IV. Reservefonds

[89] In der eben betrachteten Form ist der Schatz, als welcher der Mehrwert existiert, Geldakkumulationsfonds, die Geldform, welche die Kapitalakkumulation vorübergehend besitzt, und insofern selbst Bedingung der letztren. Dieser Akkumulationsfonds kann aber auch besondre Nebendienste verrichten, d.h. in den Kreislaufsprozeß des Kapitals eingehn, ohne daß dieser die Form P... P' besitzt, also ohne daß die kapitalistische Reproduktion erweitert ist.

Verlängert sich der Prozeß W' – G' über sein normales Maß, ist also das Warenkapital anormal aufgehalten in seiner Verwandlung in Geldform; oder ist, wenn letztre vollzogen, z.B. der Preis der Produktionsmittel, worin das Geldkapital umgesetzt werden muß, gestiegen über den Stand, den er beim Beginn des Kreislaufs hatte, so kann der als Akkumulationsfonds fungierende Schatz verwandt werden, um die Stelle des Geldkapitals oder eines Teils desselben einzunehmen. Der Geldakkumulationsfonds dient so als Reservefonds, um Störungen des Kreislaufs auszugleichen.

Als solcher Reservefonds ist er verschieden von dem im Kreislauf P... P betrachteten Fonds von Kauf- oder Zahlungsmitteln. Die letztren sind ein Teil des fungierenden Geldkapitals (also Daseinsformen eines Teils des im Prozeß begriffnen Kapitalwerts überhaupt), dessen Teile nur in verschiednen Zeitterminen nacheinander in Funktion treten. Es bildet sich in der Kontinuität des Produktionsprozesses beständig Reservegeldkapital, da heute Zahlungen eingegangen, erst an einem spätern Termin wieder zu machen, heute größre Warenmassen verkauft, an spätern Tagen erst wieder größre Warenmassen zu kaufen sind; in diesen Intervallen existiert also beständig ein Teil des zirkulierenden Kapitals in Geldform. Dagegen ist der Reservefonds nicht ein Bestandteil des fungierenden Kapitals, näher Geldkapitals,[89] sondern des in einem Vorstadium seiner Akkumulation begriffnen Kapitals, des noch nicht in aktives Kapital verwandelten Mehrwerts. Es versteht sich übrigens ganz von selbst, daß der Kapitalist in Nöten in keiner Weise nach den bestimmten Funktionen des in seiner Hand befindlichen Geldes fragt, sondern anwendet, was er hat, um den Kreislaufsprozeß seines Kapitals im Gang zu halten. Z.B. in unserm Beispiel G = 422 Pfd. St., G' = 500 Pfd. St. Wenn ein Teil des Kapitals von 422 Pfd. St. als Fonds von Zahlungs- und Kaufmitteln, als Geldvorrat existiert, so ist er darauf berechnet, daß er bei gleichbleibenden Umständen ganz in den Kreislauf eintritt, hierfür aber auch genügt. Der Reservefonds aber ist ein Teil der 78 Pfd. St. Mehrwert; er kann nur in den Kreislaufsprozeß des Kapitals von 422 Pfd. St. Wert eintreten, soweit dieser Kreislauf unter nicht sich gleichbleibenden Umständen vollzogen wird; denn er ist ein Teil des Akkumulationsfonds und figuriert hier ohne Erweitrung der Stufenleiter der Reproduktion.

Der Geldakkumulationsfonds ist schon Dasein von latentem Geldkapital; also Verwandlung von Geld in Geldkapital.

Die allgemeine Formel des Kreislaufs des produktiven Kapitals, welche einfache und Reproduktion auf erweiterter Stufenleiter zusammenfaßt, ist:


IV. Reservefonds

Ist P = P, so G in 2) = G' – g; ist P – P', so ist G in 2) größer als G' – g; d.h. g ist ganz oder teilweise in Geldkapital verwandelt worden.

Der Kreislauf des produktiven Kapitals ist die Form, worin die klassische Ökonomie den Kreislaufsprozeß des industriellen Kapitals betrachtet.[90]

Quelle:
Karl Marx, Friedrich Engels: Werke. Berlin 1963, Band 24, S. 89-91.
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