II. Die zwei Abteilungen der gesellschaftlichen Produktion

[394] 50


Das Gesamtprodukt, also auch die Gesamtproduktion, der Gesellschaft zerfällt in zwei große Abteilungen:

1. Produktionsmittel, Waren, welche eine Form besitzen, worin sie in die produktive Konsumtion eingehn müssen oder wenigstens eingehn können.

II. Konsumtionsmittel, Waren, welche eine Form besitzen, worin sie in die individuelle Konsumtion der Kapitalisten- und Arbeiterklasse eingehn.

In jeder dieser Abteilungen bilden sämtliche verschiedne ihr angehörige Produktionszweige einen einzigen großen Produktionszweig, die einen den der Produktionsmittel, die andern den der Konsumtionsmittel. Das in jedem der beiden Produktionszweige angewandte gesamte Kapital bildet eine besondre große Abteilung des gesellschaftlichen Kapitals.[394]

In jeder Abteilung zerfällt das Kapital in zwei Bestandteile:

1. Variables Kapital. Dies, dem Wert nach betrachtet, ist gleich dem Wert der in diesem Produktionszweig angewandten gesellschaftlichen Arbeitskraft, also gleich der Summe der dafür gezahlten Arbeitslöhne. Dem Stoff nach betrachtet, besteht es aus der sich betätigenden Arbeitskraft selbst, d.h. aus der von diesem Kapitalwert in Bewegung gesetzten lebendigen Arbeit.

2. Konstantes Kapital, d.h. den Wert aller zur Produktion in diesem Zweig angewandten Produktionsmittel. Diese zerfallen ihrerseits wieder in fixes Kapital: Maschinen, Arbeitswerkzeuge, Baulichkeiten, Arbeitsvieh etc.; und in zirkulierendes konstantes Kapital: Produktionsmaterialien, wie Roh- und Hilfsstoffe, Halbfabrikate etc.

Der Wert des mit Hilfe dieses Kapitals in jeder der beiden Abteilungen erzeugten gesamten Jahresprodukts zerfällt in einen Wertteil, der das in der Produktion aufgezehrte und seinem Wert nach auf das Produkt nur übertragne konstante Kapital c darstellt, und in den durch die gesamte Jahresarbeit zugesetzten Wertteil. Dieser letztre zerfällt wieder in den Ersatz des vorgeschoßnen variablen Kapitals v und in den Überschuß darüber, der den Mehrwert m bildet. Wie der Wert jeder einzelnen Ware, so zerfällt also auch der des gesamten Jahresprodukts jeder Abteilung in c + v + m.

Der Wertteil c, der das in der Produktion verzehrte konstante Kapital darstellt, deckt sich nicht mit dem Wert des in der Produktion angewandten konstanten Kapitals. Die Produktionsstoffe sind zwar ganz verzehrt, und ihr Wert ist daher ganz auf das Produkt übertragen. Aber nur ein Teil des angewandten fixen Kapitals ist ganz verzehrt, sein Wert daher auf das Produkt übergegangen. Ein andrer Teil des fixen Kapitals, Maschinen, Gebäude etc., existiert und fungiert fort, nach wie vor, wenn auch mit durch den Jahresverschleiß vermindertem Wert. Dieser fortfungierende Teil des fixen Kapitals existiert nicht für uns, wenn wir den Produktenwert betrachten. Er bildet einen, von diesem neuproduzierten Warenwert unabhängigen, neben ihm vorhandnen Teil des Kapitalwerts. Dies zeigte sich bereits bei Betrachtung des Produktenwerts eines Einzelkapitals (Buch I, Kap. VI, S. 192). Hier müssen wir jedoch vorläufig von der dort angewandten Betrachtungsweise abstrahieren. Wir sahen bei Betrachtung des Produktenwerts des Einzelkapitals, daß der dem fixen Kapital durch Verschleiß entzogne Wert sich auf das während der Verschleißzeit erzeugte Warenprodukt überträgt, einerlei ob ein Teil dieses fixen Kapitals während dieser Zeit in[395] natura aus diesem übertragnen Wert ersetzt wird oder nicht. Dagegen sind wir hier, bei Betrachtung des gesellschaftlichen Gesamtprodukts und seines Werts, genötigt, wenigstens vorläufig von dem durch Verschleiß von fixem Kapital während des Jahrs auf das Jahresprodukt übertragnem Wertteil zu abstrahieren, soweit dies fixe Kapital nicht während des Jahrs auch wieder in natura ersetzt worden ist. In einem spätern Abschnitt dieses Kapitels werden wir dann diesen Punkt getrennt erörtern.


Für unsre Untersuchung der einfachen Reproduktion wollen wir folgendes Schema zugrunde legen, worin c = konstantes Kapital, v = variables Kapital, m = Mehrwert ist und das Verwertungsverhältnis m/v zu 100% angenommen wird. Die Zahlen mögen Millionen Mark, Franken oder Pfund Sterling bedeuten.

I. Produktion von Produktionsmitteln:

Kapital...... 4000c + 1000v = 5000.

Warenprodukt 4000c + 1000v + 1000m = 6000,

existierend in Produktionsmitteln.

II. Produktion von Konsumtionsmitteln:

Kapital...... 2000c + 500v = 2500.

Warenprodukt 2000c + 500v + 500m = 3000,

existierend in Konsumtionsmitteln.

Rekapituliert, jährliches Gesamtwarenprodukt:

I. 4000c + 1000v + 1000m = 6000 Produktionsmittel.

II. 2000c + 500v + 500m = 3000 Konsumtionsmittel.

Gesamtwert = 9000, wovon das in seiner Naturalform fortfungierende fixe Kapital nach der Voraussetzung ausgeschlossen ist.

Wenn wir nun die auf Grundlage einfacher Reproduktion, wo also der ganze Mehrwert unproduktiv konsumiert wird, notwendigen Umsätze untersuchen und dabei zunächst die sie vermittelnde Geldzirkulation unbeachtet lassen, so ergeben sich uns von vornherein drei große Anhaltspunkte.

1. Die 500v, Arbeitslohn der Arbeiter, und die 500m, Mehrwert der Kapitalisten der Abteilung II, müssen in Konsumtionsmitteln verausgabt werden. Aber ihr Wert existiert in den Konsumtionsmitteln zum Wert von 1000v, die in den Händen der Kapitalisten, Abteilung II, die vorgeschoßnen 500v ersetzen und die 500m repräsentieren. Arbeitslohn und Mehrwert der[396] Abteilung II werden also innerhalb Abteilung II gegen Produkt von II umgesetzt. Damit verschwinden aus dem Gesamtprodukt (500v + 500m) II = 1000 in Konsumtionsmitteln.

2. Die 1000v + 1000m der Abteilung I müssen ebenfalls in Konsumtionsmitteln verausgabt werden, also in Produkt von Abteilung II. Sie müssen sich also austauschen gegen den von diesem Produkt noch übrigen, dem Belauf nach gleichen, konstanten Kapitalteil 2000c. Dafür erhält Abteilung II einen gleichen Betrag von Produktionsmitteln, Produkt von I, worin der Wert der 1000v + 1000m von I verkörpert. Damit verschwinden aus der Rechnung 2000 IIc und (1000v + 1000m) I.

3. Es bleiben noch 4000 Ic. Diese bestehn in Produktionsmitteln, die nur in Abteilung I vernutzt werden können, zum Ersatz ihres verzehrten konstanten Kapitals dienen, und daher durch gegenseitigen Austausch zwischen den einzelnen Kapitalisten von I ebenso ihre Erledigung finden wie die (500v + 500m) II durch Austausch zwischen den Arbeitern und Kapitalisten, resp. zwischen den einzelnen Kapitalisten von II.

Dies einstweilen nur zum bessern Verständnis des Nachfolgenden.

Quelle:
Karl Marx, Friedrich Engels: Werke. Berlin 1963, Band 24, S. 394-397.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Jean Paul

Selberlebensbeschreibung

Selberlebensbeschreibung

Schon der Titel, der auch damals kein geläufiges Synonym für »Autobiografie« war, zeigt den skurril humorvollen Stil des Autors Jean Paul, der in den letzten Jahren vor seiner Erblindung seine Jugenderinnerungen aufgeschrieben und in drei »Vorlesungen« angeordnet hat. »Ich bin ein Ich« stellt er dabei selbstbewußt fest.

56 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.

442 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon