VII. Variables Kapital und Mehrwert in beiden Abteilungen

[423] Der Gesamtwert der jährlich produzierten Konsumtionsmittel ist also gleich dem während des Jahrs reproduzierten variablen Kapitalwert II plus dem neuproduzierten Mehrwert II (d.h. gleich dem sub II während des Jahrs produzierten Wert) plus dem während des Jahrs reproduzierten variablen Kapitalwert I und dem neuproduzierten Mehrwert I (also plus dem sub I während des Jahrs produzierten Wert).

Unter Voraussetzung einfacher Reproduktion ist also der Gesamtwert der jährlich produzierten Konsumtionsmittel gleich dem jährlichen Wertprodukt, d.h. gleich dem ganzen durch die gesellschaftliche Arbeit während des Jahrs produzierten Wert, und muß es sein, da bei einfacher Reproduktion dieser ganze Wert verzehrt wird.

Der totale gesellschaftliche Arbeitstag zerfällt in zwei Teile: 1. notwendige Arbeit; sie schafft im Lauf des Jahrs einen Wert von 1500v; 2. Mehrarbeit; sie schafft einen zuschüssigen Wert oder Mehrwert von 1500m. Die Summe dieser Werte = 3000, ist gleich dem Wert der jährlich produzierten Konsumtionsmittel von 3000. Der Totalwert der während des Jahrs produzierten Konsumtionsmittel ist also gleich dem Totalwert, den der totale gesellschaftliche Arbeitstag während des Jahrs produziert, gleich dem Wert des gesellschaftlichen variablen Kapitals plus dem gesellschaftlichen Mehrwert, gleich dem totalen jährlichen Neuprodukt.

Aber wir wissen, daß, obgleich diese beiden Wertgrößen sich decken, deswegen keineswegs der Totalwert der Waren II, der Konsumtionsmittel,[423] in dieser Abteilung der gesellschaftlichen Produktion produziert worden ist. Sie decken sich, weil der sub II wiedererscheinende konstante Kapitalwert gleich ist dem sub I neuproduzierten Wert (variablem Kapitalwert plus Mehrwert); daher I(v + m) den Teil des Produkts von II kaufen kann, der für seine Produzenten (in Abteilung II) konstanten Kapitalwert darstellt. Es zeigt sich daher, warum, obgleich für die Kapitalisten II der Wert ihres Produkts zerfällt in c + v + m, gesellschaftlich betrachtet der Wert dieses Produkts zerfällbar ist in v + m. Dies ist nämlich nur der Fall, weil IIc hier gleich I(v + m) und diese beiden Bestandteile des gesellschaftlichen Produkts durch ihren Austausch ihre Naturalformen miteinander austauschen, daher nach diesem Umsatz IIc wieder in Produktionsmitteln, I(v + m) dagegen in Konsumtionsmitteln existiert.

Und es ist dieser Umstand, der A. Smith veranlaßt hat zu behaupten, der Wert des jährlichen Produkts löse sich in v + m auf. Es gilt dies 1. nur für den aus Konsumtionsmitteln bestehenden Teil des jährlichen Produkts, und 2. gilt es nicht in dem Sinn, daß dieser Totalwert in II produziert wird und sein Produktenwert daher gleich ist dem sub II vorgeschoßnen variablen Kapitalwert plus dem sub II produzierten Mehrwert. Sondern nur in dem Sinn, daß II(c + v + m) = II(v + m) + I(v + m) oder weil IIc = I(v + m).

Es folgt ferner:

Obgleich der gesellschaftliche Arbeitstag (d.h. die während des ganzen Jahrs von der gesamten Arbeiterklasse verausgabte Arbeit), wie jeder individuelle Arbeitstag, nur in zwei Teile zerfällt, nämlich in notwendige Arbeit plus Mehrarbeit, obgleich daher der von diesem Arbeitstag produzierte Wert ebenfalls nur in zwei Teile zerfällt, nämlich in den variablen Kapitalwert, d.h. den Wertteil, womit der Arbeiter seine eignen Reproduktionsmittel kauft, und den Mehrwert, den der Kapitalist zu seiner eignen individuellen Konsumtion verausgaben kann –, so wird dennoch, gesellschaftlich betrachtet, ein Teil des gesellschaftlichen Arbeitstages ausschließlich verausgabt in Produktion von frischem konstantem Kapital, nämlich von Produkten, die ausschließlich bestimmt sind, im Arbeitsprozeß als Produktionsmittel und daher in dem ihn begleitenden Verwertungsprozeß als konstantes Kapital zu fungieren. Nach unsrer Voraussetzung stellt sich der ganze gesellschaftliche Arbeitstag dar in einem Geldwert von 3000, wovon nur 1/3 = 1000 in der Abteilung II produziert wird, welche Konsumtionsmittel produziert, d.h. die Waren, worin sich der gesamte variable Kapitalwert und der gesamte Mehrwert der Gesellschaft schließlich realisiert. Nach dieser Voraussetzung werden also 2/3 des gesellschaftlichen Arbeitstags in der Produktion von neuem konstantem Kapital verwandt. Obgleich vom[424] Standpunkt der individuellen Kapitalisten und Arbeiter der Abteilung I diese 2/3 des gesellschaftlichen Arbeitstags bloß zur Produktion von variablem Kapitalwert plus Mehrwert dienen, ganz wie das letzte Drittel des gesellschaftlichen Arbeitstags in Abteilung II, so produzieren dennoch diese 2/3 des gesellschaftlichen Arbeitstags, gesellschaftlich betrachtet – und ebenso dem Gebrauchswert des Produkts nach betrachtet –, nur Ersatz von im Prozeß der produktiven Konsumtion begriffnem oder aufgezehrtem konstantem Kapital. Auch individuell betrachtet, produzieren diese 2/3 des Arbeitstags zwar einen Totalwert, der nur gleich dem variablen Kapitalwert plus dem Mehrwert für seine Produzenten, aber sie produzieren keine Gebrauchswerte solcher Art, daß Arbeitslohn oder Mehrwert darin verausgabt werden könnten; ihr Produkt ist ein Produktionsmittel.

Zunächst ist zu bemerken, daß kein Teil des gesellschaftlichen Arbeitstags, sei es sub I oder sub II, dazu dient, den Wert des in diesen zwei großen Produktionssphären angewandten, in ihnen fungierenden konstanten Kapitals zu produzieren. Sie produzieren nur zusätzlichen Wert, 2000 I(v + m) +1000 II(v + m), zusätzlich zu dem konstanten Kapitalwert = 4000 Ic + 2000 IIc. Der Neuwert, der in der Form von Produktionsmitteln produziert wurde, ist noch nicht konstantes Kapital. Er hat nur die Bestimmung, künftig als solches zu fungieren.

Das gesamte Produkt von II – die Konsumtionsmittel – ist seinem Gebrauchswert nach, konkret, in seiner Naturalform betrachtet, Produkt des von II geleisteten Drittels des gesellschaftlichen Arbeitstags, es ist Produkt der Arbeiten in ihrer konkreten Form als Weberarbeit, Bäckerarbeit usw., die in dieser Abteilung verwandt worden, dieser Arbeit, soweit sie als das subjektive Element des Arbeitsprozesses fungiert. Was dagegen den konstanten Wertteil dieses Produkts II angeht, so erscheint er nur wieder in einem neuen Gebrauchswert, in einer neuen Naturalform, der Form von Konsumtionsmitteln, während er früher in der Form von Produktionsmitteln bestand. Sein Wert ist durch den Arbeitsprozeß von seiner alten Naturalform auf seine neue Naturalform übertragen worden. Aber der Wert dieser 2/3 des Produktenwerts = 2000 ist nicht in dem diesjährigen Verwertungsprozeß von II produziert worden.

Ganz wie vom Standpunkt des Arbeitsprozesses betrachtet, das Produkt II das Resultat neu fungierender lebendiger Arbeit und ihr gegebner, vorausgesetzter Produktionsmittel ist, in denen sie sich als in ihren gegenständlichen Bedingungen verwirklicht, so ist vom Standpunkt des Verwertungsprozesses der Produktenwert II = 3000 zusammengesetzt aus dem durch das neu zugesetzte 1/3 des gesellschaftlichen Arbeitstags produzierten[425] Neuwert (500v + 500m = 1000) und aus einem konstanten Wert, worin 2/3 eines vergangnen, vor dem hier betrachteten Produktionsprozeß II verfloßnen gesellschaftlichen Arbeitstags vergegenständlicht sind. Dieser Wertteil des Produkts II stellt sich dar in einem Teil des Produkts selbst. Es existiert in einem Quantum Konsumtionsmittel zum Wert von 2000 = 2/3 eines gesellschaftlichen Arbeitstags. Es ist dies die neue Gebrauchsform, worin er wiedererscheint. Der Austausch von einem Teil der Konsumtionsmittel = 2000 IIc gegen Produktionsmittel I = I (1000v + 1000m) ist also in der Tat Austausch von 2/3 Gesamtarbeitstag, die keinen Teil der diesjährigen Arbeit bilden, sondern vor diesem Jahr verflossen sind, mit 2/3 des diesjährigen, in diesem Jahr neu zugesetzten Arbeitstags. 2/3 des gesellschaftlichen Arbeitstags dieses Jahrs könnten nicht in der Produktion von konstantem Kapital verwandt werden und doch zugleich variablen Kapitalwert plus Mehrwert für ihre eignen Produzenten bilden, wenn sie sich nicht mit einem Wertteil der jährlich konsumierten Konsumtionsmittel auszutauschen hätten, worin 2/3 eines vor diesem Jahr, nicht innerhalb desselben verausgabten und realisierten Arbeitstags steckten. Es ist Austausch von 2/3 Arbeitstag dieses Jahrs gegen 2/3 Arbeitstag, die vor diesem Jahr verausgabt worden, Austausch zwischen diesjähriger und vorjähriger Arbeitszeit. Dies also erklärt uns das Rätsel, warum das Wertprodukt des ganzen gesellschaftlichen Arbeitstags sich auflösen kann in variablen Kapitalwert plus Mehrwert, obgleich 2/3 dieses Arbeitstags nicht verausgabt worden in der Produktion von Gegenständen, worin variables Kapital oder Mehrwert sich realisieren können, sondern vielmehr in der Produktion von Produktionsmitteln zum Ersatz des während des Jahrs verbrauchten Kapitals. Es erklärt sich einfach daraus, daß 2/3 des Produktenwerts II, worin Kapitalisten und Arbeiter I den von ihnen produzierten variablen Kapitalwert plus Mehrwert realisieren (und die 2/9 des gesamten jährlichen Produktenwerts ausmachen), dem Wert nach betrachtet, das Produkt von 2/3 eines vor diesem Jahr vergangnen gesellschaftlichen Arbeitstags sind.

Die Summe des gesellschaftlichen Produkts I und II, Produktionsmittel und Konsumtionsmittel, sind zwar ihrem Gebrauchswert nach, konkret, in ihrer Na turalform betrachtet, das Produkt der diesjährigen Arbeit, aber nur soweit diese Arbeit selbst als nützliche, konkrete Arbeit, nicht soweit sie als Verausgabung von Arbeitskraft, als wertbildende Arbeit betrachtet wird. Und auch das erste nur in dem Sinn, daß die Produktionsmittel nur durch die ihnen zugesetzte, mit ihnen hantierende lebendige Arbeit sich in neues Produkt, in das diesjährige Produkt verwandelt haben. Dagegen hätte sich aber auch umgekehrt die diesjährige Arbeit ohne von ihr unabhängige[426] Produktionsmittel, ohne Arbeitsmittel und Produktionsstoffe, nicht in Produkt verwandeln können.

Quelle:
Karl Marx, Friedrich Engels: Werke. Berlin 1963, Band 24, S. 423-427.
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