[168] 14. Die beiden Gaukler

Es war einmal ein Landstreicher im Lande Sung. Der wandte sich mit seinen Künsten an den Fürsten Yüan von Sung. Yüan von Sung berief ihn und ließ ihn seine Künste zeigen. Er band sich zwei Stelzen an die Beine, die noch einmal so lang waren wie er selbst. Darauf konnte er laufen und springen. Er nahm sieben Schwerter, warf sie empor und fing sie wieder auf, also daß immer fünf Schwerter gleichzeitig in der Luft waren. Fürst Yüan verwunderte sich sehr und beschenkte ihn alsbald mit Gold und kostbaren Gewändern.

Es war aber noch ein anderer Landstreicher da, der konnte Purzelbäume schlagen. Der hörte davon und wandte sich ebenfalls an den Fürsten Yüan. Der Fürst Yüan aber ward sehr zornig und sprach: »Zuvor war ein anderer Gaukler da, der sich an Uns gewandt; diese Künste sind nutzlos, aber er traf's gerade, daß Wir wohl gelaunt waren. Darum beschenkten Wir ihn mit Gold und köstlichen Gewändern. Dieser da hat sicher davon gehört und kommt herbei, in der Hoffnung, daß Wir ihn ebenfalls beschenken. Werft ihn ins Gefängnis, daß er dort sein Todesurteil erwarte!« Nach einem Monat ließ er ihn dann wieder laufen.

Quelle:
Liä Dsi: Das wahre Buch vom quellenden Urgrund. Stuttgart 1980, S. 168.
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