IV. Der Gesamt-Kreislauf

[55] Wir haben gesehn, daß der Zirkulationsprozeß nach Ablauf seiner ersten Phase G – W ‹ A+Pm unterbrochen wird durch P, wo die auf dem Markt gekauften Waren A und Pm nun als stoffliche und wertliche Bestandteile des produktiven Kapitals konsumiert werden; das Produkt dieser Konsumtion ist eine neue Ware, W', stofflich und wertlich verändert. Der unterbrochene Zirkulationsprozeß, G – W, muß ergänzt werden durch W – G. Aber als Träger dieser zweiten und abschließenden Phase der Zirkulation erscheint W', eine stofflich und wörtlich von dem ersten W verschiedne Ware. Die Zirkulationsreihe stellt sich also dar als 1) G – W1; 2) W'2 – G', wo in der zweiten Phase der ersten Ware W1 eine andre von höherem Wert und verschiedner Gebrauchsform, W'2, untergeschoben ist während der durch die Funktion von P verursachten Unterbrechung, der Produktion von W' aus den Elementen von W, den Daseinsformen des produktiven Kapitals P. Die erste Erscheinungsform dagegen, worin uns das Kapital (Buch I, Kap. IV, 1) gegenübertrat, G – W – G' (aufgelöst: 1) G – W1; 2) W1 – G') zeigt dieselbe Ware zweimal. Es ist beidemal dieselbe Ware, worin sich das Geld in der ersten Phase verwandelt, und welche sich in der zweiten Phase in mehr Geld rückverwandelt. Trotz dieser wesentlichen Verschiedenheit haben beide Zirkulationen das gemein, daß in ihrer ersten Phase Geld in Ware und in ihrer zweiten Ware in Geld verwandelt wird, das in der ersten Phase verausgabte Geld also in der zweiten wieder zurückfließt. Einerseits haben sie diesen Rückstrom des Geldes zu seinem Ausgangspunkt gemein, andrerseits aber auch den Überschuß des rückströmenden Geldes über das vorgeschoßne. Insofern erscheint auch G – W... W' – G' in der allgemeinen Formel G – W – G' enthalten.[55]

Es ergibt sich hier ferner, daß in den beiden der Zirkulation angehörigen Metamorphosen G – W und W' – G' sich jedesmal gleich große, gleichzeitig vorhandne Wertexistenzen gegenüberstehn und einander ersetzen. Die Wertveränderung gehört lediglich der Metamorphose P, dem Produktionsprozeß, der so als reale Metamorphose des Kapitals, gegenüber den bloß formellen Metamorphosen der Zirkulation, erscheint.

Betrachten wir nun die Gesamtbewegung G – W... P... W' – G', oder ihre explizite Form G – W ‹ A+Pm... P... W' (W + w) – G' (G + g). Das Kapital erscheint hier als ein Wert, der eine Reihenfolge zusammenhängender, durch einander bedingter Verwandlungen durchläuft, eine Reihe von Metamorphosen, die ebensoviele Phasen oder Stadien eines Gesamtprozesses bilden. Zwei dieser Phasen gehören der Zirkulationssphäre an, eine der Produktionssphäre. In jeder dieser Phasen befindet sich der Kapitalwert in verschiedner Gestalt, der eine verschiedne, spezielle Funktion entspricht. Innerhalb dieser Bewegung erhält sich nicht nur der vorgeschoßne Wert, sondern er wächst, vermehrt seine Größe. Endlich, im Schlußstadium, kehrt er zur selben Form zurück, worin er beim Ausgang des Gesamtprozesses erschien. Dieser Gesamtprozeß ist daher Kreislaufsprozeß.

Die beiden Formen, die der Kapitalwert innerhalb seiner Zirkulationsstadien annimmt, sind die von Geldkapital und Warenkapital; seine dem Produktionsstadium angehörige Form ist die von produktivem Kapital. Das Kapital, welches im Verlauf seines Gesamtkreislaufs diese Formen annimmt und wieder abstreift und in jeder die ihr entsprechende Funktion vollzieht, ist industrielles Kapital – industriell hier in dem Sinn, daß es jeden kapitalistisch betriebnen Produktionszweig umfaßt.

Geldkapital, Warenkapital, produktives Kapital bezeichnen hier also nicht selbständige Kapitalsorten, deren Funktionen den Inhalt gleichfalls selbständiger und voneinander getrennter Geschäftszweige bilden. Sie bezeichnen hier nur besondre Funktionsformen des industriellen Kapitals, das sie alle drei nacheinander annimmt.

Der Kreislauf des Kapitals geht nur normal vonstatten, solange seine verschiednen Phasen ohne Stockung ineinander übergehn. Stockt das Kapital in der ersten Phase G – W, so erstarrt das Geldkapital zum Schatz; wenn in der Produktionsphase, so liegen die Produktionsmittel funktionslos auf der einen Seite, während die Arbeitskraft auf der andern unbeschäftigt bleibt; wenn in der letzten Phase W' – G', so versperren unverkäuflich aufgehäufte Waren den Zirkulationsfluß.

Andrerseits liegt es in der Natur der Sache, daß der Kreislauf selbst die Fixierung des Kapitals, während bestimmter Fristen, in den einzelnenKreisabschnitten bedingt. In jeder seiner Phasen ist das industrielle Kapital an eine bestimmte Form gebunden, als Geldkapital, produktives Kapital, Warenkapital. Nur nachdem es die seiner jedesmaligen Form entsprechende Funktion vollzogen hat, erhält es die Form, worin es eine neue Verwandlungsphase eingehn kann. Um dies klarzulegen, haben wir in unserm Beispiel angenommen, daß der Kapitalwert der im Produktionsstadium erzeugten Warenmasse gleich sei der Gesamtsumme des ursprünglich als Geld vorgeschoßnen Werts, mit andern Worten, daß der ganze als Geld vorgeschoßne Kapitalwert auf einmal aus dem einen Stadium in das jedesmal nächstfolgende tritt. Wir haben aber gesehn (Buch I, Kap. VI), daß ein Teil des konstanten Kapitals, die eigentlichen Arbeitsmittel (z.B. Maschinen) in einer größern oder geringern Anzahl von Wiederholungen derselben Produktionsprozesse stets von neuem dienen, ihren Wert daher auch nur stückweis an das Produkt abgeben. Wieweit dieser Umstand den Kreislaufsprozeß des Kapitals modifiziert, wird sich später zeigen. Hier genügt folgendes: In unserm Beispiel enthielt der Wert des produktiven Kapitals = 422 Pfd. St. nur den durchschnittlich berechneten Verschleiß der Fabrikgebäude, Maschinerie etc., also nur den Wertteil, den sie bei Verwandlung von 10600 Pfund Baumwolle in 10000 Pfund Garn auf letztres übertragen, auf das Produkt eines wöchentlichen Spinnprozesses von 60 Stunden. In den Produktionsmitteln, in welche sich das vorgeschoßne konstante Kapital von 372 Pfd. St. verwandelt, figurierten daher auch die Arbeitsmittel, Gebäude, Maschinerie etc. so, als ob sie auf dem Markt gegen wöchentliche Ratenzahlung nur gemietet wären. Dies ändert jedoch absolut nichts am Sachverhalt. Wir brauchen das in der Woche produzierte Garnquantum von 10000 Pfund nur mit der Anzahl der auf eine gewisse Reihe von Jahren berechneten Wochen zu multiplizieren, damit der ganze Wert der gekauften und in dieser Zeit aufgebrauchten Arbeitsmittel auf es übertragen wird. Es ist dann klar, daß das vorgeschoßne Geldkapital erst in diese Mittel verwandelt, also aus dem ersten Stadium G – W herausgetreten sein muß, bevor es als produktives Kapital P fungieren kann. Ebenso klar ist es in unserm Beispiel, daß die dem Garn während des Produktionsprozesses einverleibte Kapitalwertsumme von 422 Pfd. St. nicht als Wertbestandteil der 10000 Pfund Garn in die Zirkulationsphase W' – G' eingehn kann, ehe es fertig ist. Das Garn kann nicht verkauft werden, ehe es gesponnen.

In der allgemeinen Formel wird das Produkt von P betrachtet als ein von den Elementen des produktiven Kapitals verschiednes materielles Ding, als ein Gegenstand, der eine vom Produktionsprozeß abgesonderte Existenz, eine von der der Produktionselemente verschiedne Gebrauchsform[59] besitzt. Und wenn das Resultat des Produktionsprozesses als Ding auftritt, ist dies stets der Fall, selbst wo ein Teil des Produkts wieder als Element in die erneuerte Produktion eingeht. So dient Getreide als Aussaat zu seiner eignen Produktion; aber das Produkt besteht nur aus Getreide, hat also eine von den mitverwandten Elementen, der Arbeitskraft, den Instrumenten, dem Dünger, verschiedne Gestalt. Es gibt aber selbständige Industriezweige, wo das Produkt des Produktionsprozesses kein neues gegenständliches Produkt, keine Ware ist. Ökonomisch wichtig davon ist nur die Kommunikationsindustrie, sei sie eigentliche Transportindustrie für Waren und Menschen, sei sie Übertragung bloß von Mitteilungen, Briefen, Telegrammen etc.

A. Tschuprow9 sagt darüber:

»Der Fabrikant kann zuerst Artikel produzieren und dann Konsumenten dafür suchen«

〈sein Produkt, nachdem es als fertig aus dem Produktionsprozeß ausgestoßen, geht als von demselben getrennte Ware in die Zirkulation über}.

»Produktion und Konsumtion erscheinen so als zwei, dem Raum und der Zeit nach getrennte Akte. In der Transportindustrie, die keine neuen Produkte schafft, sondern nur Menschen und Dinge versetzt, fallen diese beiden Akte zusammen; die Dienste« 〈die Ortsveränderung} »müssen in demselben Augenblick konsumiert werden, in dem sie produziert werden. Deshalb erstreckt sich der Rayon, aus dem die Eisenbahnen Kundschaft suchen können, auf höchstens 50 Werst« (53 km) »auf beiden Seiten.«

Das Resultat – ob Menschen oder Waren transportiert werden – ist ihr verändertes örtliches Dasein, z.B. daß das Garn sich jetzt in Indien befindet statt in England, wo es produziert worden.

Was aber die Transportindustrie verkauft, ist die Ortsveränderung selbst. Der hervorgebrachte Nutzeffekt ist untrennbar verbunden mit dem Transportprozeß, d.h. dem Produktionsprozeß der Transportindustrie. Menschen und Ware reisen mit dem Transportmittel, und sein Reisen, seine örtliche Bewegung, ist eben der durch es bewirkte Produktionsprozeß. Der Nutzeffekt ist nur konsumierbar während des Produktionsprozesses; er existiert nicht als ein von diesem Prozeß verschiednes Gebrauchsding, das erst nach seiner Produktion als Handelsartikel fungiert, als Ware zirkuliert. Der Tauschwert dieses Nutzeffekts ist aber bestimmt, wie der jeder andern Ware, durch den Wert der in ihm verbrauchten Produktionselemente (Arbeitskraft und Produktionsmittel) plus dem Mehrwert, den die Mehrarbeit[60] der in der Transportindustrie beschäftigten Arbeiter geschaffen hat. Auch in Beziehung auf seine Konsumtion verhält sich dieser Nutzeffekt ganz wie andre Waren. Wird er individuell konsumiert, so verschwindet sein Wert mit der Konsumtion; wird er produktiv konsumiert, so daß er selbst ein Produktionsstadium der im Transport befindlichen Ware, so wird sein Wert als Zuschußwert auf die Ware selbst übertragen. Die Formel für die Transportindustrie wäre also G – W ‹ A+Pm ... P – G', da der Produktionsprozeß selbst, nicht ein von ihm trennbares Produkt, gezahlt und konsumiert wird. Sie hat also fast genau dieselbe Form wie die für die Produktion der edlen Metalle, nur daß G' hier verwandelte Form des während des Produktionsprozesses hervorgebrachten Nutzeffekts, nicht Naturalform des während dieses Prozesses hervorgebrachten und aus ihm ausgestoßnen Goldes oder Silbers ist.

Das industrielle Kapital ist die einzige Daseinsweise des Kapitals, worin nicht nur Aneignung von Mehrwert, resp. Mehrprodukt, sondern zugleich dessen Schöpfung Funktion des Kapitals ist. Es bedingt daher den kapitalistischen Charakter der Produktion; sein Dasein schließt das des Klassengegensatzes von Kapitalisten und Lohnarbeitern ein. Im Maß wie es sich der gesellschaftlichen Produktion bemächtigt, werden Technik und gesellschaftliche Organisation des Arbeitsprozesses umgewälzt, und damit der ökonomisch-geschichtliche Typus der Gesellschaft. Die andern Arten von Kapital, die vor ihm inmitten vergangner oder untergehender gesellschaftlicher Produktionszustände erschienen, werden ihm nicht nur untergeordnet und im Mechanismus ihrer Funktionen ihm entsprechend verändert, sondern bewegen sich nur noch auf seiner Grundlage, leben und sterben, stehen und fallen daher mit dieser ihrer Grundlage. Geldkapital und Warenkapital, soweit sie mit ihren Funktionen als Träger eigner Geschäftszweige neben dem industriellen Kapital auftreten, sind nur noch durch die gesellschaftliche Teilung der Arbeit verselbständigte und einseitig ausgebildete Existenzweisen der verschiednen Funktionsformen, die das industrielle Kapital innerhalb der Zirkulationssphäre bald annimmt, bald abstreift.

Der Kreislauf G... G' verschlingt sich einerseits mit der allgemeinen Warenzirkulation, geht aus ihr hervor und in sie ein, und bildet einen Teil von ihr. Andrerseits bildet er eine eigne selbständige Bewegung des Kapitalwerts für den individuellen Kapitalisten, eine Bewegung, die teils innerhalb der allgemeinen Warenzirkulation vorgeht, teils außerhalb derselben, die aber stets ihren selbständigen Charakter bewahrt. Erstens dadurch, daß ihre beiden in der Zirkulationssphäre vorgehenden Phasen G – W und W' – G' als Phasen der Kapitalbewegung funktionell bestimmte Charaktere[61] besitzen; in G – W ist W stofflich bestimmt als Arbeitskraft und Produktionsmittel; in W' – G' wird der Kapitalwert realisiert + dem Mehrwert. Zweitens umschließt P, der Produktionsprozeß, die produktive Konsumtion. Drittens macht die Rückkehr des Geldes zu ihrem Ausgangspunkt die Bewegung G... G' zu einer sich in sich selbst abschließenden Kreislaufbewegung.

Einerseits bildet also jedes individuelle Kapital in seinen beiden Zirkulationshälften G – W und W' – G' ein Agens der allgemeinen Warenzirkulation, worin es entweder als Geld oder als Ware fungiert oder verkettet ist, und so selbst ein Glied bildet in der allgemeinen Metamorphosenreihe der Warenwelt. Andrerseits beschreibt es innerhalb der allgemeinen Zirkulation seinen eignen selbständigen Kreislauf, worin die Produktionssphäre ein Durchgangsstadium bildet, und worin es zu seinem Ausgangspunkt in derselben Form zurückkehrt, in der es ihn verließ. Innerhalb seines eignen Kreislaufs, der seine reale Metamorphose im Produktionsprozeß einschließt, verändert es zugleich seine Wertgröße. Es kehrt zurück, nicht nur als Geldwert, sondern als vergrößerter, gewachsener Geldwert.

Betrachten wir schließlich G – W... P... W' – G' als spezielle Form des Kreislaufsprozesses des Kapitals neben den andern später zu untersuchenden Formen, so zeichnet es sich durch folgendes aus.

1. Es erscheint als Kreislauf des Geldkapitals, weil das industrielle Kapital in seiner Geldform, als Geldkapital, den Ausgangspunkt und den Rückkehrpunkt seines Gesamtprozesses bildet. Die Formel selbst drückt aus, daß das Geld hier nicht als Geld verausgabt, sondern nur vorgeschossen wird, also nur Geldform des Kapitals, Geldkapital ist. Sie drückt ferner aus, daß der Tauschwert, nicht der Gebrauchswert, der bestimmende Selbstzweck der Bewegung ist. Eben weil die Geldgestalt des Werts seine selbständige, handgreifliche Erscheinungsform ist, drückt die Zirkulationsform G... G', deren Ausgangspunkt und Schlußpunkt wirkliches Geld, das Geldmachen, das treibende Motiv der kapitalistischen Produktion, am handgreiflichsten aus. Der Produktionsprozeß erscheint nur als unvermeidliches Mittelglied, als notwendiges Übel zum Behuf des Geldmachens. 〈Alle Nationen kapitalistischer Produktionsweise werden daher periodisch von einem Schwindel ergriffen, worin sie ohne Vermittlung des Produktionsprozesses das Geldmachen vollziehen wollen.}

2. Das Produktionsstadium, die Funktion von P, bildet in diesem Kreislauf die Unterbrechung der zwei Phasen der Zirkulation G – W... W' – G', die wieder nur Vermittlung der einfachen Zirkulation G – W – G'. Der Produktionsprozeß erscheint in der Form des Kreislaufsprozesses selbst,[62] formell und ausdrücklich als das, was er in der kapitalistischen Produktionsweise ist, als bloßes Mittel zur Verwertung des vorgeschoßnen Werts, also die Bereicherung als solche als Selbstzweck der Produktion.

3. Weil die Reihenfolge der Phasen durch G – W eröffnet wird, ist das zweite Glied der Zirkulation W' – G'; also Ausgangspunkt G, das zu verwertende Geldkapital, Schlußpunkt G', das verwertete Geldkapital G + g, worin G als realisiertes Kapital neben seinem Sprößling g figuriert. Dies unterscheidet den Kreislauf G von den beiden andern Kreisläufen P und W', und zwar in doppelter Weise. Einerseits durch die Geldform der beiden Extreme; Geld ist aber die selbständige handgreifliche Existenzform des Werts, der Wert des Produkts in seiner selbständigen Wertform, worin alle Spur des Gebrauchswerts der Waren ausgelöscht ist. Andrerseits wird die Form P... P nicht notwendig zu P... P' (P + p), und in der Form W'... W' ist überhaupt keine Wertdifferenz zwischen beiden Extremen sichtbar. – Der Formel G... G' ist es also charakteristisch, einerseits, daß der Kapitalwert den Ausgangspunkt und der verwertete Kapitalwert den Rückkehrpunkt bildet, so daß der Vorschuß des Kapitalwerts als Mittel, der verwertete Kapitalwert als Zweck der ganzen Operation erscheint; andrerseits, daß dies Verhältnis in Geldform ausgedrückt ist, der selbständigen Wertform, daher das Geldkapital als Geld heckendes Geld. Die Erzeugung von Mehrwert durch den Wert ist nicht nur als Alpha und Omega des Prozesses ausgedrückt, sondern ausdrücklich in der blinkenden Geldform.

4. Da G', das realisierte Geldkapital als Resultat von W' – G', der ergänzenden und abschließenden Phase von G – W, sich absolut in derselben Form befindet, worin es seinen ersten Kreislauf eröffnet hat, kann es, sowie es aus demselben hervorgeht, denselben Kreislauf wieder eröffnen als vergrößertes (akkumuliertes) Geldkapital: G' = G + g; und es ist wenigstens nicht in der Form von G... G' ausgedrückt, daß bei Wiederholung des Kreislaufs die Zirkulation von g sich von der von G trennt. In seiner einmaligen Gestalt betrachtet, formell, drückt der Kreislauf des Geldkapitals daher nur den Verwertungs- und Akkumulationsprozeß aus. Die Konsumtion ist darin nur als produktive Konsumtion ausgedrückt durch G – W ‹ A+Pm, nur diese ist eingeschlossen in diesen Kreislauf des individuellen Kapitals. G – A ist A – G oder W – G von seiten des Arbeiters; ist also die erste Phase der Zirkulation, die seine individuelle Konsumtion vermittelt: A – G – W (Lebensmittel). Die zweite Phase G -W fällt nicht mehr in den Kreislauf des individuellen Kapitals; aber sie ist durch ihn eingeleitet, von ihm vorausgesetzt, da der Arbeiter, um sich stets als exploitierbarer Stoff des[63] Kapitalisten auf dem Markt zu befinden, vor allen Dingen leben, also sich durch individuelle Konsumtion erhalten muß. Aber diese Konsumtion selbst ist hier nur vorausgesetzt als Bedingung der produktiven Konsumtion der Arbeitskraft durch das Kapital, also auch nur, soweit sich der Arbeiter durch seine individuelle Konsumtion als Arbeitskraft erhält und reproduziert. Die Pm, die eigentlichen Waren aber, die in den Kreislauf eingehn, bilden nur Speisematerial der produktiven Konsumtion. Der Akt A – G vermittelt die individuelle Konsumtion des Arbeiters, Verwandlung der Lebensmittel in sein Fleisch und Blut. Allerdings muß auch der Kapitalist da sein, also auch leben und konsumieren, um als Kapitalist zu fungieren. Dazu brauchte er in der Tat nur als Arbeiter zu konsumieren, und mehr ist daher in dieser Form des Zirkulationsprozesses nicht vorausgesetzt. Formell ausgedrückt ist selbst das nicht, da die Formel schließt mit G', also einem Resultat, das sofort wieder als vergrößertes Geldkapital fungieren kann.

In W' – G' ist der Verkauf von W' direkt enthalten; aber W' – G', Verkauf von der einen Seite, ist G – W, Kauf von der andern, und die Ware wird endgültig nur ihres Gebrauchswerts wegen gekauft, um (von Zwischenverkäufen abgesehn) in den Konsumtionsprozeß einzugehn, sei dieser nun individuell oder produktiv, je nach der Natur des gekauften Artikels. Aber diese Konsumtion geht nicht ein in den Kreislauf des individuellen Kapitals, dessen Produkt W' ist; dies Produkt wird eben als zu verkaufende Ware aus dem Kreislauf abgestoßen. Das W' ist ausdrücklich bestimmt zu fremder Konsumtion. Wir finden daher bei Dolmetschern des Merkantilsystems (dem die Formel G – W... P... W' – G' zugrunde liegt) sehr weitläufige Predigten darüber, daß der einzelne Kapitalist nur als Arbeiter konsumieren muß, wie die Kapitalistennation den andern dümmern Nationen das Verzehren ihrer Waren und überhaupt den Konsumtionsprozeß überlassen, dagegen die produktive Konsumtion zu ihrer Lebensaufgabe machen muß. Diese Predigten erinnern oft der Form und dem Inhalt nach an analoge asketische Ermahnungen der Kirchenväter.


Der Kreislaufsprozeß des Kapitals ist also Einheit von Zirkulation und Produktion, schließt beide ein. Sofern die beiden Phasen G – W, W' – G' Zirkulationsvorgänge, bildet die Zirkulation des Kapitals Teil der allgemeinen Warenzirkulation. Aber als funktionell bestimmte Abschnitte, Stadien im Kreislauf des Kapitals, der nicht nur der Zirkulationssphäre,[64] sondern auch der Produktionssphäre angehört, vollzieht das Kapital innerhalb der allgemeinen Warenzirkulation seinen eignen Kreislauf. Die allgemeine Warenzirkulation dient ihm im ersten Stadium dazu, die Gestalt anzunehmen, worin es als produktives Kapital fungieren kann; im zweiten, die WarenfunktionA2 abzustoßen, worin es seinen Kreislauf nicht erneuern kann; und zugleich ihm die Möglichkeit zu eröffnen, seinen eignen Kapitalkreislauf zu trennen von der Zirkulation des ihm angewachsnen Mehrwerts.

Der Kreislauf des Geldkapitals ist daher die einseitigste, darum schlagendste und charakteristischste Erscheinungsform des Kreislaufs des industriellen Kapitals, dessen Ziel und treibendes Motiv: Verwertung des Werts, Geldmachen und Akkumulation, in die Augen springend dargestellt wird (kaufen, um teurer zu verkaufen). Dadurch, daß die erste Phase G – W ist, tritt auch hervor die Herkunft der Bestandteile des produktiven Kapitals aus dem Warenmarkt, wie überhaupt die Bedingtheit des kapitalistischen Produktionsprozesses durch die Zirkulation, den Handel. Der Kreislauf des Geldkapitals ist nicht nur Warenproduktion; er kommt selbst nur durch die Zirkulation zustande, er setzt sie voraus. Es liegt dies schon darin, daß die der Zirkulation angehörige Form G als erste und reine Form des vorgeschoßnen Kapitalwerts erscheint, was in den beiden andern Kreislaufsformen nicht der Fall.

Der Kreislauf des Geldkapitals bleibt insofern stets der allgemeine Ausdruck des industriellen Kapitals, als er stets Verwertung des vorgeschossenen Werts einschließt. In P... P tritt der Geldausdruck des Kapitals nur als Preis der Produktionselemente hervor, also nur als in Rechengeld ausgedrückter Wert, und wird in dieser Form festgehalten in der Buchhaltung.

Besondere Form des Kreislaufs des industriellen Kapitals wird G... G', soweit neu auftretendes Kapital zuerst als Geld vorgeschossen und in derselben Form zurückgezogen wird, sei es beim Übertritt aus einem Geschäftszweig in den andern, sei es beim Rücktritt des industriellen Kapitals aus dem Geschäft. Es schließt dies ein die Kapitalfunktion des zuerst in Geldform vorgeschoßnen Mehrwerts, und tritt am schlagendsten hervor, wenn dieser in einem andern Geschäft fungiert als dem, woraus er herkommt. G... G' kann erster Kreislauf eines Kapitals sein; es kann letzter sein; es kann als Form des gesellschaftlichen Gesamtkapitals gelten; es ist die Form von Kapital, das neu angelegt wird, sei es als in Geldform neu akkumuliertes Kapital, sei es als altes Kapital, das ganz in Geld verwandelt wird zur Übertragung aus einem Produktionszweig in den andern.[65]

Als stets in allen Kreisläufen einbegriffne Form vollzieht das Geldkapital diesen Kreislauf gerade für den Teil des Kapitals, der den Mehrwert erzeugt, das variable Kapital. Die normale Form des Vorschusses des Arbeitslohns ist Zahlung in Geld; dieser Prozeß muß in kürzeren Terminen stets erneuert werden, weil der Arbeiter von der Hand in den Mund lebt. Dem Arbeiter muß der Kapitalist daher beständig als Geldkapitalist, und sein Kapital als Geldkapital gegenübertreten. Es kann hier nicht, wie beim Kauf der Produktionsmittel und Verkauf der produktiven Waren, direkte oder indirekte Ausgleichung stattfinden (so daß die größere Masse des Geldkapitals tatsächlich nur in Form von Waren, das Geld nur in der Form der Rechengelds, und schließlich bar nur für Ausgleichung der Bilanzen figuriert). Andrerseits wird ein Teil des aus dem variablen Kapital entspringenden Mehrwerts vom Kapitalisten verausgabt für seine Privatkonsumtion, die dem Kleinhandel angehört und, auf welchen Umwegen immer, bar, in der Geldform des Mehrwerts verausgabt wird. Wie groß oder klein dieser Teil des Mehrwerts sei, ändert nichts an der Sache. Fortwährend erscheint von neuem das variable Kapital als im Arbeitslohn angelegtes Geldkapital (G – A) und g als Mehrwert, der zur Bestreitung der Privatbedürfnisse des Kapitalisten verausgabt wird. Also G als vorgeschoßner variabler Kapitalwert und g als sein Zuwachs, beide in Geldform notwendig festgehalten, um in solcher verausgabt zu werden.

Die Formel G – W... P... W' – G', mit dem Resultat G' = G + g, schließt in ihrer Form eine Täuschung ein, trägt einen illusorischen Charakter, der aus dem Dasein des vorgeschoßnen und verwerteten Werts in seiner Äquivalentform, dem Geld, entspringt. Der Akzent liegt nicht auf Verwertung des Werts, sondern auf der Geldform dieses Prozesses, darauf, daß mehr Wert in Geldform schließlich aus der Zirkulation gezogen wird, als ihr ursprünglich vorgeschossen ward, also auf Vermehrung der dem Kapitalisten gehörigen Gold- und Silbermasse. Das sogenannte Monetärsy stem ist bloß Ausdruck der begriffslosen Form G – W – G', einer Bewegung, die ausschließlich in der Zirkulation verläuft und daher die beiden Akte: 1) G – W, 2) W – G' nur dadurch erklären kann, daß W im zweiten Akt über seinen Wert verkauft wird, daher mehr Geld der Zirkulation entzieht, als durch seinen Kauf in sie hineingeworfen ward. Dagegen G – W... P... W' – G', als ausschließliche Form fixiert, liegt dem entwickelteren Merkantilsystem zugrund, wo nicht nur Warenzirkulation, sondern auch Warenproduktion als notwendiges Element erscheint.

Der illusorische Charakter von G – W... P... W' – G', und die ihr entsprechende illusorische Deutung ist da, sobald diese Form als einmalige[66] fixiert wird, nicht als fließende, beständig sich erneuernde; sobald sie daher nicht als eine der Formen des Kreislaufs, sondern als seine ausschließliche gilt. Sie weist aber selbst auf andre Formen hin.

Erstens setzt dieser ganze Kreislauf den kapitalistischen Charakter des Produktionsprozesses selbst voraus, und als Basis daher diesen Produktionsprozeß nebst dem spezifischen, durch ihn bedingten Gesellschaftszustand.

G – W = G – W ‹ A+Pm; aber G – A unterstellt den Lohnarbeiter, und daher die Produktionsmittel als Teil des produktiven Kapitals, daher den Arbeits- und Verwertungsprozeß, den Produktionsprozeß schon als Funktion des Kapitals.

Zweitens: Wird G... G' wiederholt, so erscheint die Rückkehr zur Geldform ebenso verschwindend, wie die Geldform im ersten Stadium. G – W verschwindet, um P Platz zu machen. Der beständige Wiedervorschuß in Geld, ebensosehr wie seine beständige Rückkehr als Geld, erscheinen selbst als nur im Kreislauf verschwindende Momente.

Drittens: G – W... P... W' – G'. G – W... P... W' – G'. G – W... P... etc.

Schon bei der zweiten Wiederholung des Kreislaufs erscheint der Kreislauf P... W' – G'. G – W... P, bevor der zweite Kreislauf von G vollendet ist, und alle ferneren Kreisläufe können so unter der Form P... W' – G – W... P betrachtet werden, so daß G – W als erste Phase des ersten Kreislaufs nur die verschwindende Vorbereitung des sich stets wiederholenden Kreislaufs des produktiven Kapitals bildet, wie dies in der Tat der Fall bei zum ersten Mal in der Form von Geldkapital angelegtem, industriellem Kapital.

Andrerseits, bevor der zweite Kreislauf von P vollendet, ist der erste Kreislauf W' – G'. G – W... P... W' (abgekürzt W'... W') beschrieben, der Kreislauf des Warenkapitals. So enthält die erste Form schon die beiden andern und es verschwindet so die Geldform, soweit sie nicht bloßer Wertausdruck, sondern Wertausdruck in der Äquivalentform, in Geld.

Endlich: Nehmen wir ein neu auftretendes einzelnes Kapital, welches zum ersten Mal den Kreislauf G – W... P... W' – G' beschreibt, so ist G – W die Vorbereitungsphase, der Vorläufer des ersten Produktionsprozesses, den dies einzelne Kapital durchmacht. Diese Phase G – W ist daher nicht vorausgesetzt, sondern wird vielmehr durch den Produktionsprozeß gesetzt oder bedingt. Aber dies gilt nur für dies einzelne Kapital. Allgemeine Form des Kreislaufs des industriellen Kapitals ist der Kreislauf des Geldkapitals, soweit die kapitalistische Produktionsweise vorausgesetzt ist, also innerhalb[67] eines durch die kapitalistische Produktion bestimmten Gesellschaftszustandes. Der kapitalistische Produktionsprozeß ist daher als ein prius vorausgesetzt, wenn nicht in dem ersten Kreislauf des Geldkapitals eines neu angelegten industriellen Kapitals, so außerhalb desselben; das beständige Dasein dieses Produktionsprozesses unterstellt den beständig erneuerten Kreislauf von P... P. Innerhalb des ersten Stadiums G – W ‹ A+Pm tritt diese Voraussetzung selbst schon auf, indem dies einerseits das Dasein der Lohnarbeiterklasse voraussetzt; indem andrerseits das, was erstes Stadium G – W für den Käufer der Produktionsmittel, W' – G' für ihren Verkäufer ist, also in W' das Warenkapital, somit die Ware selbst als Resultat der kapitalistischen Produktion, und damit die Funktion des produktiven Kapitals voraussetzt.[68]

Quelle:
Karl Marx, Friedrich Engels: Werke. Berlin 1963, Band 24, S. 55-57,59-69.
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