noch jemand dahin gegangen ist, es zu besuchen, nicht weniger Gewißheit.

§ 72. Philalethes. Kommen wir jetzt auf die Macht zurück, welches eigentlich der allgemeine Gegenstand dieses Kapitels ist, da die Freiheit nur eine Spezies derselben ausmacht, aber freilich eine der wichtigsten. Um von der Macht bestimmtere Vorstellungen zu gewinnen, wird es nicht unpassend oder unnütz sein, eine genauere Kenntnis dessen, was man Tätigkeit nennt, sich zu verschaffen. Ich habe zu Anfang unserer Unterhaltung über die Macht gesagt, daß es nur zwei Arten von Tätigkeit gibt, von denen wir eine Vorstellung haben, nämlich Bewegung und Denken.

Theophilus. Ich glaube, man könnte einen allgemeineren[196] Ausdruck als den des Denkens gebrauchen, nämlich den der Wahrnehmung, indem man das Denken nur den Geistern zuschreibt, während die Wahrnehmung allen Entelechien zukommt. Aber ich will dennoch niemand die Freiheit streitig machen, den Ausdruck lenken in derselben Allgemeinheit zu nehmen. Und ich selbst mag es mitunter getan haben, ohne darauf zu achten.

Philalethes. Obwohl man nun diesen beiden Dingen den Namen Tätigkeit gibt, wird man doch finden, daß er auf sie nicht immer vollkommen paßt, und daß man in gewissen Fällen sie vielmehr als Leiden anerkennen muß. Denn in diesen Fällen empfängt die Substanz, in der sich Bewegung oder Denken findet, lediglich von außen den Eindruck, durch welchen ihr die Tätigkeit mitgeteilt wird, und sie ist allein tätig durch ihre Fähigkeit, diesen Eindruck aufzunehmen, was nur eine leidende Macht ist. Mitunter setzt sich die Substanz oder das wirkende Wesen durch seine eigene Macht in Tätigkeit, und dies ist eigentlich eine tätige Macht.

Theophilus. Ich habe schon gesagt, daß, wenn man mit metaphysischer Strenge das Wort Tätigkeit für das annimmt, was der Substanz auf spontane Weise und aus ihrem eigenen Innern geschieht, alles, was eigentlich eine Substanz ist, nur tätig ist; denn nächst Gott kommt ihr alles von ihr selbst, indem es unmöglich ist, daß eine erschaffene Substanz auf die anders Einguß hat. Nehmen wir aber Tätigkeit als eine Ausübung der Vollkommenheit und Leiden für das Gegenteil, so gibt es in den wirklichen Substanzen nur dann Tätigkeit, wenn ihre Wahrnehmung (denn diese lege ich allen bei) sich entwickelt und deutlicher wird, wie es Leiden nur dann gibt, wenn sie verworrener wird, so daß in den der Lust und des Schmerzes obigen Substanzen jede Handlung eine Beförderung der Lust und jedes Leiden eine Beförderung des Schmerzes ist. Was die Bewegung anbetrifft, so ist sie ihrem Wesen nach eine wirkliche Erscheinung, weil die Materie und Masse, der die Bewegung zukommt, nicht im eigentlichen Sinn eine Substanz ist. Indessen bietet die Bewegung das Bild einer Tätigkeit dar, wie die Masse ein Bild der Substanz, und in dieser Beziehung kann man sagen, daß der Körper tätig ist, wenn in seiner Veränderung Spontaneität herrscht, und daß er[197] leidend ist, wenn er durch einen anderen getrieben oder aufgehalten wird, wie man in der wirklichen Tätigkeit oder Leidenheit einer eigentlichen Substanz die Veränderung, wodurch sie ihrer Vollkommenheit zustrebt, für ihre Tätigkeit, welche man ihr als solcher zuschreiben muß, nehmen kann. Und ebenso kann man die Veränderung, wodurch ihr das Gegenteil widerfährt, für Leiden nehmen und einer fremden Ursache zuschreiben, obgleich diese keine unmittelbare ist, weil im ersten Falle die Substanz selbst und im zweiten die fremden Dinge dazu dienen, diese Veränderung auf verständliche Weise zu erklären. Ich teile den Körpern nur das Bild der Substanz und Tätigkeit zu, weil genau gesprochen das aus Teilen Zusammengesetzte ebensowenig für eine Substanz gelten kann, wie eine Herde; indessen kann Man sagen, daß etwas Substantielles darin ist, dessen Einheit, die daraus gleichsam ein Wesen macht, aus dem Denken stammt.

Philalethes. Ich hatte geglaubt, daß die Macht, Vorstellungen oder Gedanken durch die Wirksamkeit einer fremden Substanz zu erhalten, Macht zu denken genannt werde, obgleich dies im Grunde nur eine passive Macht oder einfache Fähigkeit ist, wenn man von den Reflexionen und inneren Veränderungen absieht, welche das aufgenommene Bild immer begleiten. Denn der in der Seele vorhandene Ausdruck ist so, wie der eines lebendigen Spiegels sein würde; unser Vermögen aber, nichts gegenwärtige Vorstellungen nach unserer Wahl zurückzurufen und diejenigen untereinander zu vergleichen, die wir für geeignet erachten, ist in Wahrheit ein aktives Vermögen.

Theophilus. Dies stimmt auch mit den von mir gegebenen Begriffen, denn dabei findet ein Übergang zu einem vollkommeneren Zustand statt. Indessen möchte ich glauben, daß auch bei den sinnlichen Empfindungen Tätigkeit sei, insofern sie uns deutlichere Wahrnehmungen und folglich die Gelegenheit geben, Bemerkungen zu machen und uns sozusagen zu entwickeln.

§ 73 Philalethes. Man wird jetzt, glaube ich, die ursprünglichen und originalen Vorstellungen auf folgende kleine Anzahl zurückbringen können: die Ausdehnung, die Dichtheit, die Beweglichkeit (d.h. die leidende[198] Macht oder auch Fähigkeit, bewegt zu werden), die unser Geist auf dem Wege der Reflexion erhält, und endlich das Dasein, die Dauer und die Zahl, welche wir auf den beiden Wegen der sinnlichen Empfindung und der Reflexion erhalten; denn durch diese Vorstellungen würden wir, wenn ich mich nicht täusche, das Wesen der Farben, Töne, Geschmäcke, Gerüche und aller unserer anderen Vorstellungen erklären können, wenn unsere Organe fein genug wären, der verschiedenen Bewegungen der kleinen Körper, welche diese sinnlichen Empfindungen erzeugen, bewußt zu werden.

Theophilus. Um die Wahrheit zu sagen, so glaube ich, daß diese Vorstellungen, welche hier ursprüngliche und originale genannt werden, es zum größten Teile nicht ganz sind, da sie meiner Ansicht nach einer weiteren Auflösung fähig sind; indessen tadle ich Sie nicht, sich auf sie beschränkt und die Analyse nicht weitergetrieben zu haben. Ist es übrigens wahr, daß deren Zahl durch dies Mittel verringert werden kann, so glaube ich, daß sie auch durch die Hinzufügung anderer noch originalerer oder ebenso originaler Vorstellungen vermehrt werden könnte. Was ihre Anordnung anbetrifft, so möchte ich, der Ordnung der Analyse zufolge, das Dasein als den übrigen vorausgehend ansehen, die Zahl der Ausdehnung, die Dauer der Motivität oder Beweglichkeit, obgleich diese analytische Ordnung gewöhnlich nicht die der äußeren Gelegenheiten ist, welche uns an sie zu denken veranlassen.

Die Sinne liefern uns den Stoff zum Nachdenken, und wir würden gar nicht einmal an das Denken denken, wenn wir nicht an etwas anderes dächten, nämlich an die Besonderheiten, welche die Sinne liefern. Auch bin ich überzeugt, daß die Seelen und geschaffenen Geister niemals ohne Organe und niemals ohne sinnliche Empfindungen sind, wie sie niemals ohne Zeichen denken können. Diejenigen, welche eine gänzliche Loslösung und solche Denkweisen in der losgetrennten Seele haben aufrechterhalten wollen, die durch nichts im Umkreise unserer Erkenntnis erklärbar sind und nicht allein von unserer gegenwärtigen Erfahrung, sondern, was noch viel schlimmer ist, von der allgemeinen Ordnung der Dinge sich entfernen, – haben den vermeintlich starken[199] Geistern in die Hände gearbeitet und vielen die schönsten und größten Wahrheiten verdächtig gemacht, indem sie sich dadurch sogar einiger guter Beweismittel, welche diese Ordnung der Dinge uns liefert, beraubt haben.

Quelle:
Gottfried Wilhelm Leibniz: Neue Abhandlungen über den menschlichen Verstand. Leipzig 21904, S. 147-200.
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