Neuntes Kapitel.
Von der Unvollkommenheit der Worte

[83] § 1. (Die Worte dienen zur Mittheilung und Wiedererinnerung der Gedanken.) Aus dem in den vorgehenden Kapiteln Gesagten erhellt die Unvollkommenheit[83] der Sprachen, und wie die eigene Natur der Worte unvermeidlich zur Ungewissheit ihrer Bedeutung führt. Um die Vollkommenheit und Unvollkommenheit der Worte zu untersuchen, ist zunächst ihr Zweck und Nutzen zu betrachten; je mehr sie geeignet sind, diesen Zweck zu erfüllen, desto vollkommener sind sie. Ich habe in dem Bisherigen öfter eines doppelten Zweckes der Worte erwähnt, 1) sollen sie an die eigenen Gedanken erinnern, und 2) sollen sie unsere Gedanken Andern mittheilen.

§ 2. (Jedwedes Wort dient zum Erinnern.) Was den ersten Zweck anlangt, die Wiedererinnerung an unsere Gedanken, als Unterstützung des Gedächtnisses, wo man gleichsam nur mit sich selbst spricht, so ist hier jedwedes Wort dazu geeignet. Denn die Worte sind willkürliche und gleichgültige Zeichen der Vorstellungen, und wir können deshalb nach eigenem Gefallen die wählen, welche unsere Vorstellungen bezeichnen sollen. Hier genügt, dass man dasselbe Zeichen immer für dieselbe Vorstellung benutzt, dann muss sein Sinn verstanden werden, und darin besteht der richtige Gebrauch und die Vollkommenheit der Sprache.

§ 3. (Die gesellige und die philosophische Mittheilung durch Worte.) Auch die Mittheilung durch Worte geschieht in zweifacher Weise, 1) als gesellige, oder 2) als philosophische Mittheilung. Unter ersterer verstehe ich eine solche Mittheilung der Gedanken und Vorstellungen durch Worte, wie sie zur Führung der gewöhnlichen Unterhaltung und des Verkehrs bei den täglichen Geschäften und Vergnügungen unter den Menschen vorkommt. Unter dem philosophischen Gebrauch der Worte verstehe ich dagegen einen solchen, der die scharfe Mittheilung der Begriffe bezweckt; damit sollen allgemeine Sätze und die festen und sicheren Wahrheiten ausgedrückt werden, auf die der Mensch sich verlassen und mit denen er in seinem Streben nach näherer Erkenntniss sich begnügen kann. Diese beiden Arten, die Sprache zu benutzen, sind sehr verschieden; eine bedeutend geringere Genauigkeit ist wohl in der einen, aber nicht in der andern angebracht, wie das Folgende ergeben wird.

§ 4. (Die Unvollkommenheit der Worte liegt[84] in der Zweifelhaftigkeit ihrer Bedeutung.) Da der Hauptzweck aller Sprachen bei der Mittheilung ist, dass man verstanden werde, so entsprechen Worte, die in dem Hörer nicht dieselbe Vorstellung, wie sie der Sprechende hat, erwecken, diesem Zwecke weder in dem geselligen, noch in dem philosophischen Verkehr. Nun besteht zwischen den Lauten und Vorstellungen keine natürliche Verknüpfung, die Bedeutung beruht auf der willkürlichen Bestimmung der Menschen; deshalb kommt das Schwankende und Zweifelhafte ihrer Bedeutung, worin die hier behandelte Unvollkommenheit besteht, mehr von den Vorstellungen, die sie bezeichnen sollen, als von dem Unterschied in der Fähigkeit der Laute, Vorstellungen zu bezeichnen; vielmehr sind in dieser Hinsicht alle Laute gleich vollkommen. Das also, was manche Worte zweifelhafter und unsicherer als andere macht, liegt in den verschiedenen Vorstellungen, die sie bezeichnen.

§ 5. (Die Ursachen dieser Unvollkommenheit.) Da die Worte an sich keine Bedeutung haben, so muss die von ihnen bezeichnete Vorstellung von denen erlernt und behalten werden, welche in irgend einer Sprache Gedanken austauschen oder verständlich mit Andern sprechen wollen. Dies ist aber da am schwersten, wo 1) die bezeichneten Vorstellungen sehr zusammengesetzt und aus einer grossen Zahl von Vorstellungen gebildet worden sind; 2) wo die bezeichneten Vorstellungen keine feste Verbindung mit der Natur haben und daher ein wirklicher Maassstab für ihre Berichtigung und Verbesserung fehlt; 3) wenn die Bedeutung des Wortes auf einen nicht leicht erkennbaren Maassstab sich bezieht; 4) wenn die Bedeutung des Wortes und die wirkliche Kenntniss des Gegenstandes nicht genau übereinstimmen. Diese Schwierigkeiten bestehen bei vielen an sich verständlichen Worten; die überhaupt unverständlichen, wie z.B. die Worte für einfache Vorstellungen, wozu dem Andern der Sinn, sie wahrzunehmen, fehlt, wie die Farben für den Blinden, oder die Töne für den Tauben, brauche ich hier nicht zu berühren. In all jenen Fällen zeigt sich eine von mir näher zu untersuchende Unvollkommenheit der Worte je nach ihrer Anwendung auf verschiedene Arten von Vorstellungen; die Namen für gemischte Zustände unterliegen dem Zweifel[85] und der Unvollkommenheit hauptsächlich aus den beiden ersten Ursachen, und die Namen der Substanzen hauptsächlich aus den beiden letzten.

§ 6. (Die Worte für gemischte Zustände sind zweifelhaft, 1) wegen der grossen Zusammengesetztheit ihrer Vorstellungen.) Zunächst sind es die Namen der gemischten Zustände, wo viele in ihrer Bedeutung unsicher und dunkel sind, und zwar erstens wegen der vielen einfachen Vorstellungen, aus denen ihre Vorstellungen gebildet sind. Sollen die Worte die Mittheilung befördern, so müssen sie (wie gesagt) in dem Hörer genau die Vorstellung erwecken, welche der Sprechende damit verbindet. Ohnedem füllt man wohl die Ohren des Andern mit Geräusch und Tönen, aber man theilt die Gedanken nicht mit und legt die Vorstellungen nicht dar, was doch der Zweck aller Sprache und Unterredung ist. Bezeichnet nun das Wort eine sehr zusammengesetzte Vorstellung, die verbunden und getrennt wird, so ist das genaue Festhalten derselben nicht leicht, und die Vorstellung wird nicht immer genau dieselbe bleiben. Deshalb haben die Worte für sehr zusammengesetzte Vorstellungen, und namentlich Worte aus der Moral, schon bei zwei Menschen selten dieselbe Bedeutung; denn deren Vorstellungen stimmen selten überein, ja, die eigene gestrige ist oft eine andere, als die heutige oder morgende.

§ 7. (Zweitens, weil sie keinen Maassstab haben.) Zweitens fehlt den Namen der gemischten Zustände meistentheils der natürliche Maassstab, nach dem die Bedeutung berichtigt und geregelt werden kann, deshalb werden sie verschieden und zweifelhaft. Es sind beliebige Verbindungen von Vorstellungen, wobei der Sprechende nur seine eigenen Zwecke und seine eigenen Begriffe beachtet; er will nicht ein wirklich bestehendes Ding damit bezeichnen, sondern die Dinge nur benennen und ordnen, um zu sehen, ob sie zu den Urbildern und Formen passen, die er selbst gemacht hat. Wer zuerst das Wort Täuschung, oder Schmeichelei, oder Spott in Gebrauch brachte, setzte die Vorstellungen, die sie bezeichnen sollten, nach eigenem Ermessen zusammen, und so, wie es sich mit allen neuen Worten, die in einer Sprache jetzt aufgestellt werden, verhält, so verhielt es sich mit den alten Worten, als sie zuerst aufgebracht[86] wurden. Deshalb müssen Worte für Vorstellungen, die der Mensch nach Belieben zusammensetzt, nothwendig eine schwankende Bedeutung haben; denn sie werden in der Natur in solcher Verbindung nicht angetroffen, und es fehlen die Muster, nach denen man sie berichtigen kann. Was das Wort Mord oder Kirchenraub bedeutet, kann nie aus den Dingen selbst entnommen werden; viele Theile dieser Handlung sind nicht einmal sichtbar; die innere Absicht und die Beziehung auf heilige Sachen, welche einen Bestandtheil dieser Worte bilden, haben mit der äusserlichen Handlung, die begangen wird, keine nothwendige Verbindung, und das Abdrücken der Flinte, wodurch der Mord vielleicht begangen wird, und was vielleicht das ganze von der Handlung Sichtbare ausmacht, hat keine natürliche Verbindung mit den andern Bestimmungen, die der Mord enthält; diese Verbindung kommt nur von dem Verstande, der sie unter einem Worte vereint, dabei aber keine Regel und kein Muster beachtet. Deshalb muss der Sinn dieses Wortes, das eine so willkürliche Verbindung bezeichnet, bei den einzelnen Menschen verschieden sein, da ihnen eine feste Regel zur Berichtigung ihrer Begriffe bei solchen willkürlichen Vorstellungen fehlt.

§ 8. (Der Sprachgebrauch hilft hier nicht hinlänglich.) Allerdings pflegt der gewöhnliche Sprachgebrauch hier als ein Hülfsmittel für die Befestigung der Bedeutung der Worte angesehen zu werden, und er ist es auch in gewissem Maasse. Er regelt für den gewöhnlichen Verkehr den Sinn der Worte ganz gut; allein da Niemand das Recht hat, die genaue Bedeutung der Worte festzustellen und zu bestimmen, mit welchen Vorstellungen sie verknüpft werden sollen, so genügt dies für philosophische Untersuchungen nicht; denn beinahe alle Worte für sehr zusammengesetzte Vorstellungen (ich sage von andern nichts) haben im gewöhnlichen Verkehr eine grosse Unbestimmtheit und können selbst nach dem Sprachgebrauch sehr verschiedene Vorstellungen bezeichnen. Ueberdies ist auch die Regel und das Maass des Sprachgebrauchs nirgends festzustellen, und oft wird gestritten, ob dieser oder jener Gebrauch eines Wortes der Sprache angemessen sei. Aus alledem erhellt, dass die Worte für diese zusammengesetzten Vorstellungen von[87] Natur der Unvollkommenheit unterliegen und von zweifelhafter Bedeutung sind; selbst unter Personen, die sich verständigen wollen, bezeichnen sie nicht immer dieselbe Vorstellung bei dem Hörenden, wie bei dem Sprechenden. Wenn auch die Worte Ruhm und Dankbarkeit in dem Munde eines Jeden desselben Landes gleich klingen, so ist doch die Vorstellung, an die die Einzelnen dabei denken, offenbar bei Jedem verschieden.

§ 9. (Die Art, wie diese Worte gelernt werden, steigert ebenfalls ihre Unsicherheit.) Auch die Art, wie die Worte für gemischte Zustände meist gelernt werden, trägt viel zu dem Schwanken ihres Sinnes bei. Denn betrachtet man die Art, wie Kinder die Worte lernen, so sieht man, dass, um ihnen die Worte für einfache Vorstellungen und Substanzen verständlich zu machen, meist die Sache gezeigt und dabei das Wort wiederholt vorgesagt wird, z.B. bei weiss, süss, Milch, Zucker, Katze, Hund. Dagegen lernen sie bei den gemischten Zuständen, und namentlich bei den das Sittliche betreffenden Worten, den Laut zuerst, und wenn sie dann deren Sinn wissen wollen, werden sie entweder an Andere zur Erklärung verwiesen (was die Regel ist) oder ihrer eigenen Beobachtung und Mühe überlassen. Da sie sich nun wenig um die wahre und genaue Bedeutung bemühen, so bleiben diese auf die Moral bezüglichen Worte bei den Meisten ein leerer Schall, und wo ein Sinn damit verbunden wird, ist er lose und unbestimmt, und daher verworren und dunkel. Selbst Die, welche ihre Begriffe aufmerksamer geregelt haben, entgehen doch selten der Unannehmlichkeit, dass sie diese Worte für andere Vorstellungen benutzen, als andere fleissige und umsichtige Personen. Wo gäbe es einen wissenschaftlichen Streit oder ein vertrauliches Gespräch über Ehre, Glauben, Gnade, Religion, Kirche u.s.w., in dem die abweichenden Begriffe der einzelnen Personen nicht leicht bemerkbar wären? was so viel heisst, dass sie in der Bedeutung dieser Worte nicht übereinstimmen und damit nicht dieselben zusammengesetzten Vorstellungen verbinden. Aller Streit, der dann folgt, trifft nur den Sinn der Worte. Deshalb nimmt die Auslegung der menschlichen wie göttlichen Gesetze kein Ende; Commentare erzeugen wieder Commentare, und Erläuterungen geben Stoff zu neuen[88] Erläuterungen; es ist kein Aufhören in Beschränkung, Unterscheidung und Veränderung der Bedeutung bei den das Recht und die Moral betreffenden Worten. Diese selbst geschaffenen Vorstellungen werden von den Menschen, weil sie immer die Macht dazubehalten, ohne Ende vermehrt. Mancher ist mit dem Sinne einer Bibelstelle oder einem Gesetzes-Artikel bei dem ersten Lesen im Reinen, aber über das Studiren der Commentatoren ist ihm dieser Sinn ganz verloren gegangen; die Erläuterungen haben ihn nur in Zweifel gestürzt und Dunkelheit über die Stelle verbreitet. Ich will deshalb die Commentare nicht für unnöthig erklären, ich will nur zeigen, wie unsicher von Natur die Worte für gemischte Zustände sind, selbst unter Personen, die den Willen und die Fähigkeit haben, so klar zu sprechen, wie die Natur der Sprache es gestattet.

§ 10. (Daher kommt die unvermeidliche Dunkelheit bei den alten Schriftstellern.) Ich brauche kaum zu erwähnen, welche Dunkelheit dies unvermeidlich über die Schriften von Männern verbreitet hat, die in entfernten Zeiten und Ländern gelebt haben. Die zahlreichen Bücher gelehrter Männer, die ihr Nachdenken hierauf verwendet haben, beweisen zur Genüge, welche Aufmerksamkeit, welcher Verstand, Fleiss und Scharfsinn zur Auffindung der wahren Meinung jener Schriftsteller erforderlich ist. Da man indess nur bei solchen Büchern den Sinn ängstlich erforscht, welche Wahrheiten enthalten, die man glauben soll, oder Gesetze, denen man gehorchen soll und deren Nichtbeachtung in Unannehmlichkeiten verwickelt, so ist man über den Sinn der Bücher anderer Schriftsteller weniger besorgt, welche nur ihre eigenen Ansichten aussprechen; diesen liegt ebenso daran, verstanden zu werden, wie dem Leser, sie zu verstehen, und da Glück oder Unglück nicht von ihren Aussprüchen abhängt, so kann man ohne Gefahr sie unbeachtet lassen; wenn sie sich nicht gehörig deutlich und klar aussprechen, legt man deren Buch bei Seite und denkt, ohne sie beleidigen zu wollen:

Si non vis intelligi, debes negligi.

(Willst du nicht verständlich sein, so magst du unbeachtet bleiben.)

§ 11. (Substanz-Namen von zweifelhafter[89] Bedeutung.) Wenn der Sinn der Worte für gemischte Zustände unsicher ist, weil der äusserliche Maassstab fehlt, an dem er gemessen und berichtigt werden kann, so hat das Unsichere in der Bedeutung der Worte für Substanzen einen entgegengesetzten Grund, nämlich, dass man meint, die Vorstellung, die sie bezeichnen, entspreche den Dingen, und dass man sie auf natürliche Maassstäbe bezieht. Bei den Worten für Substanzen hat man nicht die gleiche Freiheit, wie bei den gemischten Zuständen, und kann die Verbindung nicht beliebig so gestalten, dass sie selbst als das eigenthümliche Kennzeichen gilt, nach dem man die Dinge ordnet und benennt. Hier muss man der Natur folgen, die Vorstellung dem Bestehenden anpassen und die Bedeutung der Zeichen nach den Dingen selbst regeln, wenn die Worte sie bezeichnen sollen. Hier sind Muster vorhanden, aber Muster, die die Bedeutung ihrer Worte sehr unsicher machen. Denn es muss diese Bedeutung schwanken, wenn ihre Vorstellungen auf äusserliche Maassstäbe bezogen werden, die man entweder gar nicht, oder nur unvollständig und unsicher erkennen kann.

§ 12. (Die SubstanzNamen in Beziehung 1) auf das wirkliche Wesen, was unerkennbar ist.) Die Worte für Substanzen haben im gewöhnlichen Leben, wie ich bereits gezeigt, eine zweifache Beziehung. Erstens sollen sie mitunter die wirkliche Verfassung der Dinge, aus der alle Eigenschaften abfliessen und in der sie ihren Mittelpunkt haben, bezeichnen, und ihr Sinn soll damit übereinstimmen. Aber diese wirkliche Verfassung, oder (wie sie eigentlich genannt werden sollte) dieses Wesen ist gänzlich unbekannt, und ein Laut, der es bezeichnen soll, kann deshalb nur unsicher bleiben, und man könnte nicht wissen, was ein Pferd, was Anatomie ist und was so genannt werden soll, wenn diese Worte das wirkliche Wesen bezeichnen, was man nicht im Mindesten kennt. Indem bei dieser Annahme die Substanz – Namen auf einen Maassstab bezogen werden, der unerkennbar ist, kann ihre Bedeutung aus demselben nie entnommen, noch danach bemessen werden.

§ 13. (2) auf zusammen bestehende Eigenschaften, die nur unvollkommen gekannt sind.) Zweitens sind es die einfachen, an Substanzen zusammen angetroffenen Vorstellungen, welche durch deren Namen bezeichnet[90] werden sollen; hier sind diese verbundenen Eigenschaften der Maassstab, auf den sie bezogen und an denen ihre Bedeutung berichtigt werden kann. Aber diese Urbilder erfüllen diesen Zweck nicht und lassen den Sinn der Worte schwankend und unsicher, weil diese gleichzeitig bestehenden einfachen Vorstellungen sehr zahlreich sind und eine jede das Recht hat, in die besondere Gesammtvorstellung, welcher der Name gilt, mit einzutreten, und weil die Menschen selbst bei Betrachtung desselben Gegenstandes sehr verschiedene Vorstellungen davon bilden; deshalb hat dasselbe Wort bei verschiedenen Personen unvermeidlich verschiedene Bedeutungen. Ueberdem sind die einfachen Vorstellungen dieser Gesammtvorstellungen meist Kräfte, welche in Bezug auf Veränderungen, die sie in andern Dingen bewirken, oder von ihnen erleiden, zahllos sind. Betrachtet man nur die vielen Veränderungen, welche ein gewöhnliches Metall durch Feuer erleiden kann, und die noch zahlreicheren, die dasselbe unter den Händen des Chemikers erfährt, so wird man mir beistimmen, dass die Eigenschaften keines Körpers leicht zusammenzufassen und auf den uns zugänglichen Wegen zu erreichen sind. Wenn sie daher so zahlreich sind, dass Niemand ihre bestimmte Anzahl kennen kann, so werden sie auch je nach dem Geschick, der Aufmerksamkeit und Behandlungsweise der Einzelnen verschiedentlich ermittelt. Ein Jeder muss deshalb eine andere Vorstellung von derselben Substanz gewinnen, und es muss deshalb die Bedeutung ihres gebräuchlichen Namens veränderlich und unsicher werden; denn Jeder hat bei solcher Gesammt-Vorstellung das Recht, die Eigenschaften hineinzulegen, die er in der Substanz angetroffen hat; der Eine begnügt sich bei dem Golde mit der Farbe und dem Gewicht; allein ein Anderer hält dessen Auflösbarkeit in Königswasser für ebenso wesentlich, und ein Dritter dessen Schmelzbarkeit, da diese Eigenschaften gleich beständig verbunden sind; wieder Andere fügen die Biegsamkeit oder die Festigkeit hinzu, je nachdem sie es beobachtet oder gehört haben. Wer von diesen Personen hat nun die richtige Bedeutung des Wortes Gold, und wer soll hierüber entscheiden? Jeder hat einen natürlichen Maassstab für sich und hält sich berechtigt, in die Gesammt-Vorstellung des Wortes Gold[91] die Eigenschaften zu legen, die er darin gefunden hat; ein Anderer hält sich ebenso berechtigt, sie wegzulassen, weil er sie nicht daran bemerkt hat, und ein Dritter, der andere Eigenschaften gefunden hat, legt wieder diese hinein. Indem die in der Natur bestehende Verbindung dieser Eigenschaften der wahre Grund zu ihrer Verbindung in eine Gesammt-Vorstellung ist, wie kann man da sagen, dass der Eine mehr als der Andere Grund gehabt, die seinigen einzufügen und die andern auszulassen? Hieraus erhellt, dass die Gesammt-Vorstellungen der Substanzen bei mehreren Personen, trotzdem, dass sie dasselbe Wort gebrauchen, verschieden sind, und daher auch die Bedeutung dieser Worte unsicher ist.

§ 14. (3) auf zugleich bestehende Eigenschaften, die nur unvollständig bekannt sind.) Ueberdies wird wohl jedes einzelne bestehende Ding in seinen einzelnen einfachen Bestimmungen mit mehr oder weniger anderen Dingen in Verbindung stehen, und wer will in diesem Falle angeben, welche genaue Anzahl derselben die Vorstellung ausmachen, die dieses bestimmte Wort bezeichnet, und wer will mit einer Art von Recht vorschreiben, dass augenfällige und bekannte Eigenschaften ausgeschlossen und geheimere oder eigenthümlichere in die Bedeutung des Namens einer Substanz eingefügt werden sollen? Und doch kommen daher die verschiedenen und zweifelhaften Bedeutungen der Worte für Substanzen, was bei deren Gebrauche in den Wissenschaften so viel Unsicherheit, Streit und Missverständnisse veranlasst.

§ 15. (So unvollkommen genügen sie wohl für den gewöhnlichen, aber nicht für den wissenschaftlichen Gebrauch.) Allerdings genügen für den gewöhnlichen Verkehr die allgemeinen Substanz – Namen, die sich in ihrer gewöhnlichen Bedeutung nach einigen augenfälligen Eigenschaften (wie die Gestalt und Form in Dingen, die sich durch Samen fortpflanzen, und die Farbe mit einigen andern sinnlichen Eigenschaften bei den meisten übrigen Körpern) bestimmen, um die Dinge zu bezeichnen, von denen man sprechen will, deshalb werden die Gold und Apfel benannten Substanzen so weit genügend verstanden, um sie von einander unterscheiden zu können. Dagegen wird in wissenschaftlichen Untersuchungen und Verhandlungen, wo es auf Feststellung[92] allgemeiner Wahrheiten ankommt und Folgerungen aus aufgestellten Sätzen gezogen werden sollen, die genaue Bedeutung der Substanz – Namen sich als schwankend ergeben, und eine Feststellung derselben wird sich sehr schwer erweisen. Wer z.B. die Biegsamkeit oder eine gewisse Festigkeit zu einem Theile seiner Vorstellung des Goldes gemacht hat, wird demgemäss Sätze aufstellen und Folgerungen ziehen, wie sie aus einer solchen Bedeutung des Wortes Gold wahrhaft und klar sich ergeben, und doch kann ein Anderer zu deren Anerkennung nicht genöthigt und von ihrer Wahrheit nicht überführt werden, wenn er nicht ebenso die Biegsamkeit oder eine gewisse Festigkeit in seine Vorstellung vom Gold aufgenommen hat.

§ 16. (Ein Beispiel an Liquor.) Dies ist ein natürlicher und beinahe unvermeidlicher Mangel in beinahe allen Substanz-Namen, den man leicht in jeder Sprache bemerken wird, wenn man von verworrenen und schwankenden Begriffen zu genaueren und schärferen Untersuchungen übergeht. Dann zeigt sich, wie zweifelhaft und dunkel die Worte in ihrer Bedeutung sind, die bei dem gewöhnlichen Verkehr so klar und bestimmt erscheinen. Ich wohnte einst einer Versammlung gelehrter und geistreicher Aerzte bei, wo zufällig die Frage entstand, ob ein gewisser Liquor die Nerven durchdringe. Der Streit hatte eine Weile gedauert, und von beiden Seiten hatte man Gründe vorgebracht (die vermuthen Messen, dass der Streit zum grössten Theile sich nur um den Sinn der Worte, und nicht um den wahren Begriff der Dinge drehte), als ich bat, man möge, ehe man weiter streite, prüfen und feststellen, was man unter Liquor verstehe. Man war anfangs überrascht, und Leute von weniger Geist würden meine Bitte für Scherz oder Unverschämtheit gehalten haben, da Jeder sicher geglaubt, den Sinn des Wortes Liquor vollkommen zu verstehen, der allerdings nicht zu den schwierigsten tarnen von Substanzen gehört. Indess ging man auf meinen Vorschlag ein, und es ergab sich nun, dass der Sinn des Wortes Liquor nicht so fest und sicher war, als Alle gedacht hatten, und das Jeder eine andere Vorstellung davon hatte. Man erkannte nun, dass man sich grossentheils um den Sinn des Worts gestritten hatte, und dass[93] ihre Ansichten über die flüssige und feine Masse selbst, die durch die Nerven fliesse, wenig von einander abwichen; nur darüber, ob sie Liquor zu nennen sei, konnte man sich nicht vereinigen, erkannte aber, dass dieser Punkt des Streitens nicht werth sei.

§ 17. (Ein Beispiel am Golde.) Wie dies beinahe von den meisten so heiss geführten Streitigkeiten gilt, werde ich noch anderwärts zu bemerken Gelegenheit nahen. Ich möchte hier nur das obige Beispiel mit dem Golde noch einmal benutzen, um zu zeigen, wie schwer dessen Bedeutung zu bestimmen ist. Alle geben zu, dass es einen gelben Körper bezeichnet, und da dies die Vorstellung ist, die Kinder damit verbinden, so gilt diesen auch das glänzende gelbe Stück in dem Pfauenschwanze für Gold. Andere fanden auch die Schmelzbarkeit mit dieser gelben Farbe in einzelnen Stücken verbunden; sie machten daraus eine Gesammt-Vorstellung, der sie den Namen Gold zur Bezeichnung dieser Substanzen gaben; damit wurden alle jene goldgelben Körper ausgeschlossen, welche im Feuer zu Asche verbrennen; nur solche Körper galten nun als Gold, welche bei ihrer glänzenden gelben Farbe im Feuer schmolzen, aber nicht zu Asche verbrannten. Ein Anderer fügte das Gewicht hinzu; es ist ebenso, wie die Schmelzbarkeit, eng mit der gelben Farbe verbunden, und man ist deshalb ebenso berechtigt, es in die Vorstellung des Goldes mit aufzunehmen und durch das Wort mit zu bezeichnen. Damit wurden die von den Früheren gemachten Vorstellungen unvollständig. So geht es weiter mit den übrigen Eigenschaften; es giebt keinen Grund, weshalb irgend eine der Eigenschaften, die in der Natur immer sich vereint zeigen, in das Wort-Wesen aufgenommen oder ausgelassen werden soll, und weshalb das Wort Gold, was den Stoff, aus dem der Ring am Finger gemacht ist, bezeichnet, diese Art eher nach der Farbe und Schwere, als nach der Farbe, Schwere und Schmelzbarkeit bestimmen soll, da auch diese Lösbarkeit durch Königswasser von dem Gold ebenso untrennbar ist, wie seine Schmelzbarkeit durch Feuer; beide sind nur Beziehungen dieser Substanz zu zwei anderen Körpern, die auf das Gold eigenthümlich zu wirken vermögen. Weshalb sollte nun die Schmelzbarkeit zu dem Wesen und die Lösbarkeit nur zu den Eigenschaften der mit Gold[94] bezeichneten Substanz gehören? Ich meine nämlich, dass sie alle nur Eigenschaften sind, die von dessen wirklicher Verfassung abhängen, also thätige oder leidende Kräfte in Bezug auf andere Körper. Deshalb ist man nicht berechtigt, das Wort Gold (insofern es auf einen solchen in der Natur bestehenden Körper bezogen wird) mehr auf diese oder jene Sammel-Vorstellung der in ihm gefundenen Eigenschaften zu beziehen. Damit muss aber unvermeidlich seine Bedeutung schwankend werden, denn, wie gesagt, verschiedene Personen bemerken verschiedene Eigenschaften in dieser Substanz, und ich denke, dies gilt von allen Körpern. Deshalb sind die Beschreibungen der Dinge unvollständig und deren Worte von schwankender Bedeutung.

§ 18. (Die Worte für einfache Vorstellungen sind am wenigsten schwankend.) Hieraus erhellt, dass, wie ich früher bemerkte, die Worte für einfache Vorstellungen weniger wie andere dem Irrthum ausgesetzt sind, und zwar aus folgenden Gründen: 1) weil die Vorstellungen, die damit bezeichnet werden, als einzelne Wahrnehmungen leichter gewonnen und deutlicher behalten werden, als die zusammengesetzten Vorstellungen. Sie sind daher nicht der Unsicherheit ausgesetzt, welche den Gesammt-Vorstellungen von Substanzen und gemischten Zuständen anhängt, wo die bestimmte Zahl einfacher Vorstellungen, die sie ausmachen, nicht leicht feststeht und behalten wird; 2) weil sie immer nur auf die Vorstellungen, die sie unmittelbar bezeichnen, als ihr Wesen bezogen werden, während diese Beziehung es ist, welche die Substanz-Namen so schwierig macht und zu vielem Streit Anlass giebt. Menschen, die nicht absichtlich die Worte verkehrt gebrauchen, oder absichtlich Scherz damit treiben, irren sich in den Sprachen, die sie kennen, selten im Gebrauch und Sinne der Worte für einfache Vorstellungen; weiss und süss, gelb und bitter haben einen augenfälligen Sinn, den Jeder genau erfasst oder leicht begreift, wenn er danach fragt. Aber nicht so bekannt sind die Verbindungen einfacher Vorstellungen in dem Worte Bescheidenheit oder Massigkeit, wie sie bei dem Einen oder Andern bestehn. Wenn man auch genau zu wissen meint, was unter Gold oder Eisen verstanden wird, so ist doch die Gesammt-Vorstellung, die Andere[95] davon haben, nicht so gewiss. Selten wird diese bei dem Sprechenden und Hörenden dieselbe sein, und daraus müssen Missverständnisse und Streitigkeiten entstehen, sobald man diese Worte in Verhandlungen benutzt, wo es sich um allgemeine Regeln handelt, oder allgemeine Wahrheiten festgestellt und Folgerungen daraus gezogen werden sollen.

§ 19. (Am nächsten stehen ihnen die einfachen Zustände.) Aus demselben Grunde sind die Worte für einfache Zustände nach denen für einfache Vorstellungen am wenigsten dem Zweifel und Schwanken ausgesetzt, namentlich die für die Gestalt und Zahl, deren Vorstellungen so klar und deutlich sind. Wer hat je den Sinn von Sieben oder von dem Worte Dreieck missverstanden? Im Allgemeinen sind die Worte für die am wenigsten zusammengesetzten Vorstellungen jeder Art auch am wenigsten zweideutig.

§ 20. (Am zweideutigsten sind die Worte für gemischte Zustände und Substanzen.) Gemischte Zustände, die aus wenigen und augenfälligen einfachen Vorstellungen bestehen, haben daher meist Namen, deren Bedeutung nicht sehr schwankt; aber die, welche eine grosse Zahl einfacher Vorstellungen befassen, haben, wie ich gezeigt habe, Worte von zweifelhaftem und schwankendem Sinne. Noch grösserer Unvollständigkeit und Unsicherheit unterliegen die Worte für die Substanzen, da sie Vorstellungen bezeichnen, die weder das wahre Wesen, noch die genaue Darstellung des Musters, auf das sie bezogen werden, sind, namentlich wenn es sich um einen wissenschaftlichen Gebrauch dieser Worte handelt.

§ 21. (Weshalb ich diese Unvollkommenheit den Worten zur Last lege.) Da diese grosse Verwirrung in den Substanz-Namen meistentheils aus der mangelhaften Kenntniss ihrer wahren Verfassung und dem Unvermögen, darein einzudringen, hervorgeht, so wird es auffallen, wenn ich sie mehr den Worten als dem Verstande zur Last lege; es scheint dies so wenig begründet, dass ich mich zur näheren Rechtfertigung meines Verfahrens verpflichtet halte. Ich gestehe, dass bei dem Beginn dieses Werkes über den Verstand, und selbst noch ein gut Theil länger, ich nicht daran dachte, dass auch eine Untersuchung der Worte dazu gehöre.[96] Allein nachdem ich den Ursprung und die Bildung unserer Vorstellungen durchgegangen war, und die Ausdehnung und Gewissheit unseres Wissens zu prüfen begann, fand ich eine so enge Verbindung desselben mit den Worten, dass zuvor ihr Einfluss und die Weise ihrer Bezeichnung untersucht werden musste, ehe ich mich klar und angemessen über das Wissen auslassen konnte, das immer mit Sätzen es zu thun hat, wenn es die Wahrheit bieten will. Wenn diese auch bei den Dingen selbst abschliessen, so liegt es doch grossentheils in der Vermittelung durch Worte, dass die Sätze kaum von dem allgemeinen Wissen trennbar sind. Wenigstens stellen sie sich so sehr zwischen den Verstand und die Wahrheit, die er betrachten und erfassen möchte, dass, gleich dem Medium, durch welches man Gegenstände sieht, ihre Dunkelheit oder Unordnung unsere Augen umnebelt und unsern Verstand täuscht. Bedenkt man, dass die Täuschungen, in die man sich selbst und Andere verwickelt, und die Missgriffe in den Streitigkeiten und Begriffen grossentheils aus der unsicheren oder falsch aufgefassten Bedeutung der Worte entstehen, so erscheinen sie offenbar als ein grosses Hinderniss auf dem Wege der Erkenntniss, und diese warnende Bemerkung wird hier um so mehr an ihrer Stelle sein, als man diesen Punkt bisher so wenig für einen Mangel gehalten hat, dass viele Menschen sich vielmehr mit der Kunst der Sprach-Verbesserung beschäftigt und dadurch das Ansehen gelehrter und scharfsinniger Männer gewonnen haben, wie das nächste Kapitel ergeben wird. Hätte man indess die Unvollkommenheiten der Sprache, die das Instrument zur Erkenntniss ist, gründlich erwogen, so würden von selbst eine Menge Streitfragen verschwunden sein, die jetzt so viel Lärm in der Welt verursachen, und der Weg zur Wahrheit, und vielleicht auch zum Frieden, würde freier sein, als es jetzt der Fall ist.

§ 22. (Dies sollte vorsichtig machen, damit man alten Schriftstellern nicht seinen Sinn unterschiebt.) Da die Bedeutung der Worte in allen Sprachen viel von den Gedanken, Begriffen und Vorstellungen Dessen, der dieser Sprache sich bedient, abhängt, so muss sie schon bei Personen, die dieselbe Sprache sprechen und demselben Lande angehören, grosse Unsicherheit haben. Dies zeigen die griechischen Schriftsteller;[97] wer ihre Schriften liest, bemerkt, dass jeder derselben seine eigene Sprache hat, wenn sie auch alle dieselben Worte gebrauchen. Kommt aber zu dieser natürlichen Schwierigkeit noch der Unterschied der Länder und Zeitalter hinzu, in denen die Sprechenden und Schreibenden sehr abweichende Begriffe, Gesinnungen, Gewohnheiten, Sprachverzierungen und Formen u.s.w. hatten, welche die Bedeutung der Worte wesentlich beeinflussten, während für uns dies Alles verloren und unbekannt ist, so geziemt es uns, bei der Auslegung und dem etwanigen Missverständniss alter Schriftsteller nachsichtig gegen einander zu sein. Wenn ihr Verständniss uns auch von Wichtigkeit ist, so unterliegt es doch den unvermeidlichen Schwierigkeiten der Sprache, welche (mit Ausnahme der Worte für einfache Vorstellungen und einige sehr augenfällige Dinge) ohne stete Definition ihrer Ausdrücke den Sinn und die Meinung des Sprechenden dem Hörenden nicht sicher und unzweifelhaft mittheilen kann. Diese Schwierigkeiten sind gerade in Fragen der Religion, des Rechts und der Moral, welche die wichtigsten sind, auch die grössten.

§ 23. Die bändereichen Erklärungen und Commentare zu dem alten und neuen Testament sind offenbare Beweise hierfür. Wenn auch alles im Text Gesagte untrüglich wahr ist, so ist doch der Leser in der Auffassung des Sinnes grossen Irrthümern ausgesetzt. Auch kann es nicht auffallen, wenn der in Worte gekleidete Wille Gottes den Zweifeln und der Ungewissheit unterliegt, welche bei dieser Art der Mittheilung unvermeidlich sind; selbst sein Sohn war, als er im Fleische erschien, allen Schwächen und Mängeln der menschlichen Natur, mit Ausnahme der Sünde, unterworfen. Wir haben seine Güte zu preisen, dass er vor aller Welt solche leserliche Zeichen seiner Werke und Vorsehung ausgestreut und allen Menschen so viel Verstandeslicht gegeben hat, dass selbst Die, zu denen das geschriebene Wort nicht gelangte, dennoch (wenn sie zu suchen begannen) an dem Dasein Gottes und an dem ihm schuldigen Gehorsam nicht zweifeln konnten. Wenn daher die Lehren der natürlichen Religion einfach und für alle Menschen verständlich sind, wenn selten Streit darüber entsteht, während die geoffenbarten Wahrheiten, die wir durch Bücher und in Worten[98] überkommen haben, den allgemeinen und natürlichen Schwierigkeiten und der Dunkelheit der Worte unterliegen, so dürfte es sich ziemen, sorgfältiger und eifriger in Befolgung jener zu sein, und weniger schulmeisterlich, sicher und befehlshaberisch in Erklärung und in Unterschiebung der eigenen Meinung bei letzterer.

Quelle:
John Locke: Versuch über den menschlichen Verstand. In vier Büchern. Band 2, Berlin 1872, S. 83-99.
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Versuch über den menschlichen Verstand
Philosophische Bibliothek, Bd.75, Versuch über den menschlichen Verstand, Teil 1: Buch I und II
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